VwGH 2008/21/0444

VwGH2008/21/044418.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Mai 2008, Zl. St 97/08, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs3;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §64 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer verfüge seit dem Frühjahr 2001 über Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums der Wirtschaftswissenschaften. Anlässlich der Stellung eines Verlängerungsantrages am 22. November 2007 habe ihm die Behörde erster Instanz mitgeteilt, dass seinem Antrag mangels ausreichenden Studienerfolges nicht stattgegeben werden könne und daher ein Versagungsgrund im Sinn des § 11 NAG vorliege.

Dazu habe der Beschwerdeführer vorgebracht, mit Bescheid der Johannes Kepler Universität Linz vom 6. Februar 2008 seien seine an der Wirtschaftsfakultät Kairo abgelegten Prüfungen anerkannt worden. In Österreich fehlten ihm daher "lediglich zwei oder drei Diplomprüfungen", "sodass mit einem alsbaldigen erfolgreichen Studienabschluss zu rechnen" wäre. Die Gründe für den bislang mangelnden Studienerfolg seien von ihm im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG nicht zu verantworten, wären sie doch seiner Einflusssphäre entzogen, unabwendbar und unvorhersehbar gewesen. Er leide an einer Form von Rheuma, das ein Taubheitsgefühl in den Fingern zur Folge hätte, sodass es ihm nicht möglich gewesen sei, die vorgesehenen Prüfungen für die Erreichung des gesetzlichen Studienerfolges in der vorgegebenen Zeit abzuschließen. Eine Verbesserung des Krankheitsbildes wäre kaum absehbar. Er habe jedoch drei Prüfungen aus Deutschkursen am 13. Dezember 2001, 28. Jänner 2003 und 25. November 2003 sowie einen "Vorkurs Englisch" am 3. Mai 2005 jeweils mit genügendem Erfolg absolviert.

Er sei in Österreich, wo sich mehrere Onkeln, Cousins und Cousinen aufhielten, gut integriert. Er sei bei einem seiner Onkel geringfügig beschäftigt gewesen.

Rechtlich führte die belangte Behörde dazu aus, der Beschwerdeführer habe während seines rund siebenjährigen Aufenthalts in Österreich im inskribierten Diplomstudium "Wirtschaftswissenschaften" bislang keine einzige Prüfung absolviert, was einen völlig unzureichenden Studienerfolg darstelle. Die mit dem erwähnten Bescheid vom 6. Februar 2008 anerkannten Prüfungen seien in Ägypten in den Jahren 1994 bis 1998 abgelegt worden und im gegenständlichen Zusammenhang daher nicht von Relevanz. Ebenso wenig sei es nachvollziehbar, weshalb ein Rheumaleiden den Beschwerdeführer daran gehindert haben sollte, über einen derart langen Zeitraum keine einzige Prüfung positiv zu absolvieren. Keinesfalls lägen daher Gründe im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG vor. Auch stünden die behaupteten persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers seiner Ausweisung nicht entgegen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer verfügte unstrittig über mehrfach verlängerte Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums der Wirtschaftswissenschaften und hat sich während eines neuerlichen - über seinen rechtzeitigen Antrag eingeleiteten - Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufgehalten. Er durfte daher gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 FPG ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund im Sinn des Fehlens einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 1 oder 2 NAG entgegensteht (vgl. zum Ganzen ausführlich etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2008, Zl. 2006/21/0308, und vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0070, jeweils mwN).

Die belangte Behörde kam inhaltlich zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG, wonach der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreiten dürfe, nicht erfülle, weil er sich bereits seit rund sieben Jahren ausschließlich zum Zweck des Studiums im Bundesgebiet befunden habe, ohne einen (jedenfalls nennenswerten) Studienerfolg aufzuweisen.

Diese Ansicht kann nicht als rechtswidrig erkannt werden:

Gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz NAG hat der Fremde u.a. die für die zweifelsfreie Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen. Nach § 19 Abs. 3 NAG ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck (Abs. 2) dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind, wobei diese Verordnung auch Form und Art einer Antragstellung näher regeln kann.

Gemäß § 8 Z 7 lit. b der u.a. auf Grund dieser Verordnungsermächtigung erlassenen NAG-DV ist für eine "Aufenthaltsberechtigung - Studierender" im Fall eines Verlängerungsantrages dem Antrag u.a. ein schriftlicher Nachweis der Universität (bzw. der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität oder des Universitätslehrganges) über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG, anzuschließen.

