VwGH 2008/06/0191

VwGH2008/06/019131.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des KH sen. und 2. der MH, beide in X, beide vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. August 2008, Zl. IIb1-2962/7- 2008, betreffend straßenbaurechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Land Tirol, Landesstraßenverwaltung, in 6010 Innsbruck, Herrengasse 1), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Die belangte Behörde hat der mitbeteiligten Partei mit dem angefochtenen Bescheid die straßenbaurechtliche Bewilligung für das Straßenbauvorhaben "B XY L-Straße - Straßen-km 37,540 bis km 37,880, Ausbau und Neubau B L-Brücke" erteilt. Den Einwendungen der Beschwerdeführer, deren Grundstück von dem bewilligten Straßenprojekt betroffen ist, wurde in Spruchpunkt III. keine Folge gegeben. Die Beschwerdeführer machten insbesondere geltend, dass an Stelle der projektsgemäß vorgesehenen Absturzsicherung in Form von Leitschienen eine Betonleitwand mit aufgesetzten Lärmschutzelementen mit einer Gesamthöhe von 1,50 m gemessen zur Fahrbahnoberkante errichtet werden solle. Zur Einhaltung der Sichtweiten könne dieser Lärmschutz entsprechend auf ihr Grundstück Nr. 3602 verschoben werden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass mittlerweile zwischen den Beschwerdeführern und der Mitbeteiligten ein Grundabtretungsübereinkommen abgeschlossen worden sei, das in der Beilage übermittelt wurde. Daraus ergebe sich, dass die Beschwerdeführer dem geplanten Straßenbauvorhaben und der damit verbundenen Grundinanspruchnahme nunmehr zustimmten.

Die Beschwerdeführer äußerten sich zur Frage der dadurch eingetretenen Gegenstandslosigkeit mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2009 dahin, dass sie sich durch dieses Übereinkommen, das sie von der Errichtung einer Lärmschutzwand abhängig gemacht hätten, als klaglos gestellt erachten. Sie begehrten aber Kostenersatz im Hinblick darauf, dass ihrem Standpunkt entsprochen worden sei.

Gegenstandslosigkeit wird gemäß der hg. Judikatur angenommen, wenn durch die Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (insbesondere Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) gewähren einer Partei nicht den Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit an sich, sondern nur auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei (sozusagen fortwirkend) eingreifen (siehe den hg. Beschluss vom 31. Jänner 2008, Zl. 2006/06/0067, und die dort angeführte hg. Vorjudikatur).

Indem die Beschwerdeführer nunmehr mit der mitbeteiligten Partei eine Vereinbarung über die Grundabtretung, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Straßenprojektes erforderlich ist, abgeschlossen haben, können sie durch den verfahrensgegenständlichen Straßenbaubewilligungsbescheid nicht mehr als fortwirkend in ihren Rechten verletzt angesehen werden.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides

eingetreten ist (vgl. den angeführten Beschluss vom 31. Jänner 2008).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 31. Jänner 2008 darlegte, auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben. Die Beschwerdeführer stellen die in Frage stehende Grundfläche nunmehr auf Grund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung für das Projekt der mitbeteiligten Partei zur Verfügung.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach § 58 Abs. 2 VwGG daher in solchen Fällen grundsätzlich Kosten zuzusprechen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre, also bei offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wäre dem Beschwerdeführer ein Aufwandersatz zuzusprechen, wenn die Beschwerde offenkundig unbegründet ist, hingegen der belangten Behörde. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs. 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, Zl. 2005/05/0098).

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu. Nach freier Überzeugung kommt der Verwaltungsgerichtshof damit gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu dem Ausspruch, dass ein Zuspruch von Aufwandersatz nicht stattfindet.

Wien, am 31. März 2009

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