Normen
EMRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1a;
StGB §83 Abs1;
TilgG 1972 §6;
EMRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1a;
StGB §83 Abs1;
TilgG 1972 §6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610, 60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß den §§ 10, 11, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (im Folgenden: StbG), ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Mazedonien, halte sich seit dem 20. September 1989 rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich auf. Sie habe einen Teil ihrer Schulausbildung in Österreich absolviert und sei seit 11. Dezember 2007 bei einem näher bezeichneten Arbeitgeber beschäftigt. Sodann führte die belangte Behörde an, die Beschwerdeführerin sei mit näher bezeichnetem Urteil vom 23. August 2002 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 60 Tagessätzen a EUR 50,-- verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass die Beschwerdeführerin am 29. Juni 2001 einer anderen Person durch Versetzen von Fußtritten mit den Schuhen gegen die Hand eine Endgliedfraktur des linken Daumens beigebracht und diese dadurch verletzt habe.
Weiters sei die Beschwerdeführerin mit näher bezeichnetem Urteil vom 7. April 2003 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen a EUR 20,-- verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass die Beschwerdeführerin am 26. Dezember 2002 im Zuge einer Auseinandersetzung eine andere Person vorsätzlich am Körper verletzt habe, indem sie einen Aschenbecher gegen das Gesicht dieser Person geworfen habe, wobei diese eine Rissquetschwunde an der Oberlippe und eine Kieferprellung erlitten habe.
Mit näher bezeichnetem Urteil vom 13. September 2004 sei die Beschwerdeführerin wiederum wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen a EUR 2,-- verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass die Beschwerdeführerin am 22. Februar 2004 eine andere Person an den Haaren gerissen habe, wodurch diese Schmerzen im Kopfbereich erlitten habe und dadurch leicht verletzt worden sei.
Bei der Beschwerdeführerin sei die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht gegeben, weshalb - trotz des langen Aufenthalts und der beruflichen und persönlichen Integration der Beschwerdeführerin - kein Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 12 Abs. 1 lit. b StbG bestehe. Dass die Verurteilungen der Beschwerdeführerin nicht mehr im Strafregister aufschienen, sei für die Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht erheblich. Die Beschwerdeführerin habe im Zeitraum Juni 2001 bis Februar 2004 drei voneinander unabhängige, auf derselben schädlichen Neigung beruhende Körperverletzungsdelikte gesetzt, bei denen sie gegen das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit anderer Personen verstoßen habe. Sie habe bereits bei der ersten Tat erhebliche Gewaltbereitschaft gezeigt, indem sie auf die Hand einer durch einen Dritten am Boden fixierten, wehrlosen Person eingetreten habe. Beim zweiten Vorfall habe sie ihrem Lebensgefährten einen Aschenbecher gegen das Gesicht geworfen, was von einer niedrigen Hemmschwelle gegen das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit zeuge. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2004 erneut eine andere Person im Zuge eines Raufhandels verletzt habe, runde das negative Persönlichkeitsbild ab. Obwohl die letzte Tathandlung bereits vier Jahre zurückliege, offenbare sich bei der Verleihungswerberin durch die wiederkehrenden Körperverletzungsdelikte ein bedeutendes Potenzial an krimineller Energie und komme ihre negative Einstellung gegenüber der Rechtsordnung deutlich zum Ausdruck. Auf Grund dieses negativen Charakterbildes könne die belangte Behörde zum jetzigen Zeitpunkt keine positive Zukunftsprognose erstellen. Dass die Beschwerdeführerin in psychotherapeutischer Behandlung sei vermöge daran nichts zu ändern. Ihr Verhalten lasse den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft wesentliche Vorschriften missachten werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt, noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung dieser Verleihungsvoraussetzung auf das Gesamtverhalten des Verleihungswerbers, insbesondere auch von ihm begangene Straftaten, Bedacht zu nehmen. Maßgebend ist, ob es sich dabei um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Verleihungswerber werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung - oder anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Rechtsgüter - erlassene Vorschriften missachten. In der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls negative - Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen zum Ausdruck (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2007/01/0546, mwN).
