VwGH 2008/09/0225

VwGH2008/09/022515.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerden des M W in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Wasagasse 4, 1.) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 4. März 2008, Zl. UVS- 07/A/3/10731/2007, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (protokolliert zur hg. Zl. 2008/09/0225) und 2.) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. März 2008, Zl. UVS-07/AV/3/1566/2008, betreffend die Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (protokolliert zur hg. Zl. 2008/09/0255; weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den AB. Bezirk, vom 18. September 2007 wurde der Beschwerdeführer wegen fünf Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG für schuldig erkannt und über ihn fünf Geldstrafen in der Höhe von je EUR 6.300,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 1 Woche 4 Tage und 5 Stunden) verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seiner ausgewiesenen Zustellbevollmächtigten am 20. September 2007 zugestellt. Erst am 16. Oktober 2007 wurde die dagegen gerichtete Berufung zur Post gegeben.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 2008 wurde diese Berufung im Wesentlichen mit der Begründung als verspätet zurückgewiesen, auf Grund des aktenkundigen Zustellvorganges sei es erwiesen, dass das bekämpfte Straferkenntnis am 20. September 2007 zugestellt worden sei und die vorliegende Berufung erst nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist am 16. Oktober 2007 eingebracht worden sei. Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet sei allein die Versäumung der Frist, nicht auch ein Verschulden der Partei.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 4. März 2008 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den AB. Bezirk, vom 6. November 2007, mit welchem sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zur Erhebung der Berufung gegen das Straferkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den AB. Bezirk vom 18. September 2007 abgewiesen worden war, keine Folge.

Diesen Wiedereinsetzungsantrag vom 15. Oktober 2007 hatte der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begründet, das zu bekämpfende Straferkenntnis sei ihm von seiner Steuerberaterin anlässlich einer Besprechung am 24. September 2007 übergeben worden, da er einen Teil mehrerer in Zusammenhang stehender Verfahren jeweils hinsichtlich der gleichen Subunternehmerverträge mit Hilfe eines rechtskundigen Freundes selbst habe betreiben wollen. Bei dieser Besprechung sei über eine große Menge verschiedener Verfahren gesprochen worden, nicht nur hinsichtlich des gegenständlichen Vorfalles, sodass er irrtümlich der Ansicht gewesen sei, seine Steuerberaterin hätte in diesem konkreten Verfahren bereits eine Berufung eingebracht. Erst anlässlich eines weiteren Treffens am 8. Oktober 2007 sei diese Problematik erneut besprochen worden, wobei er habe feststellen müssen, dass der gegenständliche Fall offenbar in die Gruppe jener Fälle geraten sei, die er selbst hätte bearbeiten sollen. Da er gedacht habe, dass seine Steuerberaterin die inhaltlich schon besprochene Berufung bereits abgeschickt hätte, habe er selbst die Berufung nicht rechtzeitig (das heißt bis zum Ablauf der Frist am 3. Oktober 2007) abgeschickt. Der Umstand, dass er die gegenständliche Frist versäumt habe, sei ihm erst nach Durchsicht der bezughabenden Unterlagen am 8. Oktober 2007 zur Kenntnis gelangt. An der Versäumung dieser Frist treffe ihn nur ein geringerer Grad des Verschuldens. Bei der entscheidenden Besprechung mit seiner Steuerberaterin am 24. September 2007 seien sehr viele verschiedene Dinge besprochen und sehr viele Aktenbestandteile ausgetauscht worden, wobei der Fokus "naturgemäß" auf den steuerlichen Verfahren, hier insbesondere auf einem aktuellen Lohnsteuer- und Gebietskrankenkassenprüfungsverfahren, gelegen sei. Seine Steuerberaterin habe ihm grundsätzlich bei jeder Besprechung Kopien der zwischenzeitig angefallenen Aktenstücke und Korrespondenz vorgelegt oder übergeben, sodass der gegenständliche Akt ebenfalls auf diese Weise ausgehändigt worden sei. Sein eigenes Versehen liege nun darin, dass er der Ansicht gewesen sei, den Akt nur standardmäßig in Kopie erhalten zu haben und davon ausgegangen sei, dass seine Steuerberaterin die Berufung einbringen würde, während diese (richtigerweise) davon ausgegangen sei, dass besprochen worden sei, dass in diesem Fall die Berufung durch ihn (den Beschwerdeführer) selbst eingebracht hätte werden sollen.

