Normen
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe sich am 20. Dezember 2008 um 14.55 Uhr in 1020 Wien als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges geweigert, von einem besonders geschulten und der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht zum Zwecke der Feststellung des Atemluftalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Alkomatmessgerät befinde, bringen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Dadurch habe sie § 5 Abs. 4 StVO iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO verletzt. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe von EUR 1.162,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und wörtlicher Wiedergabe der Aussagen der in der mündlichen Verhandlung bei der belangten Behörde vernommenen Personen beweiswürdigend aus, dass nicht der geringste Zweifel daran bestehe, dass die Beschwerdeführerin zur Vornahme der Untersuchung auf der nächstgelegenen Polizeiinspektion, das sei die PI Ausstellungsstraße, aufgefordert worden sei; dem Polizisten am Ort des Geschehens sei nur das Vortestgerät zur Verfügung gestanden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat zur Gegenschrift eine Stellungnahme abgegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Nach § 5 Abs. 4 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs. 2) zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, zu bringen, sofern vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden oder zur Zeit des Lenkens befunden haben.
Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerdeführerin, ihrem im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis ihres Schockzustandes bei der Amtshandlung sei die belangte Behörde nicht nachgekommen. Auf Grund des Schockzustandes könne ihr die Alkomatverweigerung nicht vorgeworfen werden.
Abgesehen davon, dass sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen lässt, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat (zur Begründungspflicht vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, wiedergegebene hg. Rechtsprechung), hat sich die belangte Behörde mit dem von der Beschwerdeführerin in der Berufung erstatteten Vorbringen zum Schockzustand in Bezug auf die Verweigerung der Alkomatuntersuchung und mit den entsprechenden Beweisanträge mit keinem Wort auseinander gesetzt. Anders als die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, bedarf es zur Berücksichtigung von Vorbringen und Beweisanträgen nicht deren Wiederholung in der Berufungsverhandlung, wenn Entsprechendes bereits in der Berufung vorgetragen worden ist.
Auch irrt die belangte Behörde, wenn sie in der Gegenschrift ausführt, von der Polizeiinspektion Pasettistraße sei im gesamten Erkenntnisverfahren nie die Rede gewesen. Bereits im Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Juni 2009 wird diese als nächstgelegene Dienststelle im Sinne des § 5 Abs. 4 StVO angeführt. Die belangte Behörde hat den Spruch dieses Straferkenntnisses mit der Anschrift dieser Dienststelle in den angefochtenen Bescheid übernommen, um dann allerdings in der Beweiswürdigung anders lautend auszuführen, die nächstgelegene Polizeiinspektion sei die PI Ausstellungsstraße gewesen. Auch dahingehend wird es im fortgesetzten Verfahren einer Klärung bedürfen.
Da nach dem Gesagten Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätten kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 28. Juli 2010
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)