Normen
11997E234 EG Art234;
12010E267 AEUV Art267;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
62004CJ0041 Levob Verzekeringen und OV Bank VORAB;
B-VG Art131;
B-VG Art144;
UStG 1994 §1;
UStG 1994 §10 Abs2 Z4 litd;
UStG 1994 §2;
UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4 Abs3;
11997E234 EG Art234;
12010E267 AEUV Art267;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
62004CJ0041 Levob Verzekeringen und OV Bank VORAB;
B-VG Art131;
B-VG Art144;
UStG 1994 §1;
UStG 1994 §10 Abs2 Z4 litd;
UStG 1994 §2;
UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Wohnungseigentumsgemeinschaft vertrat in einer Beilage zur Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2002 die Ansicht, dass verschiedene Einnahmen, die ihr aus der Weiterverrechnung von Ausgabenposten (Postgebühren, Hausmeister, Versicherung und Grundsteuer) an die einzelnen Wohnungseigentümer entstanden waren, nicht der Umsatzsteuer unterlägen.
Die Postgebühren und die Grundsteuer seien reine Durchlaufposten. Der Hausbesorger beschränke seine Tätigkeit auf die allgemeinen Einrichtungen des Hauses. Er sei Dienstnehmer der Beschwerdeführerin und selbst nicht Unternehmer. Die Beschwerdeführerin erbringe "ihrerseits keine weitere Leistung, weil die Leistung des Hausbesorgers bei ihr das Ziel erreicht" habe. Daher bestehe auch diesbezüglich keine Umsatzsteuerpflicht der Beschwerdeführerin. Die Versicherungsbeiträge seien aufgrund der Judikatur des EuGH steuerfrei zu belassen (Hinweis auf die Rechtssache C-349/96 , Card Protection Plan). Aus all dem folge, dass die genannten Beträge aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden seien und die Beschwerdeführerin diesbezüglich nicht zur Abfuhr einer Umsatzsteuer verpflichtet werden könne.
Im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2002 vom 21. Dezember 2005 schloss sich das Finanzamt der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin mit der Begründung nicht an, dass auch die angeführten Beträge zum Entgelt gemäß § 4 UStG 1994 gehörten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführerin komme als Wohnungseigentumsgemeinschaft Unternehmereigenschaft zu. Ihre Tätigkeit bestehe in der Erhaltung und Verwaltung des Gebäudes gegen Kostenersatz. Dabei handle es sich um eine eigenständige und einheitliche Leistung an die Wohnungseigentümer, die nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden dürfe. Die einzelnen Leistungen seien als Teil eines Ganzen anzusehen. In diesem Punkt sei der gegenständliche Fall anders gelagert als das von der Beschwerdeführerin zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes herangezogene Urteil des EuGH vom 25. Februar 1999, Card Protection Plan. Darin sei es um mehrere Leistungen gegangen, die durchaus getrennt voneinander hätten angeboten werden können. Hingegen stünden die zur Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage gehörenden Leistungen in einem so engen wirtschaftlichen Zusammenhang, dass eine Trennung einer solchen einheitlichen Gesamtleistung nicht denkbar erscheine.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung kommt Wohnungseigentumsgemeinschaften Unternehmereigenschaft zu, weil sie einerseits im eigenen Namen nach außen auftreten, Leistungen in Auftrag geben und bezahlen und andererseits dadurch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden, dass sie von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten erheben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Februar 2009, 2007/15/0116, vom 13. Mai 2003, 99/15/0238, und im Anwendungsbereich des UStG 1972 vom 8. April 1991, 88/15/0137, sowie Ruppe, UStG3, § 10 Tz. 79;
Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer,
§ 10 Abs. 2 Z 4 Anm. 68; Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON2,
§ 2 Rz. 19).
Nach ebenso herrschender Auffassung erbringen Wohnungseigentumsgemeinschaften bei der Verwaltung der Anlage eine eigenständige und einheitliche Leistung an die Wohnungseigentümer (vgl. Ruppe, aaO, § 10 Tz. 81;
Scheiner/Kolacny/Caganek, aaO, § 10 Abs. 2 Z 4 Anm. 69;
Berger/Wakounig in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), aaO, § 10 Rz. 67/1 und 70).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vermietung einer Wohnung, die im Wohnungseigentum stehe, sei eine Vermietung eines Grundstückes und daher gemäß Art. 13 Teil B lit. b RL 77/388/EWG umsatzsteuerbefreit. Der dem Art. 13 Teil B lit. b Z 4 der genannten RL nachfolgende Satz, wonach die Mitgliedstaaten weitere Ausnahmen von der Steuerfreiheit der Grundstücksvermietung vorsehen könnten, betreffe erkennbar nur Fälle von gewerblicher Vermietung. § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994 erfasse aber jede Form der Vermietung, auch die nicht gewerbliche durch Private. Darüber hinaus ermögliche "Art. 13 Teil b RL keinesfalls einen ermäßigten Steuersatz auf Vermietung 'aus Vereinfachungsgründen' einzuführen". Im Ergebnis seien daher sämtliche Umsätze im Zusammenhang mit einer Vermietung umsatzsteuerfrei zu behandeln. Dasselbe gelte gleichheitsrechtlich für die Besteuerung von Wohnungseigentumsgemeinschaften.
Diese Beschwerdeausführungen übersehen die Übergangsbestimmung des Art. 28 Abs. 2 lit. j RL 77/388/EWG idF der RL 2000/17/EG des Rates vom 30. März 2000, ABl L 84/24. Danach darf die Republik Österreich auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke unbefristet einen ermäßigten Steuersatz anwenden (vgl. nunmehr Art. 117 Mehrwertsteuersystemrichtlinie, 2006/112/EG).
