VwGH 2007/09/0003

VwGH2007/09/000326.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des JQ in S, vertreten durch Mag. Martina Hosp, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 9a, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg 1. vom 20. Juni 2006, Zl. UVS- 11/10689/2-2006, betreffend Zurückweisung einer Berufung, und

2. vom 20. Juni 2006, Zl. UVS-33/10267/4-2006, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, beides in einer Angelegenheit betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:

  1. 1. Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und
  2. 2. Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VStG §24;
VwGG §46 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VStG §24;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 28. Juni 2005 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, einen namentlich angeführten bosnischen Staatsangehörigen am 21. Oktober 2004 mit landwirtschaftlichen Hilfsarbeiten entgegen § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) beschäftigt zu haben; über ihn wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und § 3 Abs. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- verhängt und ihm Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer mittels RSa-Brief am 30. Juni 2005 zugestellt, in den Akten des Verwaltungsverfahrens liegt diesbezüglich ein vom Beschwerdeführer eigenhändig unterschriebener Rückschein ein.

Mit dem am 24. Oktober 2005 bei der Bezirkshauptmannschaft S per Telefax eingelangtem Schreiben des Beschwerdeführers vom 21. Oktober 2005 führte dieser wie folgt aus (Schreibfehler im Original):

"Am 7.10.05 ging mir per Post eine Mahnung zur o.angef. Zahl in Höhe von 1.100,-- EUR zu. Nachdem ich Tage danach einige Tage im Spital war, konnte ich am 20.10. auf nachfragen in der BH SU erfahren, aus welchem Verfahren besagte Vorschreibung besteht. Ich muß dazu bekanntgeben, dass mir momentan nicht bekannt ist, wohin der an mir ergangene Bescheid gekommen ist. Jedenfalls hatte ich zu dieser Zeit, Ende Juni mehrere Briefe von der BH SU erhalten und war auch mehrmals im Amt der BH SU, wie Gewerbeamt, Vetrinäramt, Polizeiamt;

Da mir gegenwärtig auch der Inhalt des Bescheides sowie die Begründung des Schuldspruches nicht bekannt ist, da ich den Bescheid bis dato nicht finden konnte, möchte ich allgemein Verfasst wie folgt, aufgrund des Versäumnisses den 'Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand' stellen und nachfolgender Berufung anschließen.

Aufgrund mir zur Zeit unerklärlicher Umstände des außer Acht geratenen Bescheides Z 30308/369-41107-2004 und daher nicht erfolgter Berufung zur Auferlegten Geldleistung von 1100,- EUR stelle ich hiermit den

Antrag 'auf Einsetzung in den vorherigen Stand' Begründung: Obwohl ich, wie o.angef. dazumals mehrere Termine im h h Amt wahrzunehmen hatte und zudem durch eine dem Amt bekannten Intrige einer äußerst ungemeinen Anzeigenflut durch Tierschützer u. dgl. ausgesetzt war, sowie durch ausbleiben der Arbeitskraft und intensiver gesundheitlicher Gefährdung der Eltern muß mir in dieser Arbeitsintensiven Phase, zudem mehrere Verschiebungen des Almauftriebes wegen Unwetter u dgl. der eingegangene Bescheid abhanden gekommen sein bzw. unbeachtet geblieben.

Nicht allein wegen der Höhe der Vorschreibung sondern auch der angebliche Umstand der Bestrafung (genauer Text mir dzt noch nicht bekannt), muß einem großen Fehlurteil unterliegen, weswegen ich hiermit den Antrag auf Berufung gegen dieses Straferkenntnis einbringe.

Meine Begründung: Wenn d. h.h. Amt meine Angaben im Ermittlungsverfahren gewürdigt hätte, hätte diese Anzeige abgewiesen werden müssen. Der besagte Mann hat bei mir lediglich ein Zimmer m. Küche bezogen, bzw. hergerichtet für gelegentliche Nächtigungen für die bevorstehende Arbeitsbewilligung. Die mir angediehene Hilfe, war im Verlauf der Geburt eines Kalbes im Stall. "

Mit Bescheid vom 23. März 2006 gab die Bezirkshauptmannschaft S dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer das Schriftstück offensichtlich verlegt habe. Dabei handle es sich keinesfalls um ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis, das einen zulässigen Grund für eine Wiedereinsetzung darstellen könne.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 28. Juni 2005 gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer weder die eigenhändige Übernahme des Straferkenntnisses am 30. Juni 2005 noch die Verspätung seiner Berufung in Zweifel gezogen habe, weshalb die Berufung zurückzuweisen sei.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2006 gab diese der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 23. März 2006 betreffend die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG keine Folge und begründete diesen Bescheid im Wesentlichen damit, dass auf Grund des aktenkundigen Rückscheines feststehe, dass der Beschwerdeführer das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 28. Juni 2005 am 30. Juni 2005 eigenhändig übernommen habe. Die Versäumung der Berufungsfrist rühre nach seinen eigenen Angaben offenbar daher, dass er das Straferkenntnis verloren habe. Nähere Gründe, weshalb es dazu gekommen sei, habe er nicht angegeben. Es könne sein, dass der Brief unter Zeitungen, Werbematerial oder Ähnliches gelangt sei oder, nachdem er diesen auf dem Feld übernommen habe, vom Wind verweht oder durch irgendwelche Umstände vom Traktor gefallen sei. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen darzulegen, wie es im konkreten Fall zu dem "Verlieren" des zugestellten Straferkenntnisses gekommen sei. Die von ihm vorgetragenen Umstände belegten, dass er die im Umgang mit behördlichen Schriftstücken übliche Sorgfalt nicht an den Tag gelegt habe. Es sei allgemein evident, dass behördliche Schriftstücke bei erster Gelegenheit zumindest oberflächlich zu sichten seien, um den wesentlichen Inhalt und allfällige Fristen zu erfassen, wenn dem Beschwerdeführer das Schriftstück auf offenem Felde ausgehändigt worden sei, so hätte er sich spätestens am Abend des betreffenden Tages fragen müssen, wo das übernommene Dokument hingekommen sei und gegebenenfalls es noch suchen oder bei der Behörde ein Duplikat anfordern können. Dass ein solches Schriftstück ebenso wenig unter Zeitungen und Werbematerial aufbewahrt werden dürfe, sei offensichtlich, weil hier das Risiko, dass es mit dem Altpapier entsorgt werde, zu groß sei. Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass der Verlust des Straferkenntnisses durch ein Ereignis erfolgt sei, das nur auf einen minderen Grad des Versehens beruhe.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, sie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte im Verfahren gegen den erstangefochtenen Bescheid die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem im Grunde des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, und beginnt die Frist für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens keinen Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 28. Juni 2005 am 30. Juni 2005 eigenhändig übernommen hat. Ein diesbezüglich vom Beschwerdeführer unterschriebener Rückschein liegt in den Akten des Verwaltungsverfahrens ein. Die aus diesem Umstand gezogene Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass die Berufung des Beschwerdeführers verspätet eingebracht sei, begegnet daher keinen Bedenken, weshalb der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid ein Erfolg zu versagen war.

Gemäß dem im Grunde des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Auch die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid hat erfolglos zu bleiben: Diesbezüglich braucht nur auf die von Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. Auflage 1998, unter E 161 ff, zu § 71 AVG dargestellte hg. Rechtsprechung verwiesen werden, wonach die Behauptung beruflicher Überlastung nicht hinreicht, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen. Auch im vorliegenden Fall musste die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer behauptete betriebliche und familiäre Belastungssituation nicht als ausreichenden Grund für die Gestattung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist ansehen, und diesbezüglich ließ bereits die gegen den zweitangefochtenen Bescheid gerichtete Beschwerde erkennen, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag. Diese Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insb. § 52 Abs. 1 VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 26. Februar 2009

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