VwGH 2009/05/0028

VwGH2009/05/00286.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der L GmbH in Wien, vertreten durch Pistotnik Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 25/11, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 3. Dezember 2008, Zl. BOB - 15/08, betreffend die Vorschreibung von Kosten gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VVG §4;
VwGG §42 Abs2 Z3;
BauO Wr §129 Abs6;
BauRallg;
VVG §4;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.211,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Magistratsabteilung 37 (MA 37) vom 24. Februar 2005 wurde der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin ein Räumungs- und Abtragungsauftrag für den dreistöckigen teilunterkellerten Gassentrakt des Gebäudes Wien, Mgasse ..., erteilt und das aus der Bau- und Benützungsbewilligung erfließende Recht auf konsensgemäße Benützung gemäß § 68 Abs. 3 AVG aufgehoben. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin erhob gegen den (einzigen) verbliebenen Mieter Räumungsklage; der Oberste Gerichtshof hat mit Urteil vom 25. Juni 2007, 9 Ob 96/06t, das stattgebende Urteil des Erstgerichts wieder hergestellt.

Während der Dauer des zivilgerichtlichen Verfahrens hatte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin die Vollstreckungsbehörde zur Durchführung der Ersatzvornahme aufgefordert, dies unter Vorlage eines Anbotes der P GmbH zum Abriss des Gebäudes. Ihrer Ansicht nach wäre die Vollstreckungsbehörde im Gegensatz zu ihr als Verpflichteter durch die zivilrechtliche Situation an der Umsetzung des Abrisses nicht gehindert.

Im April 2006 wurden von der P GmbH im Bereich des verfahrensgegenständlichen Gebäudes auf Grund einer akut aufgetretenen Gefahrensituation Sicherungsmaßnahmen (Aufstellung einer aus 8 Containern bestehenden Containerprallwand auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor der Liegenschaft, Straßenabsperrungen) durchgeführt.

Mit Fax vom 1. Februar 2007 teilte die P GmbH der MA 37 mit, diese Sicherungseinrichtungen am 8. Februar 2007 wieder entfernen zu wollen, weil sie vom Vertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin bezüglich der Durchführung der Arbeiten zum Abbruch zurückgetreten sei.

Aus einem Aktenvermerk der MA 37 vom 8. Februar 2007 geht hervor, dass eine Folge der Beseitigung der Sicherungsmaßnahmen im neuerlichen Auftreten der Gefahrensituation liege. Die genannten Sicherungsmaßnahmen seien daher wiederherzustellen bzw. bestehen zu lassen.

Mit Mitteilung der MA 25 an die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin vom 13. Februar 2007 wurde verfügt, dass wegen Gefahr im Verzuge gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) an dem Gebäude bzw. der baulichen Anlage in Wien, M-gasse ..., am 8. Februar 2007 ohne Anhörung der Partei auf Gefahr und Kosten des Eigentümers nachstehende Verfügungen bzw. Sicherungsmaßnahmen angeordnet und sofort vollstreckt worden seien:

"Wiederherstellen bzw. Sichern des Bestandes der vor Ort befindlichen im Auftrag der Haus- und Grundeigentümer errichteten Absperrung der Straße und der Containerprallwand zur Sicherung der gegenüberliegenden Gebäude bzw. des Gehsteiges."