3. Im Beschwerdefall wird vorgebracht, es sei nicht auf das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin abgestellt worden. Da die strafrechtlichen Verurteilungen nicht mehr im Strafregister eingetragen seien, hätten sie bei der Beurteilung nicht herangezogen werden dürfen. Es handle sich bei zwei der Vorfälle um "Bagatelldelikte", die heute gar nicht mehr strafbar wären, sondern der Diversion unterliegen würden und als solche der Behörde gar nicht bekannt wären. Auch inhaltlich habe sich die belangte Behörde nicht ausreichend mit den strafgerichtlichen Verurteilungen auseinandergesetzt, über Tatzeitpunkt und Tathandlungen seien keinerlei Feststellungen getroffen worden. Einer der Verurteilungen sei eine Auseinandersetzung mit dem damaligen Lebensgefährten vorangegangen, weshalb die Begehung der Straftat im Familienkreis erfolgt sei. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sich mit ihrer falschen Verhaltensweise im Rahmen einer Psychotherapie auseinandergesetzt habe und noch immer auseinandersetze und als hochmotivierte Patientin bezeichnet werde, sei nicht berücksichtigt worden. Weiters habe die Beschwerdeführerin seit mehr als vier Jahren einen tadellosen Lebenswandel, habe den Freundeskreis gewechselt, sich von ihrem damaligen Lebensgefährten getrennt und gehe einer ordentlichen Arbeit nach. Aus dem Gesamtverhalten hätte daher eine günstige Zukunftsprognose abgeleitet werden müssen.
4. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
4.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, fallen Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG zu treffenden Prognose besonders ins Gewicht. Im Allgemeinen ist nach derartigen Straftaten ein ausreichend langer Zeitraum des Wohlverhaltens erforderlich, um eine positive Prognose gerechtfertigt erscheinen zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 2007, Zl. 2005/01/0526, mwN).
4.2. Bei dem Delikt der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein Delikt gegen die körperliche Unversehrtheit. Die belangte Behörde durfte die von der Beschwerdeführerin begangenen Delikte wegen der Missachtung von Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit anderer als schwerwiegende Rechtsverletzung werten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2005/01/0777). Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie fallbezogen von erheblicher Gewaltbereitschaft und einer niedrigen Hemmschwelle der Beschwerdeführerin ausging. Die Tathandlungen wie das Versetzen von Fußtritten gegen einen wehrlosen, von einer dritten Person am Boden fixierten Menschen sowie das Zielen mit einem Aschenbecher auf den Kopf einer anderen Person können keinesfalls - wie in der Beschwerde behauptet - als Bagatelldelikte bezeichnet werden.
4.3. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass diese Delikte heute der Diversion unterliegen würden, genügt es darauf hinzuweisen, dass bereits beim ersten Vorfall eine vom Gericht angestrebte Diversion an der mangelnden Bereitschaft der Beschwerdeführerin zur Schadensgutmachung gescheitert ist.
4.4. Insoweit die Beschwerdeführerin auf ihr längeres Wohlverhalten seit der letzten Tathandlung im Jahr 2004 verweist, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Zeitraum seit der letzten strafgerichtlichen Verurteilung der Beschwerdeführerin als (noch) zu kurz beurteilte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 2007, Zl. 2005/01/0526, mwN). In Anbetracht der dreimaligen Begehung von Körperverletzungsdelikten durfte die belangte Behörde - trotz Absolvierung einer Psychotherapie - zu dem Schluss kommen, dass vier Jahre zu kurz sind, um eine günstige Prognose abgeben zu können.
4.5. Die Beschwerderüge, die belangte Behörde habe keinerlei Feststellungen zu Tatzeitpunkt und Tathandlungen getroffen, trifft angesichts der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu. Dass eine Straftat im Familienkreis erfolgt sei, ändert nichts daran, dass die belangte Behörde diese Delikte wegen der Missachtung von Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit anderer als schwerwiegende Rechtsverletzung werten durfte.
4.6. Dass die strafgerichtlichen Verurteilungen im Strafregister nicht (mehr) aufscheinen, allenfalls einer beschränkten Auskunft (im Sinne von § 6 Tilgungsgesetz 1972) unterliegen und damit keine maßgeblichen Verurteilungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG sind (vgl. nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nunmehr § 10 Abs. 1a leg. cit.), ist bei Prüfung der Verleihungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht erheblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 2007, Zl. 2005/01/0526, mwN).
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 31. März 2010
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