VwGH 2008/22/0342

VwGH2008/22/034226.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 2007, Zl. 317.131/2-III/4/07, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §10;
EMRK Art8;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §44b idF 2009/I/029;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;
AsylG 2005 §10;
EMRK Art8;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §44b idF 2009/I/029;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen vom Beschwerdeführer, einem serbischen Staatsangehörigen, am 6. September 2004 gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 26. Februar 2004 illegal nach Österreich eingereist sei und am 1. März 2004 einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren sei "derzeit im Stadium der Berufung anhängig"; der Beschwerdeführer sei seit Einbringung des Asylantrags gemäß dem Asylgesetz bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens vorläufig zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

"Laut Beschluss des Bezirkgerichts Leopoldstadt", rechtskräftig am 3. September 2004, sei der Beschwerdeführer von einem österreichischen Staatsbürger und einer österreichischen Staatsbürgerin adoptiert worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das am 1. Jänner 2006 in Kraft getretene NAG, nach dessen Bestimmungen anhängige Niederlassungsverfahren zu Ende zu führen seien, auf den Beschwerdeführer nicht anwendbar sei, weil dieser nach den Bestimmungen des Asylgesetzes - wenn auch nur vorläufig - zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. "Von einer inhaltlichen Wertung" der Berufungsgründe sei daher abzusehen gewesen.

Auch eine "Prüfung eines allfälligen Aufenthaltsrechtes, abgeleitet unmittelbar vom Gemeinschaftsrecht der EU", könne für den Beschwerdeführer nicht zum gewünschten Erfolg führen, weil er die in der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), festgelegten Voraussetzungen nicht erfülle; insbesondere sei aus dem gesamten Akteninhalt nicht ersichtlich, dass der Adoptivvater des Beschwerdeführers das Recht auf die (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Zunächst ist anzumerken, dass die belangte Behörde das Verfahren über den gegenständlichen Antrag vom 6. September 2004 zutreffend gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses - am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen - Bundesgesetzes (in Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in der Fassung des BGBl. I Nr. 99/2006) zu Ende geführt hat.

Soweit die Beschwerde auf die "Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung" Bezug nimmt, ist auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, der zufolge dem NAG weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen ist, nach der auf vor dessen In-Kraft-Treten verwirklichte Sachverhalte etwa Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 - FrG anzuwenden wären. Der Gerichtshof hat auch ausgesprochen, dass die Übergangsbestimmungen des § 81 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 1 NAG verfassungsrechtlich unbedenklich sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom 9. Juli 2009, 2008/22/0338, mwN).

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG gilt dieses Bundesgesetz nicht für Fremde, die nach dem Asylgesetz 2005 und nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt.

Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am 1. März 2004 gestellten Asylantrag noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und dieser daher über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfüge.

Angesichts dieser Berechtigung zum Aufenthalt nach asylgesetzlichen Bestimmungen ist das NAG nach § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG im vorliegenden Fall - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - nicht anzuwenden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2009, 2008/22/0215, mwN).

Mangels Anwendbarkeit des NAG gehen die umfangreichen Ausführungen der Beschwerde zu humanitären Gründen im Sinn des § 72 Abs. 1 NAG, insbesondere in Hinblick auf die ins Treffen geführten intensiven familiären Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen Adoptiveltern, ins Leere. Da mit § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG asylrechtlich aufenthaltsberechtigten Fremden weder ein Aufenthaltsrecht in Österreich verweigert noch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme ausgesprochen wird, greift der Ausschluss der Anwendung des NAG durch die angeführte Norm auch nicht in das Recht nach Art. 8 EMRK ein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2008/22/0672).

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung war die belangte Behörde auch nicht gemäß § 45 Abs. 3 AVG verhalten, den Beschwerdeführer auf die durch das In-Kraft-Treten des NAG erfolgte Gesetzesänderung hinzuweisen, unterliegen doch Rechtsfragen nicht dem Recht auf Parteiengehör (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb AVG § 45 Rz 26 mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Im Übrigen wäre auch eine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Jänner 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte