Spruch:
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluss vom 21. Juni 2007 wurde das Verfahren über die oben angeführte, zu Zl. 2007/15/0093 protokollierte Beschwerde eingestellt, weil dem Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2007 insofern nicht zur Gänze entsprochen worden war, als die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene, der Antragstellerin zurückgestellte Beschwerde (Original) sowie der angefochtene Bescheid nicht wieder vorgelegt worden waren.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, der anwaltliche Vertreter der Antragstellerin Dr. N. habe den von einem Rechtsanwaltsanwärter vorbereiteten Schriftsatz samt Beilagen eingehend kontrolliert und einige Änderungen angeordnet. Daraufhin habe seine Sekretärin den Schriftsatz sowie die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgestellten Beilagen - wie kanzleiintern üblich in einer Postmappe - zur Endkontrolle und Unterfertigung vorgelegt. Dr. N. habe die Anzahl der Schriftsätze und die Beilagen kontrolliert und dabei festgestellt, dass sowohl der Mängelbehebungsschriftsatz (dreifach plus eine Halbschrift) "als auch - wie am Rubrum des Mängelbehebungsschriftsatzes aufgelistet - das Original der vom Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde samt der vom Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof übergebenen Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates und eine Kopie des Zahlungsbeleges für die Einzahlungsgebühr" in der Postmappe zur Absendung bereit lagen. Dr. N. habe die Gleichschriften des Mängelbehebungsschriftsatzes unterfertigt und die Unterschriftsmappe der Kanzleileiterin Elisabeth S. mit dem gefertigten Schriftsatz und dem Auftrag übergeben, den Schriftsatz samt Beilagen abzusenden.
Bei Vorbereitung der Absendung habe die erfahrene Kanzleileiterin festgestellt, dass nicht von allen abzusendenden Schriftstücken eine Kopie für den Kanzleiakt angefertigt worden war. Sie habe sich deshalb entschlossen, von jenen Schriftstücken, von denen sie keine Kopie im Kanzleiakt vorgefunden habe, eine Kopie anzufertigen. Wie es dazu gekommen sei, dass nicht das Original der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof beigelegt worden sei, die Berufungsentscheidung überhaupt fehlte und dafür das Original und zwei Kopien des Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes mitgesendet worden seien, sei in keiner Weise - weder für Dr. N. noch für Elisabeth S. - nachvollziehbar. Elisabeth S. könne sich nunmehr - zwei Monate nach Abfertigung des Schriftsatzes - nur mehr an einen Kopiervorgang erinnern, nicht aber daran, welche Schriftstücke sie genau kopiert habe. Es sei für sie völlig schleierhaft, wie es zu diesem Versehen habe kommen können. Ein derartiger Fehler sei Elisabeth S. noch nie unterlaufen.
Weiters wird im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt, dass Dr. N. - obwohl dafür bisher kein Anlass bestanden habe - besonderes Augenmerk auf die Kontrolle seiner Mitarbeiter, insbesondere der Kanzleikräfte lege und schon mehrere Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in Gang gesetzt habe, ohne dass es dabei zu Problemen oder Fehlern gekommen wäre. Nach Zustellung des Einstellungsbeschlusses vom 21. Juni 2007 seien die vermissten Unterlagen, nämlich die Berufungsentscheidung und das Original der vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde, im Akt aufgefunden worden. Eine frühere Kenntnisnahme sei dem Rechtsvertreter nicht möglich gewesen, weil der Akt auf Grund der zu erwartenden Sachentscheidung auf mehrere Monate kalendiert worden sei.
Die Sachverhaltsdarstellung wird durch eine eidesstattliche Erklärung der Kanzleileiterin Elisabeth S. bescheinigt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt ein einem Vertreter widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für den Antragsteller nur dann ab, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Vertreters, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit iSd §§ 1324, 1332 ABGB zu verstehen. Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis iSd obigen Ausführungen dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Zudem muss der Vertreter seine Kanzlei so organisieren, dass die richtige und fristgerechte Erledigung von gerichtlichen Aufträgen sicher gestellt ist (vgl. beispielsweise den hg. Beschluss vom 31. Oktober 2000, 2000/15/0157).
Im vorliegenden Fall trägt der vom Rechtsanwalt unterfertigte Verbesserungsschriftsatz folgenden Beilagenvermerk:
"3 Beilagen:
Einzahlungsbeleg
Bescheid im Original vorgelegt zu B 1389/06 des VfGH sowie in Kopie 2-fach Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde vom 28.07.2006 (1-fach)"
Es trifft nicht zu, dass mit der Befolgung des wiedergegebenen Beilagenvermerkes durch die Kanzleikräfte dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2007 entsprochen worden wäre. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin umfasst das Beilagenverzeichnis die Wiedervorlage der zurückgestellten, beim Verfassungsgerichtshof eingereichten Originalbeschwerde nicht; vielmehr wird darin lediglich der Anschluss einer Ausfertigung der ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof eingereichten Beschwerde angesprochen und diese Anordnung noch durch den in Klammer gesetzten Ausdruck "einfach" unterstrichen. Durch eine derartige Fassung der Beilagenverfügung wird - selbst für den Fall, dass, wie im Antrag behauptet, die geforderten Beilagen dem Mängelbehebungsschriftsatz bei dessen Unterfertigung angeschlossen gewesen waren und der Kopiervorgang lediglich der Vervollständigung des Kanzleiaktes gedient habe - eine gefahrengeneigte Situation geschaffen, bei der es für die Sekretärin nur schwer nachvollziehbar ist, welche Schriftstücke tatsächlich übersandt werden sollen.
Bei Kontrolle des ergänzenden Schriftsatzes hätte der Rechtsanwalt bemerken müssen, dass die am Mängelbehebungsschriftsatz angebrachte Beilagenverfügung die zurückgestellte Originalbeschwerde nicht umfasste. Er hätte daher den ergänzenden Schriftsatz nicht unterfertigen und damit nicht genehmigen dürfen, weil er damit hätte rechnen müssen, dass nur jene Beilagen abgefertigt werden, die in der Beilagenanordnung angeführt sind (vgl. die hg. Beschlüsse vom 31. Oktober 2000, 2000/15/0157, und vom 24. Februar 2000, 99/15/0251). Unter den geschilderten Umständen ist dem Beschwerdevertreter als eigenes, über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzulasten, dass er bei Unterfertigung des vorbereiteten Verbesserungsschriftsatzes entweder nicht erkannt hat, dass die Beilagenverfügung nicht vollständig ist, oder dass er nicht darauf gedrungen hat, dass die Beilagenverfügung richtig gestellt wird (vgl. mit weiteren Nachweisen den hg. Beschluss vom 23. April 2002, 2002/14/0041). Dieses Verschulden des Rechtsanwaltes ist nach dem oben Gesagten dem Verschulden der Antragstellerin selbst gleichzuhalten.
Soweit im Wiedereinsetzungsantrag angeregt wird, die Bestimmung des § 34 Abs. 2 VwGG beim Verfassungsgerichtshof anzufechten und ausgeführt wird, ohne Bestehen dieser Bestimmung über die Fristsetzung wäre keine Frist versäumt und mit der nunmehrigen Vorlage der Originalbeschwerde und des angefochtenen Bescheides dem Mängelbehebungsauftrag entsprochen worden, übersieht die Antragstellerin, dass der Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung gerade das Vorliegen einer Fristversäumnis voraussetzt.
Aus den dargelegten Erwägungen war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist nicht stattzugeben.
Wien, am 24. September 2007
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