VwGH 2007/09/0353

VwGH2007/09/035325.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der EW in W, vertreten durch Heinke Skribe + Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Dezember 2004, Zl. UVS-07/A/3/4416/2004, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §18 Abs1 idF 2002/I/126;
AuslBG §18 Abs2 idF 2002/I/126;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 2002/I/160;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VStG §16 Abs2;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AuslBG §18 Abs1 idF 2002/I/126;
AuslBG §18 Abs2 idF 2002/I/126;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 2002/I/160;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VStG §16 Abs2;
VStG §19;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe sowie den Kostenspruch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen (hinsichtlich des Schuldspruches) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 2004 wurde die Beschwerdeführerin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in (teilweiser) Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses für schuldig erkannt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der E G KEG (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) zu verantworten, dass diese vom 4. November 2003 bis zum 8. November 2003 sechs namentlich angeführte Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt worden seien, für die Montage einer Gaststätteneinrichtung in Anspruch genommen habe, ohne dass für die Ausländer Beschäftigungsbewilligungen, Entsendebewilligungen oder Anzeigebestätigungen ausgestellt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b iVm § 18 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verletzt, weshalb sie wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG mit sechs Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.800,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit:

Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einer Woche, vier Tagen und fünf Stunden) bestraft und ihr ein Beitrag zu den Verfahrenskosten auferlegt wurde.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Darstellung der Rechtslage zusammengefasst damit, dass sich das Verwaltungsstrafverfahren auf eine Anzeige des Hauptzollamtes W vom 12. Februar 2004 gründe, wonach anlässlich einer Erhebung am 8. November 2003 die Ausländer in den Räumen der von der Beschwerdeführerin vertretenen KEG betreten worden seien. Die Beschwerdeführerin habe sich im Verwaltungsstrafverfahren dahingehend verantwortet, sie bestreite nicht, dass die Ausländer im angeführten Zeitraum dort gearbeitet hätten. Sie habe eine slowakische Tischlerei, Herrn ML, mit Betriebssitz in der slowakischen Republik damit beauftragt, die Inneneinrichtung eines Lokals herzustellen, zu liefern und zu montieren. Sie hätte sowohl ML als auch den Architekten befragt, ob ML die Arbeiten durchführen könne und dürfe. Die Befragung zweier Anwälte habe ergeben, dass der eine die geplante Vorgangsweise für möglicherweise strafbar, der andere für legal gehalten habe. Die Beschwerdeführerin habe die Kopie eines Werkvertrages vorgelegt.

Die belangte Behörde stellte fest, dass die von der Beschwerdeführerin vertretene KEG dem ML einen Auftrag zur Fertigung, Lieferung und Montage einer Gaststätteneinrichtung erteilt habe und dass die verfahrensgegenständlichen Ausländer im Rahmen dieses Auftrages die Arbeiten durchgeführt hätten.

Der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG sei erfüllt. Die Beschwerdeführerin könne sich nicht damit rechtfertigen, dass ihr die Ausländer unbekannt gewesen seien, sie diese nicht beschäftigt habe und es dem von ihr beauftragten "Gewerbsmann" freigestellt gewesen sei, welcher Arbeitskräfte er sich zur Erfüllung seines Auftrages bediene. Sie hätte als Auftraggeberin gemäß § 2 Abs. 3 lit. b AuslBG für die Erteilung der erforderlichen Bewilligungen sorgen müssen. Es handle sich nicht um "kurzfristige Arbeitsleistungen, für die ihrer Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden" im Sinne des § 18 Abs. 2 AuslBG, die Montage einer Gaststätteneinrichtung falle nicht unter diese Ausnahme des Gesetzes. Für die Beurteilung des Falles sei es auch unerheblich, ob die Montagearbeiten einen großen oder nur einen geringen Teil des erteilten Auftrages darstellten.

Mit den Anträgen, die belangte Behörde solle erheben, ob nicht einigen der Ausländer die Arbeitgebereigenschaft zukomme, habe die Beschwerdeführerin die Aufnahme von unsubstanziierten und unzulässigen Erkundungsbeweisen beantragt, zu deren Aufnahme sei die belangte Behörde nicht verpflichtet.

Bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, die Beschwerdeführerin hätte sich bei der zuständigen Behörde erkundigen müssen, ob bei der von ihr gewählten Vertragskonstruktion Beschäftigungsbewilligungen erforderlich seien. Auch angesichts der ihr von ihr nicht näher genannten Rechtsanwälten erteilten widersprüchlichen Auskünfte hätte sie sich Gewissheit über die Rechtslage verschaffen müssen.

Die belangte Behörde begründete schließlich die Bemessung der Strafe. Grundsätzlich schädige jede Verletzung der zwingenden Bestimmungen des AuslBG in erheblichem Ausmaß staatliche und privatwirtschaftliche Interessen, da sie eine Verzerrung des Wettbewerbs und des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitskräfteangebotes bewirkten Lohndumping und die Hinterziehung von Steuern und Abgaben ermöglichten und den primären Zugang von inländischen Arbeitskräften und eine geregelte Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt verhinderten. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Taten könne daher nicht als geringfügig bezeichnet werden, weil die illegale Beschäftigung von Ausländern auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden führe.

