Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GehG 1956 §13c Abs1 idF 2001/I/086;
GehG 1956 §13c Abs2 idF 2001/I/086;
GehG 1956 §13c Abs7 idF 2001/I/086;
PG 1965 §4 Abs4 Z2 idF 1998/I/123;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GehG 1956 §13c Abs1 idF 2001/I/086;
GehG 1956 §13c Abs2 idF 2001/I/086;
GehG 1956 §13c Abs7 idF 2001/I/086;
PG 1965 §4 Abs4 Z2 idF 1998/I/123;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienstbehörde ist die belangte Behörde.
Am 4. November 2003 erlitt der Beschwerdeführer einen Dienstunfall im Zuge der Überprüfung von Bremsbelägen eines Busses. Der zur Einsicht in die Bremsschaulöcher unterlegte Austrittsbehelf (Holzstaffel) kippte um. Bei dem Sturz gegen die Kante des Vorsprunges in der Prüfungsgrube zog sich der Beschwerdeführer eine Prellung des rechten Ellbogens und der Lendenwirbelsäule zu. Nach diesem Dienstunfall war er u.a. im Zeitpunkt vom 10. April bis 1. Oktober 2006 und vom 9. Oktober 2006 bis 23. September 2007 im Krankenstand. Ab 16. Oktober 2006 wurden ihm reduzierte Bezüge unter Anwendung des § 13c Abs. 1 und 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), angewiesen.
In einem Schreiben vom 9. Februar 2007 vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, die nach dem Unfall stattgehabten Krankenstände seien kausal auf diesen Dienstunfall zurückzuführen. Die Kürzung sei daher aus dem Grunde des § 13c Abs. 1 GehG nicht berechtigt. Er beantragte, die einbehaltenen Bezüge umgehend nachzuzahlen. "Im Nichtzahlungsfall" beantragte er bescheidmäßige Erledigung.
Die belangte Behörde holte daraufhin Stellungnahmen der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter zur Frage ein, ob die erwähnten Krankenstände des Beschwerdeführers auf den Dienstunfall vom 4. November 2003 zurückzuführen seien. In zwei Stellungnahmen vom 14. Februar und vom 4. März 2008 äußerte sich die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter dahingehend, dass dies nicht der Fall sei. Grundlage für diese Beurteilung sei ein vom Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht in einem Rechtsstreit zwischen dem Beschwerdeführer und der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter eingeholtes Gutachten des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. R.
Mit Note vom 26. März 2008 gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer rechtliches Gehör zu den genannten Auskünften.
Der Beschwerdeführer erstattete hiezu am 22. April 2008 und - nachdem ihm die beiden Schreiben der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter übermittelt worden waren - am 13. Mai 2008 Stellungnahmen.
Darin berief er sich insbesondere seinerseits auf das von ihm unter einem vorgelegte im Leistungsstreitverfahren erstattete Sachverständigengutachten Dris. R, aus dem sich seines Erachtens zweifelsfrei ergebe, dass der Unfall offensichtlich Auslöser bzw. der Unfallzeitpunkt Beginn der Beschwerdesymptomatik des Beschwerdeführers gewesen sei. Gleiches folge aus Gutachten des Bundessozialamtes vom 19. Oktober 2005 sowie aus einem Befundbericht des Dr. B vom 18. Jänner 2007. Hilfsweise beantragte die Einholung eines weiteren Gutachtens.
In den Verwaltungsakten erliegt das erwähnte unfallchirurgisches Gutachten Dris. R vom 28. April 2006, in welchem dieser zu folgender zusammenfassenden Beurteilung gelangte (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof;
Hervorhebungen im Original):
"Der Beschwerdeführer hat bei dem Unfall vom 4.11.03 folgende Verletzung erlitten:
- 1. Prellung des rechten Ellbogens
- 2. Prellung der Lendenwirbelsäule
Wie schon im Vorgutachten angeführt, hat die Prellung der Lendenwirbelsäule zur Aufdeckung eines angeborenen und degenerativen Leidens geführt - durch die Röntgenbilder ex 99 klar belegt.
