VwGH 2007/18/0247

VwGH2007/18/024718.5.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des E I, (geboren 1975), vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. März 2007, Zl. SD 1343/06, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 2. März 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 und § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Rückkehrverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei nach seinen eigenen Angaben am 30. April 2002 illegal nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag eingebracht. Dieser sei im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat am 21. November 2006 rechtskräftig abgewiesen worden. Einer gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof am 4. Jänner 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Der Beschwerdeführer habe während seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügt.

Am 3. März 2006 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 15, 146, 147 Abs. 2, 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, davon zehn Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt worden, weil er gewerbsmäßig mit Mittätern im November 2005 eine andere Person unter der Vorgabe, "Schwarzgeld" aus Afrika in eingefärbtem Zustand durch die sogenannte "Wash-Wash-Methode" durch Entfärbung verwendungsfähig zu machen, zur Ausfolgung eines Betrags von EUR 45.000,-- zu verleiten versucht habe, um diese am Vermögen zu schädigen.

Es könne sohin kein Zweifel bestehen, dass der im § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG normierte Tatbestand verwirklicht sei. Das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit - hier: das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität - in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Rückkehrverbots vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 FPG (auch) im Grund des § 62 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen in Österreich. Auf Grund seines knapp fünfjährigen inländischen Aufenthalts sei von einem mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei die Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens - dringend geboten und sohin im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er nicht gewillt sei, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten. Von daher gesehen könne eine Verhaltensprognose keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers gestellt werden. Dies umso weniger, als er seine Straftat gewerbsmäßig begangen habe.

Hinsichtlich der nach § 66 Abs. 2 leg. cit. erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass einer allfälligen aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde. Bei Abwägung der Interessenlagen sei die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen, dass die Auswirkungen des Rückkehrverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Angesichts des dargestellten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers und im Hinblick auf die Art und Schwere der ihm zur Last liegenden Straftaten habe von der Erlassung des Rückkehrverbots auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

Was die Gültigkeitsdauer des Rückkehrverbots betreffe, so erscheine nach Auffassung der belangten Behörde die Befristung für die Dauer von zehn Jahren als ausreichend. Wer, wie der Beschwerdeführer, schon bald nach seiner Einreise ein Vermögensdelikt begehe, lasse erkennen, dass er maßgebliche zum Rechtsgüterschutz aufgestellte Vorschriften offenbar negiere. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne vor Ablauf des festgesetzten Zeitraums nicht davon ausgegangen werden, dass der für die Erlassung des Rückkehrverbots maßgebliche Grund, nämlich die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellt die im angefochtenen Bescheid genannte rechtskräftige Verurteilung nicht in Abrede. Auf Grund dieser Verurteilung ist im Beschwerdefall der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 (2. Fall) FPG erfüllt.

1.2. Wenn der Beschwerdeführer meint, dass der angefochtene Bescheid ausschließlich mit der besagten Verurteilung seitens des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. März 2006 begründet worden sei, ist er darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung nach § 62 Abs. 1 FPG nicht auf die Tatsache der Verurteilung, sondern auf das dieser Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers stützte. Die maßgeblichen Feststellungen zu diesem Fehlverhalten lässt der Beschwerdeführer unbestritten. Ihm liegt damit die besagte qualifiziert begangene Straftat gegen fremdes Vermögen - nämlich versuchter schwerer gewerbsmäßiger Betrug - zur Last. Durch dieses Fehlverhalten hat er gravierend gegen das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität verstoßen. Schon angesichts der besagten Gewerbsmäßigkeit seines Fehlverhaltens erweist sich das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe bloß eine einmalige Straftat gesetzt, als nicht zielführend. Wegen der gewerbsmäßigen Tatbegehung war bei Erlassung des angefochtenen Bescheids auch der seit dem gesetzten Fehlverhalten verstrichene Zeitraum zu kurz, um einen Wegfall oder eine wesentliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Im Hinblick auf diesen kurzen Zeitraum geht weiters das Vorbringen des Beschwerdeführers fehl, ihm sei auf Grund des Haftübels das Unrecht seiner Tat entsprechend vor Augen geführt worden, er habe nach der Verbüßung der Haft keine weiteren Straftaten gesetzt und die Bestrafung und der Vollzug der Strafe hätten einen entsprechenden resozialisierenden Effekt gezeigt. Mit seinem Hinweis, bei seiner Straftat sei es beim Versuch geblieben, macht der Beschwerdeführer keinen Umstand geltend, der einen Wegfall oder eine wesentliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr bedeuten würde. Schließlich ist für den Beschwerdeführer mit seinem Verweis auf die bedingte Strafnachsicht nichts gewonnen, hatte die belangte Behörde doch sein Fehlverhalten eigenständig aus dem Blickwinkel des FPG und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen zur Gewährung bedingter Strafnachsicht zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0284, mwH).

2.1. Im Grund des § 66 FPG bringt der Beschwerdeführer (erkennbar) vor, dass durch das Rückkehrverbot in wesentlicher Form in sein Privatleben eingegriffen werde, weil er sich inzwischen fünf Jahre in Österreich befinde. Vor diesem Hintergrund sei die Erlassung des Rückkehrverbots gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht notwendig.

2.2. Bei ihrer Prüfung nach § 66 FPG nahm die belangte Behörde zutreffend einen mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich an. Angesichts des besagten gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers hat sie aber ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass das gegen ihn erlassene Rückkehrverbot gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, ist dieses doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung von (weiteren) strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer und zum Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Vor diesem Hintergrund kann auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 66 Abs. 2 FPG getroffenen Beurteilung, dass die Auswirkungen dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung, nicht als rechtswidrig angesehen werden. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass er über keine familiären Bindungen in Österreich verfüge, stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede. Weiters werden in der Beschwerde keine konkreten Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich besonders ausgeprägt wären. Vielmehr wird eine aus seinem inländischen Aufenthalt ableitbare Integration in ihrem Gewicht dadurch relativiert, dass diese Integration lediglich auf einer vorläufigen asylrechtlichen Berechtigung zum Aufenthalt beruht.

3. Für die belangte Behörde bestand auch kein Grund, im Rahmen der Ermessensübung gemäß § 62 Abs. 1 FPG von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen, sind doch auf dem Boden des angefochtenen Bescheids und der Beschwerdeausführungen keine besonderen Umstände erkennbar, die die belangte Behörde dazu hätten veranlassen müssen, von ihrem Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen. Entgegen der Beschwerde stellt die Tatsache der teilweisen Haftverbüßung keinen derartigen besonderen Umstand dar.

4. Die Beschwerde wendet sich auch gegen die festgesetzte Gültigkeitsdauer des vorliegenden Aufenthaltsverbots. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG kann ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1, 5 und 12 bis 14 leg. cit. unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Dieses ist - unter Bedachtnahme auf § 63 Abs. 1 leg. cit. - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2006/18/0284, mwH). Auf dem Boden dieser Rechtslage kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Anbetracht des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zum Ergebnis gekommen ist, dass ein Wegfall des für die Erlassung des Rückkehrverbots maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, auch unter Berücksichtigung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet nicht vor Ablauf von zehn Jahren angenommen werden könne, zumal diese Interessen als nicht besonders ausgeprägt anzusehen sind (vgl. oben II.2.2.).

5. Auf dem Boden des Gesagten erweist sich schließlich die Rüge, die belangte Behörde habe bezüglich ihrer im Vorstehenden behandelten Beurteilungen den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, als nicht zielführend.

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 15. Mai 2007

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