VwGH 2008/07/0078

VwGH2008/07/007826.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Ö. GmbH in K., vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. Februar 2008, Zl. FA13A-38.40-97/2008-3, betreffend Auftrag gemäß § 73 AWG 2002, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 2. Februar 2007 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, (in der Folge: AWG 2002) aufgetragen:

1. Die am Grundstück Nr. 904/1, KG. G, gelagerten Baurestmassen im Ausmaß von ca. 2.100 t aus dem Abbruch an einem näher genannten Standort unverzüglich zu entfernen und nachweislich auf einer Reststoff- oder einer Massenabfalldeponie zu entsorgen.

2. Den am Betriebsgrundstück, Gst. Nr. 905/1, KG. G., gelagerten nicht betriebsbereiten Radlader der Marke M., Typ "H."

(Motor Nr.: …, Fahrgestell Nr. …) und das durch die Lagerung des Radladers verunreinigte Erdreich (Boden) unverzüglich zu entfernen und nachweislich ordnungsgemäß zu entsorgen.

3. Die gelagerten Welleternitplatten unter Einhaltung folgender Vorkehrungen unverzüglich zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 1 bis 3 AWG 2002 in der Stammfassung BGBl. I. Nr. 102/2002 lautet:

"(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

  1. 1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
  2. 2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

    Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden."

    § 15 Abs. 3AWG 2002 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 155/2004 lautet:

"(3) Abfälle dürfen außerhalb von

  1. 1. hiefür genehmigten Anlagen oder
  2. 2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

    nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen."

    § 73 Abs. 1 AWG 2002 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 43/2007 lautet:

"(1) Wenn

1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen."

Die Beschwerdeführerin wendet in ihrer Beschwerde zunächst ein, dass eine Entscheidung der belangten Behörde im Sinne des AWG 2002 nur dann möglich wäre, wenn eine Ablagerung im Sinne einer Deponierung stattfinden würde, was aber im konkreten Fall nicht vorliege.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerdeführerin übersieht insbesondere, dass die Anwendung des § 73 AWG 2002 nicht davon abhängt, dass eine Ablagerung im Sinne einer Deponierung vorliegt. Für die Anwendbarkeit des § 73 leg. cit ist vielmehr maßgebend, ob es sich bei den Materialien, auf welcher sich der konkrete Behandlungsauftrag bezieht, um Abfälle im Sinne des AWG 2002 handelt.

Die Abfalleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Materialien (Radlader, Baurestmassen, Welleternitplatten) wurde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durch die Einholung mehrerer Sachverständigengutachten nachgewiesen. Aus den Verwaltungsakten ist darüber hinaus ersichtlich, dass diese Sachverständigengutachten der Beschwerdeführerin auch mit der Aufforderung zur Kenntnis gebracht wurden, zu diesen binnen einer Frist von 14 Tagen Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hat weder auf diese Aufforderung reagiert, noch hat sie im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bestritten, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Materialien um Abfälle handelt.

Ebenso wenig hat die Beschwerdeführerin zu irgendeinem Zeitpunkt bestritten, dass sie die verfahrensgegenständlichen Lagerungen dieser Abfälle vorgenommen hat und sie daher als Verpflichtete im Sinne des § 73 AWG 2002 zu qualifizieren sei.

§ 73 AWG 2002 normiert, dass im Fall einer Lagerung von Abfällen entgegen den Bestimmungen des AWG 2002 oder einer auf diesem Bundesgesetz beruhenden Verordnung ein abfallpolizeilicher Behandlungsauftrag zu erteilen ist. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung, sowohl zum AWG 1990, als auch zum AWG 2002 ist unter Lagerung etwas vorübergehendes, unter Ablagerung hingegen etwas Langfristiges zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2009, Zl. 2009/07/0154, m.w.N.).

Anders als die Beschwerdeführerin somit offenbar meint, bietet § 73 AWG 2002 für die Berücksichtigung einer "zeitlichen Komponente" dahingehend, dass das Vorliegen einer "Ablagerung" für seine Anwendbarkeit notwendig wäre, somit keinen Raum.

Weiters wendet die Beschwerdeführerin ein, dass sie für die gegenständlichen Liegenschaften um die gewerberechtliche Genehmigung für die Zwischenlagerung von Ziegel- und Betonaufbruch angesucht habe. Dieses Ansuchen habe der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom 18. August 2004 genehmigt. Der UVS für die Steiermark habe jedoch mit seinem Bescheid vom 14. Juni 2005 einer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz (von einer Nachbarin) erhobenen Berufung Folge gegeben, den erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben und den Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wiederum habe die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und es sei zu erwarten, dass der Bescheid des UVS für die Steiermark aufgehoben werde. In weiterer Folge könnte die Beschwerdeführerin auf den angeführten Grundstücken ein Zwischenlager für Ziegel- bzw. Betonaufbruch errichten und eine Prallmühle betreiben. Der Auftrag zur Entfernung der Baurestmassen, des Radladers und der Welleternitplatten würde sich erübrigen und wäre hinfällig und rechtswidrig.

Mit diesem Vorbringen ist für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen.

Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 ist eine Sammlung, Behandlung oder Lagerung von Abfällen nur in hierfür genehmigten Anlagen oder an für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen, geeigneten Orten zulässig.

