VwGH 2008/11/0026

VwGH2008/11/002615.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des B Z in M, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- u. Behindertenangelegenheiten (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) vom 4. Dezember 2007, Zl. 41.550/704-9/07, betreffend Anerkennung eines Impfschadens, zu Recht erkannt:

Normen

ImpfSchG §1b Abs1 idF 1991/278;
ImpfSchG §1b Abs2 idF 1991/278;
ImpfSchG §1b idF 1991/278;
ImpfSchG §4;
ImpfSchG §8e idF 2005/I/048;
Impfungen empfohlene 1991 §1 Z4;
Impfungen empfohlene 1991;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ImpfSchG §1b Abs1 idF 1991/278;
ImpfSchG §1b Abs2 idF 1991/278;
ImpfSchG §1b idF 1991/278;
ImpfSchG §4;
ImpfSchG §8e idF 2005/I/048;
Impfungen empfohlene 1991 §1 Z4;
Impfungen empfohlene 1991;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286.40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- u. Behindertenangelegenheiten vom 4. Dezember 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. November 2006 (eingelangt am 22. November 2006) auf Anerkennung eines Impfschadens durch eine am 13. April 1989 verabreichte Impfung gegen Frühsommermeningoencephalitis (FSME) abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, eine Entschädigung für Schäden nach einer FSME-Impfung sei zu dieser Zeit (gemeint: im Impfzeitpunkt) in der damals gültigen Fassung des Impfschadengesetzes nicht vorgesehen gewesen. Eine solche Entschädigung für Schäden nach einer FSME-Impfung sei erst ab 1. August 1991 vorgesehen.

Die FSME-Impfung falle "nicht in den Entscheidungsbereich der §§ 1, 1a oder 1b Abs. 3 des Impfschadengesetzes". Mit der Novelle zum Impfschadengesetz BGBl. Nr. 278/1991 sei nach § 1a des Impfschadengesetzes ein §1b eingefügt worden. Nach ihrem Artikel II Z. 1 (gemeint: Abs. 1) sei die Novelle hinsichtlich § 1b iVm. § 2a mit 1. August 1991, im Übrigen mit 1. Jänner 1992 in Kraft getreten. Nach ihrem Artikel II Z. 2 (gemeint: Abs. 2) seien Ansprüche gemäß § 1b iVm. § 2a dann gegeben, wenn die den Schaden verursachende Impfung nach dem 31. Juli 1981 durchgeführt worden sei. Hierbei handle es sich um Impfungen in Bezug auf den Mutter-Kind-Pass, deren Empfehlung ab dem 31. Juli 1981 ausgesprochen worden sei. In Artikel II Z. 5 (gemeint: Abs. 5) der Novelle werde normiert, dass Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes (der Novelle) bereits ab dem auf seine Kundmachung folgenden Tag erlassen werden könnten, sie dürften frühestens mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in Kraft gesetzt werden.

Mit Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 15. Oktober 1991, BGBl. Nr. 530/1991, sei gemäß § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes verordnet worden, dass Impfungen im Sinne des § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes ua. Impfungen gegen FSME (§ 1 Z. 4) seien, wobei diese Verordnung mit 1. August 1991 in Kraft gesetzt worden sei. Es werde die Rechtsansicht vertreten, dass die Verordnung vom 15. Oktober 1991 keine Anwendung auf zurückliegende Sachverhalte anordne und daher erst die nach Inkrafttreten der Verordnung verabreichten FSME-Impfungen mitumfasst seien.

Begründend wurde ferner ausgeführt, im Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens vom 17. November 2006 sei ausdrücklich die FSME-Impfung vom 13. April 1989 als auslösendes Moment für den Eintritt der Gesundheitsschädigung "tituliert" worden. Wenn nunmehr in der Berufungsschrift auf die in weiterer Folge verabreichten Auffrischungsimpfungen (26. Mai 1989, 1. März 1990, 19. April 1993) Bezug genommen werde bzw. diese als Ursache für die bestehende gesundheitliche Beeinträchtigung angeführt würden, sei dies nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung gewesen und habe die Bundesberufungskommission darüber nicht zu befinden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1.1. Die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Rechtsvorschriften des Impfschadengesetzes, BGBl. Nr. 371/1973, lauten (§ 1 idF der Novelle BGBl. Nr. 54/1981, § 1a idF der Novelle BGBl. Nr. 71/1980, § 1b idF der Novelle BGBl. Nr. 278/1991 und § 8e idF. der Novelle BGBl. I Nr. 48/2005):

