VwGH 2007/21/0107

VwGH2007/21/010727.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des G, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. Jänner 2007, Zl. Fr- 1842/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §63;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §63;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der aus dem Kosovo stammende Beschwerdeführer reiste am 26. Oktober 2003 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen wurde. Eine dagegen erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 5. Jänner 2005 wieder zurück. Er hatte nämlich am 23. November 2004 die österreichische Staatsbürgerin Ü. geheiratet und stellte im Hinblick darauf am 4. Februar 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittstaatsangehöriger-Österreich, § 49 Abs. 1 FrG".

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. Jänner 2007 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Ausgehend von näher begründeten beweiswürdigenden Überlegungen (siehe dazu unten) gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin Ü. nur geschlossen habe, um sich im Verfahren für die Erteilung des Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen zu können, wobei die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht beabsichtigt und ein solches tatsächlich auch nie geführt worden sei. Es sei somit eindeutig vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe auszugehen. Dieses Verhalten rechtfertige die Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährde und einen "evidenten Rechtsmissbrauch" darstelle, weshalb - so lässt sich die Begründung der belangten Behörde zusammenfassen - die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 86 Abs. 1 FPG iVm § 60 Abs. 1 FPG zulässig sei.

Auch § 66 FPG stehe einem Aufenthaltsverbot nicht entgegen. Zwar sei der Beschwerdeführer während des seinerzeitigen Asylverfahrens vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt gewesen, doch habe diese Berechtigung auf einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag beruht. Außer seiner Ehegattin befänden sich keine Angehörigen in Österreich. Im Hinblick auf die beruflichen Bindungen des Beschwerdeführers gehe mit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ungeachtet dessen ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers einher, der jedoch insoweit als geschmälert anzusehen sei, weil diese Berufstätigkeit letztlich auf der missbräuchlich abgeschlossenen Ehe beruhe. In Anbetracht der durch das Eingehen der "Scheinehe" erheblich beeinträchtigten öffentlichen Interessen erweise sich jedenfalls das Aufenthaltsverbot - im Hinblick auf das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers auch in der festgesetzten Dauer von zehn Jahren - im Sinne des § 66 Abs. 1 FPG als dringend geboten und nach Abwägung der gegenläufigen Interessen nach § 66 Abs. 2 FPG als zulässig.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde zum Vorliegen einer so genannten Aufenthaltsehe fußen auf den Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers. Diese hatte bei ihrer ersten Einvernahme am 22. April 2005 zwar das Eingehen einer Aufenthaltsehe noch in Abrede gestellt, bei einer weiteren Einvernahme am 2. September 2005 jedoch die Schließung einer Aufenthaltsehe zugestanden und angegeben, sie sei vom Beschwerdeführer ein paar Monate vor der Eheschließung in Wien an ihrer damaligen Arbeitsstelle angesprochen worden, ob sie ihn heiraten würde, damit er in Österreich bleiben dürfe und ein "Visum" für Österreich bekommen könne; bei dieser Ehe handle es sich um eine "Scheinehe"; sie hätten nie Geschlechtsverkehr gehabt und auch nie ein gemeinsames Eheleben geführt; sie habe den Beschwerdeführer nur geheiratet, damit er einen Aufenthaltstitel für Österreich bekomme.

Die belangte Behörde, die zunächst auf - von der Beschwerde nicht bestrittene - Widersprüche der Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme zu den noch nicht den Abschluss einer Aufenthaltsehe einräumenden Angaben seiner Ehefrau vom 22. April 2005 hinwies, legte dar, dass sie der von ihr als nachvollziehbar erachteten letzten Darstellung der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 2. September 2005 folge. Dazu hielt sie überdies - einem von ihr wiedergegebenen Bericht der "Sondereinsatzgruppe Scheinehe/Baden" folgend, wonach die Ehefrau des Beschwerdeführers die Ehe auch geschlossen habe, um sozialversichert zu sein, weil sie als Prostituierte keinen Versicherungsschutz hätte - fest, die Erstangaben der Ehefrau seien durch den Umstand ihrer Mitversicherung beim berufstätigen Beschwerdeführer erklärbar.

