VwGH 2007/18/0627

VwGH2007/18/062725.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des M in S, geboren am 1. November 1971, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 2. August 2007, Zl. Fr-49/5/07, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 2. August 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 86 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 26. Jänner 2007 habe der Beschwerdeführer (u.a.) vorgebracht, dass er im Juli 2003 nach Österreich gekommen wäre und eine Beschäftigung als Arbeiter in der Baubranche gefunden hätte. Während seines Aufenthaltes in Österreich hätte er E. kennen und lieben gelernt und diese sodann im Dezember 2003 geheiratet. Im Sommer 2005 hätte er eine Beschäftigung bei einem näher genannten Unternehmen aufgenommen. Zuerst wäre er zwischen seinem Wohnort B. und diversen Baustellen gependelt. Dies hätte jedoch keine dauerhafte Lösung dargestellt, und er wäre gezwungen gewesen, sich in Salzburg eine Wohnung zu suchen. Nach zeitlicher Möglichkeit verbrächte er die Wochenenden bei seiner Ehefrau in B., oder er würde von dieser in Salzburg besucht. Das Ende ihrer Beziehung würde nicht einhergehen mit der Begründung eines weiteren Wohnsitzes, und es hätte sich von Anfang an um eine Liebesbeziehung gehandelt. Unbestritten wäre jedoch die rechtskräftige Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe. Er hätte das Haftübel verspürt und wäre so von der Begehung strafbarer Handlungen abgeschreckt worden. Auf Grund der nicht freiwilligen Ausreise aus Deutschland wäre von diesem Staat über ihn ein Einreiseverbot verhängt worden. Seit der Eheschließung im Jahr 2003 hätte er zur ("nichtgemeinsamen") Tochter von E. eine vaterähnliche Beziehung aufgebaut, und es wäre seine Anwesenheit in dieser Entwicklungsphase des Kindes unabdingbar.

Begründend führte die belangte Behörde nach Hinweis auf die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen weiter aus, dass über den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Februar 2006 wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs. 2 StGB eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten verhängt worden sei. Diesem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass er am 17. Oktober 2005 in Salzburg 200 gefälschte EUR 500,-- Banknoten mit einem an der Fälschung Beteiligten und als Mittelsmann Fungierenden mit dem Vorsatz übernommen habe, sie als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen. Auf Grund dieser Verurteilung sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde aus sicherheits- und fremdenpolizeilicher Sicht auf Grund der Schwere der von ihm begangenen Straftat gemäß § 60 Abs. 1 FPG die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Die Menge an verfälschten EUR 500,-- Banknoten lasse deutlich erkennen, dass der Beschwerdeführer durch diese Fälschungen vorwiegend seinen Lebensunterhalt habe finanzieren wollen.

Auf Grund der Schwere der von ihm begangenen Straftat im Zusammenhang mit dem Eingriff in die Bestimmungen des österreichischen Geldwesens sei die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht abwendbar. Das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes sei sehr hoch, weil nur damit gesichert sei, dass von ihm zukünftig keine derartigen Rechtsbrüche mehr im Bundesgebiet begangen würden. Diese aufenthaltsbeendende Maßnahme sei gemäß § 66 FPG und Art. 8 Abs. 2 EMRK jedenfalls zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, öffentlichen Ruhe und Ordnung dringend erforderlich und zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, vorwiegend der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit und des Schutzes vor Geldfälschungen, unabdingbar. Es werde gemäß § 66 Abs. 2 FPG festgestellt, dass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation.

Der Beschwerdeführer sei im Juli 2003 in Österreich eingereist, wo er im Dezember 2003 die österreichische Staatsbürgerin E. geheiratet habe. Auf Grund dieser Ehe sei er als integriert anzusehen. Nach der Aktenlage liege jedoch ein aufrechtes Familienleben mit E. seit mehreren Monaten nicht mehr vor, weshalb seine Integration in Österreich sehr stark relativiert sei. Diese Feststellung beruhe auf der letzten Vernehmung der Ehegattin des Beschwerdeführers vom 9. Dezember 2006 durch die Polizeiinspektion B., wo sie (die Ehegattin) zum Ausdruck gebracht habe, dass der Beschwerdeführer seit ca. einem halben Jahr nicht mehr bei ihr in der Wohnung in B. gewesen wäre. Schon bei ihrer Vernehmung vor der Bezirkshauptmannschaft B. am 17. Februar 2006 habe die Ehegattin des Beschwerdeführers zu verstehen gegeben, dass sie zu diesem seit über einem Jahr keinen Kontakt mehr gehabt hätte. Daraus lasse sich nur der Schluss ziehen, dass der Beschwerdeführer mit E. keine Familiengemeinschaft im Sinne der EMRK führe.

Seine Ehegattin habe in die Ehe ein Kind aus einer früheren Beziehung mitgebracht. Der Beschwerdeführer sei auch nicht der Vater ihres zweiten Kindes. Dadurch relativierten sich die negativen Auswirkungen auf diese Familie im Fall seiner Abschiebung.

Das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere die ihm vorgeworfene Straftat, sei jedenfalls als tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit zu werten. Die Erlassung eines auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes sei auch unter Berücksichtigung der §§ 86 und 87 FPG dringend erforderlich, und es sei die Annahme gerechtfertigt, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv gefährde.

