VwGH 2008/22/0913

VwGH2008/22/09133.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Y, vertreten durch Mag. Salih Sunar, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 14/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. Oktober 2008, Zl. uvs-2008/11/1486-6, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei wegen im Jahr 2007 begangener Taten insgesamt viermal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt worden. Diesen Verurteilungen habe - hier auf das Wesentliche zusammengefasst - zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer mehrfach andere gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, sowie einmal mit dem Zweck, der Bedrohte möge eine bereits erstattete Strafanzeige zurückziehen, wodurch der Beschwerdeführer eine Nötigung begangen habe. Auch habe er andere am Körper verletzt. Weiters habe der Beschwerdeführer schon früher im Jahr 2004 als Zeuge vor dem Landesgericht Innsbruck falsch ausgesagt gehabt, wofür er im Jahr 2005 wegen falscher Beweisaussage rechtskräftig verurteilt worden sei. Die bisherigen Verurteilungen hätten jedes Mal Geldstrafen nach sich gezogen. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer verwaltungsbehördlich zweimal rechtskräftig wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand bestraft worden.

Der Beschwerdeführer sei Anfang 2002 zum Zwecke eines Studiums nach Österreich gekommen und seit dieser Zeit im Bundesgebiet aufhältig. Am 6. Juni 2003 habe er die österreichische Staatsangehörige Y geheiratet, worauf ihm in der Folge Niederlassungsbewilligungen erteilt worden seien. Seit 14. Juli 2005 verfüge der Beschwerdeführer über einen Niederlassungsnachweis. Aus der Ehe, die mittlerweile seit 27. Februar 2007 geschieden sei, entstamme die im Jahr 2005 geborene Tochter N, für die der Beschwerdeführer unterhaltspflichtig sei. Weiters lebten im Bundesgebiet drei Onkel sowie mehrere Cousins und Cousinen. Die Eltern und beide Geschwister des Beschwerdeführers hielten sich in der Türkei auf. Mittlerweile lebe der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin P in V. Er sei seit 21. August 2003 durchgehend (abgesehen von einer lediglich kurzen Unterbrechung) als Arbeiter beschäftigt.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzungen des Art. 6 ARB, weshalb ein Aufenthaltsverbot gegen ihn nur unter den Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG erlassen werden dürfe. Bei der Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, könne auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als Orientierungsmaßstab zurückgegriffen werden. Die angeführten gerichtlichen Verurteilungen sowie die Bestrafungen wegen der genannten Verwaltungsübertretungen erfüllten sowohl den Tatbestand der Z 1 als auch der Z 2 des § 60 Abs. 2 FPG. Das diesen Bestrafungen zu Grunde liegende Verhalten zeige, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, sich an die in Österreich geltenden Gesetze zu halten. Weder bisherige Verurteilungen noch die im Jahr 2007 erfolgte Androhung fremdenpolizeilicher Maßnahmen habe ihn von der Begehung weiterer Straftaten abhalten können. Es sei daher davon auszugehen, dass sich aus seinem Gesamtverhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ergebe, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Daran ändere auch nichts, dass ein Teil dieser Straftaten im Zusammenhang mit dem früheren Eheleben des Beschwerdeführers stehe. Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes stehe auch kein Aufenthaltsverbots-Verbotsgrund im Sinne des § 61 Z 2 FPG entgegen. Da der Beschwerdeführer vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht einmal drei Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet, und insbesondere auch nicht auf Dauer rechtmäßig niedergelassen gewesen sei, stehe auch § 56 FPG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.

Im Übrigen führte die belangte Behörde aus, weshalb ihrer Ansicht nach die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch unter Berücksichtigung der persönlichen und beruflichen Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich zulässig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt, insbesondere die den strafbaren Handlung zugrunde liegenden Umstände nicht ausreichend erhoben, und die Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG, dabei in erster Linie das Vorliegen einer von ihm ausgehenden gegenwärtigen Gefahr, zu Unrecht bejaht. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

§ 56 Abs. 1 und Abs. 2, § 60 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und Z 2 sowie

§ 86 Abs. 1 FPG (samt Überschrift) lauten:

"Aufenthaltsverfestigung bei Fremden mit einem Aufenthaltstitel

'Daueraufenthalt - EG' oder mit 'Daueraufenthalt-

Familienangehöriger'

§ 56. (1) Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' oder 'Daueraufenthalt-Familienangehöriger' verfügen, dürfen nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(2) Als schwere Gefahr im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht

1. wegen eines Verbrechens oder wegen Schlepperei, Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt, Eingehen oder Vermittlung von Aufenthaltsehen oder gemäß der §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 und 32 Abs. 1 SMG oder nach einem Tatbestand des 16. oder 20. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB oder

2. wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihnen begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist.