Mit hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2005/04/0182, sohin nach Erlassung des hier zu beurteilenden angefochtenen Bescheides, wurde der Bescheid des UVS für die Steiermark vom 14. Juni 2005, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der (gewerberechtliche) Genehmigung zur Errichtung eines Zwischenlagers für Ziegel- und Betonaufbruch abgewiesen wurde, aufgehoben.

Im Zeitpunkt der Erlassung des im vorliegenden Beschwerdefall zu beurteilenden angefochtenen Bescheides vom 19. Februar 2008 lag jedenfalls keine Genehmigung vor, die die Beschwerdeführerin zur Lagerung von Abfällen nach § 15 Abs. 3 AWG 2002 berechtigte. Überdies zeigt die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen auch nicht hinreichend konkret auf, dass die hier zu beurteilenden Abfälle tatsächlich auf dem (ursprünglich) gewerberechtlich bewilligten "Zwischenlager" in der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Art und Weise rechtlich zulässig dort hätten gelagert werden dürfen, zumal auch der im Verfahren beigezogene umwelttechnische Sachverständige die Eignung einer gewerberechtlich bewilligten Deponie in Bezug auf die gegenständlichen Abfälle und den gegenständlichen Lagerort in Abrede stellte.

Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, dass mit einem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 22. Juli 1965 die gewerberechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Sand- und Schottergewinnungsanlage auf dem verfahrensgegenständlichen Areal erteilt worden sei. Dieser Bescheid sei aufrecht und gültig. Er umfasse auch die Erlaubnis zur Ablagerung von Baurestmassen, eines Radladers und von Welleternitplatten. Weiters sei eine Verwertung der Baurestmassen geplant. Auch aufgrund dieser Überlegung sei der Behandlungsauftrag gesetzwidrig.

Auch aus dieser Einwendung ergibt sich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 22. Juli 1965 wurde lediglich die gewerberechtliche Genehmigung zum Abbau von Sand und Schotter erteilt. Aus diesem Bescheid ergibt sich jedoch entgegen den Beschwerdeausführungen keine (anlagenrechtliche) Genehmigung zur Lagerung von Baurestmassen, Welleternitplatten oder nicht mehr in ordnungsgemäßer Verwendung stehender Fahrzeuge (Radlader).

Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 22. Juli 1965 führt folglich weder dazu, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Areal um eine für die Sammlung, Behandlung oder Lagerung von Abfällen genehmigte Anlage, noch um einen für die Sammlung oder Behandlung von Abfällen vorgesehenen geeigneten Ort handelt.

Letzteres lässt sich insbesondere auch aus Auflagenpunkt 3 des zitierten Bescheides ableiten, wonach das Abstellen von Fahrzeugen und die Lagerung von Öl innerhalb der Schottergrube untersagt wurde.

Schließlich wendet die Beschwerdeführerin ein, dass die verfahrensgegenständlichen Liegenschaften als Lager-I1-Gebiet, also für Betriebe und Anlagen gewidmet sei, wenn davon keine unzumutbaren Belästigungen oder gesundheitsgefährden Emissionen ausgingen. Es sei daher davon auszugehen, dass grundsätzlich Baurestmassen und Welleternit gelagert oder nicht betriebsbereite Radlader abgestellt werden könnten.

Zutreffenderweise legt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde dar, dass sich aus der Widmung allenfalls eine grundsätzliche Eignung des jeweiligen Areals für die in der Widmung vorgesehene Tätigkeit ableiten lässt.

Darüber hinaus sieht jedoch § 15 Abs. 3 AWG 2002 - wie bereits ausgeführt wurde - vor, dass eine Sammlung, Lagerung oder Behandlung von Abfällen nur in einer hierfür genehmigten Anlage oder an einem sonstigen für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort stattfinden darf.

Über eine aufrechte anlagenrechtliche Genehmigung zur Lagerung von Abfällen auf den Liegenschaften Nrn. 904/1 und 905/1, beide KG. G., verfügte die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - wie bereits dargelegt wurde - jedoch nicht.

Folglich ist auch diese Einwendung nicht geeignet, um eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Insofern die Beschwerdeführerin schließlich eine mangelhafte Führung des Verfahrens darin zu erkennen glaubt, dass die belangte Behörde zwei näher genannte Akten des Magistrates der Landeshauptstadt Graz nicht beigeschafft habe, so ist auch dies nicht wesentlich.

Eine gewerberechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Zwischenlagers für Ziegel und Betonaufbruch wurde der Beschwerdeführerin im Verfahren des von der Beschwerdeführerin zitierten Aktes aus dem Jahre 2004 nicht erteilt. Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 22. Juli 1965 umfasst nicht die Genehmigung zur Lagerung eines Radladers, von Baurestmassen und von Welleternitplatten auf den Liegenschaften Nrn. 904/1 und 905/1, beide KG. G. Auch die Beischaffung dieser Akten hätte folglich zu keinem für die Beschwerdeführerin günstigerem Verfahrensergebnis geführt.

Ferner hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid sowohl dargelegt, dass sich aus der bloßen Widmung einer Liegenschaft noch keine Berechtigung zur Lagerung der verfahrensgegenständlichen Abfälle ableiten lässt, als auch, dass sich aus dem Genehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 22. Juli 1965 keine Berichtigung zur Lagerung der verfahrensgegenständlichen Abfälle ergibt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47ff. VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 26. Juni 2012

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