VwGH 2008/09/0007

VwGH2008/09/000726.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des G O in L, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard Breitner-Straße 4, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Soldaten beim

Bundesministerium für Landesverteidigung (nunmehr: Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport) vom 29. Mai 2006, Zl. 5-DOKS/05, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 1977;
BDG 1979 §118 Abs1 Z4 impl;
BDG 1979 §285 idF 2002/I/087 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2002/I/087 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2002/I/087;
BDG 1979 §95 Abs1 impl;
BDG 1979 §95 Abs3 impl;
BDG 1979 §95 Abs3;
DP;
HDG 2002 §5 Abs1;
HDG 2002 §52;
HDG 2002 §6 Abs1;
StGB §32 idF 1996/762;
StGB §34 Abs1 Z2;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 1977;
BDG 1979 §118 Abs1 Z4 impl;
BDG 1979 §285 idF 2002/I/087 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z1 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3 impl;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2002/I/087 impl;
BDG 1979 §93 Abs1 idF 2002/I/087;
BDG 1979 §95 Abs1 impl;
BDG 1979 §95 Abs3 impl;
BDG 1979 §95 Abs3;
DP;
HDG 2002 §5 Abs1;
HDG 2002 §52;
HDG 2002 §6 Abs1;
StGB §32 idF 1996/762;
StGB §34 Abs1 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Der im Jahr 1967 geborene Beschwerdeführer stand bis zu seiner Entlassung als Unteroffizier in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war das Jägerbataillon XY in L.; seit 2. Februar 2004 war er zur besonderen Verwendung bei der Kommandogruppe bei der Stabskompanie eingeteilt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom 15. Februar 2005 (in der Folge: DKS) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausgesprochen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"(Der Beschwerdeführer) ist gem. § 61 Abs. 3 Z 2 HDG 2002 nicht schuldig eine Pflichtverletzung begangen zu haben:

indem er

1. am Freitag dem 26. September 2003 in seiner Freizeit um ca. 1945 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Blutalkoholgehalt von 2,64 Promille) ein ziviles Kraftfahrzeug gelenkt hat, worauf ihm die zivile Lenkerberechtigung nicht zum ersten Mal entzogen worden ist.

(Der Beschwerdeführer) ist schuldig:

2. Er hat am Sonntag den 28. September 2003 nachmittags bis ca. 1900 Uhr mehrere Male die Wache der H.- Kaserne in L. in einem stark alkoholisierten Zustand passiert,

3. er hat am Montag den 29. September 2003, nachdem er sein Kasernenquartier in der H.- Kaserne um 0430 Uhr verlassen hatte, seinen Dienst um 0730 Uhr bei der Stabskompanie Jägerbataillon XY (StbKp/ JgB XY) nicht angetreten und erst um 0930 Uhr beim Dienstführenden Unteroffizier (DfUO) seiner Einheit fernmündlich gemeldet, dass er hauskrank sei,

4. er hat am Montag, den 3. November 2003 um 0730 Uhr seinen Dienst bei der StbKp/ JgB XY nicht angetreten und erst um ca. 1200 Uhr fernmündlich dem DfUO gemeldet, dass er im psychiatrischen LKH H. in T. stationär aufgenommen worden ist,

5. er hat während einer bescheinigten Dienstunfähigkeit wegen Erkrankung vom 01. bis 23. Dezember 2003 am 03. Dezember 2003 in der Stadt Alkohol konsumiert und ist während einer Krankenstandsüberprüfung durch den Einheitskommandanten um ca. 1345 Uhr in stark alkoholisiertem Zustand bei seiner Wohnadresse eingetroffen, und

6. er hat nacherfolgreicher stationärer psychotherapeutischer Behandlung im LKH H. in T. am 02. Februar 2004 seinen Dienst nicht angetreten und blieb bis 08. Februar 2004 ungerechtfertigt dem Dienst bei der StbKp/ JgB XY fern."

Die belangte Behörde wertete dieses Verhalten des Beschwerdeführers als Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 HDG 2002, indem er fahrlässig gegen § 43 Abs. 2 BDG 1979 (im Faktum 2), § 51 Abs. 1 BDG 1979 (im Faktum 3 und 4) und gegen § 51 Abs. 2 BDG 1979 (im Faktum 5) sowie vorsätzlich gegen § 51 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 1 BDG 1979 (im Faktum 6) verstoßen habe, und verhängte über den Beschwerdeführer wegen dieser Dienstpflichtverletzungen gemäß § 50 Z. 4 lit. a iVm § 52 HDG 2002 die Disziplinarstrafe der Entlassung.

