VwGH 2008/22/0271

VwGH2008/22/027128.8.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Z K in W, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/7, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 10. Mai 2006, Zl. 146.099/2- III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art6;
AuslBG §15;
NAG 2005 §21 Abs1;
ARB1/80 Art6;
AuslBG §15;
NAG 2005 §21 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 10. Mai 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Selbständig, § 30 Abs. 2 FrG" vom 15. Juni 2005 gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG abgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zu Grunde, dass der Antrag des Beschwerdeführers durch dessen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom 4. Juli 2005 eingebracht worden sei. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufhältig gewesen, was sich sowohl aus den Antragsdaten als auch aus der aufrechten polizeilichen Meldung des Beschwerdeführers in Österreich seit 18. Juni 2004 ergebe. Darüber hinaus habe der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 16. Jänner 2006 dessen aufrechte Meldung seit 18. Juni 2004 in Wien und damit dessen mehrjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet bestätigt. Der Beschwerdeführer, der noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen sei, habe somit den Antrag im Inland gestellt und sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens ergeben habe, dass der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - unselbständig, § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG" benötige. Da aufgrund der mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Gesetzesänderung der Antrag nunmehr nach den Bestimmungen des NAG zu beurteilen sei, sei er als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" zu werten.

Unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 21 Abs. 1 und 2 NAG führte die belangte Behörde weiters aus, dass der gegenständliche Antrag als Erstantrag zu werten sei. Der Beschwerdeführer hätte daher diesen Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung im Ausland abwarten müssen. Der Antrag sei daher gemäß § 21 Abs. 1 NAG abzuweisen.

Gemäß § 74 NAG könne die Behörde von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder die Heilung von sonstigen Verfahrensmängeln zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt würden. Der Beschwerdeführer habe jedoch humanitäre Gründe im Sinn des § 72 NAG nicht behauptet. Eine ausnahmsweise Inlandsantragstellung auf Erteilung eines erstmaligen Aufenthaltstitels nach § 74 NAG sei daher in seinem Fall nicht zulässig.

Soweit der Beschwerdeführer die Anwendbarkeit des "Assoziationsabkommens EU-Türkei" auf seine Person beanspruche, so sei dies nicht zielführend, weil dieses Abkommen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur dann Anwendung finde, wenn die Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers im Einklang mit den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des Mitgliedsstaates gestanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat das durch den Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Juni 2005 eingeleitete Niederlassungsverfahren zutreffend gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach dem NAG fortgesetzt und anhand der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beurteilt.

Ausgehend von der in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Feststellung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich war, begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich bei dem Antrag vom 15. Juni 2005 um einen Erstantrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 13 NAG handelt, keinen Bedenken. Nach dem in der Bestimmung des § 21 Abs. 1 NAG verankerten Grundsatz der Auslandsantragstellung hätte der Beschwerdeführer somit den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich im Ausland stellen und die Entscheidung darüber im Ausland abwarten müssen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 2008, Zl. 2007/18/0514, mwN).

Die Beschwerde legt in umfangreichen Ausführungen dar, dass die belangte Behörde jene "negativere Regelung des NAG" nicht hätte anwenden dürfen, weil der Beschwerdeführer aus dem Beschluss Nr. 1/80 des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (im Folgenden: ARB Nr. 1/80) "Rechte ableiten" könne.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist allerdings die Ordnungsmäßigkeit einer während eines bestimmten Zeitraumes ausgeübten Beschäftigung, auf die Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 abstellt, anhand der Rechtsvorschriften des Aufnahmestaates zu prüfen, welche die Voraussetzungen regeln, unter denen der türkische Staatsangehörige in das nationale Hoheitsgebiet gelangt ist und dort eine Beschäftigung ausübt; die Beschäftigung ist daher nur dann ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den arbeitserlaubnisrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates steht. Nach der Judikatur des EuGH setzt die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 leg.cit. ferner eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. September 2007, Zl. 2004/18/0060, mwN).

Auch der in der Beschwerde besonders hervorgehobene Art. 13 ARB Nr. 1/80 setzt gerade den "ordnungsgemäßen Aufenthalt" des Arbeitsnehmers und seiner Familienangehörigen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union voraus.

Da aber der Beschwerdeführer nach dem - insoweit unbestrittenen - Sachverhalt noch nie über einen Aufenthaltstitel für die Republik Österreich verfügte, kommen für ihn die erwähnten Regelungen des ARB Nr. 1/80 nicht zum Tragen; in diesem Zusammenhang ist es ohne Belang, ob ihm ein Befreiungsschein erteilt wurde oder nicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. September 2007, Zl. 2007/18/0478, mwN). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er "in Österreich einer unselbständigen erlaubten Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz" nachgegangen sei, geht somit ins Leere.

Da die Voraussetzungen für einen anderen der in § 21 Abs. 2 NAG genannten Fälle, in denen eine Inlandsantragstellung ausnahmsweise zulässig ist, - auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers - nicht erfüllt sind, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag vom 15. Juni 2005 zutreffend gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. August 2008

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