VwGH 2007/16/0139

VwGH2007/16/013927.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr in Linz, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 19. Juni 2007, Zl. RV/0498-L/07, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §16;
BauO OÖ 1994 §5;
BauO OÖ 1994 §9;
GrEStG 1987 §3 Abs1 Z5;
BauO OÖ 1994 §16;
BauO OÖ 1994 §5;
BauO OÖ 1994 §9;
GrEStG 1987 §3 Abs1 Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Bürgermeister der Gemeinde Micheldorf hat über Antrag der

W GmbH den in der Folge auszugsweise wiedergegebenen Bescheid vom 21. September 2006 erlassen (Fettdruck im Original):

"1. Entsprechend Ihrem Ansuchen und dem Teilungsplan ... wird gemäß § 5 O.ö. Bauordnung 1994 ... die Schaffung der Bauplätze (es werden 15 Bauplätze im Ausmaß von 656 m2 bis 895 m2 angeführt) bewilligt.

2. Entsprechend ihrem Ansuchen und dem Teilungsplan ... werden gemäß § 9 O.ö. Bauordnung 1994 ... die Veränderungen von Bauplätzen und bebauten Grundstücken, bewilligt.

3. Gemäß § 16 O.ö. Bauordnung 1994 ... haben die Eigentümer jener Grundstücke, für welche die baubehördliche Bewilligung nach Zif. 1 bzw. 2 dieses Spruches erteilt wird, die Grundstücke bzw. Teilgrundstücke entsprechend dem Lageplan ... lastenfrei und unentgeltlich in das Eigentum der Gemeinde gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Teilung zu übertragen: (es werden der Größe nach bestimmte Flächen verschiedener Einlagezahlen angeführt)."

Als Gegenstand des Bescheides wird "Änderung von Bauplätzen

u. bebauten Grundstücken" betreffend näher genannte Grundstücke angeführt.

Begründend führte der Bürgermeister aus, dem Ansuchen der W. GmbH um Genehmigung von Bauplätzen bzw. um Genehmigung von Veränderungen von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften stünden keine gesetzlichen Hindernisse entgegen, weshalb die Bewilligung antragsgemäß zu erteilen gewesen sei.

Für die gemäß Punkt 3. des angeführten Bescheides an die Gemeinde Micheldorf abgetretenen Grundstücksteile mit einer Größe von insgesamt 1.588 m2 gab die W GmbH beim beschwerdeführenden Finanzamt eine Abgabenerklärung gemäß § 10 GrEStG ab.

Mit Bescheid vom 2. Februar 2007 schrieb das beschwerdeführende Finanzamt der Gemeinde Micheldorf für die gemäß Punkt 3. des Bescheides erfolgte Abtretung der Grundstücksteile Grunderwerbsteuer in der Höhe von EUR 1.211,75 vor.

Das beschwerdeführende Finanzamt erließ über Berufung der Gemeinde Micheldorf eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, wogegen die Gemeinde Micheldorf die Entscheidung durch die belangte Behörde beantragte.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung Folge und hob den Bescheid des beschwerdeführenden Finanzamtes auf.

In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder, stellte die von ihr als maßgeblich erachtete Rechtslage dar und führte aus, dass die Erlassung des Bescheides, mit welchem die Verpflichtung zur Abtretung von Grundstücken in das öffentliche Gut der Gemeinde Micheldorf angeordnet worden sei, gleichzeitig mit der Bewilligung der Bauplätze gemäß § 5 der Oö Bauordnung erfolgt sei. Die Erlassung dieses Bescheides stelle eine behördliche Maßnahme dar. Die Baureifmachung einer ca. 10.500 m2 großen Fläche durch Schaffung von Bauplätzen und die damit verbundene Abtretung von Flächen für die verkehrsmäßige Erschließung dieses Wohngebietes nach der Oö Bauordnung stelle eine Maßnahme zur besseren Gestaltung von Bauland dar. Die Abtretung der Grundstücke an die Gemeinde Micheldorf sei daher gemäß § 3 Abs. 1 Z. 5 Grunderwerbsteuergesetz grunderwerbsteuerfrei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die Gemeinde Micheldorf hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegt der Grunderwerbsteuer, soweit er sich auf inländische Grundstücke bezieht, der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG ist bei behördlichen Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland der Erwerb eines Grundstückes nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften von der Besteuerung ausgenommen.

Eine Maßnahme zur besseren Gestaltung von Bauland ist ein Vorgang, durch den eine größere im Bauland gelegene Fläche - für die Errichtung etwa von Wohnblöcken - dadurch baureif gemacht wird, dass die Grenz- und Besitzverhältnisse so umgestaltet werden, dass aus der vorher gegebenen Mehrzahl selbständig nicht bebaubarer Liegenschaften baureife Bauplätze gestaltet werden und damit das von dieser Maßnahme umfasste Gebiet baulich nutzbar gemacht wird (vgl. das zur vergleichbaren Rechtslage des GrEStG 1955 ergangene Erkenntnis vom 6. Mai 1971, Zl. 1034/70). Es handelt sich jedenfalls nicht um einen Vorgang, durch den ein Einzelbauplatz baulich nutzbar gemacht wird, sondern es muss ein größeres Baulandgebiet betroffen sein (vgl. das zu dem - wiederum vergleichbar - zu § 4 Abs. 1 Z 5 GrEStG 1955 ergangene Erkenntnis vom 26. Juni 1986, Zl. 85/16/0080).

Eine bessere Gestaltung von Bauland liegt immer dann vor, wenn damit relevanten öffentlichen oder objektivierbaren privaten Interessen unter dem Gesichtspunkt der besseren Bebaubarkeit gedient wird (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. März 1980, Zl. 1786/77).

Der Eigentumserwerb, der auf Grund der Bestimmungen zur besseren Gestaltung von Bauland erfolgt, muss jedenfalls die (unmittelbare) Folge einer behördlich verfügten besseren Gestaltung von Bauland sein (vgl. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, in Rz 83 zu § 3, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Als Vorschriften zur besseren Gestaltung von Bauland im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG kommen Raumordnungsgesetze und Bauordnungen in Betracht (vgl. neuerlich das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. März 1980, Zl. 1786/77).

Der Bürgermeister der Gemeinde Micheldorf hat seinem Bescheid vom 21. September 2006 folgende - hier auszugsweise wiedergegebenen - Bestimmungen der Oö. Bauordnung zu Grunde gelegt:

"§ 5

Bauplatzbewilligung

(1) Über einen Antrag gemäß § 4 (Antrag auf Bauplatzbewilligung) hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen....

§ 9

Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken

(1) Die Abschreibung und die Zuschreibung von Grundstücken oder Grundstücksteilen vom oder zum Gutsbestand einer Grundbuchseinlage sowie die Teilung oder Vereinigung von Grundstücken im Gutsbestand einer Grundbuchseinlage bedürfen bei Grundstücken, die

1. zu einem im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatz gehören oder

2. nicht zu einem im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatz gehören, aber bebaut sind,

einer Bewilligung der Baubehörde. Im Sinn dieser Bestimmung gilt eine Baufläche (Bauarea) und das sie umschließende bzw. an sie angrenzende Grundstück desselben Eigentümers oder derselben Eigentümerin auch dann als ein (einheitliches) Grundstück, wenn die Baufläche (Bauarea) nach den grundbuchs- und vermessungsrechtlichen Vorschriften ein eigenes Grundstück bildet.

(2) Die Bewilligung ist bei der Baubehörde schriftlich zu beantragen. Die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 bis 4 und des § 4 Abs. 2 bis 6 gelten sinngemäß. ...

§ 16

Grundabtretung

(1) Anläßlich der Bewilligung von Bauplätzen und der Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken sind die nach Maßgabe

  1. 1. der Straßenfluchtlinien des Bebauungsplans oder
  2. 2. der in einem Plan bestimmten Straßengrundgrenzen einer straßenrechtlichen Verordnung gemäß § 11 Abs. 1 dritter Satz des O.ö. Straßengesetzes 1991

    zu den öffentlichen Verkehrsflächen der Gemeinde fallenden, an den Bauplatz oder an den von der Änderung betroffenen Teil des Bauplatzes oder des bebauten Grundstücks angrenzenden Grundflächen, und zwar bei beiderseitiger Bebaubarkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebaubarkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen im rechten Winkel auf die Straßenfluchtlinie oder die geplante Straßengrundgrenze, abzutreten. Bei Bruchpunkten in der Straßenfluchtlinie oder in der geplanten Straßengrundgrenze und bei Eckbildungen erstreckt sich die Verpflichtung auch auf die zwischen den Senkrechten gelegenen Flächen.

(2) Die abzutretenden Grundflächen sind gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Teilung in das Eigentum der Gemeinde zu übertragen. Sie sind über Auftrag der Gemeinde frei von baulichen Anlagen in den Besitz der Gemeinde zu übergeben. Mit der bücherlichen Übertragung des Eigentumsrechtes an die Gemeinde erlöschen die auf den abgetretenen Grundflächen allenfalls verbücherten dinglichen Rechte. Die Herstellung der Grundbuchsordnung ist innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bewilligungsbescheides gemäß § 5 oder § 9 von der Gemeinde beim Grundbuchsgericht zu beantragen.

(3) Die Verpflichtung zur Grundabtretung trifft den Eigentümer jener Grundflächen, für die die Bewilligung gemäß § 5 oder § 9 erteilt wird. Ist er nicht Eigentümer der abzutretenden Grundflächen, hat er diese, allenfalls im Weg der Enteignung, zu erwerben."