"§ 1. Der Bund hat für Schäden, die durch eine Schutzimpfung auf Grund

1. des bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Bundesgesetzes über Schutzimpfungen gegen Pocken (Blattern), BGBl. Nr. 156/1948, oder

2. einer behördlichen Anordnung gemäß § 17 Abs. 3 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186, oder

3. des § 3 des Bundesgesetzes über Ausnahmen von der Impfpflicht gegen Pocken in den Kalenderjahren 1977 und 1978, BGBl. Nr. 167/1977 bzw. des § 3 des Bundesgesetzes über Ausnahmen von der Impfpflicht gegen Pocken in den Kalenderjahren 1979 und 1980, BGBl. Nr. 563/1978, oder

4. des § 5 des Bundesgesetzes über die sanitätspolizeiliche Grenzkontrolle, BGBl. Nr. 15/1975, verursacht worden sind, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten.

§ 1a. Der Bund hat ferner für Schäden, die durch eine Schutzimpfung auf Grund der Bestimmungen des Impfgesetzes vom 8. April 1874, deutsches RGBl., S. 31, in der Fassung der Kundmachung GBlÖ. 1939, Nr. 936, ab 27. April 1945 im Bundesgebiet verursacht worden sind, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten.

§ 1b. (1) Der Bund hat ferner für Schäden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind.

(3) Nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ist Entschädigung jedenfalls für Schäden zu leisten, die durch im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Paß genannte Impfungen verursacht worden sind.

§ 8e. Gemäß §§ 4 oder 4a abgelehnte Entschädigungsanträge sowie Verfahren, in denen in Hinblick auf diese Bestimmungen eine Antragszurückziehung erfolgte, sind von Amts wegen für den Zeitraum ab dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 48/2005 wieder aufzunehmen. Bringen die durch den Entfall der §§ 4 und 4a begünstigten Personen bis zum 30. Juni 2006 einen Antrag auf Zuerkennung von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ein, sind diese bei Vorliegen der Voraussetzungen frühestens ab dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 48/2005 zu erbringen.

…"

1.1.2 Von Bedeutung sind ferner folgende Übergangsvorschriften zur Novelle zum Impfschadengesetz BGBl. Nr. 278/1991:

"Artikel II (Anm.: Zu den §§ 1b, 2a, 3 und 4, BGBl. Nr. 371/1973)

(1) Dieses Bundesgesetz tritt hinsichtlich Art. I Z 1 (§ 1b) in Verbindung mit Art. I Z 4 (§ 2a) mit 1. August 1991, im übrigen mit 1. Jänner 1992 in Kraft.

(2) Ansprüche gemäß Art. I Z 1 (§ 1b) in Verbindung mit Art. I Z 4 (§ 2a) sind dann gegeben, wenn die den Schaden verursachende Impfung nach dem 31. Juli 1981 durchgeführt wurde.

(3) Sofern die den Schaden verursachende Impfung vor dem 1. August 1991 durchgeführt wurde, gilt § 4 Impfschadengesetz mit der Maßgabe, daß die Dreijahresfrist zur Geltendmachung des Anspruches auf Entschädigung mit Ablauf des 31. Juli 1994 endet.

(4) Verfahren nach dem Impfschadengesetz, die am 31. Dezember 1991 beim Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz anhängig sind, sind ab 1. Jänner 1992 durch das örtlich zuständige Landesinvalidenamt fortzusetzen. Gleiches gilt für die Gewährung von Leistungen bereits anerkannter Impfschäden.

(5) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits ab dem auf seine Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen frühestens mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in Kraft gesetzt werden.

(6) Anträge nach diesem Bundesgesetz können bereits ab dem auf seine Kundmachung folgenden Tag eingebracht werden."

1.1.3. Der durch die Novelle BGBl. I Nr. 48/2005 aufgehobene § 4 des Impfschadengesetzes lautete (in der Stammfassung BGBl. Nr. 371/1973):

"§ 4. Der Anspruch auf Entschädigung für einen Impfschaden ist binnen drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Schaden dem Geschädigten bekannt wurde, geltend zu machen. Ist dem Geschädigten der Schaden nicht bekanntgeworden, so erlischt der Anspruch auf Entschädigung 30 Jahre nach der Vornahme der die Schädigung verursachenden Impfung."