Das Verschulden der Beschwerdeführerin könne nicht als geringfügig angesehen werden, weil nicht hervorgekommen sei und auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen gewesen sei, dass die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Weitere Milderungsgründe seien nicht hervorgekommen, die Beschwerdeführerin habe sich auch in der Verhandlung uneinsichtig gezeigt und habe keine günstige Prognose für ihr weiteres Wohlverhalten zugelassen. Auf die von ihr in der mündlichen Verhandlung bekannt gegebenen allseitigen Verhältnisse sei Bedacht genommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, erstattete keine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 160/2002 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 leg. cit. die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 25 000 Euro.

§ 18 Abs. 1 und 2 AuslBG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 126/2002 lautet:

"§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

(2) Für Ausländer nach Abs. 1, die ausschließlich im Zusammenhang mit kurzfristigen Arbeitsleistungen, für die ihrer Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden, wie geschäftliche Besprechungen, Besuche von Messeveranstaltungen und Kongressen und dergleichen, beschäftigt werden, ist eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung nicht erforderlich."

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde, dass die Ausländer zur Erfüllung eines Auftrages an deren Arbeitgeber, der über keinen Betriebssitz im Inland verfüge, Arbeitsleistungen erbracht haben, und dass diese Arbeitsleistungen von ihr im Sinne des § 18 AuslBG in Anspruch genommen worden sind.

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil sie den verfahrensgegenständlichen Werkvertrag der Zollbehörde angezeigt habe, diese sei von den Arbeiten daher informiert gewesen. Mangels Beanstandung sei ihre Bestrafung daher rechtswidrig.

Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, selbst im Fall des Zutreffens dieses erstmals in der Beschwerde geäußerten Vorbringens hätte dies nicht zur Straflosigkeit der Beschwerdeführerin geführt, weil die Bekanntgabe eines rechtswidrigen Verhaltens an eine Behörde dieses noch nicht rechtmäßig macht.

Mit dem auf § 18 Abs. 2 AuslBG abzielenden Hinweis darauf, die Ausländer wären nur kurze Zeit tätig gewesen, wird ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Die Beschwerdeführerin hat weder im Verwaltungsstrafverfahren noch auch in der Beschwerde eine Begründung dafür gegeben, inwiefern für die Arbeitsleistungen deren Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen hätten werden können. Es ist kein Hinweis darauf zu erkennen, in welcher Hinsicht die Arbeitsleistungen solchen bei geschäftlichen Besprechungen, Besuchen von Messeveranstaltungen und Kongressen und dergleichen gleichzuhalten gewesen wären.

Die Beschwerde hat jedoch so weit Erfolg, als sie sich gegen die Strafzumessung durch die belangte Behörde richtet.

Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse dahingehend dargelegt, dass sie ein monatliches Einkommen von EUR 800,-- beziehe, als Vermögen einen nicht näher bezifferten Firmenanteil an einer KEG besitze und Sorgepflichten für ein Kind habe. Die belangte Behörde hat die Strafbemessung mit dem unklaren Hinweis auf die "allseitigen Verhältnisse", der Erwähnung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin sowie mit spezial- und generalpräventiven Erwägungen begründet. Bei dieser Sachlage erscheint die - in sechs Fällen - über die Beschwerdeführerin verhängte Geldstrafe in ihrer Höhe nicht ausreichend begründet, weil die belangte Behörde nicht dargelegt hat, inwiefern angesichts der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, welche als Milderungsgrund zu werten ist, der auf der Uneinsichtigkeit der Beschwerdeführerin beruhenden negativen Zukunftsprognose und der Gesichtspunkte der Generalprävention trotz des geringen Einkommens der Beschwerdeführerin die Strafen in gegenständlicher Höhe angemessen sind.

Die Strafbemessung hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils einer Woche, vier Tagen und fünf Stunden in sechs Fällen wurde weder im erstinstanzlichen Bescheid noch im angefochtenen Bescheid begründet. Ohne Darlegung der für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafen maßgebenden Überlegungen lässt sich jedoch nicht nachvollziehen, weshalb im Beschwerdefall die Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen nahe an der in § 16 Abs. 2 VStG festgelegten Obergrenze von zwei Wochen geboten war (vgl. zum Erfordernis einer sachlichen Begründung in diesem Fall die hg. Erkenntnisse vom 4. September 2006, Zl. 2003/09/0104, und vom 27. Juni 2007, Zl. 2005/03/0122).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde im Umfang des Schuldspruches gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, im Übrigen aber der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde gemäß § 19 VStG iVm § 34 Abs. 2 StGB sowie im Hinblick auf Art. 6 EMRK auch die Verfahrensgesamtdauer als mildernd zu berücksichtigen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. März 2010

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