Die hierdurch aufgelaufenen Kosten würden gesondert vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 15. März 2007 wies der unabhängige Verwaltungssenat Wien (UVS) die Beschwerde der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die genannten Maßnahmen als unzulässig zurück. Der UVS vertrat die Ansicht, dass sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, die MA 25 habe durch die von ihr getroffene Maßnahme die Vollstreckung des von ihr selbst erlassenen Bescheides weiterhin verhindert, obwohl sie es alleine in der Hand gehabt hätte, diesem Bescheid durch Ersatzvornahme zum Durchbruch zu verhelfen, dabei auf den Umstand bezogen habe, dass die Maßnahme auf ihre Kosten angeordnet worden sei; dies sei der einzige Bezugspunkt ihrer behaupteten Aktivlegitimation. Andere mögliche Auswirkungen, welche durch die getroffenen Maßnahmen auf ihr Eigentum unmittelbar einträten, seien der Beschwerde nicht zu entnehmen. In der Mitteilung vom 13. Februar 2007 werde ausdrücklich angekündigt, dass die hierdurch aufgelaufenen Kosten gesondert vorgeschrieben würden. Dagegen hätte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin ein Rechtsmittel und könne darin sämtliche Einwendungen erheben. Sie könne der belangten Behörde insbesondere die Unzweckmäßigkeit bloß absichernder Maßnahmen vorhalten, obwohl eine Ersatzvornahme schon längst möglich und aus sicherheitstechnischen wie auch aus wirtschaftlichen Gründen geboten gewesen wäre. Solange aber die belangte Behörde die für ihre unzweckmäßigen Maßnahmen aufgelaufenen Kosten nicht zu überzuwälzen versuche, greife sie durch die bloßen Maßnahmen in concreto in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin nicht ein. Daher bestehe auch keine Aktivlegitimation der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin. Die Untätigkeit der Vollstreckungsbehörde stelle keine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Mit Bescheid der MA 25 vom 3. Dezember 2007 wurden schließlich der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 129 Abs. 6 BO die mit EUR 3.816,73 bestimmten Kosten für die Durchführung der Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie den relevanten Sachverhalt ausführlich wiedergab und aus ihrer Sicht das Versäumnis der Behörde an der Durchführung der Ersatzvornahme näher darstellte. Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass es ihr trotz rechtskräftigen Abbruchbescheides zivilrechtlich untersagt gewesen sei, das Haus abzureißen. Die Ersatzvornahme wäre die einzige Möglichkeit einer Durchsetzung des behördlichen Abbruchauftrages gewesen, eine zivilgerichtliche Entscheidung binde die Verwaltungsbehörde nicht. Die Vorschreibung provisorischer Maßnahmen durch die Behörde wie im gegenständlichen Fall erscheine grundlegend bereits bedenklich und sei jedenfalls rechtswidrig, wenn hiedurch ein vermeidbarer Vermögensschaden entstehe. Ein solcher sei aber gerade durch die behördliche Untätigkeit eindeutig eingetreten. Hätte die Behörde pflichtgemäß gehandelt und die Ersatzvornahme durchgeführt, wären die Kosten vermeidbar gewesen. Nach Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 VVG im Zusammenhang mit dem Risiko erhöhter Aufwendungen meinte die Beschwerdeführerin in der Berufung weiter, einem Verpflichteten könnten Ersatzleistungen nicht auferlegt werden, die außerhalb des Rahmens einer rechtmäßigen Vollstreckung entstanden seien. Es sei vorliegend bereits aus der Aktenlage evident, dass die belangte Behörde durch die von ihr getroffene Maßnahme die Vollstreckung des von ihr selbst erlassenen Bescheides verhindert habe, obwohl sie es allein in der Hand gehabt hätte, diesen Bescheid durch Ersatzvornahme längst zu verwirklichen. Erschwerend komme hinzu, dass die Stadt Wien selbst durch die Finanzierung zivilrechtlicher Verfahren, die allesamt den gebotenen Abriss des akut einsturzgefährdeten Gebäudes verzögern sollten, die von ihr angestrebte Befolgung des Abtragungsauftrages vereitelt habe. Es sei rechtswidrig, sie wider besseres Wissen für die Aufrechterhaltung des Schwebezustandes und die dadurch erforderlichen Sicherheitsprovisorien verantwortlich zu machen und ihr hiefür auch noch die Kosten vorzuschreiben. Die absichernden Maßnahmen wären längst unzweckmäßig und der Abbruch aus sicherheitstechnischen wie auch aus wirtschaftlichen Gründen geboten gewesen.

Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2008 legte die MA 25 über Anfrage der belangten Behörde näher begründet dar, aus welchen einzelnen Rechnungsposten sich die vorgeschriebene Summe zusammensetze. Von der Firma P sei ausschließlich Material, Arbeitszeit jedoch nicht verrechnet worden. Es handle sich daher um eine reine Materialrechnung. Seitens der MA 25 seien die vor Ort befindlichen acht Stück Stahlcontainer (Containerprallwand) der Eigentümerin abgekauft (um EUR 15.258,60) und nach Abriss des Gebäudes im Mai und Juni 2007 schließlich wieder rückverkauft worden (um EUR 9.612,--). In Bezug auf zwei beschädigte Container sei eine Schadenszahlung der Versicherung in der Höhe von EUR 2.538,-- in Abzug gebracht worden. Unter Anrechnung des Absperrmaterials und abzüglich der Entsorgungskosten für verwendete Betonwürfel errechne sich der ziffernmäßig im Bescheid festgestellte Betrag.

Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, die sich mit Schriftsatz vom 15. Juli 2008 dazu äußerte. Im Mittelpunkt dieser Stellungnahme stand die Frage, wer (die Beschwerdeführerin bzw. deren Rechtsvorgängerin oder die Behörde selbst) der Firma P die ursprünglich bereits im April 2006 erfolgten Sicherungsmaßnahmen aufgetragen hatte. Im Zusammenhang mit dem vorgelegten Zahlenmaterial wandte die Beschwerdeführerin ein, dass die Container offensichtlich innerhalb von drei bis vier Monaten 20,37 % an Wert verloren hätten. Dies könne wohl nicht stimmen. Die Höhe der Vorschreibung werde daher ausdrücklich bestritten, da dieser Wertverfall der Container nicht nachvollziehbar sei und der Verkauf zu diesen Bedingungen nicht hätte durchgeführt werden dürfen. Diese unwirtschaftliche Entscheidung der belangten Behörde könne nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin erfolgen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2008 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Sie begründete dies damit, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob die Voraussetzungen des § 129 Abs. 6 BO vorgelegen und die von der Behörde angeordneten Maßnahmen notwendig und zweckmäßig gewesen seien, im Verfahren über die Kosten dieser Maßnahmen nicht mehr überprüft werden könne. Der UVS Wien habe mit Bescheid vom 15. März 2007 die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung habe die Beschwerdeführerin nicht mit Beschwerde an die Höchstgerichte bekämpft. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Berufungsvorbringen die technische Erforderlichkeit der Sicherungsmaßnahmen nicht in Zweifel gezogen. Vielmehr lasse sich daraus erkennen, dass sie die technische Notwendigkeit der Sicherungsmaßnahmen während des Bestandes des baufälligen Gebäudes zur Vermeidung von Gefährdungen als erforderlich erachtet habe. Zusätzlich sei es als evident anzusehen, dass die auf öffentlichem Grund errichtete Absperrung und Containerprallwand auf Grund der Baufälligkeit des im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Gebäudes, der daraus resultierenden Einsturzgefahr während der Bestandsdauer und der dadurch vorgelegenen Gefahr im Verzug unbedingt erforderlich gewesen sei. Die gegenständliche Maßnahme sei dem Verantwortungsbereich der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Die von ihr vorgebrachten, im zivilrechtlichen Bereich zwischen ihr und Dritten gelegenen Gründe, warum sie die bescheidmäßig aufgetragenen Abbruchmaßnahme nicht gesetzt habe, könnten im Verfahren nach § 129 Abs. 6 BO nicht berücksichtigt werden.

Aus § 4 VVG könne keine Verpflichtung der Behörde zur Setzung der Ersatzvornahme - im vorliegenden Fall der Durchführung des Abbruches des Gebäudes - abgeleitet werden. Die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur bescheidmäßig aufgetragenen Durchführung der Abbruchmaßnahmen bleibe vorrangig solange bestehen, bis sie diese tatsächlich ausgeführt habe. Ein Übergang dieser Verpflichtung auf die Behörde zu irgendeinem Zeitpunkt könne aus § 4 Abs. 1 VVG nicht herausgelesen werden.

Die Behörde erster Instanz habe in Kenntnis der Gefahrensituation und der daraus erwachsenden Konsequenzen einschreiten müssen und für das Belassen der gegenständlichen Sicherungseinrichtungen zur Vermeidung der Gefährdung von Personen Vorsorge zu treffen gehabt. Dies sei erfolgt, indem sie die P GmbH zur Belassung der Sicherungseinrichtungen vor Ort beauftragt habe. Mit Durchführung des Abbruches des Gebäudes seien die Sicherungseinrichtungen entfernt und die Container verkauft worden.

