VwGH 2008/07/0150

VwGH2008/07/015016.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der W Ges.m.b.H in U, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 8. Juli 2008, Zl. 16.956/2-I6/2003, betreffend Zurückverweisung gemäß § 66 Abs. 2 AVG i. A. Maßnahmen zur Sicherung einer Altlast nach dem ALSAG i.V.m. dem WRG 1959, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. März 2003 wurde die beschwerdeführende Partei gemäß § 17 ALSAG und gemäß § 31 Abs. 3 sowie § 138 WRG 1959 verpflichtet, die auf Gst. Nr. 740/1, 740/2 und 785/1, KG W., gelegene Altlast ST 19 "Gerbereideponie S." entsprechend der Variante V laut Bericht zur Variantenuntersuchung von DI. Dr. S. & Partner Ziviltechniker GmbH vom 13. Juli 1999 durch Inertierung mit Hochdruckbodenvermörtelung unverzüglich zu sichern (Spruchteil I).

Ferner wurden näher genannte Liegenschaftseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 ALSAG verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung und Überwachung der Altlast zu dulden (Spruchteil II) und das Land Steiermark als Straßenerhalter der B 72 und Liegenschaftseigentümer des Grundstückes Nr. 1367, KG W., wurde gemäß § 17 Abs. 1 ALSAG i.V.m. § 31 Abs. 3 und § 138 WRG 1959 verpflichtet, die auf diesem Grund befindlichen Teile der ausgewiesenen Altlast ST 19, "Gerbereideponie S.", nach Vorgaben der Variante V des Berichtes zur Variantenuntersuchung von DI DR. S. & Partner unverzüglich zu sichern (Spruchteil III).

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die unter Spruchteil II genannten Liegenschaftseigentümer, als auch die beschwerdeführende Partei Berufung.

Aufgrund der Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juli 2008 unter Spruchpunkt 1) der erstinstanzliche Bescheid in seinem Spruchteil I gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Aufgrund der Berufungen der unter Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides genannten Liegenschaftseigentümer wurde unter Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, die Altlast "Gerbereideponie S." befinde sich am südlichen Ortsrand der Stadt W., unmittelbar westlich des W.- Baches auf den Grundstücken Nr. 740/1, 740/2, 785/1 und 1367, KG W. Die Grundfläche der gesamten Deponie betrage ca. 17.785 m2, das Deponievolumen ca. 55.310 m3, davon ca. 29.500 m3 unterhalb des Grundwasserspiegels. Zur Ablagerung seien Gerbereiabfälle (Fleischreste, Lederrückstände), chrom- und sulfidhältige Stoffe in Form von Spänen und Schlämmen, sowie Chemikalien- und Mineralölreste in Behältern gelangt. Die Konsistenz sei weich, zum Teil auch breiig-flüssig. Bodenluftuntersuchungen hätten massive Gasverunreinigungen durch CH4 und C02 ergeben. Das Deponiegut sei den Eluatklassen IIIb bzw. IIIa zuzuordnen.

Grundwasseruntersuchungen würden massive Belastungen durch die Parameter Chlorid, Nitrat, Nitrit, Natrium, Kalium, Ammonium, Chrom, Arsen, aliphatische Kohlenwasserstoffe und Phenolindex zeigen. Ein Teil der Bundesstraße B 72 führte im Bereich des Gst. Nr. 1367, KG W., über die Altlast.

Die Variante V der Variantenuntersuchung der DI Dr. S. & Partner Ziviltechniker GmbH sehe eine In-situ-Inertisierung durch Hochdruckbodenvermörtelung vor. Im Bericht zur Variantenuntersuchung werde ausführlich dargelegt, wie dieses Verfahren durchzuführen sei. Im Wesentlichen werde durch Einspritzen von Mörtel bzw. Zementsuspension (Hochdruckverfahren) in das Deponiegut ein dichter Block erzeugt, um einen weiteren Schadstoffaustrag in den umgebenden Boden und das Grundwasser sowie eine Reaktionsfähigkeit der abgelagerten Abfälle zu verhindern sowie die Tragfähigkeit der Deponiefläche zu erreichen (aktuell breiig-flüssige Konsistenz).