1.2.1. Die RV 105 BlgNR 18. GP, 27, zur Novelle BGBl. Nr. 278/1991 lautet (auszugsweise):

"Allgemeiner Teil

Während das Impfschadengesetz in seiner geltenden Fassung nur für Schäden durch gesetzlich vorgeschriebene Impfungen (das war bis 1980 die Schutzimpfung gegen Pocken) eine Entschädigung des Bundes vorsieht, soll mit dem vorliegenden Entwurf eine Entschädigungspflicht des Bundes auch für jene Fälle geschaffen werden, in denen die Durchführung einer im Interesse der Volksgesundheit gelegenen Impfung eine Schädigung herbeigeführt hat. Für Impfschädigungen ohne Dauerfolgen soll eine einmalige Geldleistung gewährt werden.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 Z. 1 (§ 1 b):

§ 1b Abs. 1 bringt die Erweiterung des Anwendungsbereiches des Impfschadengesetzes in dem bereits im Allgemeinen Teil dargestellten Umfang.

Die Dynamik des medizinischen Sektors erfordert unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklung die schnelle Umsetzung erweiterter oder geänderter Prophylaxe durch Schutzimpfungen. Diesem Erfordernis entspricht erfahrungsgemäß die Regelung im Verordnungsweg auf der Grundlage der Arbeiten und Empfehlungen einschlägiger Sachverständiger.

Der Erweiterung des Impfschadenausgleiches durch den Staat (Bund) liegt das sogenannte Aufopferungsmotiv zugrunde. Bei den im Vordergrund stehenden Infektionskrankheiten schützt die Impfung nicht nur den Geimpften, sondern auch die Allgemeinheit.

Im Zusammenhang mit Schutzimpfungen eines Touristen gegen Tropenrisken tritt das Aufopferungsmotiv in den Hintergrund; es überwiegt das Einzelinteresse. Die bei Fernreisen drohenden Infektionsrisken und damit auch Impfschadenrisken rechtfertigen mangels vordringlicher Interessen der Volksgesundheit eine Belastung des Budgethaushaltes nicht.

Eine Information über Schutzimpfungen enthält auch der Mutter-Kind-Paß. Die oben angeführte Dynamik der Prophylaxemedizin kann dazu führen, daß bereits in Verwendung stehende Mutter-Kind-Pässe im Laufe der Zeit teilweise an Aktualität einbüßen. Dies soll - unbeschadet der Verantwortung und Haftung der an der Impfung Beteiligten - nicht zu Lasten der Betroffenen gehen (vgl. § 1b Abs. 3).

Zu Art. II:

Zu Abs.1:

Aus den bekannten aktuellen Vorfällen ist es geboten, die erweiterten Entschädigungshestimmungen möglichst bald in Kraft zu setzen, während nicht zuletzt auch für einen reibungslosen Übergang der Vollziehung die sonstigen Änderungen mit 1. Jänner 1992 in Kraft treten sollen.

Zu Abs. 2:

Die in Aussicht genommene Änderung soll auch zurückliegenden Fällen zugute kommen. Die Festlegung des zeitlichen Ausmaßes der Rückwirkung erfolgt in Anlehnung an die 10-Jahres-Frist des § 6 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes.

…"

1.2.2. Die RV 671 BlgNR 22. GP, 110, zur Novelle BGBl I Nr. 48/2005 lautet (auszugsweise):

"…

Zu Art. 2 Z. 4 und 5 (§§ 4, 4a und 8e Impfschadengesetz):

Die derzeitige gesetzliche Regelung, die vorsieht, dass der Anspruch auf Entschädigung bei sonstigem Ausschluss innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Schadens bzw. innerhalb von 30 Jahren nach Vornahme der Impfung oder bei den Fällen gemäß § 4a bis 1982 geltend zu machen ist bzw. geltend zu machen war, steht im Widerspruch zu den anderen Sozialentschädigungsgesetzen, die solche Ausschlussfristen nicht kennen. Diese Sondernormen des Impfschadengesetzes sollen daher entfallen. Wie in den übrigen Sozialentschädigungsgesetzen wird es daher künftig auch im Impfschadengesetz kein Zeitlimit für die Erstantragsstellung mehr geben. Die in der Vergangenheit wegen Eintritts der Verjährung abgelehnten Fälle - die 3jährige Verjährung kam dabei in keinem Fall zum Tragen - sowie die Fälle mit Antragszurückziehung sind von Amts wegen wieder aufzunehmen und neuerlich zu entscheiden. Bei positiver Kausalitätsbeurteilung wird daher ab dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes im gesetzlichen Ausmaß Entschädigung zu leisten sein.

