VwGH 2007/17/0161

VwGH2007/17/01618.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dr. OD in W, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 18, gegen den Bescheid des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 18. Juni 2007, Zl. Jv 2125-33/07, betreffend Zeugengebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §19 Abs2;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §19 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde in einer Sozialrechtssache als Zeuge für den 26. April 2007 um 13 Uhr geladen. Die Verhandlung endete um 14.40 Uhr.

Der Beschwerdeführer beantragte nach Schluss der Verhandlung einen Verdienstentgang von EUR 115,-- pro Stunde. Als Bestätigung für den Verdienstentgang überreichte er die Honorargrundsätze für Wirtschaftstreuhandberufe (HGR).

Mit Schreiben vom 8. Mai 2007 forderte die Kostenbeamtin den Beschwerdeführer auf, einen Nachweis über seinen tatsächlichen Verdienstentgang vorzulegen, und teilte ihm gleichzeitig mit, dass Bestätigungen von Kammern und anderen Interessensvertretungen über abstrakte Durchschnitts-, Mindest- oder Höchstwerte des Einkommens von Angehörigen bestimmter Berufe, aber auch Gebührenordnungen und Honorarrichtlinien keine taugliche Berechnungsgrundlage für die Gebührenbestimmung seien.

Daraufhin übermittelte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Mai 2007 den Einkommensteuerbescheid 2005, eine kurzfristige Erfolgsrechnung 2006 und einen EDV-Ausdruck der von ihm seit 1996 verrechneten Stundensätze, wonach er zur Zeit einen Basisstundensatz von EUR 115,-- zuzüglich MwSt. verrechne.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 bestimmte die Kostenbeamtin die Gebühren des Beschwerdeführers für die Teilnahme an der Verhandlung am 26. April 2007 mit insgesamt EUR 51,40, wobei sie einen Verdienstentgang von 4 Stunden und eine Pauschalentschädigung gemäß § 18 GebAG a EUR 12,10 pro Stunde, somit insgesamt EUR 48,40, sowie Fahrtkosten in der Höhe von EUR 3,-- zu Grunde legte.

Der Beschwerdeführer erhob Administrativbeschwerde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. In seinem Schreiben vom 11. Mai 2007 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er zum in Rede stehenden Termin der Zeugenaussage eine Besprechung mit Herrn P, dem Geschäftsführer der T GmbH, absagen hätte müssen. Der Beschwerdeführer habe aber nicht mitgeteilt, um welche Art von Besprechung es sich gehandelt hätte und dass ihm diese Besprechung überhaupt Einkommen gebracht hätte, welches verloren gegangen wäre.

Nach Ansicht der belangten Behörde hätte der Beschwerdeführer diesen Besprechungstermin - die Zustellung der Zeugenladung sei bereits am 19. Februar 2007 erfolgt und die Verhandlung habe nur eineinhalb Stunden gedauert - verschieben und zu einem anderen Zeitpunkt vereinbaren können.

Der selbständig Erwerbstätige sei für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides oder der Honorarrichtlinien stelle keine taugliche Unterlage zur Berechnung des tatsächlichen Verdienstentgangs dar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ändere der Umstand, dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen habe, nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Von einem tatsächlichen Einkommensentgang könne hierbei beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren gegangen sei.

Der Beschwerdeführer sei für 13.00 Uhr geladen gewesen. Die Verhandlung habe bis 14.40 Uhr gedauert. Es seien daher vier Stunden an Verdienstentgang (inklusive An- und Abreise) zu vergüten.

Mangels Vorlage eines Nachweises über ein tatsächlich entgangenes Einkommen seien die Gebühren für Verdienstentgang gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG mit EUR 12,10 pro Stunde zu berechnen gewesen.

Auf Grund der Sach- und Rechtslage sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und stellte keinerlei Anträge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Februar 1975 über die Gebühren der Zeugen und Zeuginnen, Sachverständigen, Dolmetscher und Dolmetscherinnen, Geschworenen, Schöffen und Schöffinnen (Gebührenanspruchsgesetz - GebAG), BGBl. Nr. 136/1975 in der Fassung BGBl. II Nr. 98/2001, lauten auszugsweise:

"Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 12,10 Euro für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

...

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

...

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."

Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen den von der belangten Behörde bei der Berechnung der Entschädigung zur Anwendung gebrachten Stundensatz von EUR 12,10 und vertritt die Ansicht, dass stattdessen als Entschädigung EUR 14,20 pro Stunde in Ansatz zu bringen gewesen wären.

Dieses Vorbringen geht ins Leere:

Die belangte Behörde ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer neben der Entschädigung für Reisekosten für vier Stunden eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von EUR 12,10 zuzusprechen gewesen sei.

Die Argumentation des Beschwerdeführers, wonach die Entschädigung nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG jedenfalls nach einem anderen Stundensatz zu berechnen gewesen wäre, ist insofern verfehlt, als § 18 GebAG in der zum Zeitpunkt der gegenständlichen Gerichtsverhandlung im April 2007 geltenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 98/2001 anzuwenden war. In dieser Fassung war eine Entschädigung von EUR 12,10 pro Stunde vorgesehen. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Stundensatz von EUR 14,20 wurde erst durch die Verordnung BGBl. II Nr. 134/2007, welche jedoch erst am 1. Juli 2007 in Kraft trat, festgelegt.

Da es sich bei der in Rede stehenden Entschädigung um eine zeitraumbezogene Abgeltung für die Zeitversäumnis des Zeugen handelt, war bei der Berechnung der Entschädigung des Beschwerdeführers mangels einer gegenteiligen ausdrücklichen Übergangsbestimmung der zum Zeitpunkt der gegenständlichen Gerichtsverhandlung maßgebliche Tarif von EUR 12,10 heranzuziehen.