In der Verhandlung vom 14. Juli 1999 sei diese Variante V als effizienteste und kostengünstigste ausgewählt worden; zur Frage der Umsetzbarkeit seien allerdings Untersuchungen im Vorfeld vorgeschlagen sowie ein detailliertes Untersuchungsprogramm ausgearbeitet worden.

Dieses Untersuchungsprogramm sei in der Folge nur teilweise durchgeführt, aber nicht beendet worden. Offen geblieben seien u. a. eine Begutachtung der hydrogeologischen Situation sowie Feldversuche zur Hochdruckvermörtelung.

Unklar sei, inwieweit der Zustand der Altlast aktuell mit öffentlichen Interessen und fremden Rechten in Widerspruch stehe. Ein Verweis auf die seinerzeit für die Eintragung im Altlastenatlas maßgeblichen Umstände allein reiche nicht aus, um aktuell - ein Jahrzehnt nach dieser Ausweisung und drei Jahrzehnte nach ersten Feststellungen - die erforderlichen Maßnahmen definieren und rechtfertigen zu können.

Es sei wohl anzunehmen, dass von der Altlast immer noch Auswirkungen auf das - nach der Aktenlage zumindest für Brauchzwecke genutzte - Grundwasser ausgehen würden. Dies allein rechtfertige bereits Maßnahmen nach den §§ 31 und 138 WRG 1959. Bestätigt werde die Annahme fortdauernder Auswirkungen durch die belegte, immer wieder sich ergebende Notwendigkeit punktueller Maßnahmen nach § 31 WRG 1959. Allerdings sei unbekannt, in welchem Maße und mit welcher Tendenz dies stattfinde, welche Schutzgüter konkret - immer noch - betroffen seien und was dagegen unternommen werden solle.

Es liege aktuell kein abschließendes Untersuchungsergebnis vor, das eine eindeutige Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen zuließe. Im bisherigen Verfahren für notwendig gehaltene Untersuchungen und Prüfungen seien unterblieben, ohne dass geklärt worden sei, ob und gegebenenfalls aus welchen Erwägungen man davon hätte absehen können. Insbesondere sei nicht geklärt, ob die vorgesehene Methode bei Abfällen mit breiiger Konsistenz funktioniere, ob hinreichende Untergrundqualität und Stabilität gegeben sei, ob bzw. inwieweit eine Gefährdung der Gewässer vorliege bzw. beseitigt werden könne, und ob und gegebenenfalls wie bei Durchführung der Arbeiten die Geruchsbildung bekämpft werden könne. Dabei seien auch angemessene Fristen für die Erfüllung des zu erlassenden verwaltungspolizeilichen Auftrages zu setzen.

Das Verfahren sei daher in wesentlichen Punkten so mangelhaft geblieben, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht einwandfrei beurteilt werden könne.

Auch ein behördlicher Auftrag müsse so bestimmt formuliert sein, dass eine Vollstreckung durch Ersatzvornahme möglich sei. Durch die Spruchfassung müsse einerseits dem Beauftragten die überprüfbare Möglichkeit gegeben werden, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, andererseits müsse dadurch auch der Umfang einer allfälligen Ersatzvornahme abgegrenzt sein.

Diesen Erfordernissen entspreche der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht. Es seien keine konkreten Maßnahmen vorgeschrieben, sondern lediglich eine Methode aufgetragen worden, deren Erfolg ungewiss und von der Durchführung weiterer Maßnahmen und Untersuchungen abhängig sei. Der erstinstanzliche Bescheid stelle sich daher auch als nicht ausreichend bestimmt dar; weitere Ermittlungen des diesbezüglichen entscheidungsrelevanten Sachverhaltes seien in diesem Zusammenhang notwendig.