Gemäß § 75 Abs. 6 UG hat die Universität einem ausländischem Studierenden ab dem 2. Studienjahr auf Antrag einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern der Studierende im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechungspunkten (acht Semesterstunden) abgelegt hat.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer derartige Prüfungen unstrittig nicht absolviert, sodass die Auffassung der belangten Behörde, die Voraussetzungen für die Verlängerung des dem Beschwerdeführer erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 64 Abs. 3 NAG seien nicht erfüllt, keinen Bedenken begegnet (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0070, und vom 2. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0381).

Da der Aufenthalt eines Fremden zum ausschließlichen Zweck des Studiums eine Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens darstellt, wenn der Fremde - wie der Beschwerdeführer - trotz jahrelangen Aufenthalts nur einen völlig unzureichenden oder gar keinen Studienerfolg aufzuweisen hat, kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG fehle, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2007, Zl. 2006/18/0301 mwN).

Schon im Hinblick auf deren zeitliche Lagerung ist es außerdem nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde die in Ägypten vom Beschwerdeführer zwischen 1994 und 1998 abgelegten Prüfungen nicht materiell einem Studienerfolg während seines im Jahr 2001 beginnenden Aufenthaltes in Österreich, der schließlich weiterführenden Studien gewidmet war, gleichgestellt hat.

Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf sein Vorbringen, er leide (wie sich aus dazu vorgelegten Urkunden ergibt, seit Juli 2005) an näher beschriebenen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, aus denen ein Taubheitsgefühl in den Fingern folge. Es sei ihm deshalb nicht möglich gewesen, die vorgesehenen Prüfungen für die Erreichung des gesetzlichen Studienerfolges in der vorgegebenen Zeit abzuschließen, weshalb diese negativ beurteilt worden seien. Die Krankheit sei verbunden mit Gefühllosigkeit in den Händen, Schmerzen und einem Gefühl des Kribbelns sowie Klopfens, sodass die Arbeit mit den Fingern sehr erschwert werde.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer schon zwischen 2001 und Juli 2005 (dem erstmaligen Auftreten behandlungswürdiger Krankheitssymptome) keinerlei Studienerfolg aufgewiesen hat. Somit ist auch eine signifikante Änderung seiner Leistungen ab dem behaupteten Eintritt der Krankheit nicht ersichtlich.

Im Übrigen könnte selbst ein Andauern der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Krankheit (ein der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beigelegtes ärztliches Attest vom 2. Juli 2008 sagt aus, eine Verbesserung sei in naher Zukunft nicht absehbar) an dem Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG nichts ändern: Gemäß § 64 Abs. 3 zweiter Satz NAG kann zwar eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende trotz Fehlens eines Studienerfolgsnachweises verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Dies führt aber keineswegs dazu, dass das Fehlen eines ausreichenden Studienerfolges in solchen Fällen unter keinen Umständen eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellen kann. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit dieser Bestimmung auch einem Fremden, dessen bisheriges Verhalten über Jahre gezeigt hat, dass er - aus welchem Grund auch immer - nicht in der Lage ist, einen ausreichenden Studienerfolg zu erbringen, und bei dem auch keine konkreten Anhaltspunkte für eine baldige Änderung dieser Situation vorliegen, die Möglichkeit verschaffen wollte, sich weiterhin zum ausschließlichen Zweck des Studiums in Österreich aufzuhalten (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0443 mwN).

Die belangte Behörde hat somit zutreffend das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel gemäß § 64 Abs. 3 NAG verneint. Auch ist sie zu Recht zur Auffassung gelangt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens im Sinn des § 11 Abs. 2 Z 1 NAG gefährdet, sodass der Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z 2 FPG erfüllt ist.

Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers dessen Aufenthalt im Inland seit dem Frühjahr 2001 berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben (der Beschwerdeführer verweist auf drei Onkeln, Cousins und Cousinen, einen großen Freundeskreis und seine geringfügige Beschäftigung) angenommen. Die vor allem aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren persönlichen Interessen des Beschwerdeführers werden allerdings in ihrem Gewicht entscheidend dadurch gemindert, dass sein Aufenthalt bisher ausschließlich zu dem - vorübergehenden - Zweck des Studiums berechtigt war, der Beschwerdeführer aber nur einen völlig unzureichenden Studienerfolg aufweist. Die nach dem Beschwerdevorbringen nach wie vor bestehende Krankheit des Beschwerdeführers führt zu keiner relevanten Verstärkung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet, behauptet er doch nicht, dass eine Behandlung dieser Krankheit nur in Österreich möglich wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. November 2007, Zl. 2006/18/0301, und vom 16. Dezember 2008, Zl. 2007/18/0443).

Den somit nicht stark ausgeprägten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die gewichtige Beeinträchtigung öffentlicher Interessen auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 FPG), keinen Bedenken.

Auch sind keine Gründe ersichtlich, wonach die belangte Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Ausweisung hätte Abstand nehmen müssen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Februar 2009

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