Im Sinne der dargestellten Judikatur enthält jedenfalls § 9 Oö. Bauordnung Vorschriften für die bessere Gestaltung von Bauland (Ab- und Zuschreibungen von Grundstücken). Die Anwendung der §§ 5 und 9 Oö. Bauordnung hat im Beschwerdefall auch zur besseren Gestaltung von Bauland geführt: Die Verfahrensparteien gehen davon aus, dass die mit Bescheid vom 21. September 2006 verfügten Maßnahmen im Baulandgebiet getroffen wurden. Auf Grund der zitierten Bestimmungen wurden nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides 15 Bauplätze auf einer Fläche von etwa 10.500 m2 geschaffen ("Baureifmachung"). Die Schaffung von Bauplätzen in einem größeren Baulandgebiet und damit die bauliche Nutzbarmachung dieses Gebietes entspricht im Sinne der dargestellten Rechtsprechung einer - gegenüber dem Vorzustand -

"besseren" Gestaltung von Bauland.

Die hier in Rede stehende Maßnahme, die zur Vorschreibung der Grunderwerbsteuer geführt hat, ist jedoch die Grundabtretung gemäß § 16 Oö. Bauordnung. Aber auch die Anwendung dieser Bestimmung führt zu einer besseren Gestaltung von Bauland, weil die Grundabtretung der infrastrukturellen Versorgung des Baulandes zugute kommt und einer besseren Bebaubarkeit dient.

Fraglich ist allerdings, ob die konkrete bessere Gestaltung von Bauland auf eine behördliche Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG zurückgeführt werden kann. Das beschwerdeführende Finanzamt geht in der Beschwerde davon aus, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Micheldorf eine behördliche Maßnahme darstelle. Die Maßnahme sei allerdings keine zur besseren Gestaltung von Bauland, weil die Behörde nicht von Amts wegen in die Eigentumsverhältnisse zur Erreichung einer besseren Gestaltung von Bauland eingegriffen habe. Die W GmbH habe mit Ansuchen vom 11. Mai 2006 das Eingreifen der Behörde selbst herbeigeführt.

Unter einer behördlichen Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG versteht man eine Maßnahme, die in Ausübung behördlicher Befehlsgewalt gesetzt wurde (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 2006, Zl. 2006/16/0006). Das Wesen einer Einwirkung durch behördliche Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG besteht darin, dass derjenige, gegen den sich die Maßnahme richtet, keine Möglichkeit hat, ihr auszuweichen; insbesondere nicht dadurch, dass er sein Vorhaben aufgibt (vgl. das Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/16/0259, mit einem Verweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. März 1964, Zlen. 1882/1883/62).

Die §§ 5 und 9 Oö Bauordnung sehen jeweils einen Antrag des Bauwerbers vor, dessen Stattgebung zur Grundabtretung gemäß § 16 Oö Bauordnung führt. Die antragstellende Partei kann demnach über den Verfahrensgegenstand disponieren und ihr Vorhaben auch aufgeben. Eine behördliche Maßnahme im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG liegt demnach hinsichtlich der §§ 5 und 9 Oö. Bauordnung nicht vor. Allerdings führt die Stattgebung der Anträge gemäß den §§ 5 und 9 Oö. Bauordnung - wie auch im Beschwerdefall - zwingend zur Grundabtretung gemäß § 16 Oö. Bauordnung. Bei der vorliegenden Konstellation spielt es auch keine Rolle, ob die antragstellende W GmbH ihre Anträge hätte zurückziehen können, weil nicht ihr, sondern der Gemeinde Micheldorf Grunderwerbsteuer vorgeschrieben wurde; dieser ist im baubehördlichen Verfahren hinsichtlich der Punkte 1. und 2. des Bescheides des Bürgermeisters keine Dispositionsbefugnis zugestanden. Die Gemeinde Micheldorf konnte demnach der Grundabtretung nicht "ausweichen".

Das beschwerdeführende Finanzamt kann für seinen Standpunkt auch nicht das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. März 1964, Zlen. 1882/1883/62, ins Treffen führen, weil dort der Erwerb von Grundstücken zur Erfüllung der Verpflichtung des Bauwerbers zur Abtretung von Straßengrund auf Grund eines Vertrages erfolgte.

Die Grundabtretung gemäß § 16 Oö Bauordnung ist demnach als Erwerb eines Grundstückes im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 5 GrESt nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften zu werten, der von der Besteuerung ausgenommen ist. Von dieser Rechtslage ausgehend hat die belangte Behörde die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer durch das beschwerdeführende Finanzamt zutreffend als rechtswidrig gewertet und den erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. November 2008

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