In ihrer Begründung zur Bestätigung des Schuld- und Strafausspruches (zu den Fakten 2 bis 6) führte die belangte Behörde - im Anschluss an die Darlegung des Verfahrensganges und u. a. Wiedergabe des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses - im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich des - unbestrittenen - Sachverhaltes zu den inkriminierten Vorfällen von den erstinstanzlichen Ermittlungsergebnissen auszugehen sei. Nach den weiteren - ebenfalls unbestrittenen - Feststellungen zur "Vorgeschichte" sei der Beschwerdeführer seit Mai 1999 mehrfach ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen und habe gegen die Meldungs-, Behandlungs- und Bescheinigungspflicht verstoßen. Wegen dieser Pflichtverletzungen seien zwischen Mai 2000 und September 2002 drei rechtskräftige disziplinarrechtliche Bestrafungen erfolgt; zuletzt sei mit Bescheid der DKS vom 25. September 2002 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.200,-- verhängt worden. Der Beschwerdeführer habe sich vom 24. Februar bis 6. April 2000 sowie vom 25. September bis 12. Dezember 2000 zwei Alkoholentziehungstherapien sowie von Oktober bis November 2002 neuerlich einer von der Dienstbehörde angeordneten Alkoholentziehungskur unterzogen.

Auf Grundlage des zum Berufungseinwand der mangelnden Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitraum September 2003 bis Februar 2004 wegen mangelnder Dispositions- und Diskretionsfähigkeit eingeholten Gutachtens der Sachverständigen Dr. T., Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, vom 27. Juli 2005, welches sich auf die Untersuchung des Beschwerdeführers am 11. Juli 2005, die Krankengeschichte der Psychiatrie H. und die psychodiagnostische Befundung durch die beigezogene klinische Psychologin, Mag. G.-S., vom 11. Juli 2005 stützte und das Ergebnis des im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten neuropsychiatrischen Gutachtens vom 4. Oktober 2004 des Instituts für forensische Neuropsychiatrie in S. bestätigte, gelangte die belangte Behörde zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer "zu den Tatzeitpunkten zurechnungsfähig mit vorliegender, jedoch herabgesetzter Dispositionsfähigkeit und damit schuldfähig war."

Der Darstellung des Beschwerdeführers, wonach das abrupte Ende einer sechsmonatigen Fernbeziehung zu einer Frau namens "Irene" aus "F" für die - nach seiner Ansicht somit unverschuldete - Rückkehr zum Alkohol verantwortlich gewesen sei, wurde von der belangten Behörde nicht gefolgt und dieses Vorbringen als Schutzbehauptung gewertet, zumal der Beschwerdeführer auch bei seiner Einvernahme in der Berufungsverhandlung am 8. September 2005 lediglich den Vornamen der Frau nennen, jedoch weder eine Wegbeschreibung zu deren Haus noch eine Adresse bekannt geben habe können.

Im Weiteren stützte die belangte Behörde diese Entscheidung hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruches zu den Fakten 2 bis 6 - neben Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Darlegung der von ihr als im vorliegenden Fall relevant erachteten höchstgerichtlichen Rechtsprechung - auf folgende (auszugsweise wiedergegebene) Erwägungen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):

"...

Zur Pflichtverletzung im Faktum 2

Das mehrmalige Passieren der Wache am 28. September 2003 im trunkenen Zustand, auch an einem Sonntag, wobei angemerkt wird, dass das Kasernentor für den jeweiligen Passiervorgang durch die Wache geöffnet und verschlossen werden muss, stellt ... eine Pflichtverletzung dar.

Die Verletzung der Einhaltung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 wird darin erblickt, als dass er vor allem gegenüber den bei der Kasernenwache eingeteilten Rekruten seine Vorbildwirkung und funktionale Kompetenz als Unteroffizier, Ranghöherer und Sanitätsunteroffizier, der in der Normdienstzeit für qualifizierte sanitätsdienstliche Erstversorgung zuständig ist, beeinträchtigt und das Vertrauen der Soldaten in die ordnungsgemäße und sachliche Wahrnehmung seiner Ersthelferaufgaben fahrlässig gefährdet hat.

Zur Pflichtverletzung im Faktum 3

Am Montag, dem 29. September 2003 hat er seinen Dienst um 0730 Uhr nicht angetreten. Er meldete um zwei Stunden verzögert seine alkoholbedingte Abwesenheit vom Dienst.

Der § 51 Abs. 1 BDG 1979 fordert eine unverzügliche Meldung und Rechtfertigung der Abwesenheit an den Vorgesetzten. Eine eingeschränkte Dienstfähigkeit sowie eine Unbequemlichkeit, die infolge eines durch Alkoholkonsum eingeschränkten mäßigen Gesundheitszustandes ist aber keine Rechtfertigung für die Abwesenheit vom Dienst. In diesem Zusammenhang ist auch die selbstverschuldete Berauschung kein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für eine verspätete Meldung an den Vorgesetzten.

§ 48 Abs. 1 BDG 1979 verpflichtet den beamteten Soldaten zur Anwesenheit im Dienst, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Unter welchen Voraussetzungen letzteres der Fall ist, regelt § 51 leg. cit. in differenzierter Weise.

Zunächst hat der Beamte, sofern er nicht ohnehin vom Dienst befreit oder enthoben ist, jede Abwesenheit vom Dienst, d. h. seine Nichtanwesenheit zur Dienstzeit 'unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen' (§ 51 Abs 1 BDG 1979). Der erkennende Senat sieht den Sinn zur unverzüglichen Meldung darin, dass damit ein reibungsloser Dienstbetrieb und eine allfällige Reaktion des Vorgesetzten sichergestellt werden soll. Diese Pflicht wird verletzt, wenn der Normadressat mit seiner Mitteilung ohne zwingende Notwendigkeit zuwartet, diese gänzlich unterlässt oder sie lediglich einem Mitarbeiter zu kommen lässt.

