VwGH 2007/10/0274

VwGH2007/10/027416.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerden des Bundes (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) in 1012 Wien, Stubenring 1, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (UVS) 1.) vom 11. September 2007, Zl. Senat-AB-07- 2036, 2.) vom 11. September 2007, Zl. Senat-AB-07-2037, 3.) vom 11. September 2007, Zl. Senat-AB-07-2035, jeweils betreffend Kostenersatz für einen Einsatz im Zuge eines Waldbrandes (mitbeteiligte Parteien: 1.) Freiwillige Feuerwehr St. A,

2.) Freiwillige Feuerwehr G und 3.) Freiwillige Feuerwehr T, alle vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in 3180 Lilienfeld, Babenbergerstraße 30/2), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
ForstausführungsG NÖ 1978 §17a;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zlen. 2006/10/0118, 0119, 0120, wurden über Beschwerden der nunmehr mitbeteiligten Parteien die Bescheide des UVS vom 7. Juli 2005, jeweils betreffend Kostenersatz für einen Einsatz im Zuge eines Waldbrandes, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die (damals) belangte Behörde habe eine Heranziehung der in der Tarifordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes festgesetzten Kostensätze für Einsätze der Feuerwehr in Vollziehung des § 17a NÖ Forstausführungsgesetz zu Unrecht als ausgeschlossen erachtet. Die für die unterschiedlichen Inanspruchnahmen der Feuerwehr in der Tarifordnung festgelegten Tarife gäben nämlich - im Tatsachenbereich - im Sinne eines standardisierten Sachverständigengutachtens fachlich fundierte Auskunft darüber, welche Kosten einer Feuerwehr aus der jeweiligen Inanspruchnahme notwendigerweise erwachsen. Soweit daher nicht besondere Umstände des konkreten Falles dagegen sprächen, könnten diese Kostensätze als taugliche Grundlage für die Bemessung der aus einem Einsatz erwachsenen Kosten angesehen werden. Einer Heranziehung der festgesetzten Kostensätze als Tatsachengrundlage in Vollziehung des § 17a NÖ Forstausführungsgesetz stehe auch nicht entgegen, dass die Tarifordnung eine Verordnung zum NÖ Feuerwehrgesetz darstelle.

Mit den in den fortgesetzten Verfahren ergangenen Ersatzbescheiden jeweils vom 11. September 2007 wurden

1.) der erstmitbeteiligten Partei ein Kostenersatz in Höhe von EUR 45.321,37,

2.) der zweitmitbeteiligten Partei ein Kostenersatz in Höhe von EUR 18.899,19, und

3.) der drittmitbeteiligten Partei ein Kostenersatz in Höhe von EUR 10.528,15

jeweils gegenüber dem Bund zugesprochen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitat des § 66 Abs. 4 AVG gleichlautend wie folgt ausgeführt:

"Unter Zugrundelegung von der vom Verwaltungsgerichtshof ins Treffen geführten Tarifordnung (die vom Gerichtshof als antizipiertes Sachverständigengutachten betrachtet wird und dem die Erstbehörde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist) waren der Antragstellerin daher die von ihr beanspruchten Ersatzaufwendungen - mit Ausnahme der Kosten für Speisen und Getränke - zuzusprechen."

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift, in der die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften, in denen die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

Zunächst ist dem Vorbringen der belangten Behörde und der mitbeteiligten Parteien, die beschwerdeführende Partei sei zur Erhebung der vorliegenden, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 VwGG gestützten Beschwerde nicht legitimiert, weil ihre Interessen ohnedies von der Behörde wahrgenommen würden und eine Beiziehung als Partei des Verfahrens nicht vorgesehen sei, entgegenzutreten:

Die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien übersehen, dass die beschwerdeführende Partei mit den angefochtenen Bescheiden jeweils zur Leistung eines Kostenersatzes verpflichtet wurde. Dass ein zum Kostenersatz verpflichteter Rechtsträger durch eine solche Entscheidung aber in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein kann und daher legitimiert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zu erheben, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2005, Zl. 2005/07/0162, mwN).

Die somit zulässigen Beschwerden sind im Ergebnis auch berechtigt:

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1065 f, dargestellte Judikatur), stellt die Pflicht, einen Bescheid schlüssig zu begründen, keinen Selbstzweck dar. Ein Begründungsmangel führt daher auch nur dann zur Aufhebung des Bescheides, wenn er entweder die Parteien des Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert.

Ein solcher Fall liegt hier jedoch vor: Den angefochtenen Bescheiden kann nämlich nicht einmal ansatzweise entnommen werden, von welchen tatsächlichen Annahmen ausgehend die belangte Behörde welche Tarifsätze der Tarifordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes herangezogen hat und wie sie schließlich zu den zuerkannten Gesamtbeträgen gelangt ist. Vielmehr beschränken sich die angefochtenen Bescheide - wie dargelegt - jeweils darauf, auf die erwähnte Tarifordnung hinzuweisen, ohne jedoch die von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachten Ansprüche im Einzelnen zu erörtern und die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit ist auf dieser Grundlage unmöglich.

Die angefochtenen Bescheide sind daher schon aus diesem Grund mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu ihrer Aufhebung zu führen hatte, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen weiter eingegangen werden musste.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der Verwaltungsgerichtshof für die fortzusetzenden Verfahren jedoch zum Hinweis veranlasst, dass mit dem von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Vorwurf, die erwähnte Tarifordnung weise keine Begründung auf, sie sei daher nicht nachvollziehbar und unschlüssig, ebenso wie mit dem Vorbringen, es sei aus Gründen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung fraglich, ob die Tarifordnung in Fällen wie dem vorliegenden überhaupt herangezogen werden könne, "besondere Umstände des konkreten Falles", die im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 21. Juni 2007 gegen eine Heranziehung der Tarifordnung sprechen - insbesondere solche Umstände, aus denen hervorgeht, dass der Feuerwehr im konkreten Fall geringere Kosten als in der Tarifordnung angesetzt erwachsen sind -, nicht aufgezeigt werden. Dabei wird vielmehr übersehen, dass mit dem erwähnten Erkenntnis bereits klargestellt wurde, dass die Tarifordnung - im Tatsachenbereich - grundsätzlich eine taugliche Grundlage für die Ermittlung der der Feuerwehr erwachsenen Kosten darstellt.

Wien, am 16. Juni 2009

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