Angesichts der Komplexität des Sachverhaltes sei - zumindest nach Durchführung der noch erforderlichen Ermittlungen - die neuerliche Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle bei Anwesenheit aller Beteiligten unvermeidlich, um in einer sachbezogenen Auseinandersetzung in Rede und Gegenrede eindeutig festlegen zu können, ob und welche Maßnahmen geeignet seien, die vorliegende Altlast zu sichern, welche Maßnahmen konkret zu setzen seien, und welche Begleit- und Folgemaßnahmen dabei vorzusehen seien. Dabei werde bei grundsätzlicher Belassung des Deponiegutes vor Ort insbesondere zu beachten sein, dass keine Schadstoffausbreitung im Grundwasser erfolge, weitere Abbauprozesse im Deponiekörper, die zu Gas- und Geruchsbildung führten, vermieden würden und das Deponiegut aus einer breiigflüssigen Konsistenz in einen stabilen Zustand übergeführt werde.

Im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit, Raschheit und der Kostenersparnis könne die Fortsetzung des Verfahrens in effizienter Weise nicht im Zuge des Berufungsverfahrens, sondern nur im Wege der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden, die auch vor Ort leichter agieren könne.

Zwar habe die beschwerdeführende Partei auch mangelnde Passivlegitimation vorgebracht, was auch für die Erlassung eines künftigen Auftrages relevant sei. Es erscheine aber aufklärungsbedürftig, warum dieser grundlegende Einwand - trotz anwaltlicher Beratung - erst so spät (Anm.: im Berufungsverfahren) erhoben werde und sich die beschwerdeführende Partei selbst bis dahin sehr wohl als Verpflichtete gesehen zu haben scheine.

Die bloße Rechtsnachfolge bezüglich einer schadenstiftenden Sache für sich allein bewirke zwar noch keinen Haftungsübergang. Werde der schadenstiftende Zustand vom Rechtsnachfolger aufrechterhalten bzw. genutzt, dann setze der Rechtsnachfolger selbst deliktisches Verhalten und könne demnach selbst als Täter belangt werden. Eine eigenmächtige Neuerung i.S.d. § 32 WRG 1959 werde jedenfalls so lange gesetzt, als mehr als bloß geringfügige Einwirkungen auf Gewässer stattfänden.

Wenn die Deponie Teil der von der beschwerdeführenden Partei übernommenen Betriebsanlage gewesen sei, dann hafte sie demnach für alle immer noch von der Deponie ausgehenden Emissionen, weil (nur) sie es in ihrer Ingerenz habe, etwas dagegen zu unternehmen. In diesem Zusammenhang könnten auch die Rechtsbeziehungen zwischen der beschwerdeführenden Partei und ihrer Vorgängerin sowie mit den Eigentümern der betroffenen Grundstücke bedeutsam sein. Auch dies zu erheben und zu bewerten werde Sache des weiteren Verfahrens sein müssen.

Angesichts der Aufhebung des Auftrages zur Sicherung der Altlast und der Zurückverweisung an die Unterinstanz sei aktuell die Einräumung von Duldungspflichten (Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides) hinfällig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, die belangte Behörde sei zu Feststellungen zur Frage der Passivlegitimation nach § 66 Abs. 1 AVG verpflichtet. Eine Zurückverweisung an die Erstbehörde zur Ergänzung des Verfahrens i.S.d. § 66 Abs. 2 AVG komme insoweit nicht in Frage, weil der vorliegende Sachverhalt nicht derart mangelhaft sei, dass eine Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine. Die Behörde habe, wenn irgend möglich, selbst die Ermittlungen zu ergänzen und die Sache selbst zu entscheiden. Das sei im vorliegenden Fall leicht möglich.