Es ist auch anlässlich dieser Meldung vom Vorgesetzten vorerst einmal zu prüfen, ob die Begründung der Abwesenheit einen Rechtfertigungsgrund darstellt. Die häufigsten Fälle wie Krankheit, Unfall oder Gebrechen liegen hier nicht vor.

In der um zwei Stunden verspäteten Meldung an den Vorgesetzten wird aufgrund der begleitenden Umstände ein fahrlässige Verletzung des § 51 Abs. 1 BDG 1979 erblickt.

Zur Pflichtverletzung im Faktum 4

Am Montag, dem 3. November 2003, fuhr der (Beschwerdeführer) mit dem Zug nach H. in T. zur stationären psychiatrischen Behandlung. Die bezughabende Meldung an den Vorgesetzten erstattete er erst ca. 4,5 Stunden nach Dienstbeginn seinem Vorgesetzten. Trotz zu diesem Zeitpunkt eingeschränkter Dispositionsfähigkeit, wäre er verhalten gewesen unverzüglich, spätestens zu Dienstbeginn seine Abwesenheit zu melden und zu rechtfertigen. In der verspäteten, aber zumutbaren, Meldung wird eine fahrlässige Verletzung des §51 Abs. 1 BDG 1979 (siehe Faktum3) gesehen.

Zur Pflichtverletzung im Faktum 5

Während der gerechtfertigten und bescheinigten Abwesenheit vom Dienst durch Krankheit wurde der (Beschwerdeführer) von seinem Vorgesetzten am 3. Dezember 2003 um ca. 1430 Uhr an seiner Wohnadresse in einem durch alkoholbeeinträchtigtem Zustand angetroffen.

Durch den in einem für Dritte deutlich erkennbaren durch Alkoholkonsum beeinträchtigten Zustand des Beschuldigten ist bewiesen, dass er seiner Pflicht, sich der notwendigen Krankenbehandlung zur Wiedererlangung seiner Dienstfähigkeit zu unterziehen und sein Verhalten danach zu richten, nicht nachgekommen ist und er hat dadurch fahrlässig gegen die Bestimmungen des § 51 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen.

Zur Pflichtverletzung im Faktum 6

Für diese Zeit der Abwesenheit liegt keine ärztliche Bescheinigung einer Krankheit vor. Er hat den Grund für seine Abwesenheit weder gemeldet, noch hat ihn der Vorgesetzte trotz intensiver Bemühungen erreicht. Der Kontakt wurde daher einseitig abgebrochen.

Die vom (Beschwerdeführer) vorgebrachte psychische Situation, seine Angstzustände und sein Alkoholproblem können ein schuldhaftes Handelns nicht entkräften.

Vielmehr hat sich der (Beschwerdeführer) nach seiner zweimonatigen stationären Behandlung im LKH H., wo er laut Aussage vom behandelnden Arzt Dr. B. in einem stabilen Zustand 'zum vereinbarten Termin mit einem gelungenen Abschied von Mitpatienten und Team' entlassen wurde, und nach eigenen Angaben während dem folgenden Wochenende wiederum aus schuldhaften Verhalten dem Alkohol hingab und die ganze kommende Woche ohne Rechtfertigung dem Dienst fern blieb.

In Zusammenschau mit der vorliegenden Schuldfähigkeit und der erfolgreichen Behandlung im LKH/ T. wird erkannt, dass er seine einwöchige ungerechtfertige Abwesenheit zumindest bewusst in Kauf genommen hat. Dadurch hat er vorsätzlich gegen die die Bestimmungen des § 51 Abs. 2 i. V. mit § 48 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen.

Zur Schwere der Pflichtverletzungen:

...

Im Bereich der militärischen Landesverteidigung haben die Anwesenheit im Dienst und die treue Pflichterfüllung eine zentrale Bedeutung. Der (Beschwerdeführer) lässt erkennen, dass er sich mit der Notwendigkeit der Ein- und Unterordnung, sowie mit der Einhaltung einfachster grundsätzlicher Normen (Melden der Dienstverhinderung, Anwesenheit im Dienst) im Hinblick auf die innere Akzeptanz nicht oder zu wenig auseinander setzt. Jedoch ist ein Verstoß gegen das, der Landesverteidigung als tragende Säule dienende Prinzip der treuer Pflichterfüllung für sich allein genommen bereits ein schwerer Einbruch in das Vertrauen, das notwendig ist um die militärischen Strukturen aufrecht zu erhalten. Es kommt nicht darauf an, was Inhalt eines konkreten Befehles oder einer generellen Norm ist, die das reibungslose Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft regeln. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Normadressat und Mitarbeiter treu seine Dienstpflichten erfüllt und seinen Kommandanten jederzeit mit allen seinen Kräften unterstützt. Als Sanitätsunterunteroffizier kommt ihm innerhalb der Kompanie eine hervorgehobene Stellung zu, wobei er jederzeit darauf zu achten hat, auf der einen Seite im Sinne des Kommandanten zu handeln, andererseits durch regelkonformes Verhalten seinen Dienstpflichten uneingeschränkt nach zu kommen hat. ...

