VwGH 2008/22/0201

VwGH2008/22/020114.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der J, geboren 1986, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 2007, Zl. 149.527/2- III/4/07, betreffend Daueraufenthaltskarte, zu Recht erkannt:

Normen

EURallg
NAG 2005 §21 Abs1
NAG 2005 §21 Abs2 Z1
NAG 2005 §54 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
32004L0038 Unionsbürger-RL Art3 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2009:2008220201.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. September 2007 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen am 22. Jänner 2007 gestellten Antrag der Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am 20. Dezember 2004 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und am selben Tag einen Asylantrag gestellt habe, der am 24. Februar 2005 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 10. November 2006 sei die Behandlung einer dagegen gerichteten Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof abgelehnt worden.

Am 17. August 2006 habe die Beschwerdeführerin vor dem Standesamt Wien-Margareten einen dänischen Staatsangehörigen geheiratet, der "laut Anmeldebescheinigung vom 11. September 2006" sein Recht auf Ausübung der Freizügigkeit in Anspruch genommen habe.

Den gegenständlichen Antrag vom 22. Jänner 2007 habe die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung gestellt; trotz einer Aufforderung gemäß § 13 Abs. 3 AVG durch die Erstbehörde sei der "Mangel der persönlichen Antragstellung" nicht behoben worden. Die Beschwerdeführerin habe sich während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), nicht erfülle. Die Hauptwohnsitzmeldungen der Beschwerdeführerin und ihres dänischen Ehemannes seit 4. März 2005 bzw. seit 24. März 2006 stünden "in Hinblick auf die Eheschließung am 17. August 2006 einer korrekten Ausübung der Freizügigkeit in Bezug auf einen relevanten grenzüberschreitenden Sachverhalt - verbunden mit einem Zuzugs- oder Nachzugsverhalten - entgegen".

Unter Wiedergabe der Bestimmungen des § 21 Abs. 1 und 2 Z. 1 NAG führte die belangte Behörde weiter aus, dass § 21 Abs. 1 NAG einer Bewilligung des gegenständlichen Antrages entgegenstehe, weil sich die Beschwerdeführerin seit Beendigung ihres Asylverfahrens und somit auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Antrag nicht rechtmäßig im Inland aufgehalten habe. Mangels Vorliegens humanitärer Gründe im Sinn des § 72 Abs. 1 NAG werde eine Inlandsantragstellung auch nicht gemäß § 74 NAG zugelassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die belangte Behörde vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, dass die Beschwerdeführerin, die ihren Ehemann, einen EWR-Bürger, weder begleitet habe noch ihm nachgezogen sei (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG , § 52 NAG), aus diesem Grund aus der Richtlinie 2004/38/EG kein Aufenthaltsrecht ableiten könne (weshalb ihr auch keine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 NAG auszustellen sei).

Diese dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung ist allerdings im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. dessen Urteil vom 25. Juli 2008, Rechtssache C-127/08 , Metock, sowie dessen Beschluss vom 19. Dezember 2008, Rechtssache C-551/07 , Sahin) unrichtig. Zur näheren Begründung wird insofern gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2009, 2009/22/0032, verwiesen.

Die Beschwerdeführerin ist somit aufgrund § 54 Abs. 1 NAG zur Niederlassung berechtigt. Gemäß § 54 Abs. 1 dritter Satz NAG ist ein Antrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte spätestens nach Ablauf von drei Monaten ab Niederlassung zu stellen. Daraus ergibt sich, dass der Antrag im Inland gestellt werden durfte.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt hat. Diesen Antrag musste nämlich die Behörde im Hinblick auf das Vorbringen zu einer Eheschließung mit einem EWR-Bürger als solchen auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte werten, zumal § 54 Abs. 1 NAG eine Verpflichtung zur Antragstellung vorsieht.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 14. Mai 2009

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