VwGH 2007/19/0056

VwGH2007/19/00567.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des M, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den am 27. Dezember 2006 verkündeten und am 29. Dezember 2006 ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 226.253/13-I/02/06, betreffend § 7 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 3. Oktober 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag Asyl. Zu seinen Fluchtgründen brachte er im Wesentlichen vor, er sei - wie viele seiner Familienmitglieder - Mitglied der (kommunistischen) Hezb-e Watan (Watan-Partei) und habe für diese auch während der Taliban-Herrschaft im Untergrund Propagandatätigkeit und Botendienste erledigt. Im Sommer 2001 sei er - wegen dieser Aktivitäten - von Bewaffneten gesucht worden und deshalb aus dem Herkunftsstaat geflohen.

Mit Bescheid vom 24. Jänner 2002 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan erklärte es jedoch gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig.

Gegen den abweisenden Teil des erstinstanzlichen Bescheides erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde, die im Anschluss an eine Berufungsverhandlung am 23. Oktober 2006, in welcher der Beschwerdeführer neuerlich einvernommen worden war, den beigezogenen Sachverständigen mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens "zu den Angaben" des Beschwerdeführers beauftragte.

In seinem Gutachten vom 5. Dezember 2006 führte der Sachverständige zunächst u.a. aus, dass die Watan-Partei die umbenannte ehemalige Volksdemokratische Partei Afghanistans (VDPA) sei, die nach der Machtübernahme der Mujaheddin im April 1992 verboten worden sei. Die Gründung von kommunistischen Parteien und die Propagierung von kommunistischen Ideen in Afghanistan sei (seither) verboten. Ehemalige Kommunisten würden in Afghanistan aber derzeit nicht verfolgt, es sei denn, sie wollten eine Partei mit einem kommunistischen Programm wiederbeleben. "Daher" - so der Gutachter weiter - seien die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner angeblichen Tätigkeit für die Watan-Partei und seine Mitgliedschaft in dieser Partei nach 1992 nicht "authentisch". Er könne in afghanischen Städten kein Propagandamaterial verteilt haben, weil die VDPA damals in Afghanistan nicht existiert habe. Auch drohe ihm - wegen der Tätigkeit von Angehörigen für das ehemalige kommunistische Regime in Afghanistan - nach Einschätzung des Sachverständigen aus näher dargestellten Überlegungen keine Verfolgung mehr.

In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung vom 27. Dezember 2006 nahm der Beschwerdeführer zum Sachverständigengutachten u.a. dahingehend Stellung, dass die Watan-Partei nach ihrem Verbot im Geheimen weitergearbeitet habe. Im Übrigen verwies er insbesondere auf eine von ihm vorgelegte schriftliche Bestätigung, wonach er Mitglied der Watan-Partei sei, gegen die Mujaheddin und die Taliban Widerstand geleistet habe und sein Leben bei Rückkehr nach Afghanistan deshalb weiterhin in Gefahr sei. Der Sachverständige meinte dazu, die vorgelegte Urkunde bestätige nur, dass der Beschwerdeführer "gegen die Fundamentalisten und Mitglied der Watan-Partei" sei, nicht aber, dass er "in Afghanistan für die Watan-Partei gegen die Taliban gearbeitet habe".

Im Anschluss daran wurde der angefochtene Bescheid verkündet. In der schriftlichen Bescheidausfertigung führte die belangte Behörde zunächst wörtlich aus:

"Folgender Sachverhalt wird festgestellt:

Für den als maßgeblich festgestellten Sachverhalt wird der Inhalt folgender den Parteien dieses Verfahrens zugänglichen und auch im Rahmen der öffentlichen Verhandlung der erkennenden Behörde erörterten Aktenteile zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erklärt, nämlich

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