Als Vorbild für die Grundwehrdiener hat er sich jedenfalls disqualifiziert, da es dem auf wehrrechtlicher Grundlage einberufenen Soldaten nicht verständlich sein kann, wenn ein beamteter Soldat nach eigenem Gutdünken dem Dienst ungerechtfertigt fernbleibt. Das Ausmaß der konsenslosen Abwesenheit von der Kompanie in der tatgegenständlichen Dauer lassen erkennen, dass er bei weitem nicht an die, mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Maßfigur, heranreicht. Diese Pflichtverletzungen wiegen umso schwerer, da die Einhaltung der für jedermann geltenden Dienstzeit möglich und zumutbar war. Verletzungen der Anwesenheitspflicht sind grundsätzlich nicht als geringfügig zu werten. Werden solche Pflichtverletzungen, die sich wie ein roter Faden durch sein dienstliches Leben ziehen, gerade von einem Unteroffizier, dem als Vorbild gegenüber Mitarbeitern und Rangniederen eine besondere Stellung zu kommt, begangen, ist die Funktionalität des darauf aufbauenden Systems massiv gefährdet. Die Einhaltung von Arbeitszeit und Arbeitsplatz durch einen beamteten Soldaten zählt zu den schwerst wiegenden Interessen der Verwaltung, weil bei deren Nichtbeachtung eine funktionierende Verwaltungstätigkeit wohl undenkbar wäre. ...

Eine ungerechtfertige Abwesenheit von der Dienststelle ist gerade für einen Soldaten ein über erträgliche Maß hinausgehende Pflichtverletzung.

Die Taten im Umfang der Fakten 2 bis 6 beruhen auf derselben schädlichen Neigung zur Haltlosigkeit und Undiszipliniertheit. Auch wenn ihm, mit Ausnahme des Faktums im Punkt 6, fahrlässige Pflichtverletzungen aufgrund seiner übergroßen Neigung zum Alkoholmissbrauch festgestellt wurden, sind diese vergleichsweise gering zur 'Haupttat' der vorsätzlichen ungerechtfertigten Abwesenheit.

Diese unerlaubten Abwesenheiten waren in der Vergangenheit bereits Anlass für das behördliche Einschreiten und bezughabenden Disziplinierungsmaßnahmen:

a) er wurde mit Rechtskraft vom 9. November 2000 vom BG L. (....) wegen des Vergehens gem. § 8 2. Fall und § 8 1. Fall MilStG (unerlaubte Abwesenheit) zu einer bedingten Geldstrafe in der Höhe von ATS 18 000 verurteilt,

b) er wurde mit Rechtskraft vom 5. September 2000 von der DKS (....) wegen mehrmaligen ungerechtfertigten Abwesenheiten und Verstoß gegen die Meldungs-, Behandlung- und Bescheinigungspflicht mit der Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von ATS 25 000 bestraft,

c) er wurde mit Rechtskraft vom 11. Oktober 2002 von der DKS (...) wegen mehrmaligen ungerechtfertigten Abwesenheiten und Verstoß gegen die Meldungs-, Behandlung- und Bescheinigungspflicht mit der Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 3 200 bestraft.

Erschwerend wird die Begehung mehrerer Pflichtverletzungen derselben Art bewertet.

Mildernd wird bewertet

  1. 1. das reumütige Tatsachengeständnis
  2. 2. seine psychischen Probleme, welche einem Schuldausschließungsgrund nahe kommen.

    Zur Vertrauensbeeinträchtigung

    Die schuldhafte Verletzung seiner Anwesenheitspflicht deutet in Verbindung mit den anderen Pflichtverletzungen darauf hin, dass der (Beschwerdeführer) nicht zuverlässig ist. ... Durch die zur Last gelegten Pflichtverletzungen hat der (Beschwerdeführer) aber erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass er gegenüber der ihn treffenden Treueverpflichtung - gemessen an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Unteroffiziers - tendenziell und nicht bloß ausnahmsweise eine zumindest gleichgültige, wenn nicht ablehnende Einstellung hat, welche der Vorgesetzte nur durch einen andauernden, die Grenzen der Zumutbarkeit überschreitenden Kontrollaufwand begegnen kann. Es handelt sich um besonders schwerwiegende Verfehlungen, die ein äußerst bedenkliches Bild erkennen lassen. ... Die ungerechtfertigte Abwesenheit, sowie das schuldhafte Verletzung seiner Meldepflichten stellen ein unwürdiges Verhalten dar, durch das nicht nur das Ansehen des (Beschwerdeführers), sondern auch des gesamten Jägerbataillons XY im allgemeinen herabgesetzt wurde. ... Ein Unteroffizier, der Schwierigkeiten mit der Ein- und Untergliederung im militärischen Dienstbetrieb hat und in der Folge schuldhaft dem Dienst fernbleibt, keinen Nachweis über gerechtfertigte Dienstverhinderungen beibringt und dadurch mehr Dienstaufsicht benötigt als ein Soldat am Beginn seiner Laufbahn, begeht eine erhebliche Dienstpflichtverletzung und Vertrauensschädigung.

