VwGH 2008/22/0608

VwGH2008/22/06083.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des I, vertreten durch die Thum Weinreich Schwarz Rechtsanwälte OEG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Niederösterreich vom 4. Juli 2006, Zl. Fr-3454/00, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und mit Urteil vom 24. Mai 2005 nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten und mit Urteil vom 9. November 2005 nach den §§ 83 Abs. 1 sowie 15, 105 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe bereits am 3. Dezember 1990 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet, dies jedoch nur zu dem Zweck, um in den Genuss einer Aufenthaltsberechtigung zu kommen; ein gemeinsames Familienleben im Sinn von Art. 8 EMRK sei von vornherein nicht geplant gewesen und für die Eheschließung sei ein Vermögensvorteil von S 30.000,-- geleistet worden. Weiters sei der Beschwerdeführer 34 Mal rechtskräftig wegen Verwaltungsdelikten bestraft worden. Der Beschwerdeführer habe bis in die jüngste Vergangenheit versucht, sich unter Berufung auf die Ehe aufenthalts- und arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen zu erschleichen.

In rechtlicher Hinsicht erachtete die belangte Behörde die Gefährlichkeitsprognose nach § 86 Abs. 1 FPG als gerechtfertigt und nahm die Interessenabwägung nach § 66 iVm § 60 Abs. 6 FPG zu Lasten des Beschwerdeführers vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass ihm am 19. Juni 2006 ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Damit wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Gemäß § 61 Z 2 FPG darf nämlich ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 FPG wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. § 54 Abs. 1 leg. cit. sieht vor, dass Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, dann mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre (Z 1), oder der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht (Z 2). Aus den Verwaltungsakten geht hervor, dass dem Beschwerdeführer tatsächlich am 19. Juni 2006 seitens des Magistrates der Stadt Krems an der Donau ein Aufenthaltstitel als Familienangehöriger, gültig bis 18. Juni 2007, ausgestellt wurde. Weiters liegt in den Verwaltungsakten ein von dieser Behörde angeforderter Ausdruck aus dem zentralen Fremdenregister vom 18. Mai 2006, in dem das Aufenthaltsverbot vom 24. März 2003 der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vermerkt ist, sowie eine Strafregisterauskunft mit Angabe der Verurteilung vom 24. Mai 2005. Der erstinstanzliche Aufenthaltsverbotsbescheid befindet sich auch in den Verwaltungsakten, die am 12. Mai 2006 dem Magistrat der Stadt Krems an der Donau übermittelt wurden, weil der Beschwerdeführer in dessen Zuständigkeitsbereich gezogen ist.

Ein Aufenthaltsverbot darf dann nicht erlassen werden, wenn in Kenntnis der Sachlage eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2008, 2008/22/0567). Der den Aufenthaltstitel ausstellenden Behörde waren sowohl der im erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid ersichtliche Vorwurf einer Aufenthaltsehe als auch die Verurteilung vom 24. Mai 2005 bekannt.

Der angefochtene Bescheid war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 3. April 2009

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