Wenn die Beschwerdeführerin in der Weiterverrechnung der Beiträge für die Gebäudeversicherung das Vorliegen einer steuerfreien Versicherungsleistung erblickt, kann ihr nicht gefolgt werden, weil die Leistung der Beschwerdeführerin an die Wohnungseigentümer nicht in der selbständigen Erbringung einer Versicherungsleistung besteht, sondern sich aus mehreren, in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden, gleichrangigen Teilen einer einheitlichen (Haupt‑)Leistung zusammensetzt. Die steuerlichen Folgen richten sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung, die gegenständlich aus der Erhaltung und Verwaltung des im gemeinsamen Eigentum stehenden Gebäudes besteht. Diese Leistung unterliegt nach § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994 dem ermäßigten Steuersatz (vgl. zum Grundsatz der Unteilbarkeit der Leistung Ruppe, aaO, § 1 Tz. 31; sowie zum vorliegenden Fall einer Wohnungseigentumsgemeinschaft Berger/Wakounig, aaO, § 10 Rz. 74 f).
Diese Beurteilung findet auch im Unionsrecht Deckung. Wie der EuGH wiederholt ausgeführt hat, ist bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob zwei oder mehrere getrennte Leistungen vorliegen oder eine einheitliche Leistung, die gegebenenfalls einer der in der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen unterliegt. Eine einheitliche Leistung liegt u.a. dann vor, wenn der Steuerpflichtige zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei ist es Sache der nationalen Gerichte, festzustellen, ob es sich in einem konkreten Fall so verhält (vgl. mit weiteren Hinweisen das Urteil vom 27. Oktober 2005, C-41/04 , Rn. 18 bis 22).
Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Das Entgelt ist nicht um Aufwendungen des Unternehmers zu kürzen. Die Bemessungsgrundlage bildet vielmehr das ungekürzte Entgelt, weshalb auch weiterverrechnete Aufwendungen wie Porti, Grundsteuer oder Personalaufwand nicht aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sind, mag das Entgelt auch nur aus weiterverrechneten Auslagen bestehen (vgl. Ruppe, aaO, § 4 Tz. 17 und 22; sowie Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, aaO, § 4 Rz. 18).
Lediglich Aufwendungen, die von vornherein im fremden Namen getätigt und weiterverrechnet werden, stellen gemäß § 4 Abs. 3 UStG 1994 durchlaufende Posten dar, die nicht zum Entgelt zählen. Dass dies in Ansehung der weiterverrechneten Grundsteuer und der Portogebühren der Fall sein sollte, macht die Beschwerdeführerin auch vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einsichtig.
Auch kann der Ansicht der Beschwerdeführerin, die Lohn- und Lohnnebenkosten des Hausbesorgers seien aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, nicht gefolgt werden. Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist - wie schon ausgeführt - die von der Beschwerdeführerin erbrachte Gesamtleistung. Ob die von der Beschwerdeführerin in Anspruch genommenen Vorleistungen mit Umsatzsteuer belastet waren oder (wie im Fall der Aufwendungen für den nichtselbständig beschäftigten Hausbesorger) nicht, ist für den hier zu beurteilenden Leistungsaustausch nicht von Relevanz.
Die Beschwerdeführerin rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde zur "Auslegung und Anwendung der RL 77/388/EWG " kein Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet habe. Der Verfassungsgerichtshof sehe die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht als vollwertige Gerichte an, weil sie nur als außerordentliche Rechtsmittelinstanzen angelegt seien. Nur der unabhängige Finanzsenat sei auch Tatsacheninstanz und daher zur Beweiswürdigung berufen, falls der EuGH nicht nur rechtlich relevante Kriterien zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts vorgebe.
Art. 234 EG (nunmehr Art. 267 AEUV) normiert, dass einem Gericht im Sinne dieser Bestimmung, (dazu zählt auch der unabhängige Finanzsenat), dessen Entscheidungen mit einem Rechtsbehelf des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, die Berechtigung zukommt, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Eine wie immer geartete Verpflichtung, eine Vorabentscheidung in Fragen der Auslegung des Unionsrechts einzuholen, besteht für ein solches Gericht hingegen nicht.
Entscheidungen des unabhängigen Finanzsenates können durch Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bekämpft werden (vgl. Art. 131 B-VG, Art. 144 B-VG). Solcherart ist es ausgeschlossen, dass der unabhängige Finanzsenat, indem er es unterlässt, eine Frage der Auslegung des Unionsrechts dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, Verfahrensvorschriften verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 2008, 2008/15/0064). Daran ändert - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch der Umstand nichts, dass die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen Aufgabe des unabhängigen Finanzsenates ist und dessen Beweiswürdigung nur der eingeschränkten Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt. Sollten als Ergebnis eines Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes weitere (zusätzliche) Sachverhaltsfeststellungen erforderlich sein, erwiese sich der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid als ergänzungsbedürftig und verfiele als solcher der Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG.
Auch die abschließende Rüge, das Verfahren sei mangelhaft, weil die Steuererklärungen und Vollmachten nicht jeden einzelnen Miteigentümer anführten, ist nicht berechtigt. Dieses "aus anwaltlicher Vorsicht" erstattete Beschwerdevorbringen zeigt keine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil nur Bescheide einer Verwaltungsbehörde, nicht aber Parteienerklärungen einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 B-VG zugänglich sind.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. Februar 2011
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