VwGH 2008/09/0048

VwGH2008/09/004810.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des W P in S, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Jänner 2008, Zl. VwSen-251626/23/Py/Da, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 idF 2005/I/101;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2005/I/103;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §2 Abs2 idF 2005/I/101;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2005/I/103;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in Erledigung seiner Berufung gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 17. September 2007 schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten KEG zu vertreten, dass diese Gesellschaft fünf namentlich bezeichnete Ausländerinnen zumindest am 3. Februar 2006 in der Betriebsstätte des Unternehmens ("Nightclub XY") als Prostituierte ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Genehmigungen beschäftigt habe; über ihn wurden in Anwendung des § 20 VStG fünf Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden) verhängt.

Die belangte Behörde traf die Feststellungen, der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der im Spruch genannten KEG; diese betreibe in S. den wochentags in der Zeit von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr geöffneten Nachtclub "XY".

Zumindest am 3. Februar 2006 um 00.20 Uhr seien die fünf genannten Ausländerinnen im angeführten Nachtclub als Prostituierte beschäftigt gewesen.

Für den Fall, dass die Damen einen Kunden zum Kauf eines Getränkes für sie animierten, hätten sie eine Getränkeprovision in Höhe von EUR 5,-- von einer Flasche Piccolo, EUR 7,-- vom kleinen und EUR 17,-- vom großen Sekt erhalten.

Hinsichtlich der Zimmerbenützung seien Fixpreise vorgegeben gewesen, die sich nach der Dauer der Zimmerbenützung gerichtet hätten. Es seien den Kunden für 30 Minuten EUR 95,-- verrechnet worden, wovon die Damen EUR 75,-- erhalten hätten, und für 60 Minuten EUR 170,--, wovon die Damen EUR 145,-- erhalten hätten. Die Kunden hätten das Zimmer beim Kellner bezahlt, der darüber Aufzeichnungen geführt und den Damen ihren Anteil entsprechend der Aufzeichnungen nach Geschäftsschluss ausgezahlt habe. Den Damen sei vom Beschwerdeführer weiters die Benützung von Kondomen vorgeschrieben und die Einhaltung dieser Vorgabe von ihm bzw. vom Kellner auch überprüft worden.

Den Ausländerinnen seien an jenen Tagen, an denen sie im Lokal beschäftigt gewesen seien, eine kostenlose Wohnmöglichkeit vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt worden. Wenn sie nicht gearbeitet hätten, hätten sie den Beschwerdeführer bzw. den Kellner darüber informieren müssen.

Für die Tätigkeit der Ausländerinnen seien keine arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen vorgelegen.

Nach ausführlicher Darlegung ihrer beweiswürdigenden Überlegungen und Zitierung der wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen beurteilte die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt rechtlich dahingehend, unbestritten sei, dass für die bei der Kontrolle am 3. Februar 2006 als Prostituierte im Nightclub angetroffenen Ausländerinnen keine Beschäftigungsbewilligungen nach dem AuslBG vorgelegen seien. Der Beschwerdeführer habe sich aber auf den Standpunkt gestellt, diese seien selbständig tätig geworden.

Für die Frage, ob es sich um selbständige oder unselbständige Personen nach Maßgabe des Ausländerbeschäftigungsgesetzes handle, sei zu prüfen, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leiste, so beschaffen sei, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befinde, wie dies bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall sei oder ob darüber hinaus eine persönliche Abhängigkeit vorliege. Die Kriterien, die zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant seien, müssten nicht lückenlos vorliegen. Die Gewichtung der vorhandenen Merkmale im Gesamtbild entscheide darüber, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliege oder nicht. Das Fehlen sowie auch eine schwache Ausprägung des einen Merkmales könne durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen werden.

Wie aus dem festgestellten Sachverhalt ersichtlich sei, seien die Ausländerinnen im Unternehmen des Beschwerdeführers am Getränkeumsatz beteiligt gewesen. Es seien ihren Kunden einheitliche, nach Dauer der Zimmerbenützung festgelegte Preise verrechnet worden, die von den Kunden beim Kellner entrichtet hätten werden müssen. Dieser habe den Ausländerinnen ihren Anteil anhand der von ihm gemachten Aufzeichnungen über die Zimmerbenützung nach Geschäftsschluss ausgezahlt. Es sei vom Beschwerdeführer die Verwendung von Kondomen zwingend vorgeschrieben und auch überprüft worden, und die Ausländerinnen seien, zumal sie auch kostenlos eine Wohnmöglichkeit vom Unternehmen zur Verfügung gestellt bekommen hätten, verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer über ihr etwaiges Fernbleiben zu informieren. In Anbetracht dieser Gesamtumstände, unter denen die Ausländerinnen im Lokal des vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmens ihrer Tätigkeit nachgegangen seien, sei daher von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnissen auszugehen gewesen. Unter Verweis auf die hg. Judikatur führte die belangte Behörde ferner aus, die Tätigkeit der Ausländerinnen stelle angesichts der starken wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Barbetrieb - von der Beistellung der Wohnmöglichkeit, der Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten zur Ausübung der Prostitution bis zur Leistung von Provisionen - eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar. Auch im vorliegenden Fall sei aus den festgestellten Gesamtumständen erschließbar, dass sich die Ausländerinnen wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befunden hätten, wie dies bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall sei.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung, insbesondere zur Anwendbarkeit des § 20 VStG dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2005, gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis,
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
  3. c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach §3 Abs.5,
  4. d) nach den Bestimmungen des §18 oder
  5. e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des §3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr.196/1988.