Der Ablauf der notstandspolizeilichen Maßnahmen sei von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden. Festzuhalten sei insbesondere, dass mit dem bekämpften Bescheid nicht der Ersatz von Kosten für eigene Arbeitszeit oder Arbeitszeit der Firma P GmbH vorgeschrieben worden sei, sondern lediglich der Ersatz von Materialkosten, vermindert um den erzielten Verkaufserlös. Zum Vorbringen des geringen Verkaufserlöses für die Container sei festzustellen, dass dem Eigentümer der Baulichkeit zwar für solche Maßnahmen, welche nicht der unmittelbaren Gefahrenabwehr im Zuge einer notstandspolizeilichen Maßnahme dienten, keine Kosten verrechnet werden dürften, dass es jedoch der Verpflichtete hinnehmen müsse, wenn die Kosten der für die Durchführung des baupolizeilichen Auftrages erforderlichen und auch tatsächlich verrichteten Arbeiten höher seien als sie bei Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten gewesen wären. Dies gelte auch bei der Durchführung notstandspolizeilicher Maßnahmen. Die Behörde erster Instanz habe zweifelsfrei durch den Verkauf der Container dafür gesorgt, die der Beschwerdeführerin nunmehr in Rechnung gestellten angelaufenen Kosten möglichst gering zu halten. Durch den Rückgriff auf bereits vor Ort befindliche Sicherungseinrichtungen sei die Behörde augenscheinlich bemüht gewesen, in Anbetracht der Gefährdungssituation eine kostengünstige Lösung zu finden. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin erscheine daher nicht geeignet, den bekämpften Bescheid hinsichtlich der Höhe der vorgeschriebenen Kosten in Zweifel zu ziehen. Die Behörde erster Instanz habe somit ausschließlich die unbedingt erforderlichen notstandspolizeilichen Maßnahmen gesetzt und auch dafür gesorgt, das Ausmaß der durch die notwendigen Sicherungsmaßnahmen entstandenen Kosten möglichst gering zu halten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 129 Abs. 6 BO hat folgenden Wortlaut:

"Bei Gefahr im Verzuge kann die Behörde auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers (jedes Miteigentümers) eines Gebäudes oder baulichen Anlage anordnen und sofort vollstrecken lassen."

In den Mittelpunkt ihrer Ausführungen zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit stellt die Beschwerdeführerin auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Behauptung, die Behörde habe den Spielraum des § 129 Abs. 6 BO überschritten, weil sie lediglich provisorische Maßnahmen vorgeschrieben habe, wobei doch das einzige in Betracht kommende Vollstreckungsmittel die Ersatzvornahme in Form der Räumung und Abtragung gewesen sei. Die Behörde handle rechtswidrig, wenn ein vermeidbarer Schaden im Vermögen entstehe, was gerade durch die behördliche Untätigkeit bzw. durch die rechtswidrige Ausübung ihres Ermessensspielraumes eingetreten sei. Die Maßnahme sei im Übrigen auch gar nicht ausreichend gewesen, um das Leben, die Gesundheit und das Eigentum von Menschen nachhaltig zu sichern. Es habe sich vielmehr um eine Verzögerungs- und weniger um eine Sicherungsmaßnahme gehandelt. Diese hätte einzig in der Abtragung des gemeingefährlichen Hauses bestanden. Die Behörde sei auch wiederholt auf spielende Kinder oder sorglose Passanten hingewiesen worden, die die primitive Absperrung der Straße ignoriert hätten.

Mit diesem Vorbringen geht die Beschwerdeführerin offenbar davon aus, dass in einem Fall, wo ein Vollstreckungsverfahren nach § 4 VVG anhängig ist, kein Platz mehr für ein Vorgehen nach § 129 Abs. 6 BO besteht. Davon ist aber nicht auszugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass auch dann, wenn baupolizeiliche Aufträge bereits ergangen und rechtskräftig und vollstreckbar sind, notstandspolizeiliche Maßnahmen zulässig sind, wenn Gefahrenmomente neu aufgetreten sind und ein sofortiges Handeln erfordern (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1968, Zl. 305/66, und vom 17. September 1996, Zl. 95/05/0198, ua). Dass am 8. Februar 2007 durch die Entfernung der Sicherungsmaßnahmen keine solche Gefahrensituation vorgelegen sei, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Maßnahmen nach § 129 Abs. 6 BO sind solche unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die beim UVS mit Beschwerde bekämpft werden können. Unterlässt die von einem Akt der Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim UVS, dann ist rechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zu einer Maßnahmenbeschwerde Befugten nicht in dessen subjektivöffentlichen Rechte rechtswidrig eingegriffen hat.

