VwGH 2008/08/0249

VwGH2008/08/024913.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der B GmbH in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. Oktober 2008, Zl. Vd-SV-1001-4- 525/4/Hö, betreffend Beitragzuschlag gemäß § 113 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs1 Z1 idF 2007/I/031;
ASVG §113 Abs2 idF 2007/I/031;
ASVG §33 idF 2007/I/031;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
ASVG §113 Abs1 Z1 idF 2007/I/031;
ASVG §113 Abs2 idF 2007/I/031;
ASVG §33 idF 2007/I/031;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 18. Februar 2008 wurden bei einer Kontrolle durch Kontrollorgane illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung (KIAB) zwei Arbeitnehmer bei der beschwerdeführenden Partei bei der Arbeit angetroffen, wobei diese zum Kontrollzeitpunkt um ca. 12.00 Uhr bei der mitbeteiligten Partei nicht angemeldet gewesen waren, sondern erst 35 Minuten danach bei dieser angemeldet wurden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2008 wurde der Einspruch der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 8. April 2008, womit dem Einspruchswerber wegen Verstoßes gegen die (An)Meldungspflicht gemäß § 33 ASVG hinsichtlich der beiden am 18. Februar 2008 betretenen Arbeitnehmer ein Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 Z. 1 iVm § 113 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) in der Höhe von EUR 1.800,-- vorgeschrieben wurde, abgewiesen.

In der Begründung dazu ging die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass die beiden am 18. Februar 2008 bei der beschwerdeführenden Partei bei der Arbeit betretenen Dienstnehmer zum Kontrollzeitpunkt nicht bei der mitbeteiligten Partei angemeldet gewesen seien sowie dass es sich im vorliegenden Fall bereits um die fünfte verspätete Anmeldung der beschwerdeführenden Partei gehandelt habe.

Im Weiteren führte sie zusammengefasst aus, dass mit Inkrafttreten des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 31/2007, am 1. Jänner 2008 die Verpflichtung der Dienstgeber eingeführt worden sei, jede von ihnen beschäftigte, pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Diese Vorausanmeldepflicht gelte auch bei fallweiser Beschäftigung im Sinne des § 471b ASVG, womit der Dienstgeber mit Beginn jedes einzelnen neuen Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet sei, den fallweise beschäftigten Dienstnehmer anzumelden (vgl. Franz Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008/2, S. 5). Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 (RV 77 GP XXIII) solle durch die Vorausanmeldepflicht eine effizientere Bekämpfung der organisierten Schwarzarbeit und des Sozialbetrugs erreicht werden.

Im dritten Satz des § 113 Abs. 2 ASVG werde festgelegt, dass bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf EUR 400,-- herabgesetzt werden könne. Der Dienstgeber trage die persönliche Verantwortung für die Einhaltung der Meldevorschriften. Um seinen Meldeverpflichtungen nachkommen zu können, müsse sich der Dienstgeber über die Meldebestimmungen zureichend informieren und eventuelle Unklarheiten im Wege einer schriftlichen Anfrage bei der Gebietskrankenkasse beseitigen. Auch allfällige administrative Schwierigkeiten vermögen ihn seiner diesbezüglichen Verpflichtung nicht zu entheben, wozu auf die in § 41 Abs. 4 Z. 3 ASVG vorgesehene Möglichkeit, die Mindestangaben-Meldung telefonisch oder mittels Fax vorzunehmen, verwiesen wurde.

Auf Grund der Tatsache, dass bei der beschwerdeführenden Partei zwei Dienstnehmer bei der Arbeit angetroffen worden seien, welche zum Kontrollzeitpunkt nicht bei der Einspruchsgegnerin gemeldet gewesen seien, sowie auf Grund des Umstandes, dass es sich bereits um die fünfte verspätete Anmeldung gehandelt habe, sei die Vorschreibung eines Beitragszuschlages in Höhe von EUR 1.800,-- als angemessen zu betrachten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und (ohne Kostenersatzbegehren) die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§§ 33, 34, 111 Abs. 1 und § 113 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes BGBl. Nr. 189/1955 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2007 lauten auszugsweise:

"§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

...

§ 34. (1) Die Dienstgeber haben während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie Änderung der Beitragsgrundlage, Unterbrechung und Wiedereintritt des Entgeltanspruches, Wechsel in das neue Abfertigungssystem nach § 47 des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG), BGBl. I Nr. 100/2002, oder nach vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften, innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden.

...

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

  1. 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  2. 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

    ...

§ 113. (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

  1. 3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
  2. 4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

(2) Im Fall des Abs. 1 Z 1 setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 EUR je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 EUR. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 EUR herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

(3) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 darf der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Abs. 1 Z 4 darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.

..."

Die beschwerdeführende Partei vermeint, dass nach den Bestimmungen des § 113 Abs. 1 ASVG lediglich der "tatsächliche" Mehraufwand bei Prüfungen durch denjenigen, der eine Meldepflicht verletzt habe, abgegolten werde; dazu bringt sie vor, dass durch ihre - wenngleich nach der Kontrolle - noch am Tag der Arbeitsaufnahme erfolgte Anmeldung der Arbeitnehmer der mitbeteiligten Partei kein Mehraufwand entstanden sei, und rügt das Fehlen von Ausführungen der belangten Behörde zur Höhe des tatsächlichen Mehraufwandes.

Mit diesem Beschwerdevorbringen kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werden:

Nach dem klaren Gesetzestext von § 113 Abs. 2 ASVG in der hier maßgebenden Fassung werden mit dem genannten Beitragszuschlag "die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten". Im Weiteren werden in dieser Bestimmung die Teilbeträge für die gesonderte Bearbeitung sowie für den Prüfeinsatz pauschal determiniert.

In den - bereits von der belangten Behörde herangezogenen - Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 (RV 77 GP XXIII) wird zur Änderung des § 113 ASVG - und insbesondere zur Differenzierung des Mehraufwandes - ausgeführt (Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"... Darüber hinaus sollen Beitragszuschläge nach § 113 ASVG, wie schon derzeit im Zuständigkeitsbereich der Burgenländischen Gebietskrankenkasse geltend, auch bei Verletzung der Pflicht zur vollständigen Anmeldung vorgeschrieben werden können.

Bei unterbliebener Anmeldung vor Arbeitsantritt soll im Fall der Betretung grundsätzlich ein pauschalierter Beitragszuschlag Platz greifen, der sich aus zwei Teilbeträgen zusammensetzt: einem Betrag von 500 EUR pro Person, die anzumelden gewesen wäre, als Pauschalersatz für die Bearbeitungskosten des Sozialversicherungsträgers sowie einem Betrag von 800 EUR für den Prüfeinsatz als Pauschalersatz für jene Kosten, die der Sozialversicherung und den Behörden im Zuge einer einschlägigen Prüfung durch ihre Organe erwachsen. Die unterschiedliche Höhe der Teilbeträge ergibt sich daraus, dass der höhere Aufwand bei verspäteter Anmeldung vor allem aus dem Verfahren im Einzelfall und weniger aus dem Prüfeinsatz selbst resultiert."

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass am 18. Februar 2008 ein Prüfeinsatz der KIAB erfolgte und dabei zwei -

zu diesem Zeitpunkt nicht angemeldete - Dienstnehmer bei der beschwerdeführenden Partei angetroffen wurden, womit der Tatbestand nach § 113 Abs. 1 Z.1 ASVG erfüllt ist. Davon ausgehend ist auch ein Mehraufwand der mitbeteiligten Partei im Vergleich zu einer im Sinne von § 33 ASVG ordnungsgemäßen Vorgehensweise eines Arbeitgebers indiziert. Die Pauschalierung dieses Mehraufwandes wird in § 113 Abs. 2 ASVG dem Grunde und der Höhe nach geregelt, womit sich schon wegen der Rechtsnatur einer im Gesetz vorgenommenen Pauschalierung weitere Feststellungen zur tatsächlichen Höhe des konkreten Mehraufwandes der mitbeteiligten Partei erübrigen.

Ein darüber hinaus gehender Ermessensspielraum verbliebe nur beim Vorliegen einer erstmaligen verspäteten Anmeldung mit unbedeutenden Folgen bzw. - bezogen auf den Teilbetrag für den Prüfeinsatz - von besonders berücksichtigungswürdigenden Fällen (vgl. § 113 Abs. 2 dritter und vierter Satz ASVG). Letzteres wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet, wie auch die Feststellung der belangten Behörde, wonach es sich hier bereits um die fünfte verspätete Anmeldung handeln würde, unbekämpft blieb.

Wenn daher im konkreten Fall die belangte Behörde auf Grund der verspäteten Meldung hinsichtlich zweier Dienstnehmer die (volle) Höhe für die gesonderte Bearbeitung (von zweimal EUR 500,--) sowie für den Prüfeinsatz von EUR 800,-- vorschreibt, erweist sich ihr Bescheid als frei von Rechtsirrtum.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 13. Mai 2009

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