Diese Instabilitäten werden im Laufe des Jahres auf Grund der zunehmenden Instabilität und der Zunahme der degenerativen Veränderungen insgesamt schlechter, sodass hier praktisch immer Stabilisierungsoperationen durchgeführt werden müssen.
In den mehrfach angefertigten Röntgenbildern und MRT-Untersuchungen haben sich keine traumatischen Veränderungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule nachweisen lassen.
Auch die Zunahme des Wirbelgleitens ist auf Grund der angeborenen Veränderung eingetreten und ist nicht Folge des Unfalles.
Dass insgesamt eine Behinderung vorliegt ist klar und wurde diese Behinderung beim BSA entsprechend berücksichtigt. Bei diesen Einschätzungen ist jedoch nicht die Unfallkausalität maßgeblich, sondern hier wird die körperliche Einschränkung berücksichtigt.
Wie schon angeführt, lässt sich eine unfallkausale Verschlimmerung des anlagebedingten Leidens nicht nachweisen und daher schätze ich die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Grund des Vorfalls vom 4.11.03 mit 0 % ein."
In einem Ergänzungsgutachten vom 27. Juli 2006 führte der Sachverständige ergänzend aus:
"Wie schon in meinem Gutachten angeführt, ist das Wirbelgleiten eindeutig angeboren und nicht durch den Unfall ausgelöst worden, das ist durch die Röntgenbilder ausreichend belegt.
Die im ärztlichen Befundbericht des Bundessozialamtes angeführte schmerzhafte Aktivierung des Wirbelgleitens ... eine Aktivierung eines angeborenen Leidens od. eines vorbestehenden chronischen Leidens ist natürlich auch durch einen Unfall möglich, aber auch durch Verrichtungen des täglichen Lebens, wie Bücken, Verdrehung der Wirbelsäule etc. und hätte diese Aktivierung durchaus ebenfalls ohne diesen Unfall im selben Zeitraum auftreten können."
In der mündlichen Streitverhandlung vor dem Landesgericht Steyr am 3. Oktober 2006 erörterte dieser Sachverständige mündlich sein Gutachten, wo er auf Grund einer Frage nach einem angeborenen Leiden Folgendes ausführte:
"Wie schon im Vorverfahren ... angeführt, sind schon Röntgen vor dem klagsgegenständlichen Vorfall angefertigt worden, wo eindeutig eine Listese mit entsprechenden Veränderungen dokumentiert ist."
Mit näherer Begründung führte der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auch aus, dass eine traumatische Ursache für das Wirbelgleiten im MR als Traumafolge ersichtlich gewesen wäre. Zusammengefasst gelangte der Sachverständige zu folgender Beurteilung:
"Wie ich schon in meinem Gutachten ausgeführt habe, kann natürlich der Unfall bzw. Unfallzeitpunkt Auslöser bzw. Beginn der Beschwerdesymptomatik gewesen sein und war es offensichtlich auch. Grundsätzlich ist es aber so, dass wie angeführt, die Verrichtungen des täglichen Lebens usw. wie schon vorher besprochen, eben im selben Umfang und im Zeitraum eines Jahres ähnliche Beschwerden bewirken können, auch unter Berücksichtigung dieser Krafteinwirkung mit Hinweis auf die MR-Untersuchung."
Im Akt liegt weiters ein Befundbericht Dris. B vom 18. Jänner 2007, in dem es wie folgt heißt:
"Der Beschwerdeführer leidet seit 2003 an den Folgen eines Arbeitsunfalles. Er ist dabei in eine Arbeitsgrube gestürzt und hat sich dabei die Wirbelsäule geprellt.