Auch in seiner Berufung gegen den abweisenden Bescheid der Behörde erster Instanz vom 6. November 2007 verwies der Beschwerdeführer neuerlich darauf, ihm selbst sei ein Irrtum unterlaufen, nämlich jener, dass die Steuerberaterin in dem gegenständlichen Verfahren bereits eine Berufung eingebracht habe, wobei konkret tatsächlich bereits über eine Berufung in einem anderen Verfahren gesprochen worden sei. Er habe also konkret dieses Verfahren mit einem jener anderen Verfahren verwechselt, in denen die Berufung noch von der Steuerberaterin hätte verfasst werden sollen. Diese sei hingegen korrekt davon ausgegangen, dass der gegenständliche Akt für sie mit Übergabe des Bescheides an ihn (den Beschwerdeführer) abgeschlossen gewesen sei und er sich selbst um die Verfassung der Berufung hätte kümmern sollen. Dieser Irrtum sei dem Beschwerdeführer erst bei Durchsicht der Akten am 8. Oktober 2007 aufgefallen, dass nämlich der Bescheid insoweit verreiht gewesen sei, als er irrtümlich bei den noch von der Steuerberaterin zu erledigenden Akten zu liegen gekommen sei. Dadurch sei die Berufungsfrist versäumt worden. Auch bei Anwendung größtmöglichster Sorgfalt sei es möglich, dass bei einer Besprechung, bei der Aktenstücke in zahlreichen verschiedenen Verfahren übergeben werden, ein Schriftstück verreiht und daher - trotz ordnungsgemäßer Sorgfalt - nicht rechtzeitig wahrgenommen werde. Der Beschwerdeführer habe nämlich grundsätzlich sorgfältig und systematisch gearbeitet, indem er die Verfahren und auch seine Akten in entsprechende Gruppen eingeteilt habe, nämlich jene, die er selbst hätte bearbeiten sollen, und jene, die durch die Steuerberaterin (weiter)bearbeitet hätten werden sollen. Der gegenständliche Fall sei daher von einem Fall, in dem eine Frist schlicht vergessen oder ein Bescheid in Verstoß geraten sei, zu unterscheiden. Dass das Dokument in einen falschen Stoß geraten sei, sei eben auf eine unerklärliche, mithin aber gelegentlich vorkommende Fehlleistung bei Einordnung eines Schriftstückes zurückzuführen. Die Steuerberaterin treffe kein Verschulden, da der gegenständliche Akt für sie richtigerweise bereits als abgeschlossen betrachtet habe werden können.