…"

1.3.1. Die mit 1. August 1991 in Kraft getretene Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über empfohlene Impfungen vom 15. Oktober 1991, BGBl. 530/1991, lautete (auszugsweise):

"Gemäß § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes, BGBl. Nr. 371/1973, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 278/1991, wird verordnet:

§ 1. Impfungen im Sinne des § 1 b Abs. 2 des Impfschadengesetzes sind:

4. Impfungen gegen Frühsommermeningoencephalitis.

§ 5. Diese Verordnung tritt mit 1. August 1991 in Kraft."

1.3.2. Impfungen gegen FSME gelten gemäß § 1 Z. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 526/2006 als Impfungen iSd. § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes.

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Hervorzuheben ist zunächst, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid, wie schon die Erstbehörde, nur über den Antrag vom 17. November 2006 betreffend die am 13. April 1989 verabreichte Impfung gegen FSME abgesprochen hat.

2.2. Sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Materialien des Artikel II Abs. 2 der Novelle zum Impfschadengesetz BGBl. Nr. 278/1991schließen es aus, der von der belangten Behörde vertretenen, oben wiedergegebenen, Auslegung dieser Bestimmung zu folgen.

Artikel II Abs. 2 der Novelle BGBl. Nr. 278/1991 sieht vor, dass "Ansprüche gemäß Art. I Z. 1 (§ 1b) in Verbindung mit Art. I Z. 4 (§ 2a)" dann gegeben seien, wenn die den Schaden verursachende Impfung nach dem 31. Juli 1981 durchgeführt wurde. Eine Einschränkung auf einzelne Absätze des §1b des Impfschadengesetzes ist dieser Übergangsbestimmung nicht zu entnehmen. Ihrem Wortlaut nach bezieht sie sich auf sämtliche der in § 1b leg.cit. genannten Impfungen, mithin auch auf solche empfohlene Impfungen, die in einer gemäß § 1b Abs. 2 leg.cit. erlassenen Verordnung genannt sind.

Auch in den Materialien zur Novelle BGBl. Nr. 278/1991 finden sich für die von der belangten Behörde präferierte Auslegung keine Anhaltspunkte. Die oben wiedergegebene RV führt zu Artikel II Abs. 2 nur aus, dass die in Aussicht genommene Änderung auch zurückliegenden Fällen zugute kommen solle und die Festlegung des zeitlichen Ausmaßes der Rückwirkung in Anlehnung an die 10 Jahres-Frist des § 6 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes erfolge. Von einer Einschränkung der Rückwirkung auf Fälle des § 1b Abs. 3 des Impfschadengesetzes (im Mutter-Kind Pass genannte Impfungen), wie sie der belangten Behörde vorschwebt, ist darin nicht die Rede.

Damit sind jedenfalls jene Impfungen von der Rückwirkung erfasst, die in der gemäß § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes erlassenen und - übereinstimmend mit der Novelle BGBl. Nr. 278/1991 - am 1. August 1991 in Kraft gesetzten Verordnung über empfohlene Impfungen, BGBl. Nr. 530/1991, angeführt waren. Da die FSME-Impfung in § 1 Z. 4 der Verordnung angeführt ist und die in Rede stehende Impfung am 13. April 1989, also nach dem 31. Juli 1981, verabreicht wurde, ist auch diese Impfung als empfohlene Impfung iSd. § 1b Abs. 1 des Impfschadengesetzes iVm Art. II Abs. 2 der Novelle BGBl. Nr. 278/1991 anzusehen, hinsichtlich derer ein Ersatz für einen Impfschaden in Betracht kommt.

2.3. Hingewiesen wird weiters darauf, dass mit der Novelle zum Impfschadengesetz BGBl. I Nr. 48/2005 § 4 des Impfschadengesetzes aufgehoben und ein § 8e leg.cit. eingefügt wurde. Damit wurde aber auch jegliche zeitliche Schranke für die Erstantragstellung auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz aufgehoben, welche ursprünglich gemäß § 4 leg.cit. innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Schadens bzw. innerhalb von 30 Jahren nach Vornahme der Impfung geltend zu machen war. Aus der oben wiedergegebenen RV zu dieser Novelle geht hervor, dass der Entfall eines Zeitlimits für die Erstantragsstellung als Angleichung an fehlende Ausschlussfristen in anderen Sozialentschädigungsgesetzen zu verstehen ist.

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. November 2006 wäre demnach auf seine Begründetheit zu prüfen gewesen.

2.3. Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Dieser war folglich gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 15. Juli 2011

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