VwGH 2009/04/0275

VwGH2009/04/027522.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Krückl Lichtl Huber, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. August 2009, Zl. VwSen-222244/32/Bm/La, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 27. August 2008 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- verhängt, weil er es als verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer des Erdbaugewerbes, des Handels- und Handelsagentengewerbes und des Gewerbes zur Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers zu verantworten habe, dass am 27. Mai 2008 um 13.30 Uhr auf näher bezeichneten Grundstücken eine gewerbliche Betriebsanlage, nämlich ein Lager- und Abstellplatz, ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei. Konkret seien auf den genannten Grundstücken (u.a.) ein Bagger und ein Lkw abgestellt und Rollschotter sowie Bauschutt gelagert gewesen, wodurch Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub und Erschütterung belästigt werden könnten.

Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers "bestätigte" die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid "mit der Maßgabe" einer Neuformulierung der Tatumschreibung, durch welche sie zwar den Tatvorwurf des Betriebs des Abstellplatzes durch Abstellen eines Lkw und eines Baggers aufrecht hielt, nicht jedoch den Betrieb des Lagerplatzes für Rollschotter und Bauschutt. Gleichzeitig setzte sie die Geldstrafe auf EUR 1.000,-- herab.

Als entscheidungswesentlichen Sachverhalt stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer verfüge über drei Gewerbeberechtigungen (für die Gewerbe Erdbau, Handels- und Handelsagentengewerbe und das Vermieten von Kraftfahrzeugen ohne Beistellung eines Lenkers) und sei gleichzeitig gewerberechtlicher Geschäftsführer. Im Rahmen des erstgenannten Gewerbes würden vom Beschwerdeführer Erdbaggerungen, Schotterbaggerungen und Schottertransporte durchgeführt, wobei ihm als Betriebsmittel u. a. ein Bagger und drei Lkw zur Verfügung stünden. Im Rahmen seines Handelsgewerbes werde vom Beschwerdeführer Schotter ein- und verkauft. Schließlich vermiete der Beschwerdeführer im Rahmen des drittgenannten Gewerbes die drei in seinem Eigentum stehenden Lkw an andere Unternehmen. Am 27. Mai 2008 seien auf den im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Grundstücken, auf denen sich auch der Bürobetrieb für die angeführten Gewerbe befinde, Rollschotter und Bauschutt abgelagert und (u.a.) ein Lkw sowie ein Bagger abgestellt gewesen.

In der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass sowohl die genannten Baumaterialien als auch die Baumaschinen lediglich der Privatnutzung gedient hätten, weil sich auf den genannten Liegenschaften auch der landwirtschaftliche Hof des Beschwerdeführers befinde, an dem Umbauarbeiten (Dachsanierung) stattgefunden hätten. Aus dem bloßen Vorhandensein der Baumaterialien und der Baugeräte könne daher nicht geschlossen werden, dass diese Gegenstände zum Tatzeitpunkt für eine gewerbliche Tätigkeit verwendet worden seien und dass es sich hier um eine gewerbliche Betriebsanlage handle.

Die belangte Behörde führte eine Berufungsverhandlung durch. Hinsichtlich der Lagerung von Rollschotter und Bauschutt gelangte sie zu dem Ergebnis, es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, dass diese Lagerung im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit erfolgt sei. Hingegen habe das Beweisverfahren ergeben, dass das Abstellen des Lkw und des Baggers auf den genannten Grundstücken sehr wohl im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers erfolgt sei und die Liegenschaften regelmäßig zum Abstellen der genannten Arbeitsmaschinen genutzt würden. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, es habe sich lediglich um eine private Nutzung des Lkw und des Baggers gehandelt, sei nicht glaubwürdig. So hätten der Beschwerdeführer und dessen als Zeuge vernommener Vater widersprüchliche Angaben darüber gemacht, wer in der Früh mit dem Lkw gefahren sei. Außerdem habe die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zeugin ausgesagt, dass beim Lkw des Beschwerdeführers am genannten Standort "nur wirklich kleine Reparaturen" vorgenommen würden und dass der Bagger normalerweise nicht dort abgestellt sei, doch "vielleicht wurde ein Service gemacht". Wenn etwas ganz dringend sei, dann könne es nach den Angaben dieser Zeugin schon sein, dass auch auf den genannten Grundstücken etwas repariert werde.

Daher sei nach Ansicht der belangten Behörde davon auszugehen, dass das Abstellen der genannten Kraftfahrzeuge auf den im Spruch genannten Grundstücken im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers erfolgt und der Abstellplatz daher als gewerbliche Betriebsanlage anzusehen sei. Deren Genehmigungspflicht ergebe sich daraus, dass dieser Abstellplatz grundsätzlich geeignet sei, Nachbarinteressen wie den Schutz vor Belästigungen durch Lärm, Geruch oder Staub zu beeinträchtigen.

Auf der Verschuldensseite ging die belangte Behörde gemäß § 5 Abs. 1 VStG von zumindest fahrlässiger Tatbegehung aus, weil der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Vor diesem Hintergrund, dem Vorliegen einer einschlägigen Vorstrafe sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers und in Anbetracht der Einschränkung des Tatvorwurfes erachtete die belangte Behörde die Herabsetzung der Geldstrafe auf EUR 1.000,-- als gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

In der Beschwerde wird zunächst bestätigt, dass sowohl ein Lkw als auch der Bagger des Beschwerdeführers am 27. Mai 2008 an der im Spruch des Straferkenntnisses genannten Örtlichkeit abgestellt waren. Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, die belangte Behörde hätte nicht feststellen dürfen, dass das Abstellen der genannten Kraftfahrzeuge im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeiten erfolgt sei, sondern vielmehr im Rahmen der privaten Nutzung dieser Fahrzeuge beim Umbau seines Hauses. Der Lkw sei nur deshalb auf dem Anwesen abgestellt gewesen, weil mit diesem vor dem angelasteten Zeitpunkt Humus für private Zwecke angeliefert worden sei. Der abgestellte Bagger sei für den Hausumbau des Beschwerdeführers benötigt worden.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde eine Verhandlung durchgeführt und ist in Würdigung der von ihr aufgenommenen Beweise zum Ergebnis gelangt, dass das zuletzt genannte Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig sei. Die Beweiswürdigung der Behörde unterliegt nach der ständigen hg. Rechtsprechung nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit bzw. ihrer Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und allgemeinem menschlichen Erfahrungsgut der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof. Hingegen ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob die Beweiswürdigung im Einzelfall zu einem richtigen Ergebnis geführt hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1998, unter E 265 zu § 45 AVG referierte hg. Judikatur). Die oben im Wesentlichen wiedergegebene Beweiswürdigung der belangten Behörde, die sich auf die Aussagen von Zeugen stützt, ist nicht als unschlüssig zu erkennen und vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden.

Demnach hat der Beschwerdeführer für gewerbliche Zwecke einen Abstellplatz für Kraftfahrzeuge betrieben, der als gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 GewO 1994 anzusehen ist (vgl. dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, 3. Auflage 2011, Rz 3 zu § 74 GewO).

Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die rechtliche Beurteilung der Genehmigungspflicht dieser Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994. Er meint, dass die belangte Behörde nicht festgestellt habe, dass sich Lkw und Bagger "über längere Dauer" auf der Liegenschaft befunden hätten, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, der Abstellplatz sei geeignet, die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen.

Mit diesem Vorbringen wird übersehen, dass die Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes immer schon dann gegeben ist, wenn die Auswirkungen im Sinne dieser Bestimmung (Gefährdungen, Belästigungen, usw.) nicht auszuschließen sind. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (vgl. zum Ganzen die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, unter Rz 13 zu § 74 GewO referierte Judikatur). Der belangten Behörde ist daher nicht entgegen zu treten, wenn sie davon ausgegangen ist, dass das Abstellen eines Lkw und eines Baggers schon allein wegen der damit verbundenen Schallemissionen grundsätzlich geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen.

Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandes in objektiver Hinsicht ist somit nicht zielführend, gegen die subjektive Tatseite und Höhe der verhängten Strafe wird in der Beschwerde nichts Konkretes vorgebracht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 22. Juni 2011

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