Wäre die belangte Behörde i.S.d. § 66 Abs. 1 AVG rechtmäßig vorgegangen, hätte sie festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei aus zivilrechtlicher Sicht und aus Sicht des hier maßgeblichen Wasserrechtes (bloße) Einzelrechtsnachfolgerin der S. & Co (OHG) hinsichtlich eines Teilbetriebes dieser Gesellschaft sei und dieser Einzelrechtsnachfolgevorgang zu einem Zeitpunkt stattgefunden habe, als die verfahrensgegenständlichen Ablagerungen (was wohl unstrittig sei) abgeschlossen gewesen seien (nämlich Anfang des Jahres 1977, ein Zeitpunkt, nachdem keine Ablagerungen mehr erfolgt seien). Dieser Vorgang habe nämlich erst im März 1978 stattgefunden, wenn auch mit steuerlicher Rückwirkung auf den 1. Juli 1977. Das sei aber nicht erheblich. Außerdem liege auch dieser Zeitpunkt nach Anfang 1977. Damit sei evident, dass das Ablagern von Abfall im Bereich der Altlast beendet gewesen sei, als die beschwerdeführende Partei einen Teilbetrieb der S. & Co übernommen habe. Das Ablagern sei daher jedenfalls nicht mehr diesem (übernommenen) Betrieb zugehörig.

Die belangte Behörde hätte darüber hinaus aus ihrem Akt und dem der erstinstanzlichen Behörde ohne besonderen Aufwand feststellen können, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Beschwerdeführerin selbst die Deponie in irgendeiner Form aufrechterhalten oder genutzt oder "betrieben" habe.

Zwar umfasse der Begriff des "Betreibens" einer Deponie ein breites Spektrum von Sachverhalten; selbst das (bloße) Belassen von Abfall in einer Deponie könne nach der Rechtsprechung Teil des Betreibens einer Deponie sein.

Die Tatsache allein, dass jemand einen Gewerbebetrieb übernehme, im Rahmen dessen von seinem Vorgänger bewilligungslos Abfall abgelagert worden sei, ohne dass er selbst irgendwelche Aktivitäten bezüglich solcher Ablagerungen gesetzt habe, rechtfertige es nach der Judikatur allerdings nicht, jemanden als "Betreiber" einer Deponie einzustufen, somit auch nicht, ihn als "Aufrechterhalter" oder "Nutzer" der Deponie zu sehen.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, dass von einer Aufrechterhaltung und Nutzung einer von jemand anderem vorgenommenen Neuerung selbst dann nicht auszugehen sei, wenn jemand auf seinem Grundstück von anderen Personen vorgenommene eigenmächtige Neuerungen bestehen lasse.

Der Beschwerdeführerin könne also zur Begründung eines Auftrages im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 nicht vorgehalten werden, dass sie einen Teilbetrieb im Wege der Einzelrechtsnachfolge übernommen habe, im Rahmen dessen nur vor dieser Übernahme konsenslos Ablagerungen erfolgt seien und sie sich selbst der abgeschlossenen Deponie gegenüber passiv verhalten habe. Worin darüber hinaus eine "Nutzung" der Deponie oder deren "Aufrechterhaltung" durch die Beschwerdeführerin bestehen könne, sei nicht erfindlich. Dafür fehlten jegliche Anhaltspunkte.

Nach § 17 Abs. 1 ALSAG ist der Landeshauptmann zuständige Behörde zur Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung oder Sanierung von Altlasten nach den §§ 21a, 30 bis 35 und 138 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215, den §§ 79, 79a und 83 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194, und den §§ 73 und 74 AWG 2002. Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist in Verfahren nach der GewO 1994 der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und in Verfahren nach dem WRG 1959 und dem AWG 2002 der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Gemäß § 17 Abs. 2 ALSAG tritt die Zuständigkeitskonzentration beim Landeshauptmann mit der Ausweisung der Altlast in der Verordnung (Altlastenatlas) ein.

