VwGH 2007/06/0245

VwGH2007/06/024517.8.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, in der Beschwerdesache des R T in X, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. August 2007, Zl. FA13B-12.10-P200/2007-2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1. Dipl. Ing. S in Y, vertreten durch Mag. Detlev Baumgarten, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Plankengasse 7; 2. Gemeinde Z), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 beantragte der Erstmitbeteiligte die Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau einer Scheune zum Einfamilienhaus auf dem Grundstück Nr. 697/3, KG Z. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 2007 wurde dem Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. April 2007 als unbegründet abgewiesen. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Diese Beschwerde wurde am 27. September 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

Mit Bescheid vom 19. Mai 2008 behob die belangte Behörde gemäß § 32 Abs. 1 und 3 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 auf Grund des § 101 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 iVm § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG die Bescheide des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. April 2007 (Spruchpunkt I) und des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. März 2007 (Spruchpunkt II) und erklärte beide Bescheide für nichtig, weil keine Auseinandersetzung mit den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der geplanten Baumaßnahmen im Freiland stattgefunden habe. Dagegen wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Beschwerde erhoben.

In einer Stellungnahme vom 10. März 2009 bestand der Beschwerdeführer darauf, dass die Bescheidbeschwerde dennoch weiter zu behandeln sei. Zwar seien offensichtlich von Amts wegen der erst- und zweitinstanzliche Bescheid für nichtig erklärt worden, es seien jedoch neuerlich Bescheide erster und zweiter Instanz erlassen worden, ohne dass wesentliche Änderungen seitens der Behörde vorgenommen worden seien. Die in der Bescheidbeschwerde aufgezeigten Mängel und Verletzungen der subjektiven Rechte des Beschwerdeführers lägen nach wie vor vor. Es sei neuerlich eine Baubewilligung erstinstanzlich erteilt und zweitinstanzlich bestätigt worden und die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers sei wiederum von der belangten Behörde abgewiesen worden. Dagegen werde der Beschwerdeführer neuerlich eine Bescheidbeschwerde erheben (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2009/06/0052).

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides

eingetreten ist (vgl. den hg. Beschluss vom 31. März 2009, Zl. 2008/06/0191).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 31. März 2009).

Gegenstandslosigkeit wird gemäß der hg. Judikatur angenommen, wenn durch die Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Die Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (insbesondere Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) gewähren einer Partei nicht den Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit an sich, sondern nur auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei (sozusagen fortwirkend) eingreifen (siehe den zitierten hg. Beschluss vom 31. März 2009, mwN).

Die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Beschwerdefall gegeben: Die Beschwerde richtet sich gegen die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte. Diese könnte in der Sache nur durch die Baubewilligung gegeben sein. Dadurch, dass die Baubewilligungen erster und auch zweiter Instanz für nichtig erklärt worden sind, können diese Rechtsverletzungen somit nicht mehr fortbestehen, und zwar auch unbeschadet dessen, dass der in Beschwerde gezogene Vorstellungsbescheid selbst nicht formell aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde und mit ihm die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen worden ist.

Das Verfahren war daher spruchgemäß einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach § 58 Abs. 2 VwGG daher in solchen Fällen grundsätzlich Kosten zuzusprechen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre, also bei offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wäre dem Beschwerdeführer ein Aufwandersatz zuzusprechen, wenn die Beschwerde offenkundig unbegründet ist, hingegen der belangten Behörde. Würde die Entscheidung über diese Fragen einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs. 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (vgl. z.B. den zitierten hg. Beschluss vom 31. März 2009, mwN).

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu. Nach freier Überzeugung kommt der Verwaltungsgerichtshof damit gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu dem Ausspruch, dass ein Zuspruch von Aufwandersatz nicht stattfindet.

Wien, am 17. August 2010

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