VwGH 2008/10/0058

VwGH2008/10/005821.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des W H in R, vertreten durch Mag. Egon Lechner, Rechtsanwalt in 6232 Münster, Entgasse 320, gegen 1.) den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30. Mai 2007, Zl. IIIa1-F- 10.033/3, betreffend forstbehördlicher Auftrag, und 2.) den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. September 2007, Zl. U- 14.026/9, betreffend naturschutzbehördlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Tir 2005 §17 Abs1 litb;
NatSchG Tir 2005 §9 lite;
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1 litb;
NatSchG Tir 2005 §9 lite;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.)

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30. Mai 2007 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 172 Abs. 6 iVm §§ 16 und 17 Forstgesetz 1975 der Auftrag erteilt, binnen festgesetzter Frist zur Wiederherstellung des früheren Zustandes

1) einen Entwässerungsgraben mit dem vorhandenen Material zuzuschütten und

2) die gegrabene Teichmulde bis zum ursprünglichen Geländeniveau wieder aufzufüllen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es stehe unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer auf einem näher bezeichneten Waldgrundstück in einer Geländemulde einen Teich errichtet habe, indem er dort Oberflächenwässer gefangen habe, wobei die Wasserzufuhr über einen Entwässerungsgraben erfolge. Diese Maßnahmen seien vom Beschwerdeführer gesetzt worden, um die auf dem so genannten Nisslhof angebauten Erdbeeren bewässern zu können. Es liege eine Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als solchen der Waldkultur, somit eine Rodung vor. Da der Beschwerdeführer nicht über eine Rodungsbewilligung verfüge, sei die Rodung unzulässig und es seien ihm die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben.

2.)

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. September 2007 wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 lit. b iVm § 9 lit. e Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) folgende zur Wiederherstellung des früheren Zustandes auf dem oben erwähnten Grundstück erforderliche Maßnahmen aufgetragen:

1. Das Wasser im errichteten Teich ist zunächst schadlos abzulassen, sodann ist die Wiederverfüllung des Teiches und des Grabens vorzunehmen.

2. Die Wiederverfüllung hat mit dem vorhandenen Aushubmaterial zu geschehen, das möglichst lagerichtig in die geschaffene Senke und den Graben eingebracht werden muss. In jedem Fall ist die dichtende Bodenschicht als erstes in die Senke einzubringen. Es ist bei der Wiederherstellung darauf zu achten, dass durch die Verfüllung kein Entwässerungseffekt eintritt.

3. Intakte "Vegetations-Schollen" sind herauszuklauben und lagerichtig als oberste Schicht aufzubringen.

4. Sollte bei den Wiederherstellungsmaßnahmen nicht ausreichend Vegetation gerettet werden können, so ist die Fläche nach Maßgabe der ökologischen Bauaufsicht mit standortgerechtem Saatgut (z.B. ausgewählte und speziell zusammengestellte Sauergrasmischung) einzusäen.

5. Die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen, welche nicht ohne die - gleichzeitig bestellte - ökologische Bauaufsicht durchgeführt werden dürfen, sind bis spätestens 30.11.2007 abzuschließen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe ohne naturschutzrechtliche Bewilligung außerhalb einer geschlossenen Ortschaft in einem Feuchtgebiet - dabei handle es sich wie näher dargelegt um ein Flachmoor - Geländeabtragungen und -aufschüttungen durchgeführt. Durch diese Maßnahmen sei ein Teich und ein Graben hergestellt worden, um die auf dem Nisslhof angebauten Erdbeeren zu bewässern. Der Beschwerdeführer habe zwar vorgebracht, hiefür nur eine natürliche Geländemulde benutzt zu haben, aus den vorliegenden Fotos und den behördlichen Erhebungen sei jedoch ersichtlich. dass auf einer Fläche von ca. 150 - 200 m2 eine Mulde ausgehoben und das Material östlich als Damm aufgeschüttet worden sei. Auch nördlich des Teiches sei Material aufgeschüttet worden, sodass insgesamt eine Fläche von ca. 500 m2 betroffen sei. In südlicher Richtung sei am Rand der hier ansteigenden Geländemulde ein ca. 30 m langer Graben gezogen worden. Die Darlegungen des naturkundlichen Amtssachverständigen entsprächen den Angaben und Fotos im - das Verfahren auslösenden - Bericht der Bezirksforstinspektion Kufstein vom 27. Juli 2007. Gemäß § 17 Abs. 1 Tir NatSchG seien dem Beschwerdeführer die zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben gewesen.

3.

