VwGH 2008/15/0285

VwGH2008/15/02855.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Innsbruck in 6021 Innsbruck, Innrain 32, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 26. August 2008, Zl. RV/0726-I/07, betreffend die Wiederaufnahme von Verfahren (Umsatzsteuer 2002 bis 2004) und Umsatzsteuer 2002 bis 2005 und Jänner 2006, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 11. Dezember 2008, Zl. RG/0039-I/08, (mitbeteiligte Partei: K GmbH in H, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
UStG 1994 §7 Abs1;
UStG 1994 §7;
VwGG §41 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2012:2008150285.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte GmbH betreibt seit Februar 2002 einen Handel mit Kosmetikartikeln. Vom August 2002 bis März 2004 lieferte sie Waren an die ungarische "Z (ein weiblicher Vorname) Parfümeria" und von Juni 2004 bis Jänner 2006 an die serbische "Parfumeria C".

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden zu diesen Geschäften folgende Feststellungen getroffen:

1. Umsätze "Z Parfümeria"

Die Waren seien telefonisch bestellt und in der Folge von AT bei der Mitbeteiligten abgeholt worden. Bei der Abholung und Bezahlung der nächsten Lieferung habe AT das vom österreichischen Zoll abgestempelte Ausfuhrpapier der jeweils vorigen Lieferung der Mitbeteiligten übergeben. Die Mitbeteiligte habe diese Umsätze in einer Gesamthöhe von 1,161.944,46 EUR als umsatzsteuerfreie Exporterlöse behandelt. Trotz intensiver Recherchen habe die

"Z Parfümeria" nicht ermittelt werden können. Es sei davon auszugehen, dass die "Z Parfümeria", auf die sämtliche Rechnungen und Ausfuhrbescheinigungen ausgestellt worden seien, in Ungarn nie existiert habe. Mangels Vorhandenseins eines ausländischen Abnehmers seien die Umsätze nicht nach § 7 Abs. 1 UStG 1994 steuerfrei. Überdies fehle es auch am buchmäßigen Nachweis, der durch eine bloße Belegsammlung nicht erbracht werde.

2. Umsätze "Parfumeria C"

Auch in diesem Fall seien die Waren telefonisch bestellt und dann persönlich von zwei namentlich bezeichneten Ungarn - welche Funktion sie für die serbische "Parfumeria C" eingenommen hätten, sei unklar geblieben - bei der Mitbeteiligten abgeholt und bar bezahlt worden. Das vom ungarischen Zoll abgestempelte Papier über die Ausfuhr sei bei Abholung und Bezahlung der jeweils nächsten Warenlieferung an die Mitbeteiligte zurückgebracht worden. Überprüfungen durch die ungarische Zollverwaltung hätten jedoch ergeben, dass es sich bei sämtlichen Stempelungen auf den Warenausfuhrerklärungen um Fälschungen handle. Auch die jeweiligen Evidenzhaltungsnummern, die sich auf die Ausfuhr bezögen, seien nicht existent. Somit fehle (neben dem Buchnachweis) der Nachweis, dass der Gegenstand der Lieferung in ein Drittland befördert worden sei. Die Mitbeteiligte sei ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Die Steuerfreiheit der Umsätze sei zu versagen.

Das Finanzamt nahm die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2004 wieder auf und erließ für diese Jahre und das Jahr 2005 neue - den Feststellungen der Außenprüfung folgende - Umsatzsteuerbescheide. Für Jänner 2006 erging ein Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid.

Die mitbeteiligte GmbH erhob Berufung. Diese richtete sich sowohl gegen die Wiederaufnahme der Verfahren als auch gegen die genannten Umsatzsteuer(festsetzungs-)bescheide. Hinsichtlich der Wiederaufnahme warf die Mitbeteiligte dem Finanzamt vor, mit dem bloßen Hinweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und dem darüber aufgenommenen Prüfungsbericht nicht konkretisiert zu haben, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen seien. Die Wiederaufnahmebescheide seien daher ersatzlos zu beheben.

Hinsichtlich der Sachbescheide vertrat die Mitbeteiligte die Ansicht, die Lieferungen an die "Z Parfümeria" seien zu Unrecht nicht als steuerfreie Auslandslieferungen behandelt worden. Da das Finanzamt nicht bezweifle, dass die "Z Parfümeria" keinen Sitz im Inland habe, ginge der Verweis auf § 7 Abs. 1 UStG 1994 fehl. Das UStG 1994 verlange im Gegensatz zum UStG 1972 nicht mehr, dass der ausländische Abnehmer seinen (Wohn‑)Sitz im Ausland habe, sondern lediglich, dass er im Inland keinen (Wohn‑)Sitz habe. Weiter führte die Mitbeteiligte aus:

"Wenn die Behörde ja selbst davon ausgeht, dass 1. die Ware ins Ausland gebracht wurde und 2. der Abnehmer im Inland keinen Sitz (Wohnsitz) hat, kann rechtlich dahingestellt bleiben, wer Innehaber der (Z) ist.