    Dadurch ist nicht nur die Achtung, die der Soldat zur Wahrnehmung seines Dienstes benötigt, sondern auch das Vertrauensverhältnis schwer und nachhaltig zerstört worden, das zwischen ihm und der Verwaltung besteht und die Grundlage der österreichischen Landesverteidigung bildet.

    Da der (Beschwerdeführer) im Laufe der Zeit trotz unterstützender Maßnahmen seiner Vorgesetzten in seiner dienstlichen Führung abglitt, ist er für den öffentlichen Dienst untragbar geworden, da es ihm an der für seine dienstliche Stellung erforderlichen Verlässlichkeit mangelt. Diese tiefgreifende Vertrauensschädigung sowie der Ansehensverlust bewirkten, dass der Beschwerdeführer nicht mehr weiter im öffentlichen Dienst verwendet werden kann. ... Bei den dem (Beschwerdeführer) zur Last gelegten Vorfällen handelt es sich um Verhaltensweisen, die eine so schwerwiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und des korrekten Verhaltens gegenüber den Vorgesetzten und Mitarbeitern zum Ausdruck bringen, dass die Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses unzumutbar ist. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen können die dem (Beschwerdeführer) zuerkannten Milderungsgründe, insbesondere sein Geständnis, den eingetretenen schweren Vertrauensverlust nicht aufheben oder so weit mindern, dass die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht mehr rechtmäßig zu verhängen ist.

    ... Sowohl die trotz einschlägiger Disziplinarstrafen mehrfachen Insubordinationen als auch die wiederholten Verstöße gegen die Anwesenheit im Dienst, stellen in ihrer Gesamtheit gesehen, so schwere Pflichtverletzungen dar, dass dem öffentlichen Dienstgeber die Weiterbeschäftigung des (Beschwerdeführers) nicht mehr zugemutet werden kann.

    Der Aspekt der Spezialprävention tritt bei der verhängten Höchststrafe naturgemäß in den Hintergrund, aber gerade diese Art der Strafe ist geeignet Pflichtverletzungen anderer Soldaten entgegenzuwirken.

    Darüber hinaus ist dadurch auch sichergestellt, dass der (Beschwerdeführer) in absehbarer Zeit im Bereich des Österreichischen Bundesheeres keinen höheren Dienstgrad als Rekrut tragen kann.

    Festgehalten wird, dass die im Faktum 6 umschriebene Tat für sich allein bereits den Vertrauensverlust eingetreten lässt."

    Gegen diesen Bescheid richtet sich im Umfang der Bestätigung des erstinstanzlichen Schuld- und Strafausspruches hinsichtlich der Fakten 2 bis 6 die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde. Darin erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, nicht disziplinär, insbesondere nicht durch die Disziplinarstrafe der Entlassung, bestraft zu werden, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Bestrafung nicht vorlägen, und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) lauten (§ 48 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 142/2000):

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

...

Dienstplan

§ 48. (1) Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, automationsunterstützt zu erfassen.

...

Abwesenheit vom Dienst

§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."

II.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2002, BGBl. I Nr. 167/2002 (HDG 2002) lauten:

"Pflichtverletzungen

§ 2. (1) Soldaten sind disziplinär zur Verantwortung zu ziehen wegen

1. Verletzung der ihnen im Präsenzstand auferlegten Pflichten oder

2. gröblicher Verletzung der ihnen im Miliz- oder Reservestand auferlegten Pflichten oder

3. einer im Miliz- oder Reservestand begangenen Handlung oder Unterlassung, die es nicht zulässt, sie ohne Nachteil für den Dienst und damit für das Ansehen des Bundesheeres in ihrem Dienstgrad zu belassen.

...

Strafbemessung ...

§ 6. (1) Das Maß für die Höhe einer Disziplinarstrafe ist die Schwere der Pflichtverletzung. Dabei ist unter Bedachtnahme auf frühere Pflichtverletzungen, die in einem Führungsblatt festgehalten sind, darauf Rücksicht zu nehmen inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken. Darüber hinaus sind zu berücksichtigen

1. die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Umstände und

2. die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten.

...

Disziplinarstrafen für Soldaten, die nicht den Grundwehrdienst leisten und Arten der Strafen

§ 50. Disziplinarstrafen für Soldaten, die weder den Grundwehrdienst noch im Anschluss an diesen den Aufschubpräsenzdienst leisten, sind

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße,
  3. 3. die Geldstrafe und
    1. 4. a) bei Soldaten, die dem Bundesheer auf Grund eines öffentlich- rechtlichen Dienstverhältnisses angehören, die Entlassung und

b) bei anderen Soldaten die Unfähigkeit zur Beförderung und die Degradierung.

...