Gegen die beiden Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangten Behörden legten die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstatteten jeweils eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

4.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

a) Über die Beschwerde gegen den forstbehördlichen Auftrag:

Gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

  1. a) die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,
  2. b) die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,
  3. c) die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

    d) die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

    e) die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen, dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr

    im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

    Der Beschwerdeführer wendet gegen die Auffassung der belangten Forstbehörde, er habe durch die von ihm gesetzten Maßnahmen gegen das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 verstoßen, und es seien ihm daher die zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben gewesen, im Wesentlichen ein, es habe auf der in Rede stehenden Fläche zwar tatsächlich einmal eine Aufforstung bestanden, durch einen "schweren Winter" mit Schneehangrutschung seien die etwa mannshohen Pflanzen jedoch zum Großteil "ausgezogen" und vernichtet worden. Es bestehe allerdings kein Einwand, dass die Bepflanzung neu durchgeführt werde. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer lediglich die Rinne, die zu einem Wasserfangbereich führe, der seit langem bestehe und als Viehtränke genutzt worden sei, "ausgeputzt" bzw. "leicht vertieft". Er könne daher nicht verpflichtet werden, auch die seit langem bestehende Geländemulde mit der natürlichen Wassertränke zu entfernen. All das hätte er, wäre er ordnungsgemäß angehört worden, darlegen und durch Zeugen unter Beweis stellen können.

    Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des forstbehördlichen Auftrages aufgezeigt:

    Der Beschwerdeführer übersieht zunächst, dass es bei der Beantwortung der Frage, ob die den Gegenstand eines forstbehördlichen Auftrages gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 bildende Fläche zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstliche Vorschriften und zum Zeitpunkt der Erlassung des forstbehördlichen Auftrages "Wald" iSd Forstgesetzes 1975 war, nicht auf das Vorhandensein eines forstlichen Bewuchses ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 2001, Zl. 97/10/0184, und die dort zitierte Vorjudikatur). Mit dem Vorbringen, der forstliche Bewuchs im fraglichen Bereich sei bereits vernichtet gewesen, bevor der Beschwerdeführer den Teich errichtet habe, kann daher die - näher begründete - Auffassung der belangten Behörde, bei der betroffenen Fläche handle es sich um "Wald" iSd Forstgesetzes 1975, nicht erschüttert werden.

    Soweit der Beschwerdeführer jedoch darauf hinweist, es habe bereits vor Errichtung des Teiches ein "Wasserfangbereich" mit einer natürlichen Wassertränke bestanden und er könne nicht verpflichtet werden, auch die seinerzeit bereits bestehende Mulde zu entfernen, übersieht er, dass ihm mit dem angefochtenen Bescheid lediglich die Auffüllung der Teichmulde "bis zum ursprünglichen Geländeniveau" aufgetragen wurde. Einen Auftrag, eine - gegebenenfalls ursprünglich bestehende - Geländemulde bzw. Wassertränke aufzuschütten, enthält der angefochtene Bescheid jedoch nicht. Damit mangelt auch der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers die Relevanz iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG.

    Die gegen den forstbehördlichen Auftrag erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    b) Über die Beschwerde gegen den naturschutzrechtlichen Auftrag:

    Gemäß § 17 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (Tir NatSchG) hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt wird, demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

    a) die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und

    b) die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

    Gemäß § 9 Tir NatSchG bedürfen in Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

  1. a) das Einbringen von Material;
  2. b) das Ausbaggern;
  3. c) die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden;

    d) jede über die bisher übliche Art und den bisher üblichen Umfang hinausgehende Nutzung;

    e) Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche;

  1. f) Entwässerungen;
  2. g) die Verwendung von Kraftfahrzeugen.

    Dem naturschutzrechtlichen Auftrag liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe, indem er zur Herstellung des Teiches Geländeabtragungen und -aufschüttungen in einem Feuchtgebiet außerhalb geschlossener Ortschaften vorgenommen habe, bewilligungspflichtige Maßnahmen ohne naturschutzrechtliche Bewilligung vorgenommen. Es seien ihm daher die zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben gewesen.

    Der Beschwerdeführer wendet auch gegen diesen Bescheid ein, er habe lediglich den bestehenden Graben "ausgeputzt" bzw. "leicht vertieft". Im Übrigen sei der schon lange bestehende Wasserfangbereich früher zur Viehtränke verwendet worden und später zum Anbau von Heidelbeeren. Es sei daher keinesfalls zulässig, dem Beschwerdeführer die Entfernung der lange bestehenden Geländemulde bzw. der natürlichen Wassertränke vorzuschreiben. Das Ablassen des gesamten Wassers und die Wiederverfüllung des Teiches samt Graben entspreche nicht dem vorigen Zustand. Hätte die belangte Naturschutzbehörde den Beschwerdeführer ordnungsgemäß angehört, hätte er all diese Umstände vorbringen und unter Beweis stellen können.

    Auch mit dem gegen den naturschutzrechtlichen Auftrag erstatteten Vorbringen wird keine zur Bescheidaufhebung führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

    Wenn der Beschwerdeführer nämlich eine nur "leichte" Vertiefung des bestehenden Wassergrabens behauptet, übersieht er, dass § 9 lit. e Tir NatSchG auch "leichte" Geländeabtragungen und - aufschüttungen wie überhaupt "jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche" an eine naturschutzrechtliche Bewilligung bindet. Im Übrigen wurden ihm mit dem angefochtenen Bescheid lediglich solche Veränderungen zur Entfernung vorschrieben, die mit der Errichtung des Teiches verbunden sind, nicht aber über den vorherigen Zustand hinausgehende Veränderungen. Damit erweist sich auch die Verfahrensrüge als nicht relevant iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG.

    Die somit unbegründete Beschwerde gegen den naturschutzrechtlichen Auftrag war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    5.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

    Wien, am 21. Oktober 2009

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