Seither ist es zu verstärkten Kreuzschmerzen und wiederholt auch zu Harnstauungen im Bereich des li Ureters gekommen. Vor allem in der Nacht, sowie nach längerem Sitzen, kommt es zu starken Harnleiterstauungen durch Kompression desselben. Dabei treten kolikartige Schmerzen auf, die natürlich auch den Schlaf beeinträchtigen und damit zu einer Störung der Lebensqualität führen.
Die Ursache dafür ist ein Wirbelgleiten, das mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Unfall augelöst wurde."
Im Gutachten des Bundessozialamtes vom 19. Oktober 2005 heißt es:
"Der Patient leidet unter einer angeborenen Wirbelbogenspalte bds. im 5. Lendenwirbel, dadurch ist es im Rahmen eines Arbeitsunfalles zu einer äußerst schmerzhaften Aktivierung des Wirbelgleitens L5/S1 gekommen, die Instabilitätsschmerzen L5/S1 verschlimmern sich sukzessive, daher Pos. 191 und jetzt Einschätzung mit 60 %."
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juli 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Februar 2007 gemäß § 13c GehG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Schilderung des Verfahrensganges (auszugsweise) wie folgt aus:
"Im Zuge des Gerichtsverfahrens 24 Cgs 32/06m vor dem Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht, in dem Ihre Klage gegen die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter auf Zahlung einer Versehrtenrente ab 09.12.2005 mit Urteil vom 03.10.2006 abgewiesen wurde, wurde zur (auch für den vorliegenden Sachverhalt) entscheidungsrelevanten Frage, ob bzw. welche Folgen der Dienstunfall vom 04.11.2003 hatte, Beweis erhoben durch Einholung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen für Unfallchirurgie Dr. R vom 28.04.2006, dessen schriftliche Ergänzung vom 27.07.2006, sowie dessen mündliche Erörterung in der Verhandlung vom 03.10.2006.
Das Gericht traf - auf Grundlage der aufgenommenen Beweise - die folgenden Feststellungen, welche auch zur Beurteilung der hier zu entscheidenden Angelegenheit zu Grund gelegt werden:
Die Prellung der Lendenwirbelsäule beim Dienstunfall vom 04.11.2003 führte zur Aufdeckung eines angeborenen und degenerativen Leidens in Form eines Wirbelgleitens im unteren Lendenwirbelsäulenbereich mit Spaltbildung. Die Zunahme des Wirbelgleitens trat auf Grund der angeborenen Veränderung ein und ist nicht Folge des Dienstunfalls. Eine Aktivierung des angeborenen Leidens durch den Unfall ist zwar möglich, hätte aber mit zumindest gleicher Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres auch durch Verrichtungen des täglichen Lebens wie Bücken oder Verdrehen der Wirbelsäule auftreten können. Eine unfallkausale Verschlimmerung des anlagebedingten Leidens ist nicht nachweisbar, die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Grund des Dienstunfalls beträgt 0%.
Auch die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter teilte auf entsprechende Anfrage des Personalamtes in ihrem Schreiben vom 14.02.2008 und 04.03.2008 mit, dass der medizinische Sachverständige der Unfallversicherung zur Auffassung komme, dass ein Zusammenhang zwischen den verfahrensgegenständlichen Krankenständen und dem Dienstunfall vom 04.11.2003 nicht bestehe. Vielmehr seien die Krankenstände im Zusammenhang mit einem vorbestehenden Leiden zu sehen. Die Folgen des Dienstunfalls selbst seien nach kurzer Zeit folgenlos abgeheilt."