§ 66 Abs. 2 AVG lautet:

"(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat, darf die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder eine Vernehmung erforderlich ist. Für die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG genügt es nicht, wenn die von der Behörde "in rechtlicher Gebundenheit" vorgenommene Beurteilung, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung bzw. Vernehmung unvermeidlich ist, zutrifft; es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Ermessensentscheidung, die als notwendig erachteten Verfahrensschritte nicht selbst oder durch ersuchte Behörden durchzuführen, sondern die Sache zu diesem Zweck an die Erstbehörde zurückzuverweisen, - insbesondere unter Bedachtnahme des § 66 Abs. 3 AVG - nicht im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG rechtswidrig ist. Einem zurückweisenden Bescheid im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG muss entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2009, Zl. 2006/10/0220, m. w.N.).

Die beschwerdeführende Partei hat in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid das Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Auftrages nach § 17 ALSAG bestritten, aber auch behauptet, dass sie zu Unrecht zum Adressaten des Auftrages nach § 17 ALSAG gemacht worden sei, weil sie die Altlast nicht zu verantworten habe.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid beide Aspekte als klärungsbedürftig erachtet. Die belangte Behörde stand vor der Situation, dass zu klären war, ob die beschwerdeführende Partei zu Recht zum Adressaten des Auftrages nach § 17 ALSAG gemacht worden war. Dafür, dass diese Frage durch ein paar einfache Ermittlungsschritte der belangten Behörde zu klären gewesen wäre, wie die beschwerdeführende Partei offenbar meint, gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Wie die belangte Behörde dargelegt hat, hat die beschwerdeführende Partei erstmals in ihrer Berufung bestritten, dass sie als Adressat des Auftrages nach § 17 ALSAG in Betracht komme; sie hat dazu auch ein Sachverhaltsvorbringen erstattet, das ihren Standpunkt stützen sollte. In diesem Punkt ging es daher nicht um eine bloße Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, sondern um dessen erstmalige Durchführung, was es nahe legt, die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG als gegeben anzusehen.

Hätte die belangte Behörde - wie von der beschwerdeführenden Partei gefordert - selbst das Ermittlungsverfahren zu dieser Frage durchgeführt, dann hätte das Ergebnis dieses Verfahrens zwar sein können, dass die beschwerdeführende Partei zu Unrecht zur Adressatin des Auftrages nach § 17 ALSAG herangezogen wurde. In diesem Fall wäre der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos zu beheben gewesen und für eine Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG wäre kein Raum mehr geblieben. Das Ermittlungsverfahren hätte aber auch ergeben können, dass die Erstbehörde die beschwerdeführende Partei zu Recht zum Adressaten des Auftrages nach § 17 ALSAG gemacht hat. In diesem Fall wäre die belangte Behörde vor der Situation gestanden, dass ein weiteres Ermittlungsverfahren hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit des erteilten Auftrages erforderlich gewesen wäre.

Die belangte Behörde legte ausführlich in der Begründung des angefochtenen Bescheides dar, dass das nach Variante V geforderte detaillierte Untersuchungsprogramm nur teilweise durchgeführt, aber nicht beendet wurde. Insbesondere wies die belangte Behörde darauf hin, dass u.a. eine Begutachtung der hydrogeologischen Situation sowie Feldversuche zur Hochdruckvermörtelung offen geblieben sind. Diese Ausführungen blieben seitens der beschwerdeführenden Partei unwidersprochen.

Ferner zeigte die belangte Behörde auf, dass von der Altlast weiterhin Auswirkungen auf das Grundwasser ausgehen und insbesondere unbekannt ist, in welchem Ausmaß und mit welcher Tendenz diese Auswirkungen stattfinden, welche Schutzgüter konkret betroffen sind und was dagegen unternommen werden soll. Ferner liegt nach Feststellung der belangten Behörde kein abschließendes Untersuchungsergebnis vor, das eine eindeutige Entscheidung über die zu treffenden Maßnahmen zulässt. Diesen Ausführungen ist die beschwerdeführende Partei nicht entgegengetreten.

Angesichts dieser Fallkonstellation hat die belangte Behörde zu Recht von der Möglichkeit des § 66 Abs. 2 AVG Gebrauch gemacht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. Dezember 2010

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