Entlassung

§ 52. Die Entlassung bewirkt

  1. 1. die Auflösung des Dienstverhältnisses,
  2. 2. die Zurücksetzung auf den Dienstgrad Rekrut,
  3. 3. die Unfähigkeit, innerhalb von drei Jahren einen höheren Dienstgrad zu erlangen, und,

    4. sofern dem Bestraften eine Abfertigung gebührt, den Entfall der Abfertigung.

    ...

    Verhandlungsbeschluss

§ 72. (1) ...

(2) Dem Beschuldigten ist gemeinsam mit dem Verhandlungsbeschluss die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder mitzuteilen. Der Beschuldigte hat in jeder Instanz des Kommissionsverfahrens einmal das Recht, binnen einer Woche nach Zustellung dieser Mitteilung ein Mitglied oder Ersatzmitglied des Senates ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Die rechtzeitige Ablehnung bewirkt den Ausschluss dieses Mitgliedes vom Verfahren.

(3) ...

Mündliche Verhandlung

§ 74. (1) Erscheint der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht, so darf auch in seiner Abwesenheit verhandelt werden, wenn

1. er in der Ladung hierüber ausdrücklich in Kenntnis gesetzt wurde und

2. eine hinreichende Klärung des Sachverhaltes ohne seine Anwesenheit möglich erscheint.

...

Verfahren vor der Disziplinaroberkommission

§ 77. (1) Im Verfahren vor der Disziplinaroberkommission ist ein Verhandlungsbeschluss nicht erforderlich. Dem Beschuldigten ist spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder mitzuteilen. Im Verfahren vor der Disziplinaroberkommission ist § 73 Abs. 2 und 3 AVG über den Übergang der Entscheidungspflicht nicht anzuwenden.

(2) ..."

II.3. In der Beschwerde wird vorgebracht, die Erwägungen der belangten Behörde würden auf unzureichenden Sachverhaltsfeststellungen, unschlüssigen Folgerungen, einem Widerspruch gegen die Denkgesetze und aktenwidrigen Annahmen beruhen sowie dem allgemeinen Erfahrungsgut widersprechen. Dazu werden im Wesentlichen Begründungsmängel zur "Vorwerfbarkeit der Tat", insbesondere zur Frage der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers, bzw. eine mangelhafte Auseinandersetzung mit den Angaben des behandelnden Arztes Dr. G. hinsichtlich der Schuldfähigkeit zu den Fakten 2 bis 4 und 6 geltend gemacht. Überdies wird die Durchführung der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 in Abwesenheit des Beschwerdeführers sowie die Unterlassung der beantragten Einvernahme der Ärzte Dr. G. und Dr. B. durch die belangte Behörde gerügt.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei auch sein Recht auf ein faires Verfahren dadurch verletzt worden, dass ihm die Neuzusammensetzung des Senates in der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 entgegen § 77 Abs. 1 HDG 2002 nicht mitgeteilt und er deshalb außer Stande gesetzt worden sei, sein nicht begründungswürdiges Ablehnungsrecht nach § 72 Abs. 2 HDG 2002 auszuüben.

Darüber hinaus wird zusammengefasst eine Verletzung der Verfahrensgarantie der Waffengleichheit darin erblickt, dass dem Beschwerdeführer die Gegenausführung des Disziplinaranwaltes vom 18. April 2005 erst in der Verhandlung am 8. September 2005 bzw. die Stellungnahme des Disziplinaranwaltes vom 2. Dezember 2005 erstmals im angefochtenen Erkenntnis bekannt geworden sowie dass in der Berufungsverhandlung vom 16. November 2005 zwar die gesamte Stellungnahme des Disziplinaranwaltes, nicht aber die dieser Stellungnahme entgegentretenden Anträge der Verteidigung vom 19. September 2005 wortwörtlich vorgetragen worden seien. Außerdem sei die Waffengleichheit auch dadurch verletzt worden, dass dem Beschwerdeführer verwehrt worden sei, in der Berufungsverhandlung vom 8. September 2005 Vorkommnisse hinsichtlich eines betrunkenen Oberst, der mit dem Fahrrad gegen eine Mauer gefahren sei und nicht disziplinär bestraft worden sei, darzulegen, sowie, dass Trunkenheitsexzesse insbesondere jenes Offiziers mit oder ohne Uniform in der Kaserne des Beschwerdeführers vollkommen an der Tagesordnung gewesen seien.

II.4. Mit diesem Vorbringen, welches im Wesentlichen eine Wiederholung der in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sowie in der Berufung beinhalteten Argumente darstellt, vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zum Schuldausspruch aufzuzeigen:

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/08/0233, mwN).

Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 23 HDG 2002 im Kommissionsverfahren gilt, sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid gerecht:

Im vorliegenden Fall beschränkte sich das Verfahren zweiter Instanz - auf Grund des Berufungsvorbringens - hinsichtlich der Fakten 2 bis 6 auf die Prüfung, ob der Beschwerdeführer zu den Tatzeitpunkten zurechnungsfähig und schuldfähig gewesen und - im Falle der Bejahung - welche disziplinarrechtliche Strafe dafür zu bemessen ist.