    Nach Abs. 4 erster Satz dieser Bestimmung ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

    Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

    Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2005 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs. 2 Z. 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 50 000 Euro.

    In seinen Beschwerdeausführungen wendet sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen zunächst gegen die Beurteilung der von der Behörde festgestellten Tätigkeiten der Ausländerinnen als dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterfallende Beschäftigung. Dazu genügt allerdings der Hinweis auf die nunmehr schon ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Tätigkeit als "Prostituierte und Animierdame" in einem Barbetrieb oder Nachtclub - wie im Beschwerdefall - in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird, wie in einem Arbeitsverhältnis (wie dies etwa schon hinsichtlich der Tätigkeiten einer Kellnerin, einer Animierdame oder einer sog. "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb ausgesprochen wurde; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157, mwN). In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Angesichts der planmäßigen Eingliederung der betreffenden Ausländerinnen in die (hier: vom Beschwerdeführer zu verantwortende) Betriebsorganisation ist ihre Tätigkeit diesem Unternehmen zuzurechnen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2007/09/0368). Die festgestellten Tätigkeiten der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit - trotz der relativen Gestaltungsfreiheit, mit welcher diese hier ihrer Profession nachgegangen sind - stellen auch im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb des vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmens - von der Beistellung der zur Ausübung der Prostitution erforderlichen Räumlichkeiten bis zur angestrebten, durch die Tätigkeit der Ausländerinnen als Animierdamen und Prostituierte erreichten Steigerung der Attraktivität des vom Beschwerdeführer betriebenen Lokals - eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG dar (so zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2007/09/0360).

    Der Beschwerdeführer moniert aber auch unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Unterlassung der von ihm beantragten Einvernahme eines Sachbearbeiters des Finanzamtes zum Beweis für die Selbständigkeit der Ausländerinnen. Dem hat bereits die belangte Behörde zutreffend entgegnet, dass sie verpflichtet ist, gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG eine Prüfung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes vorzunehmen, um beurteilen zu können, ob eine bewilligungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt. Sie ist dabei weder an das Ergebnis des Verfahrens zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung noch an die vom Finanzamt bzw. der Sozialversicherung vorgenommene Einstufung der Ausländerinnen gebunden, zumal es sich bei den Bestimmungen des AuslBG um eine vollkommen eigenständige Rechtsmaterie handelt, die auch von ihrer Zweckbestimmung, nämlich dem Schutz des heimischen Arbeitsmarktes, grundsätzlich mit sozialversicherungsrechtlichen, fremdenrechtlichen oder steuerlichen Gesichtspunkten nicht gleichzuhalten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2008/09/0099). Überdies werden die jeweiligen Eintragungen und Einstufungen dieser Stellen aufgrund der Angaben der Betroffenen gemacht und wird darüber kein ausführliches Ermittlungsverfahren durchgeführt bzw. handelt es sich um Angaben, die sich erst im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit konkret nachprüfen lassen.

    Der Beschwerdeführer rügt aber auch die Unterlassung seiner Vernehmung insbesondere im Hinblick darauf, dass er auch sein Verschulden mit dem Hinweis darauf bestritten hatte, er habe u. a. auch beim Arbeitsmarktservice die Zulässigkeit der von ihm gepflogenen Vorgangsweise nachgefragt. Er bringt aber auch in der Beschwerde nicht konkret vor, was er im Falle seiner Einvernahme ausgesagt hätte, das die belangte Behörde zu einem anderen für ihn günstigeren Ergebnis hätte veranlassen können. Damit hat er die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend deutlich dargetan, zumal auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf verweist, der Beschwerdeführer habe nicht darlegen können, dass ihm vom Arbeitsmarktservice hinsichtlich der von den Damen ausgeübten Tätigkeiten, wie sie sich in der Praxis nach den von der Behörde getroffenen Feststellungen darstellt, die Auskunft erteilt worden wäre, diese unterfalle nicht den Bestimmungen des AuslBG.

    Insoweit der Beschwerdeführer darauf verweist, er habe die Gewerbeberechtigung zurückgelegt, das Unternehmen sei mittlerweile übergeben worden, stellt dies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr aufzugreifende Neuerung dar.

    Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 10. Dezember 2009

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