...

Voraussetzungen für das Aufenthaltsverbot

§ 60. (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot

erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme

gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten

öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat

insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten

Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. mehr als einmal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, i.V.m. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, oder gemäß den §§ 9 oder 14 in Verbindung mit § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Übertretung dieses Bundesgesetzes, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

...

Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsberechtigung und für verfahrensfreie Maßnahmen

§ 86. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

..."

Zutreffend ging die belangte Behörde im gegenständlichen Fall - der Beschwerdeführer erfüllt unstrittig die Voraussetzungen des Art. 6 ARB - davon aus, dass bei der Beurteilung, ob die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zulässig ist, die Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 (erster bis vierter Satz) FPG zu prüfen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 2008, 2007/21/0214). Danach ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (nur dann) zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne Weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Beurteilung, ob diese Gefährdungsprognose berechtigt ist, stellte die belangte Behörde im Wesentlichen auf das Vorliegen der von ihr als Orientierungsmaßstab herangezogenen Bestimmungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 2 FPG ab. Eine Berücksichtigung der in § 56 FPG festgelegten Kriterien lehnte sie hingegen mit dem Hinweis, der Beschwerdeführer sei vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes noch nicht auf Dauer niedergelassen gewesen, von vornherein ab.

Hinsichtlich der nach dem FPG anzustellenden Prognosebeurteilungen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass es letztlich immer auf das in Betracht zu ziehende Verhalten eines Fremden ankommt. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch bereits darauf hingewiesen, dass das FPG - bezogen auf unterschiedliche Personenkreise oder nach bestimmter Aufenthaltsdauer - ein unterschiedliches Maß für die zu prognostizierende Gefährlichkeit eines Fremden festlegt. So setzt etwa § 60 Abs. 1 FPG ("Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" oder "Zuwiderlaufen anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen") in Relation zu § 56 Abs. 1 FPG ("schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") ein geringeres Maß der Gefährdungsprognose voraus. Hingegen verlangt § 86 Abs. 1 FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") im Verhältnis zu § 56 Abs. 1 FPG ein höheres Maß der Gefährdungsprognose, die sich zudem nach dem fünften Satz des § 86 Abs. 1 FPG ("nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") noch weiter steigert (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, 2008/21/0603).

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu beachten, dass § 56 FPG auf den Beschwerdeführer, der seit 14. Juli 2005 im Besitz eines Niederlassungsnachweises ist, der ab 1. Jänner 2006 gemäß § 11 Abs. 1 Tabelle C lit. a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz Durchführungsverordnung als Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-Familienangehöriger" weitergalt, nur dann Anwendung fände, wenn er über den Niederlassungsnachweis bereits "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" verfügt hätte, also zum Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (vgl. auch dazu das genannte Erkenntnis vom 20. November 2008, mwH). Da das gegenständliche Aufenthaltsverbot auch auf die im Jahr 2004 getätigte falsche Zeugenaussage maßgeblich gestützt wurde, ist dies hier nicht der Fall.

Allerdings kann § 56 FPG bei der Beurteilung, ob der hier zur Anwendung zu bringende § 86 Abs. 1 FPG erfüllt ist, schon deshalb nicht ausgeklammert bleiben, weil § 86 Abs. 1 FPG nach dem Gesagten bei der Gefährdungsprognose ein höheres Maß erfordert als § 56 Abs. 1 FPG. Wäre aber die in § 56 Abs. 1 FPG vorgesehene Gefährdung nicht gegeben, könnte dies umso weniger für die in § 86 Abs. 1 FPG enthaltene gesagt werden.