Wenn der Beschwerdeführer weiters die Ansicht vertritt, dass ihm dem Grunde nach gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG eine Entschädigung für das Einkommen, das ihm als selbständig Erwerbstätigen entgangen sei, zuzusprechen gewesen wäre, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde im Lichte der ständigen hg. Rechtsprechung zu Recht davon ausgehen durfte, dass die Grundlagen für die Geltendmachung dieses Anspruches vom Beschwerdeführer nicht hinreichend bescheinigt wurden.

So hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in dem hg. Erkenntnis vom 28. April 2003, Zl. 2000/17/0065, ausgesprochen, dass von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden könne, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren gegangen sei. Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne von § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG sei nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen habe, ändere nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2001, Zl. 2001/17/0054), dass die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden könnten. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der dem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen werde sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2 GebAG keineswegs verschlossen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1998, Zl. 98/17/0137). Der Zeuge wäre im konkreten Fall nicht durch die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gehindert gewesen, konkrete (allenfalls anonyme) Angaben zu machen (vgl. das soeben zitierte Erkenntnis vom 25. Mai 1998).

Die belangte Behörde vertritt den Standpunkt, dass der Beschwerdeführer den von ihm angeführten Besprechungstermin, welcher für den Zeitpunkt der gegenständlichen Gerichtsverhandlung vereinbart worden sei, verschieben hätte können. Dieser Ansicht ist der Beschwerdeführer ohne nähere Anführung von konkreten Gründen mit dem Argument entgegengetreten, dass dieser Termin schon vor Zustellung der Ladung vom 19. Februar 2007 vereinbart worden und eine Verschiebung der Besprechung nicht möglich gewesen sei, da der Termin sonst überflüssig gewesen wäre. Der Termin sei auch nicht nachgeholt worden.

Die Annahme der belangten Behörde, es sei dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, den Termin zu verschieben, ist jedoch gerechtfertigt (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/17/0235). In Anbetracht des zweimonatigen Zeitraums zwischen Ladung und Gerichtstermin ist unter Zugrundelegung eines normalen Geschäftsbetriebs einer Wirtschaftstreuhandkanzlei anzunehmen, dass gemeinsam mit dem Klienten ein anderer Termin gefunden werden hätte können. Es kommt im täglichen Betrieb einer Wirtschaftstreuhandkanzlei immer wieder vor, dass Termine (auch kurzfristig) verschoben werden müssen, ohne dass dies notwendiger Weise zu einem tatsächlichen Einkommensentgang für die betreffende Kanzlei führt. Hält man sich nun vor Augen, dass der Termin der Gerichtsverhandlung dem Beschwerdeführer zwei Monate im Vorhinein bekannt war, erweist sich die Einschätzung der belangten Behörde, wonach der Termin verschiebbar gewesen wäre, als unbedenklich. Es müssten schon äußerst ungewöhnliche Umstände vorliegen, die eine gegenteilige Annahme rechtfertigen würden. Solche Umstände wurden vom Beschwerdeführer nicht konkret behauptet, geschweige denn bescheinigt. Der Beschwerdeführer berief sich in diesem Zusammenhang lediglich auf die Verschwiegenheitsverpflichtung, der er als Wirtschaftstreuhänder unterliege, welche es ihm nicht ermöglicht habe, nähere Angaben zu dem Kliententermin zu machen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in dem bereits oben zitierten Erkenntnis vom 25. Mai 1998, Zl. 98/17/0137, klarstellte, wäre es dem Beschwerdeführer sehr wohl zuzumuten gewesen, in abstrakt-anonymer Form jene Gründe darzulegen, die ihm beziehungsweise seinem Klienten die Vereinbarung eines anderen Termins selbst trotz einer zweimonatigen Vorlaufszeit nicht ermöglicht hätten.

Die Feststellung der belangten Behörde, wonach im Beschwerdefall nicht von einem tatsächlichen Einkommensentgang gesprochen werden könne, begegnet daher keinen Bedenken. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergibt sich ein solcher Einkommensverlust nicht. Es ließe sich aus den vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Unterlagen lediglich ein fiktiv abstraktes Durchschnittseinkommen errechnen, das jedoch nach der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung bei der Beurteilung der Frage, ob eine Entschädigung nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG zuzusprechen ist, nicht relevant ist.

Die belangte Behörde konnte daher zutreffender Weise davon ausgehen, dass für den Beschwerdeführer kein tatsächlicher Einkommensentgang entstanden war, weshalb eine Entschädigung lediglich nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG und nicht nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG zuzusprechen war.

Kann es aber nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Anspruch nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG schon dem Grunde nach nicht als im Sinne von § 18 Abs. 2 leg. cit. bescheinigt ansah, ist es nicht mehr entscheidend, welche Unterlagen der Beschwerdeführer zur Bescheinigung der Höhe eines solchen Anspruches noch vorlegen hätte können. Ein Anspruch nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG kam dem Beschwerdeführer bereits dem Grunde nach nicht zu. Die Höhe der dem Beschwerdeführer nach § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG zugesprochenen Entschädigung war von ihm nicht näher zu bescheinigen, sondern ergibt sich direkt aus den im Beschwerdefall anzuwendenden zwingenden generellen Normen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach die belangte Behörde noch weitere Ermittlungen hinsichtlich seines Einkommens anstellen hätte müssen, sind daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher nicht vor.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt wurde.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Kosten waren mangels eines entsprechenden Antrags keine zuzusprechen.

Wien, am 8. September 2009

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