VwGH 2008/07/0232

VwGH2008/07/023229.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, in der Beschwerdesache der N GmbH & Co KG in Bremen, vertreten durch NH Niederhuber Hager Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 5. November 2008, Zl. BMLFUW.UW.2.1.1/2543-VI/1/2008-Lu, betreffend Zurückweisung einer Notifizierung, den Beschluss gefasst:

Normen

31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art3;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art4;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art5;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art4;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art5;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art9 Abs2;
AWG 1990 §34;
AWG 1990 §36;
AWG 2002 §66;
AWG 2002 §67;
AWG 2002 §68;
AWG 2002 §69 Abs5;
AWG 2002 §69;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art3;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art4;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art5;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art4;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art5;
32006R1013 Abfälle-VerbringungsV Art9 Abs2;
AWG 1990 §34;
AWG 1990 §36;
AWG 2002 §66;
AWG 2002 §67;
AWG 2002 §68;
AWG 2002 §69 Abs5;
AWG 2002 §69;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. November 2008 hat die belangte Behörde die Notifizierung IT 010532 der I I S.r.l. gemäß Art. 4 ff in Verbindung mit Art. 31 der EG-Verbringungsverordnung zurückgewiesen.

Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass die Regione Lombardia der belangten Behörde die Notifizierung IT 010532 der I I S.r.l. übermittelt habe . In der Notifizierung schienen als Durchfuhrstaat sowohl die Schweiz als auch Österreich auf. In Art. 4 ff der EG-Verbringungsverordnung seien Regelungen betreffend die Verbringung innerhalb der Gemeinschaft vorgesehen. In Art. 31 dieser Verordnung seien zusätzlich Regeln für die Verbringung innerhalb der Gemeinschaft mit Durchfuhr durch Drittstaaten enthalten. Die Schweiz sei als Drittstaat im Sinne dieser Regelung anzusehen. Da für die Verbringung von Italien über Österreich nach Deutschland andere Regelungen anzuwenden seien als für Verbringungen von Italien über die Schweiz nach Deutschland, sei der Antrag der I I S.r.l. unzulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Eingangs finden sich in der Beschwerde Ausführungen über deren Zulässigkeit. Demnach sei die beschwerdeführende Partei bereits Partei des Verwaltungsverfahrens gewesen. Das AWG 2002 wie auch die EG-Verbringungsverordnung räumten dem Abfallempfänger bestimmte rechtliche Interessen ein. So müsse der Empfänger der zu verbringenden Abfälle über das Verfahren informiert werden (§ 61 Abs. 2, § 69 Abs. 9 AWG 2002); auch würden bestimmte Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Empfängers gestellt, die zu einer Versagung der Notifizierung führen könnten (§ 69 Abs. 5 AWG 2002). Aber auch aus den Bestimmungen der EG-Verbringungsverordnung ergäben sich der Rechtsanspruch und das rechtliche Interesse der beschwerdeführenden Partei an der angefochtenen Entscheidung. So sei der Abschluss des Verbringungsvertrages unabdingbare Voraussetzung für eine Notifizierung und beinhalte weitreichende Verpflichtungen auch für den Empfänger des zu verbringenden Abfalls (Art. 5 der Verbringungsverordnung). Auch die bereits im AWG 2002 enthaltenen Informationsrechte und die Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Empfängers fänden sich in der EG-Verbringungsverordnung. Die beschwerdeführende Partei sei daher als Empfänger Partei des Verfahrens gewesen. Für die Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof sei jedoch nicht unbedingt ausschlaggebend, ob die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren Partei gewesen sei. Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof könne sein, wer behaupte, durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein und dies nach der Sach- und Rechtslage einerseits und dem Inhalt des Bescheides andererseits auch tatsächlich sein könne. Dies treffe auf die beschwerdeführende Partei zu. Diese sei durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiven Rechten verletzt. Schließlich spreche der angefochtene Bescheid gerade nicht über die notifizierte Verbringung ab, an der die beschwerdeführende Partei ein unmittelbares rechtliches wie auch wirtschaftliches Interesse habe. Das rechtliche Interesse liege dabei in der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens auf Grund der gegenständlichen Notifizierung und der Anwendung der dabei in Betracht kommenden Rechtsvorschriften. Das wirtschaftliche Interesse liege in der Zustimmung zur Verbringung, die eben nur auf Grund eines Verfahrens erfolgen könne.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf eine inhaltliche Entscheidung über den Notifizierungsantrag verletzt.

Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist damit die Frage, ob ein Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom 21. Februar 2008, 2008/07/0023, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die beschwerdeführende Partei behauptet die Verletzung im Recht auf eine inhaltliche Entscheidung und leitet dieses aus Bestimmungen des AWG 2002 und der EG-Verbringungsverordnung ab.

Der 7. Abschnitt des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102, enthält Bestimmungen für die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen. Die für den Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen dieses Abschnittes lauten auszugsweise:

Anwendungsbereich und Verfahrensbestimmungen

"§ 66. (1) Für grenzüberschreitende Verbringungen von Abfällen sind die gemeinschaftsrechtlichen Abfallvorschriften, insbesondere die EG-VerbringungsV (Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. Nr. L 190 vom 12.07.2006 S. 1), anzuwenden.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist für die Anwendung der EG-VerbringungsV zuständige Behörde am Versandort, zuständige Behörde am Bestimmungsort, für die Durchfuhr zuständige Behörde und Anlaufstelle gemäß Art. 54 der EG-VerbringungsV.

Notifizierung bei der Ausfuhr

§ 67. (1) Wer eine gemäß EG-VerbringungsV oder gemäß einer Verordnung nach § 72 Z 1 notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen aus Österreich durchzuführen beabsichtigt, hat dies dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu notifizieren.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft übermittelt die Notifizierung an die zuständige Behörde am Bestimmungsort und eine Abschrift an den Empfänger und an die für die Durchfuhr zuständigen Behörden.

Notifizierungsunterlagen

§ 68. (1) Die Notifizierung erfolgt mithilfe des Notifizierungsformulars gemäß Anhang IA und des Begleitformulars gemäß Anhang IB der EG-VerbringungsV. Der Notifizierende hat dazu zu übermitteln:

.......

Bewilligungspflicht der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr und

Verbringungsverbote

§ 69. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft hat über jede von der EG-VerbringungsV

erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach,

aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

.......

(5) Die Verbringung ist zu untersagen, wenn der

Notifizierende oder der Empfänger mindestens zweimal wegen einer

illegalen Verbringung von Abfällen im Sinne der EG-VerbringungsV

bestraft worden ist und die Strafen noch nicht getilgt sind."

........

(9) Ein Widerruf gemäß Art. 9 Abs. 8 der EG-VerbringungsV ist dem Notifizierenden, dem Empfänger, den anderen betroffenen zuständigen Behörden, den betroffenen Landeshauptmännern und den Zollorganen mitzuteilen."

Die für das vorliegende Verfahren wesentlichen Bestimmungen

der EG-AbfallverbringungsV lauten auszugsweise:

"Artikel 4

Notifizierung

Beabsichtigt der Notifizierende die Verbringung von Abfällen gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a oder b, so muss er bei und über die zuständige Behörde am Versandort eine vorherige schriftliche Notifizierung einreichen und im Falle einer Sammelnotifizierung Artikel 13 beachten.

.......

Artikel 5

Vertrag

(1) Jede notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen muss Gegenstand eines Vertrags zwischen dem Notifizierenden und dem Empfänger über die Verwertung oder Beseitigung der notifizierten Abfälle sein.

....

Artikel 9

Zustimmungen durch die zuständigen Behörden am Versandort und am Bestimmungsort sowie durch die für die Durchfuhr zuständigen Behörden und Fristen für Transport, Verwertung oder Beseitigung

(1) Die zuständigen Behörden am Bestimmungsort und am Versandort sowie die für die Durchfuhr zuständigen Behörden verfügen nach der Übermittlung der Empfangsbestätigung durch die zuständige Behörde am Bestimmungsort gemäß Artikel 8 über eine Frist von 30 Tagen, um in Bezug auf die notifizierte Verbringung schriftlich eine der folgenden ordnungsgemäß mit Gründen versehenen Entscheidungen zu treffen:

  1. a) Zustimmung ohne Auflagen;
  2. b) mit Auflagen gemäß Artikel 10 verbundene Zustimmung oder
  3. c) Erhebung von Einwänden gemäß den Artikeln 11 und 12.