Auf die Bezeichnung des Abnehmers kommt es nicht an. Sollten insoferne Unklarheiten bestehen, ist die Bezeichnung nach zivilrechtlichen Grundsätzen einem Rechtssubjekt zuzuordnen. Und die Behörde ordnet sie nicht einem inländischen Rechtssubjekt zu.

Dass (AT) Ausländer ist und die Ware ins Ausland verbrachte, ist darüber hinaus nicht nur durch seine wiederholte Bestätigung gegenüber der Antragstellerin bestätigt sondern durch seine notarielle Erklärung vom 14.09.2006 und die von der Antragstellerin schon bei Beginn der Geschäfte angefertigte Kopie seines Reisepasses."

Hinsichtlich der Lieferungen an die "Parfumeria C" habe es das Finanzamt unterlassen, nähere Angaben über die Art der Fälschung zu machen. Damit sei es der Mitbeteiligten verwehrt, dazu Stellung zu nehmen. Im Übrigen beträfen die behaupteten Fälschungen nicht alle Lieferungen und nehme auch die Behörde nicht an, dass die Mitbeteiligte die Fälschungen hätte erkennen können.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung.

Begründend führte es aus, dass zum Zeitpunkt der Erstveranlagung nicht bekannt gewesen sei, dass eine "Z Parfümeria" nicht existiere und sich an der angegebenen ungarischen Adresse in den Jahren 2002 bis 2004 kein Unternehmen befunden habe. Auch die Fälschung der Zollstempel in Bezug auf die Lieferungen an die "Parfumeria C" sei neu hervorgekommen. Bei den Lieferungen an beide "Firmen" handle es sich um so genannte Abholfälle, für die die Voraussetzungen der Steuerfreiheit schon mangels Buchnachweises nicht vorlägen.

In ihrem Vorlageantrag vertrat die Mitbeteiligte neuerlich die Ansicht, die Wiederaufnahmebescheide seien ersatzlos aufzuheben, weil die diesbezüglich mangelhafte Begründung der Erstbescheide im Berufungsverfahren nicht nachgeholt werden dürfe. Zu den Sachbescheiden führte sie ergänzend aus, ein Abnehmer mit der Bezeichnung "Z" existiere sehr wohl. Das Finanzamt habe zu erheben und festzustellen, wem im Sinne des Zivilrechtes und allenfalls nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Betrieb und damit die Geschäfte auf Abnehmerseite zuzurechnen seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2000, 98/15/0008). Folge man der Argumentation des Finanzamtes, wonach eine falsche Bezeichnung zu einem "Nichtabnehmer" führe, gebe es überhaupt keinen Abnehmer. Ohne Abnehmer gebe es keinen Umsatz. Und ohne Umsatz gebe es keine Umsatzsteuerpflicht. Festzuhalten sei, dass die Ware ins Ausland verbracht worden sei und der Abnehmer, "unter welcher Bezeichnung auch immer und welcher Rechtsträger auch immer, keinen (Wohn)Sitz im Inland hat."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Sie hob die Wiederaufnahmebescheide auf und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides) und Jänner 2006 im Sinne des Berufungsvorbringens ab. Die Berufung betreffend Umsatzsteuer 2002 bis 2004 wurde - zufolge des Ausscheidens der diesbezüglichen Bescheide aus dem Rechtsbestand - zurückgewiesen.

Zwar treffe der Einwand, dass den Wiederaufnahmebescheiden eine Begründung fehle, nicht zu, weil im verwiesenen Prüfungsbericht unter Tz. 3 und 4 entsprechende Ausführungen enthalten seien. Doch seien die vom Prüfer getroffenen Feststellungen nicht geeignet, die Umsatzsteuerfreiheit der streitgegenständlichen Umsätze zu versagen. Die Informationen des Kreditschutzverbandes, wonach die "Z Parfümeria" nicht identifizierbar sei und die angefragte Hausnummer "schon 2006" nicht bestanden habe, schließe die Existenz einer entsprechenden Firma nicht aus. Es könne sein, dass die Recherchen "nach Vorliegen weiterer Angaben ('wie exakte Anschrift') fortzusetzen wären". Die Ansicht, jedes Unternehmen sei in öffentliche Bücher einzutragen gewesen, erweise sich insofern als unzutreffend, als das ungarische "Gesetz über die Firmenpublizität, das handelsgerichtliche Verfahren und die Liquidation" in der bis zum EU-Beitritt Ungarns gültigen Fassung lediglich bestimmte, dass "der Einzelunternehmer … - auf seinen Antrag hin - im Handelsregister eingetragen werden (kann)." Der Annahme, die "Z Parfümeria" habe nie existiert, stünden die Aussagen gegenüber, wonach der ungarische Staatsbürger und in Ungarn wohnhafte AT "als Inhaber der Fa. (Z Parfümeria)" die bestellten Waren in den Geschäftsräumen der Mitbeteiligten abgeholt und nach Ungarn gebracht habe. Das Finanzamt habe sich über die Identität des Abholers (AT) vergewissert. AT habe im Inland keinen Wohnsitz und sei "laut Berufung Inhaber der Fa. (Z Parfümeria)". Damit seien die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit gegeben.

Hinsichtlich der Lieferungen an die "Parfumeria C" habe die belangte Behörde festgestellt, dass Unterschiede zwischen den an den Ausfuhrpapieren angebrachten Stempeln und den von den zuständigen Zollstellen und Bürgschaftsstellen zu verwendenden Stempeln nicht erkennbar seien. Es stimmten alle Merkmale (Sicherheitszeichen, Wappen, Merkurstab, Farbe des Stempelabdrucks) überein. Auch die Nummer des Zollbeamten und die Computer-Kontrollnummer seien vorhanden und richtig aufgebaut. Das ungarische Zollamt habe seine Beurteilung der Stempel als Fälschung insoweit konkretisiert als die angebrachten Evidenzhaltungsnummern nicht existent seien. Dabei handle es sich um eine Zahl mit elf bis vierzehn Stellen, die beim ungarischen Austrittszollamt vom abfertigenden Beamten jeweils händisch anzubringen gewesen sei. Eine falsche Evidenzhaltungsnummer könne daher auch durch Schreib- oder Übertragungsfehler erklärbar sein. Damit stünde das Vorliegen gefälschter Stempel nicht mit Sicherheit fest. Jedenfalls aber könne der Mitbeteiligten kein diesbezüglicher Sorgfaltsverstoß vorgeworfen werden (Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 21. Februar 2008, Rs C-271/06 , Netto-Supermarkt).

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vom Finanzamt gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ausfuhrlieferungen im Sinne des § 7 UStG 1994 sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 leg. cit. steuerfrei.

§ 7 Abs. 1 UStG 1994 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 756/1996 und des Euro-Umstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 59/2001, lautet:

"§ 7. (1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 6 Abs. 1 Z 1) liegt vor, wenn

1. der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet (§ 3 Abs. 8) hat oder

2. der Unternehmer das Umsatzgeschäft, das seiner Lieferung zu Grunde liegt, mit einem ausländischen Abnehmer abgeschlossen hat, und der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittland befördert oder versendet hat, ausgenommen die unter Z 3 genannten Fälle.

3. Wird in den Fällen der Z 2 der Gegenstand der Lieferung nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine Ausfuhrlieferung nur vor, wenn

a) der Abnehmer keinen Wohnsitz (Sitz) oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat,

b) der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des dritten Kalendermonates, der auf den Monat der Lieferung folgt, ausgeführt wird und

c) der Gesamtbetrag der Rechnung für die von einem Unternehmer an den Abnehmer gelieferten Gegenstände 75 Euro übersteigt.

Als Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt gilt der Ort, der im Reisepass oder sonstigen Grenzübertrittsdokument eingetragen ist.

Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet worden sein. Die vorstehenden Voraussetzungen müssen buchmäßig nachgewiesen sein."

Ausländischer Abnehmer ist nach § 7 Abs. 2 UStG 1994 ein Abnehmer, der keinen Wohnsitz (Sitz) im Inland hat. Über die erfolgte Ausfuhr muss gemäß § 7 Abs. 4 UStG 1994 ein Ausfuhrnachweis erbracht werden, wofür in den Abs. 5 bis 7 nähere Regelungen enthalten sind. Außerdem müssen die Voraussetzungen der Ausfuhrlieferung nach dem wiedergegebenen Abs. 1 letzter Satz buchmäßig nachgewiesen werden.