Die belangte Behörde stellte auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung nach Wiedergabe der aufgenommenen Beweise fest, das gegenständliche gegen den Beschwerdeführer ergangene Straferkenntnis sei auf Grund der von ihm seiner Steuerberaterin erteilten Spezialvollmacht am 20. September 2007 dieser zugestellt worden, worüber sie dem Beschwerdeführer anlässlich eines Telefonates Mitteilung gemacht habe. Der Beschwerdeführer habe seiner Steuerberaterin mitgeteilt, er werde in diesem Verfahren künftig von einem (namentlich genannten) rechtskundigen Freund vertreten, und habe für 24. September 2007 eine Besprechung in der Kanzlei der Steuerberaterin vereinbart, um die Unterlagen zu übergeben. Im Zuge dieser Besprechung habe die Steuerberaterin des Beschwerdeführers dessen rechtskundigem Freund das gegenständliche Straferkenntnis übergeben. Im Zeitpunkt dieser Besprechung sei dies das einzige gegen den Beschwerdeführer geführte Strafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gewesen, in welchem die Berufungsfrist offen gewesen sei. Auf Wunsch des rechtskundigen Freundes des Beschwerdeführers habe die Steuerberaterin noch weitere Unterlagen betreffend andere Verfahren aus ihren Akten herausgesucht und gleichfalls übergeben. Alle Beteiligten seien sich irrtumslos darüber klar gewesen, dass die Steuerberaterin des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren weder eine Berufung verfasst hatte noch dies tun sollte, sodass die weitere Verfahrensführung in dieser Angelegenheit vom Beschwerdeführer an seinen rechtskundigen Freund übertragen worden sei. Dieser habe das Straferkenntnis sowie weitere von ihm in dieser Besprechung der Steuerberaterin abverlangte Urkunden an sich genommen und nach Dringlichkeit geordnet, wobei er das Straferkenntnis irrtümlich auf den Stoß der nicht dringenden Unterlagen gelegt habe. Der Beschwerdeführer bzw. sein rechtskundiger Freund hätten diesen Umstand erst nach Ablauf der bis 4. Oktober 2007 währenden Berufungsfrist bemerkt.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt dahingehend, dass auch der Verweis des Beschwerdeführers auf ein nicht ihn, sondern seinen rechtskundigen Freund treffendes Verschulden an der Verspätung des Rechtsmittels keine Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides begründe, da auch ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des Vertreters eine Wiedereinsetzung nach § 71 AVG ausschließe. Die Untätigkeit eines Vertreters bilde im Allgemeinen keinen Wiedereinsetzungsgrund, es sei denn, der oder die Vertreter wären ihrerseits durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert gewesen, die Frist einzuhalten und es treffe sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens. Der als erwiesen anzusehende Vorgang, wonach die dem Beschwerdeführer und seinem Vertreter übergebenen Schriftstücke von seinem rechtskundigen Freund ohne Notizen und ohne weitere Kontrolle nach Dringlichkeit auf zwei Stapeln geordnet worden waren, stelle einen grob sorglosen Umgang mit termingebundenen Schriftstücken dar. In dem Umstand, dass in diesem Zusammenhang das einzige mit Berufung zu bekämpfende Straferkenntnis auf den falschen Stapel gelegt und in der Folge vergessen worden sei, stelle keinen minderen Grad des Versehens, sondern eine auffallend grobe Sorglosigkeit dar. Bei der vom rechtskundigen Freund des Beschwerdeführers geschilderten Fülle an übergebenem Material sei bei der von ihm gewählten Methode von zwei Stapeln, von denen einer fristgebundene Schriftstücke enthalte, das Eintreten des Umstandes, dass ein Schriftstück falsch gereiht werde, geradezu vorprogrammiert, wenn nicht unmittelbar danach die Schriftstücke noch einmal überprüft würden, ob sie auch richtig eingeordnet seien. Auch die sich in der Untätigkeit während sieben Arbeitstagen zwischen der Besprechung am 24. September 2007 und dem Ende der Berufungsfrist vom 4. Oktober 2007 manifestierende Interesselosigkeit des Beschwerdeführers sowie seines Vertreters, könne einen minderen Grad des Versehens nicht darstellen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in welchen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist einer Partei (u.a.) gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft eine Partei die Obliegenheit, bereits in ihrem Wiedereinsetzungsantrag alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen. Dabei ist es nicht Sache der Behörde, amtswegig darüber hinausgehende tatsächliche Umstände zu erheben, die allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könnten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, Zl. 2007/21/0227, und die dort referierte Rechtsprechung). In seinem Antrag hat sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf einen ihm selbst unterlaufenen Irrtum berufen; von einem Irrtum seines in der gegenständlichen Sache anstelle seiner Steuerberaterin beigezogenen rechtskundigen Freundes war nicht die Rede.

Als "Ereignis" im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist jegliches Geschehen, also auch psychologische Vorgänge wie etwa Vergessen, Verschreiben, Sich-Irren usw. anzusehen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 1998, E 45 ff zu § 71 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Dass der Beschwerdeführer - und nur auf ihn kommt es im Sinne seiner Antragsbehauptungen an - einem Irrtum unterlegen war, was die Einordnung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in den Stapel der nicht dringlichen Angelegenheiten anbelangt, stellt unzweifelhaft ein derartiges Ereignis dar. Es stellt sich daher lediglich die Frage, ob dieser Irrtum auf ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen ist.