Schon während seines etwa zehnjährigen Aufenthaltes in Deutschland sei der Beschwerdeführer mehrmals u.a. wegen Verletzung fremdenpolizeilicher Vorschriften rechtskräftig bestraft worden, und es sei gegen ihn von der Landeshauptstadt München auch ein unbefristetes Wiedereinreiseverbot erlassen worden. Trotz Bestehens dieses rechtskräftigen Wiedereinreiseverbotes sei er am 3. Dezember 2003 in München nach illegaler Einreise festgenommen und nach Österreich rücküberstellt worden. Dies zeige deutlich, dass er sich über aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bewusst hinwegsetze.

Die Unzulässigkeitsbestimmungen im Sinne des § 61 FPG fänden keine Anwendung, weil sich der Beschwerdeführer erst seit Juli 2003 in Österreich befinde, sodass von einer Aufenthaltsverfestigung in keinem Fall gesprochen werden könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die von der Beschwerde nicht bekämpfte Ansicht der belangten Behörde, dass auf Grund der unstrittig feststehenden rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten der - bei der Beurteilung nach § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG einen "Orientierungsmaßstab" darstellende (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2007/18/0470, mwN) - Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, begegnet keinen Bedenken.

Nach den weiteren, insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde hat der seit Juli 2003 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer am 17. Oktober 2005 in Salzburg 200 gefälschte EUR 500,-- Banknoten, somit gefälschte Banknoten über einen Gesamtbetrag von EUR 100.000,--, mit dem Vorsatz übernommen, sie als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen. In Anbetracht dieses Fehlverhaltens und des großen öffentlichen Interesses an der Sicherheit von Geld und Wertzeichen begegnet auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 86 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand. Wenn der Beschwerdeführer dagegen ins Treffen führt, dass ihm das Strafgericht im Hinblick darauf, dass er die Tat unter Einwirkung eines Dritten begangen, ein Geständnis abgelegt und den Schaden teilweise gutgemacht habe, Milderungsgründe zugute gehalten habe, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass die Fremdenpolizeibehörden die Gefährdungsprognose eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes, unabhängig von den strafgerichtlichen Erwägungen zur Strafbemessung, wie zu den Milderungsgründen, zu treffen haben (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0642, mwN). Auch mit der Beschwerdebehauptung, dass der Beschwerdeführer das Übel der Strafe bereits verspürt habe und fest entschlossen sei, ein unbescholtenes Leben weiterzuführen, ist für den Beschwerdestandpunkt nichts gewonnen, weil diese bloße Absichtserklärung keine Gewähr dafür bietet, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich fortan wohlverhalten werde. Ferner war bei Erlassung des angefochtenen Bescheides der seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr ausgehen zu können.

Der weitere Beschwerdehinweis auf die Richtlinie 64/221/EWG ist bereits deshalb nicht zielführend, weil diese Richtlinie bei Erlassung des angefochtenen Bescheide nicht mehr in Geltung war.

2. Weiters bekämpft die Beschwerde die von der belangten Behörde gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG vorgenommene Interessenabwägung.

Die belangte Behörde hat dabei zu Gunsten des Beschwerdeführers den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Juli 2003 und den Umstand, dass er seit Dezember 2003 mit der österreichischen Staatsbürgerin E. verheiratet ist, berücksichtigt. Die Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner Ehegattin sind jedoch nach Ansicht der belangten Behörde dadurch entscheidend gemindert, dass der Beschwerdeführer zu seiner in B. wohnhaften Ehegattin seit dem Jahr 2005 keinen Kontakt (im Sinn des Bestandes einer Familiengemeinschaft) mehr hatte, wobei sich die belangte Behörde auf die Aussagen der Ehegattin des Beschwerdeführers vom 17. Februar 2006 und vom 9. Dezember 2006 stützte. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass diese Angaben von der Ehegattin des Beschwerdeführers getätigt wurden. Sie bekämpft die genannten Feststellungen der belangten Behörde allerdings mit dem Vorbringen, dass die belangte Behörde "bei vollständigem Ermittlungsverfahren" hätte feststellen müssen, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin zwar in der Zeit von Juli bis Dezember ein vorübergehendes eheliches Zerwürfnis aufgetreten, zwischenzeitlich jedoch die Krise überwunden worden sei und ein aufrechtes Familienleben geführt werde. Damit zeigt die Beschwerde jedoch nicht auf, dass die von der belangten Behörde getroffene Beweiswürdigung unschlüssig wäre. Auch behauptet die Beschwerde nicht, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers diese Angaben nach ihren Aussagen vom 17. Februar 2006 und 9. Dezember 2006 widerrufen habe. Die genannte Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrollbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinem Einwand. Daran kann auch die von der Beschwerde ins Treffen geführte und als Beilage vorgelegte eidesstättige Erklärung vom 22. August 2007 nichts ändern, weil dieses Beweismittel im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt worden und erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides entstanden ist.

Im Übrigen wird in der Beschwerde nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer nicht der Vater der beiden Kinder seiner Ehegattin ist.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die aus seinem strafbaren Verhalten resultierende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Geldfälschungskriminalität gegenüber. Wägt man nun diese gegenläufigen Interessen gegeneinander ab, so ist die Ansicht der belangten Behörde, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das genannte öffentliche Interesse jedenfalls nicht überwögen und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG zulässig sei, nicht zu beanstanden. Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig sei, missversteht sie den angefochtenen Bescheid, wurde doch gegen den Beschwerdeführer lediglich ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2010

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