Dazu hat die belangte Behörde - neben dem vorliegenden neuropsychiatrischen Gutachten vom 4. Oktober 2004 des Instituts für forensische Neuropsychiatrie in S. aus dem erstinstanzlichen Verfahren, in dem auch die behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. G. einvernommen worden waren - ein Gutachten der Sachverständigen Dr. T., Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 27. Juli 2005 eingeholt, welches sich auf die Untersuchung des Beschwerdeführers am 11. Juli 2005, die Krankengeschichte der Psychiatrie H. und die psychodiagnostische Untersuchung durch die beigezogene klinische Psychologin, Mag. G.-S., vom 11. Juli 2005 stützte. Nach Verlesung des Gutachtens in der Berufungsverhandlung am 8. September 2005 kam es zur Einvernahme des Beschwerdeführers. Im Weiteren erfolgte am 30. September 2005 eine Gutachtensergänzung der Sachverständigen Dr. T. zu den mit Beweisanträgen vom 5. und 19. September 2005 vom Beschwerdeführer gestellten Fragen (welche weitgehend ident in der Beschwerde wiederholt werden) sowie eine diesbezügliche Erörterung in der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 im Beisein der Sachverständigen Dr. T. und Mag. G.-S.

Soweit dazu die Unterlassung der Einvernahme der Ärzte Dr. B. und Dr. G. im Berufungsverfahren gerügt wird, ist der Beschwerde zu entgegnen:

Die bezughabenden Angaben dieser Ärzte, aus welchen der Beschwerdeführer ein für ihn günstigeres Verfahrensergebnis anleiten will, erfolgten bei deren Einvernahme im erstinstanzlichen Verfahren. Dabei hat Dr. B., der behandelnde Arzt des Beschwerdeführers während der Therapie im Dezember 2003 und Jänner 2004 im LKH H., - entgegen der Behauptung in der Beschwerde - das Vorliegen der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Klinikentlassung am 30. Jänner 2004 (somit drei Tage, bevor der Beschwerdeführer das zum Faktum 6 inkriminierte Verhalten gesetzt hat) eindeutig bejaht und den Zustand des Beschwerdeführers als nicht mehr akut bezeichnet. Die Beschwerde vermag auch nicht darzutun, warum dieser Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt von dieser unter Wahrheitspflicht gemachten Angaben in einer für das Verfahrensergebnis relevanten Weise abweichen würde. Des Weiteren wurde in der Gutachtensergänzung auf die Meinung von Dr. G., des diensthabenden Arztes bei der Aufnahme des Beschwerdeführers am 3. November 2003 in der Akutstation des LKH H., eingegangen und nachvollziehbar dargelegt, warum das Gutachtensergebnis aufrechterhalten wird.

Für den Beschwerdeführer bestand bei seiner Einvernahme in der Berufungsverhandlung am 8. September 2005 Gelegenheit zu ergänzenden Ausführungen - wie insbesondere zu seinem (bereits im Beweisantrag vom 5. September 2005 beinhalteten) Einwand einer relevanten Beeinflussung seines Zustandes durch Medikamenteneinnahme. Darüber hinaus hat auch der Beschwerdeführervertreter in der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 anlässlich der Erörterung der Gutachten und Stellungnahme der Sachverständigen zu den Fragen in den erwähnten Beweisanträgen des Beschwerdeführers die Möglichkeit für ergänzende Fragestellungen an die Sachverständigen in dieser Hinsicht nicht genutzt.

Wenn daher in der Beschwerde lediglich diese bekannten Angaben dieser im erstinstanzlichen Verfahren als Zeugen einvernommenen Ärzte und die bereits bekannten Einwände bzw. Fragestellungen des Beschwerdeführers wiederholt werden, kann der Beschwerdeführer weder die Notwendigkeit der Einvernahmen dieser Zeugen im Berufungsverfahren aufzeigen noch das schlüssig begründete Gutachtensergebnis erschüttern.

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer darzulegen, dass seine Anwesenheit in der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 für eine hinreichende Klärung des Sachverhaltes geboten gewesen wäre. Zur Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 ist zu bemerken, dass die (in einem Aktenvermerk festgehaltene) fernmündliche Erklärung des Beschwerdeführers gegenüber dem Vorsitzenden der Disziplinaroberkommission am 18. November 2005, wonach die Versäumnis aus eigenem schuldhaften, alkoholbedingtem Unvermögen erfolgt sei, in der Beschwerde nicht bestritten wird. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich weiters, dass die ordnungsgemäß zugestellte Ladung des Beschwerdeführers zur Berufungsverhandlung vom 8. September 2005 einen Hinweis gemäß § 74 Abs. 1 HDG 2002, wonach im Falle seines Nichterscheinens auch in seiner Abwesenheit verhandelt werden darf, enthielt. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob die "zur Befragung der Sachverständigen" erfolgte Vertagung in der Berufungsverhandlung am 8. September 2005 ohne einen solchen Hinweis gemäß § 74 Abs. 1 HDG 2002 (welcher im Protokoll über diese Verhandlung fehlt, jedoch laut Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16. November 2005 vorgenommen worden sein soll) erfolgte und darin ein Verfahrensfehler zu erblicken ist, zumal der Beschwerdeführer die Relevanz für den Verfahrensausgang nicht darzutun vermag.

