Normen
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AVG §38;
AVG §56;
FrG 1993 §52;
FrPolG 2005 §1 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AsylG 2005 §2 Abs1 Z14;
AVG §38;
AVG §56;
FrG 1993 §52;
FrPolG 2005 §1 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
FrPolG 2005 §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die zu Grunde liegende Schubhaftbeschwerde als unbegründet abweist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen (Feststellung, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der gemäß seinen Angaben am 4. März 2007 nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. Dezember 2007 abgewiesen wurde. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet nach Nigeria verfügt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Bescheid vom 29. Juli 2008 ab. Mit Schreiben vom 14. August 2008 teilte der Asylgerichtshof der Fremdenpolizeibehörde gemäß § 22 AsylG 2005 mit, dass gegen den Beschwerdeführer mit der am 8. August 2008 bewirkten Zustellung seines Erkenntnisses eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vorliege. Am 19. August 2008 erging eine im Wesentlichen gleichlautende Benachrichtigung seitens des Bundesasylamtes.
In der Zwischenzeit war der Beschwerdeführer am 30. Juli 2008 wegen des Verdachtes der Begehung des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und Abs. 3 SMG in Haft genommen worden. Mit Beschluss vom 31. Juli 2008 wurde die Untersuchungshaft verhängt, in der der Beschwerdeführer bis zur Hauptverhandlung am 8. September 2008 verblieb. In dieser wurde er zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt, wobei der unbedingte Strafteil bereits durch Anrechnung der Vorhaft verbüßt war. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge in die Schubhaft überstellt, die seitens der Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 27. August 2008 "gemäß § 76 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG)" zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 60 FPG und der Abschiebung (§ 46 FPG) - mit dem Hinweis, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung aus der Gerichtshaft eintreten - angeordnet worden war. Begründend hatte die Bundespolizeidirektion Wien unter Zitierung des § 76 Abs. 1 FPG auf die rechtskräftige Beendigung des Asylverfahrens per 8. August 2008 verwiesen und zum Sicherungsbedarf insbesondere ausgeführt, dass der ohne familiäre und soziale Bindungen im Bundesgebiet aufhältige Beschwerdeführer nur über eine Obdachlosenmeldung verfüge.
Der Beschwerdeführer erhob Schubhaftbeschwerde. Darin machte er primär geltend, dass sein Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sei; lt. telefonischer Mitteilung "der Sachbearbeiterin beim Asylgerichtshof ... von heute" sei ihm das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29. Juli 2008 noch nicht zugestellt worden. Die Verhängung der Schubhaft nach § 76 Abs. 1 FPG sei daher nicht zulässig. Davon abgesehen hätte die Haft auch durch ein gelinderes Mittel ersetzt werden können, weil er (Beschwerdeführer) behördlichen Ladungen im Asylverfahren bisher immer nachgekommen sei und an seiner Kontaktadresse ständig erreichbar wäre.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. September 2008 wies die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde gemäß § 83 Abs. 4 FPG als unbegründet ab. Sie stellte überdies fest, dass zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Die abweisende Entscheidung des Asylgerichtshofes sei mit 8. August 2008 rechtskräftig geworden und das Asylverfahren damit abgeschlossen; gleichzeitig sei die verhängte Ausweisung rechtskräftig geworden. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung nicht mehr Asylwerber gewesen sei und darüber hinaus durch wiederholte Begehung von Delikten "nach § 27 Abs. 1 bis 3" SMG massiv gegen die öffentliche Ordnung verstoßen habe, sei seine Abschiebung zulässig. Zum Sicherungszweck sei auf seine Mittellosigkeit, auf das selbst eingeräumte Fehlen jeglicher familiärer oder berufliche Bindungen, das Fehlen einer ins Gewicht fallenden sozialen Integration in Österreich und auf den Umstand, dass vor Verhängung der Untersuchungshaft bloß eine Obdachlosenmeldung vorgelegen habe, zu verweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass sowohl die erstinstanzliche Schubhaftbehörde als auch die belangte Behörde - letztere auch bezüglich ihres Ausspruchs über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Haft - ihre Entscheidungen auf § 76 Abs. 1 FPG stützten. Eine Schubhaft auf Basis dieser Bestimmung setzt allerdings im konkreten Fall die rechtskräftige Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrags auf internationalen Schutz voraus, weil § 76 Abs. 1 FPG gemäß § 1 Abs. 2 FPG auf Asylwerber nicht anzuwenden ist. Von einer derartigen rechtskräftigen Beendigung des besagten Verfahrens könnte - im Verhältnis zum Beschwerdeführer - nur die Rede sein, wenn ihm das schon mehrfach erwähnte Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29. Juli 2008 rechtswirksam zugestellt wurde.
Schon in der Schubhaftbeschwerde hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass es zu einer solchen wirksamen Zustellung nicht gekommen sei. Dabei hat er sich auf die telefonische Mitteilung einer Mitarbeiterin des Asylgerichtshofes berufen. Die belangte Behörde hat sich indes mit diesem Vorbringen nicht auseinander gesetzt, obwohl auch der aus den Verwaltungsakten ersichtliche zeitliche Zusammenhang (Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29. Juli 2008, Festnahme des Beschwerdeführers am 30. Juli 2008 und angebliche Zustellung des genannten Erkenntnisses an den Beschwerdeführer per 8. August 2008) Überlegungen in diese Richtung nahe gelegt hätte. Vielmehr beschränkte sich die belangte Behörde auf eine Wiedergabe der seitens der Asylbehörden an die Fremdenpolizeibehörde erstatteten Mitteilungen, was jedoch eine Beschäftigung mit den Behauptungen des Beschwerdeführers nicht zu ersetzen vermochte (in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0348).
Das genannte, offenkundig auf einer Verkennung der Rechtslage beruhende Versäumnis der belangten Behörde verletzte den Beschwerdeführer freilich nur insofern in Rechten, als die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Gemäß dem nunmehrigen Vorbringen des Beschwerdeführers kam es nämlich mittlerweile ("am 19.9. bzw. 22.9.2008") zur Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 29. Juli 2008, weshalb der Ausspruch über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft im gegenständlich erst am 23. September 2008 erlassenen bekämpften Bescheid im Ergebnis zu Recht auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt werden konnte. Das dazu erstattete Vorbringen, es könne "eine zumindest aus formalen Gründen nicht rechtmäßige Haft wohl nicht rechtmäßig fortgesetzt werden ..., ohne dass sich Änderungen der Rechtsgrundlage aus dem UVS-Bescheid nachvollziehen lassen", lässt außer Acht, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft völlig unabhängig davon zu erfolgen hat, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine Rechtswidrigkeit vorlag oder nicht (so ausdrücklich die ErläutRV zu § 83 FPG, 952 BlgNR XXII. GP 106; noch deutlicher die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 52 des Fremdengesetzes aus 1992, 692 BlgNR XVIII. GP 54, wo ausgeführt wird, dass der unabhängige Verwaltungssenat im Extremfall eine Haft legitimiere, die bis dahin mangels vollstreckbaren Schubhaftbescheides rechtswidrig war; vgl. etwa auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, B 83/95, VfSlg. 14.193).
Dass aber konkret ein Sicherungsbedarf bejaht werden muss, kann in Anbetracht der dazu im bekämpften Bescheid festgestellten Umstände, die unstrittig geblieben sind, nicht mit Erfolg in Abrede gestellt werden. Hinsichtlich des Ausspruches über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, während der bekämpfte Bescheid im Hinblick auf das Vorgesagte im Übrigen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 20. November 2008
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