Diese behördliche Beweiswürdigung über den Abschluss einer Aufenthaltsehe begegnet im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Anders als die Beschwerde meint, hat die belangte Behörde ausreichend begründet, warum sie der zuletzt am 2. September 2005 erstatteten Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers mehr Wahrheitsgehalt zubilligte als ihrer ersten und jener des Beschwerdeführers selbst. Es trifft aber auch zu, dass den vom Beschwerdeführer mit seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid vorgelegten Fotos, die ihn mit seiner Ehefrau zeigen, letztlich - so die belangte Behörde im Ergebnis - keine maßgebliche Aussagekraft beigemessen werden kann. Das gilt ebenso für die in der Beschwerde ergänzend ins Treffen geführten Umstände, dass die Staatsanwaltschaft von der Einbringung einer Nichtigkeitsklage abgesehen habe (nach der Aktenlage deshalb, weil seit Inkrafttreten des "Fremdenrechtspakets" die Nichtigerklärung einer Scheinehe für fremdenrechtliche Maßnahmen nicht mehr erforderlich sei, weshalb es an einem öffentlichen Interesse mangle), dass die Ehefrau des Beschwerdeführers letztlich nicht selbst die Scheidung angestrengt habe und dass eine Anzeige ihrer Person wegen falscher Zeugenaussage unterblieben sei. Wenn der Beschwerdeführer schließlich im gegebenen Zusammenhang als Verfahrensmangel geltend macht, dass keine Nachschau an der "gemeinsamen Adresse" stattgefunden habe und dass keine weiteren Zeugen einvernommen worden seien, so tut er einerseits nicht dar, welches Ergebnis eine derartige Nachschau erbracht hätte und unterlässt andererseits eine Präzisierung dahingehend, welcher Zeuge zu welchem konkreten Beweisthema hätte ergänzend einvernommen werden müssen.

Nach dem Gesagten vermag der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, es sei vorliegend der Aufenthaltsverbotstatbestand des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG erfüllt, nicht zu entkräften. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass in einem solchen Fall die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach der auch im vorliegenden Fall heranzuziehenden Bestimmung des § 86 Abs. 1 FPG gegeben sind (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0485, mwH).

Auch die behördliche Beurteilung nach § 66 FPG erweist sich als frei von Rechtsirrtum. Angesichts des Schließens einer Aufenthaltsehe ist das öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes derart gewichtig, dass die aus dem bisherigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Berufstätigkeit abzuleitenden gegenläufigen Interessen - auf deren Relativierung die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - zurückzutreten haben. Ob der seinerzeitige Asylantrag des Beschwerdeführers, wie von der belangten Behörde angenommen und vom Beschwerdeführer in Abrede gestellt, "offensichtlich unbegründet" war, ist im gegebenen Kontext ohne Bedeutung.

Auch die Ermessensübung ist nicht gesetzwidrig erfolgt, zumal keine besonderen Umstände ersichtlich sind, die eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verlangt hätten. Dass die aus der Berufstätigkeit ableitbare Integration des Beschwerdeführers, die in diesem Zusammenhang ins Treffen geführt wird, als geschmälert anzusehen ist, hat die belangte Behörde zutreffend ausgeführt.

Schließlich ist auch die Dauer des Aufenthaltsverbotes vor dem Hintergrund des § 63 FPG nicht zu beanstanden. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang das "Gesamtfehlverhalten" des Beschwerdeführers angesprochen hat, so hat sie sich erkennbar auf sein rechtsmissbräuchliches Vorgehen im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG bezogen. Die Begehung von Straftaten wurde dem Beschwerdeführer dagegen nie vorgeworfen, fehlende Feststellungen zu diesem Thema vermögen daher, anders als in der Beschwerde vorgetragen, keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides zu begründen.

Die Beschwerde war daher zusammenfassend gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 27. Mai 2009

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