VwGH 2008/21/0440

VwGH2008/21/044029.4.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der P, vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Mai 2008, Zl. 317.520/3- III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art8;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
NAG 2005 §72 Abs1;
MRK Art8;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
NAG 2005 §72 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Ehemann der Beschwerdeführerin - beide sind serbische Staatsangehörige - stellte am 28. März 2006 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad einen Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), der mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Mai 2008 abgewiesen wurde. Begründend wurde in diesem Bescheid ausgeführt, der Vater des Antragstellers sei österreichischer Staatsbürger. Dieser habe als Zusammenführender iSd § 47 Abs. 3 NAG zwar am 23. März 2006 eine tragfähige Haftungserklärung abgegeben und einen ausreichenden Einkommensnachweis erbracht. Der Antragsteller erfülle auch die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG. Aus der Aktenlage sei jedoch nicht ersichtlich, dass er - wie von § 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a oder b NAG verlangt - von seinem Vater als Zusammenführendem bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen habe. Somit lägen die Voraussetzungen nach der genannten Gesetzesstelle nicht vor, weshalb die Erteilung der beantragten Erstniederlassungsbewilligung ausgeschlossen sei.

Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0402, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil die Berufungsbehörde vom Fehlen eines Nachweises betreffend den Bezug von Unterhalt durch den Antragsteller im Herkunftsstaat iSd § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG ausgegangen ist, obwohl sie vom Antragsteller angebotene Beweise nicht aufgenommen hat und auch auf den Inhalt der ihr vorgelegten Urkunden nicht eingegangen ist.

Auch die Beschwerdeführerin brachte am 28. März 2006 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, und zwar einer "Niederlassungsbewilligung für beschränkt", ein. Unter einem stellte sie (unter Verwendung eines noch auf die Rechtslage nach dem am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 abstellenden Formulars) einen "Zusatzantrag" zum Hauptantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft", der auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen zielte. Zur Begründung des "Zusatzantrages" führte die Beschwerdeführerin aus, ihre österreichischen Schwiegereltern hätten den Wunsch, dass ihr einziger Sohn, der Ehemann der Beschwerdeführerin, zu ihnen ziehe. Dieser habe für sich einen entsprechenden Antrag auf Niederlassungsbewilligung gestellt. Der Antrag der Beschwerdeführerin möge gemeinsam mit jenem ihres Ehemannes behandelt werden, damit sie sich nicht trennen müssten, zumal sie ein junges Ehepaar ohne Kinder seien.

Mit dem im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich von der Bezirkshauptmannschaft Braunau (BH) erlassenen Bescheid vom 24. Mai 2007 wurde unter Spruchpunkt 1. der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 46 Abs. 4 NAG abgewiesen und unter Spruchpunkt 2. der "Zusatzantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen" gemäß §§ 72 und 73 NAG zurückgewiesen. Begründend führte die BH im Wesentlichen aus, da der Antrag des Ehemannes auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" auch mit Bescheid der BH vom 24. Mai 2007 abgewiesen worden sei, liege bei der Beschwerdeführerin die Voraussetzung für eine "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 46 Abs. 4 NAG, dass der Zusammenführende über einen der dort genannten Aufenthaltstitel verfügen müsse, jedenfalls nicht vor. Mit der Abweisung des Antrages des Ehemannes stehe auch fest, dass der geltend gemachte humanitäre Grund - befürchtete Trennung der Eheleute im Falle der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an den Ehemann der Beschwerdeführerin - nicht gegeben sei. Außerdem könne eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 72 Abs. 1 NAG nur an im Bundesgebiet aufhältige Drittstaatsangehörige erteilt werden, sodass der diesbezügliche Antrag schon mangels Inlandsaufenthalts der Beschwerdeführerin zurückzuweisen sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung trat die Beschwerdeführerin der vorgenommenen Deutung ihrer Anträge nicht entgegen und sie beantragte demnach auch die Bescheidabänderung dahingehend, dass ihr in Stattgebung ihres Antrages eine "Niederlassungsbewilligung beschränkt" erteilt werde, in eventu, dass ihr in Stattgebung des Zusatzantrages eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Die Begründung entspricht im Wesentlichen den wiedergegebenen Überlegungen der BH.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Inhaltlich wird die Beschwerde nur wie folgt begründet:

"Aus den gleichen Gründen, aus denen sich der ihren Ehegatten (Name) betreffende Bescheid (GZ) als rechtswidrig erweist - es darf dazu auf das Beschwerdevorbringen des (Name) verwiesen werden - ist auch der über die Berufung der hier beschwerdeführenden Partei ergangene, hier bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet:

Da in Bezug auf den Ehegatten alle materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung - Angehöriger gemäß § 47 Abs. 3 NAG sowie gemäß § 11 Abs. 1, 2 NAG erfüllt sind und auch in Bezug auf seine Ehegattin, die hier beschwerdeführende Partei, keine Versagungsgründe vorliegen, hätte auch dieser unter Beachtung von Art. 8 EMRK und aufgrund der sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere jener des NAG, der beantragte Aufenthaltstitel erteilt und der Berufung gegen den abweisenden und zurückweisenden Bescheid der Erstbehörde stattgegeben werden müssen.

Daher ist auch der hier bekämpfte Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie mit Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet."

Zunächst kann auch diesem Vorbringen nicht entnommen werden, dass der Deutung der Anträge durch die Behörden entgegengetreten werde. Es ist also - anders als in der dem Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2009/21/0254, zugrundeliegenden Konstellation - davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin primär einen auf ihren Ehemann als Zusammenführenden bezogenen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" und zusätzlich einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 72 Abs. 1 NAG gestellt hat. Zu Letzterem machte die Beschwerdeführerin insbesondere auch nicht geltend, der "Zusatzantrag" wäre als Feststellungsantrag im Sinne des § 73 Abs. 4 NAG anzusehen gewesen.

Vor diesem Hintergrund ist dem zitierten Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass es die unterschiedlichen Voraussetzungen für die vom Ehemann der Beschwerdeführerin als Sohn österreichischer Staatsbürger beantragte "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" nach § 47 Abs. 3 NAG und für die von der Beschwerdeführerin als Ehefrau eines Drittstaatsangehörigen beantragte "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 46 Abs. 4 NAG negiert. Gemäß dieser zuletzt genannten, hier allein maßgeblichen Bestimmung ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen aber (u.a.) nur dann eine "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu erteilen, wenn der Zusammenführende einen der in Z 3 genannten Aufenthaltstitel "innehat". Diese Voraussetzung war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls nicht erfüllt. Daran ändert auch die mit dem eingangs erwähnten hg. Erkenntnis vom heutigen Tag ausgesprochene (rückwirkende) Aufhebung des Berufungsbescheides im Verfahren des Ehemannes der Beschwerdeführerin nichts, weil er damit den beantragten Aufenthaltstitel noch nicht "innehat". Entgegen der Beschwerdemeinung folgt daher aus der Rechtswidrigkeit des zum Antrag des Ehemannes ergangenen Berufungsbescheides noch nicht die Rechtswidrigkeit des hier bekämpften Bescheides. Vielmehr spielt die im Verfahren des Ehemannes nach § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a NAG maßgebliche Frage der schon bisher erfolgten Unterhaltsgewährung durch seinen Vater (seine Eltern) im Verfahren der Beschwerdeführerin zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nach § 46 Abs. 4 NAG keine Rolle.

Zur Bestätigung der Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen enthält die Beschwerde keine Ausführungen. Es genügt daher darauf zu verweisen, dass ein solcher Antrag nach den §§ 72 und 73 NAG in der auch hier maßgeblichen Stammfassung (vor der Änderung mit der am 1. April 2009 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) von vornherein unzulässig war (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 22. Dezember 2009, Zl. 2008/21/0583, und Zlen. 2008/21/0591 bis 0594; siehe zuletzt auch das schon genannte Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2009/21/0254). Im Übrigen trifft es auch zu, dass der im "Zusatzantrag" unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK geltend gemachte humanitäre Aspekt einer möglichen Trennung der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann solange gar nicht in Betracht kommt, als dieser nicht über einen Aufenthaltstitel verfügt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 29. April 2010

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