In ihrer rechtlichen Beurteilung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof stelle für die Frage, ob ein Beamter durch einen Dienstunfall an der Dienstleistung im Verständnis des § 13c Abs. 1 GehG verhindert ist, auf die so genannte Theorie der "wesentlichen Bedingung" ab. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringem Umfang eingetreten wäre, sei eine wesentliche Bedingung. Sodann heißt es:
"Im vorliegenden Fall war die wesentliche Ursache im Sinne der erörterten Rechtsprechung für den 'eingetretenen Erfolg' das festgestellte angeborene Leiden und nicht der Dienstunfall aus dem Jahr 2003, weil die Beschwerden, welche zu den lang andauernden Krankenstände geführt haben, laut den schlüssigen und zweifelsfreien Gutachten des Dr. R auch ohne Dienstunfall im selben Umfang und in absehbarerer Zeit (laut Gutachtenserörterung im Zeitraum eines Jahres) durch Verrichtungen des täglichen Lebens, wie Bücken, Verdrehung der Wirbelsäule etc. ausgelöst worden wären. Sowohl aus dem Gutachten des Bundessozialamtes vom 19.05.2005 als auch aus dem Befundbericht von Dr. B vom 18.01.2007 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Da die dem hier zu beurteilenden Sachverhalt zu Grunde liegende medizinische Frage somit ausreichend geklärt ist, war die Einholung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Sachverständigen für Unfallchirurgie nicht erforderlich."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 13c Abs. 1 und 2 GehG in der Fassung dieser Absätze nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 86/2001 lauten:
"§ 13c. (1) Ist der Beamte durch Unfall (ausgenommen Dienstunfall) oder durch Krankheit an der Dienstleistung verhindert, gebührt dem Beamten ab einer Dauer der Dienstverhinderung von 182 Kalendertagen der Monatsbezug in der Höhe von 80% des Ausmaßes, das dem Beamten ohne diese Dienstverhinderung gebührt hätte. Die Kinderzulage ist von einer solchen Kürzung ausgenommen.
(2) Tritt innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes abermals eine Dienstverhinderung durch Krankheit oder infolge desselben Unfalls ein, gilt sie als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung."
Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde die (faktische) Bezugskürzung (zunächst) ohne Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens verfügt habe, ist ihm zu entgegnen, dass dieser Umstand für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des vorliegenden, im Anschluss an ein durchgeführtes Ermittlungsverfahren erlassenen angefochtenen Bescheides ohne Bedeutung ist.
Zutreffend ging die belangte Behörde auch davon aus, dass die Frage, ob der Beamte durch einen Dienstunfall an der Dienstleistung verhindert war, nach den Grundgedanken der Theorie der "wesentlichen Bedingung" zu prüfen war. Der eingetretene Erfolg liegt hier in der Dienstverhinderung des Beschwerdeführers, wobei - wie eingangs dargestellt - entscheidend ist, ob die Dienstunfälle eine wesentliche Ursache für den Eintritt des Erfolges (der Dienstverhinderung) waren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2006, Zl. 2006/12/0005).
Dem Beschwerdeführer ist nun zuzugestehen, dass - auch auf dem Boden des Gutachtens des Sachverständigen Dr. R - die Beschwerdesymptomatik, welche auch Ursache der hier zu beurteilenden Krankenstandsperioden bildete, durch den erlittenen Arbeitsunfall ausgelöst wurde. Das von der belangten Behörde als schlüssig erachtete Gutachten Dris. R gelangte jedoch zum Ergebnis, dass als Anlageschaden ein so genanntes Wirbelgleiten bereits vorhanden gewesen sei. Zur Bedeutung derartiger Anlageschäden im Zusammenhang mit der Theorie der wesentlichen Bedingung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 2004, Zl. 99/12/0321, Folgendes ausgesprochen:
"Nach der 'Theorie der wesentlichen Bedingung' ist es für eine solche Bedingtheit - dann, wenn der Unfallschaden auf mehrere Ursachen zurückgeht - erforderlich, dass der Unfall eine wesentliche Ursache der MdE ist. Dies ist er dann, wenn er nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund tritt. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur im geringeren Umfang eingetreten wäre, ist wesentliche Bedingung (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1997, Zl. 94/12/0042, und die dort angeführte Judikatur).
Eine Fallgruppe, für die die 'Theorie der wesentlichen Bedingung' herangezogen wird, sind die so genannten Anlagefälle (vgl. dazu näher Tomandl in Tomandl (Hrsg), System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 2.3.2.4.1.4. A).
Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof im seinem Erkenntnis vom 27. September 1990, Zl. 88/12/0137, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgeführt, dass dann, wenn eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis bei Entstehung einer Körperschädigung zusammenwirken, zu beurteilen ist, ob das Unfallereignis eine wesentlich mitwirkende Bedingung für die Schädigung gewesen ist oder ob die krankhafte Veranlagung alleinige oder überragende Ursache war. Letzteres ist anzunehmen, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zur selben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Eine krankhafte Veranlagung hindert also für sich genommen die Kausalität eines Unfalles für eine eingetretene MdE nicht. Eine solche kann auch vorliegen, wenn eine vorhandene krankhafte Veranlagung zu einer plötzlichen, in absehbarer Zeit nicht zu erwartenden Entwicklung gebracht oder eine bereits bestehende Erkrankung verschlimmert worden ist. Für die Frage, ob die Auswirkungen des Unfalles eine rechtlich wesentliche Teilursache des nach dem Unfall eingetretenen Leidenszustandes sind, ist in erster Linie von Bedeutung, ob dieser Leidenszustand auch ohne den Unfall etwa zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können, ob also die äußere Einwirkung (Unfall) wesentliche Teilursache oder nur Gelegenheitsursache war.
Dabei kommt es, wie der Oberste Gerichtshof z.B. im Urteil vom 22. März 1994, 10 Ob S 50/94 = SSV-NF 8/26, ausgeführt hat, nicht darauf an, ob wegen dieser Veranlagung jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis dieselbe Schädigung hätte herbeiführen können, sondern darauf, ob es zumindest gleich wahrscheinlich ist, dass ein solches Ereignis in naher Zukunft tatsächlich vorgekommen wäre und dieselbe Schädigung ausgelöst hätte. Dies wäre nur dann der Fall, wenn hiefür ein äußeres Ereignis ausgereicht hätte, welches das Maß alltäglicher Belastung nicht überschreitet. Ein äußeres Ereignis im Maß einer alltäglichen Belastung ist bei einem mitwirkenden Vorschaden immer nur eine so genannte Gelegenheitsursache, begründet also keinen Arbeitsunfall (bzw. Dienstunfall). Alltäglich sind die Belastungen, die altersentsprechend üblicherweise mit gewisser Regelmäßigkeit im Leben auftreten, wenn auch nicht jeden Tag, wie etwa normales oder auch beschleunigtes Gehen, unter Umständen auch kurzes, schnelles Laufen, Treppen steigen, Bücken, leichtes bis mittelschweres Heben oder ähnliche Kraftanstrengungen."
Nun hat die belangte Behörde, gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. R ausgeführt, dass die Aktivierung des Leidens des Beschwerdeführers mit zumindest gleicher Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Jahres auch durch Verrichtungen des täglichen Lebens, wie Bücken oder Verdrehen der Wirbelsäule hätte auftreten können. Dieser Feststellung tritt der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mit konkreten Argumenten entgegen. Vor diesem Hintergrund kann aber nicht gesagt werden, dass durch den Dienstunfall eine vorhandene krankhafte Veranlagung zu einer plötzlichen, in absehbarer Zeit nicht zu erwartenden Entwicklung gebracht oder eine bereits bestehende Erkrankung verschlimmert worden wäre. Vielmehr hätten nach Maßgabe der Ausführungen Dris. R auch andere alltäglich vorkommende Ereignisse dieselbe Schädigung herbeiführen können, wobei es gleich wahrscheinlich war, dass ein solches Ereignis in naher Zukunft tatsächlich vorgekommen wäre und dieselbe Schädigung ausgelöst hätte. Als solche Ereignisse kamen auch solche in Betracht, welche das Maß alltäglicher Belastung nicht überschritten hätten.