§ 7 UStG 1994 entspricht Art. 15 Z 1 und 2 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden 6. EG-RL, 77/388/EWG, idF der

2. Vereinfachungs-RL 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 7 Tz 13). Wie sich aus dem einleitenden Teil von Art. 15 der 6. EG-RL ergibt, ist es Sache der Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Anwendung der Steuerbefreiung einer Ausfuhrlieferung nach einem Ort außerhalb der Gemeinschaft festzulegen. Nach dieser Vorschrift setzen die Mitgliedstaaten zudem diese Bedingungen insbesondere "zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen" fest (vgl. das Urteil des EuGH vom 21. Februar 2008, Rs C-271/06 , Netto Supermarkt, Rn 17).

Für die Erbringung des Abnehmernachweises kennt das UStG 1994 keine Formvorschriften. Zulässig ist jedes Beweismittel, das geeignet ist, der Behörde die Überzeugung zu verschaffen, dass es sich beim Abnehmer um einen ausländischen Abnehmer handelt. Nachzuweisen ist der Geschäftsabschluss mit dem ausländischen Abnehmer. Wird der Gegenstand vom Abnehmer selbst abgeholt, muss sich der Unternehmer in geeigneter Weise von der Ausländereigenschaft des Abnehmers vergewissern, um gegenüber der Behörde den Abnehmernachweis führen zu können (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 7 Tz 59).

Die Frage, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit eines Umsatzes gemäß § 7 Abs. 1 UStG 1994 vorliegen, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1996, 93/15/0210, und vom 25. Juni 1997, 94/15/0227).

1. Lieferungen an die "Z Parfümeria"

Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde zur Feststellung gelangt, die Mitbeteiligte habe den Abnehmernachweis hinsichtlich der Lieferungen an die "Z Parfümeria" erbracht. Die Waren seien von AT im Betrieb der Mitbeteiligten abgeholt und nach Ungarn ausgeführt worden. AT habe im Inland keinen Wohnsitz und sei laut Berufung Inhaber der "Z Parfümeria".

Die Feststellung, AT sei als Inhaber der "Z Parfümeria" Geschäftspartner der Mitbeteiligten gewesen, erweist sich in mehrfacher Hinsicht als aktenwidrig:

Zum einen hat die Mitbeteiligte in der Berufung weder behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass AT Inhaber der "Z Parfümeria" sei. Sie hat vielmehr die Ansicht vertreten, es könne dahingestellt bleiben, wer "Innehaber" der "Z Parfümeria" sei. Es komme nicht auf die Bezeichnung des Abnehmers an. Entscheidend sei lediglich, dass die Behörde die "Z Parfümeria" nicht einem inländischen Rechtssubjekt zuordnen könne.

Zum anderen wurde in der Berufungsergänzung vom 22. Jänner 2008 eine gemeinsam vor einem ungarischen Notar abgegebene Erklärung des AT, des GS sowie des SZ vorgelegt, wonach JT die "Z Parfümeria" im fraglichen Zeitraum betrieben habe.

Dass eine "Z Parfümeria" - wäre die Abgabenbehörde im Besitz weiterer und genauerer Angaben - möglicherweise doch auffindbar wäre, sichert die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze nicht.

Der Abnehmernachweis ist vom liefernden Unternehmer zu führen. Dabei können Name und Anschrift des Leistungsempfängers zwar - worauf die Mitbeteiligte in ihrer Gegenschrift hinweist - durch jede Bezeichnung zum Ausdruck gebracht werden. Zulässig sind daher auch Kurzbezeichnungen. Doch muss die Bezeichnung eine Identifizierung des Abnehmers ermöglichen. Dies trifft im Fall der "Z Parfümeria" nicht zu. Alle Recherchen der Abgabenbehörde verliefen ergebnislos. Soweit die Mitbeteiligte in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, dass es aus der "Sicht der Umsatzsteuerfreiheit für Exporte" gar nicht erforderlich sei, die Bezeichnung einer konkreten natürlichen oder juristischen Person zuzuordnen, verkennt sie die Rechtslage.

Die Beurteilung als "ausländischer Abnehmer" setzt vielmehr zwingend voraus, dass die Person des Abnehmers bekannt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 2006, 2001/13/0275, 0276). Erst wenn feststeht, welchem Rechtsträger die Lieferung des Unternehmers zuzuordnen ist, kann in einem weiteren Schritt festgestellt werden, ob der Abnehmer einen Sitz bzw. Wohnsitz im Inland hat oder nicht.

Indem die belangte Behörde AT als Inhaber der "Z Parfümeria" betrachtet und in Bezug auf seine Person das Vorliegen eines "ausländischen" Abnehmers bejaht hat, beruht diese Beurteilung - wie schon ausgeführt - auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme, welche den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Jahre 2002 bis 2004 mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

2. Lieferungen an die "Parfumeria C"

Die belangte Behörde sah - im Gegensatz zum Finanzamt - den Ausfuhrnachweis als erbracht an. Dazu maß sie der Erklärung der ungarischen Zollbehörde, "…. die Stempel, mit welchem die Stempelungen angebracht wurden, sind Fälschungen", eine Bedeutung zu, die die Aussage der ungarischen Zollbehörde in ihr Gegenteil verkehrt. Die Feststellung, dass die verwendeten Stempel keine Fälschung seien, stellt eine Würdigung des der belangten Behörde vorliegenden Beweismittels dar, die das beschwerdeführende Finanzamt zu Recht als unschlüssig beurteilt. Bereits deshalb erweist sich der angefochtene Bescheid auch in seinem Abspruch über die Jahre 2005 und 2006 als rechtswidrig.

Ob die weitere Annahme der belangten Behörde, die unrichtigen Evidenzhaltungsnummern könnten auf Schreib- oder Übertragungsfehlern der Zollbeamten beruhen, angesichts deren großer Anzahl - allen in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren an unterschiedlichen Wochentagen und Uhrzeiten ihren Dienst versehenen Zollbeamten hätte bei allen Warenabfertigungen und bei jeder Ausfuhr, die an die "Parfumeria C" erfolgte, Fehler unterlaufen müssen - mit der Lebenserfahrung in Einklang zu bringen wäre, kann daher dahinstehen.

Soweit die belangte Behörde die Steuerfreiheit der Lieferungen an die "Parfumeria C" in einer Art Alternativbegründung auf die Rechtsprechung des EuGH zum Gutglaubensschutz stützt (insbesondere das Urteil vom 21. Februar 2008, Rs C-271/06 , Netto Supermarkt), leidet der angefochtene Bescheid auch diesbezüglich an wesentlichen Begründungsmängeln.

Nach der angeführten Rechtsprechung des EuGH kann der Lieferer auf die Rechtmäßigkeit des Umsatzes, den er tätigt, vertrauen, ohne Gefahr zu laufen, sein Recht auf Befreiung von der Mehrwertsteuer zu verlieren, wenn er bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns außerstande ist, zu erkennen, dass die Voraussetzungen für die Befreiung in Wirklichkeit nicht gegeben waren (vgl. Rn 27 des Urteils vom 21. Februar 2008).

Die belangte Behörde trifft zur Frage der von der Mitbeteiligten angewandten Sorgfalt im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Lieferungen nur rudimentäre Feststellungen. Aus "den Arbeitsunterlagen der Betriebsprüfung" gehe hervor, dass die Mitbeteiligte bei "potentiellen Kunden" Auskünfte darüber eingeholt habe, ob die "hier fraglichen Firmen 'bekannt sind bzw. existieren'". Die Mehrwertsteuer für Leistungen an die "Firmen aus dem Ostblock" seien zu Beginn der Geschäftsbeziehung immer in Rechnung gestellt und bei Vorlage der abgestempelten Ausfuhrpapiere refundiert worden. Erst nach "gewisser Zeit" seien die Umsätze von vornherein steuerfrei behandelt worden. Damit habe die Mitbeteiligte ihren Sorgfaltspflichten entsprochen.

Das beschwerdeführende Finanzamt tritt diesen Feststellungen entgegen. Die belangte Behörde habe sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf einen Aktenvermerk der Betriebsprüfung bezogen. Der Aktenvermerk gebe nicht Feststellungen des Prüfers wieder, sondern den Inhalt einer Besprechung und die bei dieser Gelegenheit aufgestellten Behauptungen der Mitbeteiligten. Diese Behauptungen hätten - wie in der Beschwerde näher ausgeführt - einer Überprüfung durch das Finanzamt allerdings nicht standgehalten.

Dem angefochtenen Bescheid kann nicht entnommen werden, ob die Geschäftsanbahnung und die Geschäftsabwicklung in einer Weise erfolgt sind, wie dies bei Umsätzen der gegebenen Größenordnung und Handelsstufe unter Kaufleuten üblich ist. Die belangte Behörde stützt sich zur Frage der von der Mitbeteiligten aufgewandten Sorgfalt im Wesentlichen lediglich auf einen Aktenvermerk der Betriebsprüfung, dessen Inhalt - wie in der Beschwerde aufgezeigt wird - jedenfalls verschiedene Deutungen zulässt und hat auch damit Verfahrensvorschriften verletzt.

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am 5. September 2012

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