VwGH 2008/21/0148

VwGH2008/21/014831.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. Karl Mayer, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Wiener Straße 46, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Niederösterreich vom 9. Jänner 2008, Zl. Fr 1760/07, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Sie stellte fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem vom 10. bis 30. August 2003 gültigen Visum in das Bundesgebiet gereist sei und am 16. Jänner 2004 einen österreichischen Staatsangehörigen geheiratet habe. Am 20. Juli 2004 habe sie eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Begünstigte Drittstaatsangehörige - Österreich, § 49 Abs. 1 Fremdengesetz 1997" gestellt und sich dabei auf die genannte Ehe berufen. Diese sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 18. September 2006 gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden, weil es sich um eine sogenannte "Scheinehe" gehandelt habe. Sowohl die Berufung als auch die außerordentliche Revision seien erfolglos geblieben.

Die belangte Behörde nehme als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin die Ehe lediglich deswegen eingegangen sei, um in den Genuss einer längerfristigen Aufenthaltsberechtigung zu kommen, wobei von vornherein nicht geplant gewesen sei, ein gemeinsames Familienleben zu führen. Davon ausgehend erachtete die belangte Behörde den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG als erfüllt und die in § 60 Abs. 1 Z 1 FPG umschriebene Annahme als gerechtfertigt.

Da die Beschwerdeführerin seit August 2003 durchgehend in Österreich aufhältig sei und seit Oktober 2004 einer Erwerbstätigkeit als Reinigungskraft nachgehe und sich im Bundesgebiet ihr Vater, ihr Onkel sowie ihr Bruder befänden, nahm die belangte Behörde erkennbar einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin an. Sie beurteilte aber das Aufenthaltsverbot als zulässig nach § 66 iVm § 60 Abs. 6 FPG, weil die Ausübung der Erwerbstätigkeit nur auf Grund der Aufenthaltsehe möglich gewesen sei und die Beschwerdeführerin die österreichische Rechtsordnung über einen relativ langen Zeitraum umgangen habe. Wegen dieses Rechtsmissbrauchs sei das Aufenthaltsverbot dringend geboten und es wögen dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

Diese Überlegungen würden auch für die Beurteilung des Ermessensspielraums nach § 60 Abs. 1 FPG gelten. Die belangte Behörde sehe keine für die Beschwerdeführerin günstigen Parameter, wonach die "Kannbestimmung" des § 60 Abs. 1 FPG zu deren Gunsten anzuwenden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und zieht auch nicht in Zweifel, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG erfüllt sei. Dieser gibt als schwere Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens Grund für die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene negative Prognose für den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0138).

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die belangte Behörde das ihr zustehende Ermessen unrichtig ausgeübt habe, sie in Österreich voll integriert sei, eine Arbeit und eine Wohnung sowie binnen kurzer Zeit die deutsche Sprache erlernt habe.

Gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Integration in Österreich nicht als so maßgeblich zu werten, dass die Beurteilung der belangten Behörde nach § 66 iVm § 60 Abs. 6 FPG rechtswidrig wäre. Die belangte Behörde verwies nämlich zutreffend auf das beträchtliche öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, das gerade durch die von der Beschwerdeführerin gewählte Vorgangsweise schwerwiegend beeinträchtigt wird. Daran ändert der in der Beschwerde hervorgehobene Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung erst 19 Jahre alt gewesen sei, bestreitet sie doch nicht, dass ihr die Bedeutung einer bloßen Aufenthaltsehe bewusst gewesen war. Soweit sie nunmehr darauf verweist, von einem österreichischen Staatsangehörigen schwanger zu sein, gesteht sie zu, dass es sich diesbezüglich um eine (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige) Neuerung handelt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. März 2008

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