    Werden innerhalb der genannten Frist von 30 Tagen keine Einwände erhoben, so gilt eine stillschweigende Genehmigung der für die Durchfuhr zuständigen Behörde als erteilt.

(2) Die zuständigen Behörden am Bestimmungsort und am Versandort sowie gegebenenfalls die für die Durchfuhr zuständigen Behörden übermitteln dem Notifizierenden innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist von 30 Tagen schriftlich ihre Entscheidung und die Gründe dafür; Kopien der Schreiben werden den anderen betroffenen zuständigen Behörden übersandt. ...."

Weiters enthält die EG-VerbringungsV - wie das AWG 2002 - auch Mitteilungspflichten gegenüber dem Empfänger (vgl. Art. 9 Abs. 9) sowie eine dem § 69 Abs. 5 AWG 2002 korrespondierende Bestimmung (Art. 11 Abs. 1 lit. c).

Aus den zitierten Bestimmungen des AWG 2002 und der EG-VerbringungsV ergibt sich, dass ein Verfahren zur grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen durch eine Notifizierung des Notifizierungspflichtigen eingeleitet wird. Ihn trifft die Verpflichtung, die erforderlichen Notifizierungsunterlagen beizubringen (§ 68 AWG 2002). Er ist der Adressat der behördlichen Entscheidung über die Notifizierung (vgl. insbesondere Art. 9 Abs. 2 EG-VerbringungsV). Der Empfänger der Abfälle ist in das Verfahren nur insofern eingebunden, als die Behörde durch Bestimmungen des AWG 2002 wie auch der EG-VerbringungsV verhalten wird, ihm verschiedene Mitteilungen zukommen zu lassen. Diese Mitteilungen dienen aber lediglich seiner Information; sie begründen keine Parteistellung und kein Recht auf eine Erledigung des durch die Notifizierung eingeleiteten Verfahrens.

Wenn Art. 5 der EG-VerbringungsV das Vorliegen eines Vertrages mit dem Empfänger vorsieht, dann wird damit nur eine der sachlichen Voraussetzungen für eine positive Erledigung des Notifizierungsansuchens geschaffen, nicht aber eine Einbindung des Empfängers in das Verfahren in der Weise bewirkt, dass ihm Parteistellung im Verfahren und das Recht auf eine inhaltliche Entscheidung über die Notifizierung zukommt.

Gleiches gilt für die in § 69 Abs. 5 AWG 2002 vorgesehene Bestimmung, dass die Verbringung zu untersagen ist, wenn der Empfänger mindestens zweimal wegen einer illegalen Verbringung von Abfällen im Sinne der EG-VerbringungsV bestraft worden ist und die Strafen noch nicht getilgt sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 21. Jänner 2003, 2002/07/0160, zur Rechtslage nach dem AWG 1990 und der EG-VerbringungsV 1993 ausgesprochen, dass die im Wesentlichen übereinstimmenden Bestimmungen der EG-VerbringungsV 1993 einerseits und der Bestimmungen der §§ 34 und 36 AWG 1990 andererseits allein Rechtsbeziehungen des Verbringers der Abfälle regeln und ihm gegenüber Rechte und Pflichten schaffen, während rechtliche Interessen des Empfängers (des Deponiebetreibers) hingegen weder ausdrücklich begründet werden noch sich implizit aus der EG-VerbringungsV 1993 oder dem AWG 1990 ergeben.

Nichts anderes gilt für die Rechtslage nach der EG-VerbringungsV 2006 und dem AWG 2002.

Notifizierender war im Beschwerdefall die I I S.r.l. Die beschwerdeführende Partei sollte (lediglich) Empfänger der Abfälle sein. Als Empfänger kam ihr aber im Verfahren über die Notifizierung keine Parteistellung und kein Recht auf eine inhaltliche Erledigung der Notifizierung zu. Sie konnte daher durch den angefochtenen Bescheid nicht in dem von ihr geltend gemachten Recht auf eine inhaltliche Entscheidung verletzt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2009

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