Dies gilt auch dann, wenn einer Beschwerde beim UVS - wie im vorliegenden Fall - kein Erfolg beschieden war. Die Beschwerdeführerin hat gegen den ihre Beschwerde zurückweisenden Bescheid des UVS keine Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes erhoben. Die (lediglich) in der Begründung des UVS festgehaltene Kritik an der Vorgangsweise der Behörde und die Verkennung der in Bezug auf die Zuständigkeit zur inhaltlichen Überprüfung der Maßnahme einschlägigen Rechtsprechung durch den UVS ändert nichts an der Bindung der (Kostenbemessungs‑)Behörde an die mangels erfolgreicher Bekämpfung unverändert geltende Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahmen, die auch deren Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes umfasst. Auch im vorliegenden Fall sind daher im Kostenbemessungsverfahren auf Grund der Akzessorietät der Kostenvorschreibung zur Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahme die Fragen der Notwendigkeit, der Zweckmäßigkeit, der Art und des Umfangs der Maßnahme nicht mehr zu prüfen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/0304, und vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0293).

Aus diesem Grund erübrigt es sich, im vorliegenden Fall darauf einzugehen, ob die verfügten Sicherungsmaßnahmen notwendig und zweckmäßig waren.

Im Kostenverfahren nach § 129 Abs. 6 BO sind dem Verpflichteten die Kosten aufgeschlüsselt zur Kenntnis zu bringen, sodass er eine Möglichkeit zur Überprüfung hat. Dies ist im gegenständlichen Fall durch die Einholung der Stellungnahme der MA 25 und durch die diesbezügliche Gewährung von Parteiengehör geschehen.

Der Verpflichtete kann nicht geltend machen, dass die Kosten ohne Einschaltung der Behörde geringer gewesen wären, doch kann er mit substantiierten Darlegungen vorbringen, die Kosten seien unverhältnismäßig hoch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, 2001/05/0304). In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin bemängelt, dass der ihr in Rechnung gestellte Wertverlust der erworbenen und nach (lediglich) vier Monaten wiederverkauften Container beträchtlich gewesen wäre. Dieser Wertverlust wäre aufzuklären. Weiters wären die "Sicherungsmaßnahmen" erst drei Wochen nach dem erfolgten Abriss des Gebäudes abtransportiert und auch diese Kosten unberechtigterweise einberechnet worden.

Zum letztgenannten Vorbringen ist zu bemerken, dass die Kosten für das Belassen der Sicherungsmaßnahmen vor Ort der Beschwerdeführerin nicht vorgeschrieben wurden. Die ihr vorgeschriebenen Kosten bestehen aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis der Container und dem Erlös aus dem Rückverkauf (samt Versicherungsleistung) zum einen und den Kosten für die Absicherung der Straße (Absperrmaterial, Betonwürfel) zum anderen, nicht aber für Standgebühren.

Im Zusammenhang mit der Begründung der Höhe der durch das Belassen der Container entstandenen Kosten ist der belangten Behörde aber ein Begründungsmangel unterlaufen. So erscheint auch für den Verwaltungsgerichtshof ohne nähere Erläuterungen die Höhe der Differenz des Kaufpreises der Containerprallwand (15.258,60 EUR) und des nur vier Monate später erfolgten Verkaufes dieser Containerprallwand (9.612,-- EUR) selbst unter Einbeziehung der Schadenszahlung der Versicherung (2.538,-- EUR) nicht zufriedenstellend erklärt. Diesbezüglich wäre eine nähere Begründung notwendig gewesen; der Hinweis darauf, dass es ein Verpflichteter hinnehmen müsse, wenn die Kosten für die Durchführung des baupolizeilichen Auftrages höher seien als die Kosten, die bei der Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten entstanden wären, genügt als Begründung nicht. Es mag zutreffen, dass die Behörde erster Instanz durch den Verkauf der erworbenen Container dafür gesorgt hat, die der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellten angelaufenen Kosten möglichst gering zu halten. Hätte sie die Container aber nicht verkauft, wäre der der Behörde verbleibende Wert der Container vom Einkaufspreis der Container abzuziehen gewesen, sodass auch dieses Argument die Höhe dieses Rechnungspostens nicht erklärt.

Diesbezüglich hätte es daher einer weiter gehenden Begründung bedurft; dieser Verfahrensmangel lässt aber die Möglichkeit offen, dass die belangte Behörde bei seiner Vermeidung zu einem für die Beschwerdeführerin anders lautenden (kostengünstigeren) Bescheid gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 6. Juli 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte