VwGH 2008/21/0050

VwGH2008/21/005017.7.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Solicitor Edward W. Daigneault in 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 16. Jänner 2008, Zl. Senat-FR-08-3002, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein seinen Angaben zufolge am 24. Dezember 1983 geborener Staatsangehöriger von Uganda, stellte nach seiner Einreise nach Österreich am 21. August 2000 einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde mit im Instanzenzug ergangenem, am 12. April 2007 in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen, zugleich erging ein "negativer" Ausspruch nach § 8 Asylgesetz 1997.

Ab 5. November 2004 befand sich der Beschwerdeführer in Strafhaft, am 8. November 2004 war gegen ihn seitens der Bundespolizeidirektion Wien ein seit 13. Dezember 2004 rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden.

Am 19. Dezember 2007 stellte der noch in Strafhaft befindliche Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz. Diesbezüglich erging am 2. Jänner 2008 die Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 Asylgesetz 2005, dass beabsichtigt sei, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Mit am 8. Jänner 2008 erlassenem und zugleich in Vollzug gesetztem Bescheid vom 4. Jänner 2008 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Als (wesentliche) Rechtsgrundlage wurde § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG angeführt.

Gegen die Verhängung der Schubhaft und die folgende Anhaltung in Schubhaft ab dem 8. Jänner 2008 erhob der Beschwerdeführer in der Folge Schubhaftbeschwerde. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Beschwerde gemäß § 83 FPG ab und stellte gemäß § 83 Abs. 4 FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorlägen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Während im Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von internationalem Schutz vom 19. Dezember 2007 überhaupt keine Erwähnung gefunden hat (demgegenüber ist dort ohne erkennbaren Bezug zum Fall des Beschwerdeführers von einer Ausweisung die Rede), wird er im bekämpften Bescheid der belangten Behörde immerhin angeführt. Es wird darin auch die Mitteilung des Bundesasylamtes gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 Asylgesetz 2005 vom 2. Jänner 2008 zur Sprache gebracht. Eine rechtliche Auseinandersetzung mit den Konsequenzen des Antrags und der besagten Mitteilung ist allerdings auch dem bekämpften Bescheid nicht zu entnehmen, der sich im Übrigen weder mit dem weiteren Gang des Asylverfahrens beschäftigt noch in irgendeiner Form zum Ausdruck bringt, auf welchem Schubhaftgrund der Ausspruch nach § 83 Abs. 4 erster Satz FPG über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Haft gestützt wurde (zur dahingehenden Verpflichtung vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 2008, Zl. 2007/21/0446).

Schon deshalb ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Er verkennt überdies grundsätzlich die Rechtswirkungen eines Rückkehrverbotes nach § 62 FPG. Wie die belangte Behörde zunächst noch zutreffend ausgeführt hat, gilt das seinerzeit gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot vom 8. November 2004 seit Inkrafttreten des FPG am 1. Jänner 2006 gemäß § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG als Rückkehrverbot. Es kann allerdings nicht davon die Rede sein, dass ein derartiges Rückkehrverbot nach § 62 FPG, wie die belangte Behörde meint, die "gleichen Rechtswirkungen entfaltet wie ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot", und dass daraus "sehr wohl eine Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers abzuleiten" sei. Hiezu bedürfte es ergänzend der Erlassung einer Ausweisung, die jedoch im Fall des Beschwerdeführers - soweit aktenkundig - (noch) nicht ergangen ist.

Nach dem Gesagten war der bekämpfte Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 17. Juli 2008

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