Auf Basis der Ergebnisse des Gutachtens Dris. R ist der belangten Behörde daher nicht entgegenzutreten, wenn sie den Dienstunfall als wesentliche Ursache des von ihr zu beurteilenden Krankenstandes verneinte.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Schlüssigkeit des Gutachtens Dris. R. Er verweist aber auf die Gutachten des Bundessozialamtes vom 19. Oktober 2005 sowie den Befundbericht Dris. B vom 18. Jänner 2007. In Ansehung des Gutachtens des Bundessozialamtes ist auszuführen, dass dieses hinsichtlich des Vorhandenseins eines Anlageschadens zu den gleichen Schlussfolgerungen gelangte wie Dr. R. Lediglich Dr. B erwähnt das Vorhandensein eines Anlageschadens nicht. Aus seinem "Befundbericht" gehen jedoch die vorgenommenen Erhebungen nicht hervor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich Dr. B mit den von Dr. R erwähnten Röntgenbildern aus dem Jahr 1999 überhaupt auseinander gesetzt hätte. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie letztendlich dem Gutachten Dris. B nicht folgte.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, ein (weiteres) Gutachten einzuholen, ist ihm entgegenzuhalten, dass der belangten Behörde ein - schlüssiges - Gutachten Dris. R vorlag. Im Zusammenhang mit Sachverständigengutachten gilt grundsätzlich, dass es der Behörde obliegt zu beurteilen, ob sie einen zweiten Sachverständigen überhaupt für notwendig hält. Will eine Partei außer dem bereits vorliegenden Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und dieses der Behörde vorzulegen; nur wenn ein bereits vorliegendes Gutachten unschlüssig ist, müsste von Amts wegen ein anderer Sachverständiger herangezogen werden (vgl. hiezu zuletzt das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2008/12/0148). Eine solche Situation liegt hier aber nicht vor.
Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer vor, nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes seien die Regeln des Anscheinsbeweises in Verfahren über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche aus Arbeitsunfällen modifiziert anzuwenden. Vorliegendenfalls liege jedoch kein sozialversicherungsrechtlicher, sondern ein dienstrechtlicher Anspruch vor. Der in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren angewandte Grundsatz, wonach der Anscheinsbeweis des Kausalzusammenhanges zwischen Dienstunfall und Körperschädigung dann nicht genügt, wenn es zumindest gleich wahrscheinlich ist, dass eine andere Ursache die Körperschädigung im selben Ausmaß und etwa zur selben Zeit herbeigeführt hätte und ein solches Ereignis in naher Zukunft auch tatsächlich vorgekommen wäre und die Schädigung ausgelöst hätte, sei vorliegendenfalls nicht anzuwenden. Dies erkläre sich insbesondere daraus, dass bei sozialversicherungsrechtlichen Verfahren bei Vorliegen eines Kausalzusammenhanges zwischen Unfall und Krankheit überhaupt erst ein Leistungsanspruch entstehe, während hier nach § 13c GehG in bestehende Rechte eingegriffen würde.
Diesen Ausführungen ist jedoch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2006, Zl. 2006/12/0005, und jenes vom 13. September 2007, Zl. 2006/12/0164, entgegenzuhalten, welche die Theorie der wesentlichen Bedingung grundsätzlich und ohne Einschränkungen für die Frage, ob der Ausnahmefall des § 13c Abs. 1 GehG vorliegt, als maßgeblich erachteten.
Im Übrigen macht es - anders als der Beschwerdeführer meint - keinen wesentlichen Unterschied, ob die Rückführbarkeit eines Ereignisses auf einen Dienstunfall unmittelbar anspruchsbegründend, oder aber - im Wege der Anwendung einer Ausnahmebestimmung zu einem sonst eintretenden Entfall der Bezüge -
"anspruchserhaltend" wirkt (vgl. in diesem Zusammenhang auch zur Anwendbarkeit dieser Theorie für die - strukturell ähnliche - Ausnahmebestimmung von der Kürzung der Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuss nach § 4 Abs. 4 Z. 2 PG 1965 idF BGBl. I Nr. 123/1998, das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 98/12/0391).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 2. Juli 2009
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