Normen
AVG §37;
AVG §45;
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §45;
FrPolG 2005 §31 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den - noch während der Geltung des am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 (FrG) gestellten - Antrag der Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta. - Ö., § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe am 25. Juni 2005 in Eisenstadt den österreichischen Staatsbürger S geheiratet. Am 25. Juli 2005 habe sie den gegenständlichen Antrag persönlich bei der - damals zuständigen - Bundespolizeidirektion Wien eingebracht. Der Antrag sei im Inland gestellt worden. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge aber vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und es sei die Entscheidung im Ausland abzuwarten. Zwar seien gemäß § 21 Abs. 2 NAG Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts abweichend von § 21 Abs. 1 NAG zur Antragstellung im Inland berechtigt. Jedoch sei dieser Tatbestand im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Die Beschwerdeführerin bringe vor, sie habe auf Grund eines ihr in Italien zustehenden Aufenthaltsrechts den Antrag zulässigerweise in Österreich gestellt und sich nach der Antragstellung wieder in Italien aufgehalten. Dazu werde "festgestellt", dass die Beschwerdeführerin über einen "italienischen Personalausweis" verfüge, der bis 17. August 2009 gültig sei. Allerdings ergebe sich aus einer auf der Rückseite dieses Ausweises enthaltenen Eintrages, dass es sich bei diesem "Personalausweis" um keinen gültigen "Einreise-/Aufenthaltstitel für Österreich" handle.
Somit sei die Einreise der Beschwerdeführerin nach Österreich unrechtmäßig erfolgt und sie habe sich sohin auch während der Antragstellung nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten. Daher stehe § 21 Abs. 1 NAG der Antragsbewilligung entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) samt Überschrift lautet:
"Verfahren bei Erstanträgen
§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.
(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:
1. Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;
..."
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ausführungen der belangten Behörde, wonach ihr die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthalts in Österreich abgesprochen wurde. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Kenntnis ausländischen Rechts um eine Tatsachenfrage (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2010, 2009/22/0134, und vom 9. September 2010, 2008/22/0100). Soweit nun die belangte Behörde offenbar davon ausgeht, die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Urkunde könne überhaupt nicht als ein italienischer Aufenthaltstitel angesehen werden, erweisen sich ihre beweiswürdigenden Überlegungen als unschlüssig. Nähere Erhebungen und Feststellungen dahingehend, wie die von der Beschwerdeführerin vorgelegte, von einer italienischen Behörde ausgestellte Urkunde anhand italienischen Rechts einzuordnen ist, sind dem angefochtenen Bescheid - und darüber hinaus auch den Verwaltungsakten - nicht zu entnehmen. Es bleibt sohin im Dunkeln, ob es sich bei dieser Urkunde - so wie die Beschwerdeführerin vorbringt - um einen Aufenthaltstitel oder lediglich um einen sonstigen Ausweis, der keine einem Aufenthaltstitel beizumessende Rechtswirkungen entfaltet, handelt. Der bloße Verweis auf einen auf der Rückseite der Urkunde enthaltenen Hinweis vermag die Ansicht der belangten Behörde nicht in gesetzmäßiger Weise zu tragen.
Sollte allerdings die belangte Behörde - was insoweit dem angefochtenen Bescheid nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen ist - davon ausgegangen sein, ein in Italien ausgestellter Aufenthaltstitel könne von vornherein nicht zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der Beschwerdeführerin führen, ist sie auf die Bestimmung des § 31 Abs. 1 Z 3 FPG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) hinzuweisen, wonach sich ein Fremder rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, wenn er Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels ist (vgl. zu dieser Bestimmung des Näheren die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 2011, 2008/18/0554, und vom 24. November 2009, 2008/21/0436).
Sohin war der angefochtene Bescheid schon nach dem Gesagten wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben. Da der angefochtene Bescheid jedenfalls keinen Bestand haben konnte, musste hier auf die im hg. Beschluss vom 5. Mai 2011, EU 2011/0004 bis 0008, aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen nicht eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 9. November 2011
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