Im Übrigen vermögen auch die weiteren Einwände zum Schuldausspruch der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Mit Zustellung der Ladung am 22. Juli 2005 für die Verhandlung am 8. September 2005 wurde dem Beschwerdeführer die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder samt Hinweis auf sein binnen einer Woche auszuübendes Ablehnungsrecht gemäß § 72 Abs. 2 HDG 2002 mitgeteilt, wovon er keinen Gebrauch machte. Nach Ausfall eines Senatsmitgliedes am 16. November 2005 wurde die Verhandlung in veränderter Besetzung durch Eintritt eines der Ersatzmitglieder wiederholt. Damit geht sein auf eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter hinauslaufender Einwand ins Leere.

Zum Beschwerdevorbringen, für den Beschwerdeführer habe zu zwei Stellungnahmen des Disziplinaranwaltes erst zu einem späteren Zeitpunkt bzw. keine Möglichkeit zur Replik bestanden, es sei ihm verwehrt worden, ein - losgelöst von den inkriminierten Fakten - behauptetes Fehlverhalten eines anderen Bundesheerangehörigen aufzuzeigen sowie es seien Anträge der Verteidigung vom 19. September 2005 in der Berufungsverhandlung am 16. November 2005 nicht wortwörtlich vorgetragen worden, wird ebenso keine Relevanz für das Verfahrensergebnis aufgezeigt.

Insgesamt hat sich die belangte Behörde somit ausreichend mit den aufgenommenen Beweisen auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, warum sie der Verantwortung der Beschwerdeführerin nicht gefolgt und zum vorliegenden Ergebnis hinsichtlich des Schuldausspruches gelangt ist.

II.5. Aber auch die Strafbemessung seitens der belangten Behörde erweist sich frei von Rechtsirrtum:

Was den Strafausspruch anlangt, so ist zunächst auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, zu verweisen, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof mit Fragen der Bemessung von Disziplinarstrafen nach § 93 Abs. 1 sowie - in den Fällen des Zusammentreffens mit gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlungen - § 95 Abs. 3 BDG 1979 auseinandergesetzt hat. Den Ausführungen in diesem Erkenntnis, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, kommt insoweit, als die Rechtslage nach dem HDG 2002 sich von derjenigen nach dem BDG 1979 nicht maßgeblich unterscheidet, auch für die Bemessung von Disziplinarstrafen nach dem HDG 2002 Bedeutung zu. Dies gilt vor allem für die Abkehr von Bemessungsgesichtspunkten, die der Sache nach noch auf die Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 15/1914, zurückgehen, für die Beurteilung der "Schwere" der Pflichtverletzung anhand des Maßstabes der Tatschuld, für die Notwendigkeit der Einbeziehung aller geltend gemachten oder der Aktenlage nach zu berücksichtigenden Strafbemessungsgründe nach dem Strafgesetzbuch, für die Ausführungen zur "Untragbarkeit" und für das Erfordernis der im Gesetz - ausnahmslos - angeordneten Bedachtnahme auf Gesichtspunkte der Prävention bei der Bemessung der Disziplinarstrafe im Rahmen des Tatschuldangemessenen. Ein Unterschied besteht hier im Wesentlichen darin, dass in die zuletzt erwähnte Bedachtnahme nach der ausdrücklichen Anordnung in § 6 Abs. 1 HDG 2002 auch Gesichtspunkte der Generalprävention einzubeziehen sind (vgl. dazu die - unmittelbar allerdings auf § 5 Abs. 1 und nicht auf § 6 Abs. 1 HDG 1985 bezogenen - Ausführungen in der Regierungsvorlage zum HDG 1985, 369 BlgNR XVI. GP 32).

Im Ergebnis bedeutet dies, dass nach dem HDG 2002 eine Entlassung auch schon allein aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt sein kann.

Im konkreten Fall hat die belangte Behörde in ausreichender Weise die Notwendigkeit der Entlassung des Beschwerdeführers wegen seiner negativen Vorbildwirkung dargelegt. Angesichts der Vorgeschichte würden außerdem auch nicht ausdrücklich ins Treffen geführte spezialpräventive Aspekte die Entlassung rechtfertigen. Im Übrigen hat der angefochtene Bescheid noch ausreichend auch die Milderungs- und Erschwerungsgründe abgewogen. Der Beschwerdeführer ist - trotz mehrerer Alkoholentwöhnungsmaßnahmen und der angeführten früheren einschlägigen disziplinarrechtlichen Bestrafungen - nach zwischenzeitlichen Abstinenzphasen wiederholt zum Alkohol zurückgekehrt und hat durch die von ihm zu verantwortende Alkoholisierung die vom Schuldspruch umfassten Dienstpflichtverletzungen begangen, wobei insbesondere das Faktum 6 ins Gewicht fällt. Die darin manifestierte Neigung des Beschwerdeführers zur Haltlosigkeit und Undiszipliniertheit lässt außerdem auf eine negative Zukunftsprognose schließen.

II.6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Februar 2009

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