Die belangte Behörde beschränkte sich bei der Prüfung - insoweit zutreffend - nicht allein auf die Tatsache der Bestrafungen, sondern bejahte die nach § 86 Abs. 1 FPG anzustellende Gefährdungsprognose mit Blick auf das diesen zu Grunde liegende (Fehl-)Verhalten des Beschwerdeführers. Dabei gab sie jedoch zur Feststellung des konkreten Verhaltens lediglich den jeweiligen Urteilstenor wieder. Aus dem derart festgestellten Verhalten leitete sie ab, dass der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, darstelle.

Auf Grund der von der belangten Behörde wiedergegebenen Verurteilungen wegen Taten, die nicht in § 56 Abs. 2 Z 1 FPG genannt sind, und die allesamt nur zu Geldstrafen führten, wären allerdings die in § 56 Abs. 2 FPG genannten Voraussetzungen in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen, bei deren Verwirklichung die in § 56 Abs. 1 FPG genannte Gefährdungsprognose indiziert wäre, nicht erfüllt. Sohin konnte auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, das diesen Bestrafungen zugrunde liegende Verhalten des Beschwerdeführers würde zu einer "schweren Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" im Sinne des § 56 Abs. 1 FPG führen. Umso weniger konnte dieses Verhalten dann aber ohne nähere Begründung die Gefährdungsprognose nach § 86 Abs. 1 FPG stützen.

Der Beschwerdeführer brachte bereits im Verwaltungsverfahren vor, die von ihm - abgesehen von der im Jahr 2004 erfolgten falschen Zeugenaussage, zu deren Ablegung er aber von seinem Onkel unter Druck gesetzt worden sei, sodass auch hier ein enger familiärer Zusammenhang bestanden habe - innerhalb eines begrenzten Zeitraumes im Jahr 2007 begangenen strafbaren Handlungen stünden sämtlich im Zusammenhang mit seinen damaligen Problemen während jener Zeit, in der seine Ehe zu Ende gegangen sei, sowie mit dem damals anhängigen Scheidungsverfahren. Er habe sich während dieser Zeit zu den festgestellten Tatbegehungen hinreißen lassen, sei allerdings auch über lange Zeit von seiner früheren Ehefrau und deren Verwandten fälschlich strafbarer Handlungen bezichtigt worden. Auch hätten diese jede zufällige Begegnung dazu genutzt, den Beschwerdeführer zu provozieren und in strafrechtlich relevante Verhaltensweisen zu drängen, wobei der Zweck ihrer Handlungen gewesen sei, den Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet entfernen zu lassen. Hintergrund dafür sei, dass seine frühere Ehefrau und deren Eltern die Anwesenheit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht weiter hätten ertragen können, zumal von diesen die Ehescheidung als unehrenhaft empfunden worden sei. Auch würden diese Handlungen darauf abzielen, ihm das Besuchsrecht für das aus der Ehe stammende Kind ungerechtfertigt zu nehmen. Mittlerweile lebe der Beschwerdeführer aber mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin in einer geordneten Beziehung und in einer anderen Ortschaft, so dass Begegnungen mit jenen Personen, mit denen er Streit gehabt habe, vermieden würden.

Angesichts der oben wiedergegebenen Rechtslage und des Umstandes, dass sich aus der Aktenlage ergibt, dass die vom Beschwerdeführer im Jahr 2007 begangenen strafbaren Handlungen tatsächlich in engem Zusammenhang mit seinen familiären Problemen standen (was im Übrigen von der belangten Behörde zwar nicht in Abrede gestellt, aber als nicht weiter relevant angesehen wurde), hätte sich die belangte Behörde fallbezogen bei der Prognose, ob der Beschwerdeführer (hinkünftig) eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle, nicht bloß mit der Wiedergabe der Urteilssprüche begnügen dürfen, sondern sich mit dem dargestellten Vorbringen des Beschwerdeführers zu den näheren Umständen der Tatbegehungen auseinanderzusetzen und entsprechende Feststellungen, die eine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers im erforderlichen Ausmaß ermöglicht hätten, zu treffen gehabt.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage diese notwendigen Feststellungen und die anhand derselben vorzunehmende Beurteilung unterließ, war der angefochtene Bescheid wegen - der vorrangig wahrzunehmenden - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, wobei hinsichtlich der Gebühren Aufwandersatz im beantragten Ausmaß zuzusprechen waren. Das als Schriftsatzaufwand verzeichnete, über den Pauschalsatz der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 hinausreichende Begehren war hingegen abzuweisen.

Wien, am 3. April 2009

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