VwGH 2008/13/0128

VwGH2008/13/012825.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der M in S, vertreten durch die TRUST Treuhand- und Steuerberatungs GmbH in 1020 Wien, Praterstraße 38, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 14. Mai 2008, GZ. RV/2136- W/05, betreffend Einkommensteuer 2002, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §30 Abs1 Z1;
EStG §30 Abs2 Z2;
EStG §30 Abs4;
EStG §30 Abs1 Z1;
EStG §30 Abs2 Z2;
EStG §30 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 veranlagte das Finanzamt Spekulationseinkünfte (§ 30 EStG 1988) in Höhe von rund 41.000 EUR zur Einkommensteuer. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Beschwerdeführerin habe am 29. Juni 2000 einen Miteigentumsanteil im Ausmaß von einem 1/10 an der Liegenschaft Wien, S-Gasse 3, durch Kauf erworben. Mit Wohnungseigentumsvertrag vom 24. Oktober 2001 sei Wohnungseigentum begründet worden. Mit dem Verkauf der Wohnung top 21 mit Kaufvertrag vom 23. Oktober 2001 seien die Voraussetzungen für ein Spekulationsgeschäft gemäß § 30 EStG 1988 erfüllt. Die Befreiungsbestimmung für selbst hergestellte Gebäude nach § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 komme nicht zum Tragen, weil diese Bestimmung nur die erstmalige Errichtung eines Objektes erfasse. Werde ein bereits als solches verwendbares Gebäude angeschafft, gelte es auch dann nicht als selbst hergestellt, wenn in der Folge Herstellungskosten aufgewendet würden. Dies gelte auch für Teile an einem solchen Gebäude, selbst wenn daran Wohnungseigentum begründet werde (z.B. Erwerb eines Dachbodens mit nachfolgendem Ausbau zu einer Wohnung).

In der dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin den Standpunkt, dass der Verkauf ein selbst hergestelltes Gebäude gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 betroffen habe. Die Beschwerdeführerin habe einen Rohdachboden erworben, der für sich allein gesehen für Wohnzwecke ebenso wenig nutzbar gewesen sei wie ein unbebautes Grundstück. Auf Grund der Herstellungsmaßnahmen sei aus dem nicht nutzbaren Rohdachboden ein "neues, völlig anderes Wirtschaftsgut, nämlich bewohnbare Dachgeschosswohnungen geschaffen" worden. Hergestellte Wirtschaftsgüter unterlägen auch grundsätzlich nicht dem Tatbestand der Spekulationseinkünfte. Durch den kompletten Ausbau des Dachbodens sei ein neues Wirtschaftsgut geschaffen worden. Da der Ausbau eines Dachbodens zweifelslos eine Herstellung darstelle, seien Veräußerungsgewinne hinsichtlich des Gebäudeanteiles auch unabhängig von der Spekulationsfrist steuerfrei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nach Durchführung einer Berufungsverhandlung keine Folge. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde darauf, dass die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 für selbst hergestellte Gebäude nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon abhängig sei, ob nach der Verkehrsauffassung ein selbst hergestelltes Gebäude vorliege. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Ausbau eines Dachgeschoßes mit dem Neubau auf einem Grundstück nicht vergleichbar. So sei vorhandene Bausubstanz verwendet worden und der ausgebaute Dachboden füge sich auch als Teil des Gebäudes in die Fassade ein, wobei das Dach etwa das Niveau des rechts und links davon angrenzenden Gebäudes erreiche. Es sei lediglich unter Einbeziehung der bereits bestehenden Gebäudeteile die nutzbare Wohnfläche durch den Dachausbau vergrößert worden. Die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 sei daher nicht anwendbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Spekulationsgeschäfte sind gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung eine bestimmte Dauer nicht überschreitet. Hergestellte Wirtschaftsgüter werden zwar grundsätzlich von § 30 EStG 1988 nicht erfasst. Dies allerdings mit der Einschränkung, dass durch den Bau eines Gebäudes auf eigenem Grund und Boden aus der Sicht des § 30 EStG 1988 kein neues Wirtschaftsgut entsteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2005, 2003/15/0105, VwSlg. 8068/F, sowie Doralt/Kempf, EStG7, § 30 Tz 106, mwN). Ein Spekulationsgeschäft wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass auf einem bestehenden Grundstück ein Anbau oder Zubau errichtet wird, ein erworbenes Gebäude aufgestockt wird und dergleichen (vgl. Büsser in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 III38, § 30 Tz 4). Dies auch dann, wenn vor oder mit der Veräußerung Wohnungseigentum begründet wird.