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an Rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. zum Ganzen auch die bei Walter/Thienel, aaO, E 96 ff zu § 71 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Bei der Beurteilung, ob eine auffallende Sorglosigkeit vorliegt, ist also ein unterschiedlicher Maßstab anzulegen, wobei es insbesondere auf die Rechtskundigkeit und die Erfahrung im Umgang mit Behörden ankommt.

Der Beschwerdeführer ist Unternehmer und als solchem sind ihm die für die Leitung eines Unternehmens notwendigen Prinzipien im Umgang mit behördlichen Schriftstücken vertraut. Dem Beschwerdeführer war auch durchaus nicht unbekannt, dass die Erhebung der Berufung gegen das ihm von seiner Steuerberaterin übergebene Straferkenntnis fristgebunden war; er hatte lediglich die Absicht, die Berufung nicht durch diese - wie in anderen Verfahren -, sondern selbst unter Mitwirken seines rechtskundigen Freundes zu erheben. Da dieses Schriftstück (das erstinstanzliche Straferkenntnis) - wie die belangte Behörde überdies zutreffend hervorgehoben hat - das einzige fristgebundene Schriftstück in dem am 24. September 2007 besprochenen und übergebenen Konvolut von Schriftstücken gewesen ist, hätte es dem Beschwerdeführer jedenfalls noch innerhalb der Rechtsmittelfrist auffallen müssen, dass dieses sich unter dem von ihm bearbeiteten Stoß dringlicher Schriftstücke nicht befunden hat, also verreiht sein musste. Dass ihm dies nicht aufgefallen ist, warf ihm die belangte Behörde als auffallende Sorglosigkeit vor. Diese Rechtsansicht der Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig:

Zu Recht weist der Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass zwischen ihm und seinem rechtskundigen Freund mangels einer Vollmachtserteilung ein Vertretungsverhältnis nicht bestanden habe, weil die bloße Hilfeleistung bei der Erstellung der Berufung den vom Beschwerdeführer beigezogenen rechtskundlichen Freund noch nicht zu einem "Vertreter", dessen Verschulden der Partei zuzurechnen ist, macht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. November 2005, Zl. 2005/17/0200); dieser Hinweis allein führt die Beschwerde jedoch noch nicht zum Erfolg. Dass sich der Beschwerdeführer beim Einordnen der Schriftstücke seines rechtskundigen Freundes bedient hat, dieser also tatsächlich lediglich als Hilfskraft tätig geworden ist, und diesem de facto der Fehler unterlaufen ist, das gegenständliche Straferkenntnis in den "falschen" Stoß von Papieren eingereiht zu haben, entlastet den Beschwerdeführer nämlich in keiner Weise von seiner Verpflichtung, die von ihm beigezogene Hilfskraft auch entsprechend zu kontrollieren. Im Wiedereinsetzungsantrag erstattete der Beschwerdeführer keinerlei Vorbringen dazu, welche Maßnahmen er selbst gesetzt hat, um sicherzustellen, dass eine derartige "Verreihung" nicht hätte geschehen bzw. eine solche kürzestfristig entdeckt und behoben hätte werden können. Wer aber einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substanziiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/08/0259, u.v.a.). Das dem Beschwerdeführer vorzuwerfende Verschulden liegt daher auch nicht in einem allfälligen Auswahlverschulden, wie er es in der Beschwerde anspricht, sondern darin, dass ihm selbst als "Herr des Verfahrens" bei einer nachträglichen Kontrolle nicht aufgefallen ist, dass das (einzige fristgebundene und daher) dringend zu bearbeitende behördliche Schriftstück nicht in jenem dringlichen und von ihm nach eigenen Angaben ohnedies unverzüglich durchgearbeiteten Stoß von Schriftstücken vorhanden, sondern offenkundig in Verstoß geraten war. Dass er dennoch das Naheliegendste, nämlich den Aktenstoß mit den "weniger dringlichen" Aktenstücken nochmals durchzusehen, nicht getan hat, begründet auch für einen nicht Rechtskundigen ein über den Grad des geringeren Versehens hinausgehendes Verschulden.

Die Behörden haben damit zutreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung als unbegründet abgewiesen; damit erweist sich aber auch die Berufung aus den im erstangefochtenen Bescheid genannten Gründen als verspätet.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 15. Oktober 2009

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