Als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften nach § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen. Im Falle der Veräußerung eines angeschafften Gebäudes sind die Anschaffungskosten um Instandsetzungsaufwendungen und Herstellungsaufwendungen zu erhöhen.

Von der Versteuerung des Spekulationsgewinns im Sinne des § 30 EStG 1988 sind nach § 30 Abs. 2 Z 2 leg. cit. die Einkünfte aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden ausgenommen, wobei Grund und Boden, abgesehen vom - hier nicht vorliegenden - Fall der Z 1 nicht von der Besteuerung ausgenommen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. September 2001, 98/15/0071, VwSlg. 7649/F, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, mit näherer Begründung ausgeführt hat, sind Baumaßnahmen, die (als Herstellungsaufwendungen) zur Änderung der Wesensart des Gebäudes führen, zwar (nach § 30 Abs. 4 EStG 1988) bei der Ermittlung der Höhe des Spekulationsergebnisses zu berücksichtigen, doch erfüllen sie im Allgemeinen noch nicht den Tatbestand des "selbst hergestellten Gebäudes" (dessen Begriff im Übrigen, anders als in der vorliegenden Beschwerde unter Bezugnahme auf das eben genannte Erkenntnis ausgeführt wird, nicht "weit" auszulegen ist). Ein selbst hergestelltes Gebäude im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 liegt nur dann vor, wenn Baumaßnahmen nach der Verkehrsauffassung als Errichtung eines Gebäudes, somit als "Hausbau" angesehen werden. Grundsätzlich erfasst die Befreiungsbestimmung damit nur die erstmalige Errichtung eines Objektes. Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 25. Februar 2003, 2000/14/0017, und vom 2. Juni 2004, 99/13/0133, bekräftigt.

In dem im Erkenntnis vom 2. Juni 2004 zu beurteilenden Beschwerdefall hatte der Beschwerdeführer einen Drittelanteil an einer bebauten Liegenschaft erworben. In den darauf folgenden Jahren wurden Baumaßnahmen gesetzt, bei denen etwa durch den Ausbau des Dachgeschoßes zwei neue Wohneinheiten errichtet und auch in den Untergeschoßen durch Anbauten neue Wohneinheiten geschaffen wurden. Die im Zuge der Umbauarbeiten geschaffenen Wohnungen wurden sodann sukzessive als Eigentumswohnungen verkauft (woraus die im damaligen Erkenntnis bestätigten Einkünfte aus Spekulationsgeschäften resultierten).

Der Beschwerdeführerin kann nicht darin gefolgt werden, wenn sie in der Beschwerde die Meinung vertritt, die in dem Erkenntnis vom 2. Juni 2004 zum Ausdruck gekommene Betrachtungsweise sei auf den vorliegenden Beschwerdefall (in dem die Beschwerdeführerin zunächst Miteigentum an einer bebauten Liegenschaft erworben und nach Schaffung neuen Wohnraums durch Dachbodenausbau die strittige Eigentumswohnung verkauft hat) nicht übertragbar. Wenn die Beschwerdeführerin dazu vorbringt, sie sei nur Eigentümerin der "Dachfläche" gewesen und habe damit nicht ein in ihrem Eigentum stehendes Gebäude erweitert, "sondern auf einer ihr zustehenden Fläche ein Gebäude errichtet", übersieht sie die gebotene einheitliche Betrachtung mit dem bereits bisher bestehenden Gebäude. Einen "Hausbau" im Sinne der erstmaligen Errichtung eines Gebäudeobjektes stellte der Dachbodenausbau bzw. die Herstellung der Dachgeschoßwohnungen auch dann nicht dar, wenn dazu laut Beschwerde die "gesamte Dachhaut" und der Dachstuhl des bisherigen Gebäudes entfernt werden mussten (vgl. in diesem Sinne auch Doralt/Kempf, aaO, Tz 115).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 25. April 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte