Normen
ABGB §1175;
AVG §13 Abs3;
AVG §9;
B-VG Art83 Abs2;
ABGB §1175;
AVG §13 Abs3;
AVG §9;
B-VG Art83 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem hier gegenständlichen Bauansuchen war ein mit "Vollmacht" überschriebenes Schreiben mit folgendem Inhalt angeschlossen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Die ARGE T Ges.n.b.R., (...; im Folgenden: ARGE), vertreten durch ihre Gesellschafter A-GmbH (...) und B-AG (...), errichtet für beide Gesellschafter Standorte für Telekommunikationsanlagen. Die ARGE T bevollmächtigen
Frau E. R., geboren am (...), mit Rechtswirkung für die ARGE T, folgende Handlungen zu setzen:
1. Sämtliche in bau-, forst-, eisenbahn-, wasser- und naturschutzrechtlichen Verfahren notwendigen Planungsunterlagen zu unterzeichen sowie Anträge und sonstige rechtlich gebotene Handlungen betreffend der Umwidmung von Liegenschaften vorzunehmen.
2. Die ARGE T bei Bauverhandlungen und sonstigen baurechtlichen und sonstigen verwaltungsrechtlichen Verfahren rechtswirksam zu vertreten.
3. Diese Vollmacht ist auf die Dauer von 12 Monaten ab deren Ausstellungsdatum befristet, und verliert danach ihre Gültigkeit.
Wien, am 01. Oktober 2005
Für die ARGE T:"
Unterfertigt ist dieses Schreiben sowohl von Vertretern der A-GmbH wie von Vertretern der B AG.
Auf einem Briefpapier der X GmbH (im Folgenden: Bauführerin) wurde mit Datum vom 18. August 2006 das gegenständliche Bauansuchen, betreffend die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf einem bestimmten Grundstück in Klagenfurt, eingebracht. Wörtlich wird ausgeführt:
"Im Namen von ARGE ... (vertreten durch ihre Gesellschafter
(A-GmbH ...) und (B-AG ...)) möchten wir - als beauftragter Generalunternehmer - für o.a. Bauvorhaben um Bewilligung ansuchen."
Unterfertigt ist dieses Ansuchen von E. R. über einem Stempelaufdruck der Bauführerin.
Bei der Verhandlung vom 16. Oktober 2006 haben Nachbarn Einwendungen erhoben; gleichzeitig wurde eine Unterschriftenliste von Vorhabensgegnern überreicht.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Landeshauptstadt vom 15. November 2006 wurde die begehrte Baubewilligung zur Errichtung einer Mobilfunkanlage erteilt. Der Bescheid erging nach seinem Verteiler an die als Antragstellerin bezeichnete ARGE, vertreten durch die A-GmbH und die B-AG.
Mit Schreiben vom 27. November 2006, welches 23 Unterschriften aufweist, erhoben die dort genannten Personen Berufung aus folgenden Gründen:
"1. dem Schutz der Gesundheit der Anrainer wird
ungenügend Rechnung getragen.
2. das Orts- und Erscheinungsbild des Stadtteils
Tessendorf wird zerstört und nachhaltig beeinträchtigt."
Mit Bescheid vom 5. März 2007 hob die Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt "zufolge Anrainerberufungen" den angefochtenen Bescheid gemäß § 91 Abs. 1 und 4 des Klagenfurter Stadtrechts in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG auf und wies das Baubewilligungsansuchen vom 18. August 2006 zurück. Als Antragstellerin sei die ARGE aufgetreten, der es an Rechtspersönlichkeit fehle, sodass auch keine Parteifähigkeit im Baubewilligungsverfahren nach der Kärntner Bauordnung vorliege. Der Antrag hätte daher keine Wirkung entfalten dürfen; im vorliegenden Fall sei aber der Baubewilligungsbescheid den Anrainern gegenüber rechtswirksam zugestellt und daher erlassen worden. Demjenigen, dessen Parteifähigkeit fraglich sei, komme die Parteifähigkeit zumindest im Streit über deren Vorliegen zu, weshalb der im Namen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebrachte Antrag mit einem dieser zuzustellenden Bescheid zurückzuweisen sei.
Dagegen wurde mit Schreiben vom 21. März 2007, unterfertigt von E. R., Vorstellung erhoben; darin wird als Antragstellerin, von der diese Vorstellung erhoben wird, die ARGE, vertreten durch ihre Gesellschafter A-GmbH und B-AG, bezeichnet. Vorgebracht wird darin, dass das Bauansuchen seitens E. R., Bevollmächtigte der A GmbH und der B AG als Vertreter der ARGE, eingebracht worden sei. Die Baubewilligung sei der Vorstellungswerberin (also der ARGE) erteilt worden. Bauwerber seien eindeutig die beiden Gesellschafter der ARGE, weshalb das Bauansuchen nicht zurückgewiesen werden konnte. Dass im Bewilligungsbescheid als Bescheidadressat lediglich die ARGE angeführt worden sei, sei ein Versehen in der Adressierung gewesen, welches die Berufungsbehörde hätte berichtigen müssen.
Dem Vorstellungsschriftsatz angeschlossen (siehe den Hinweis "Vollmacht" im Schriftsatz) war ein mit Vollmacht bezeichnetes Schreiben vom 28. August 2006. Darin bevollmächtigten die A-GmbH und die B-AG "als ARGE" Frau E. R., die A-GmbH und die B-AG als ARGE in Verwaltungsverfahren gemäß § 10 Abs. 1 AVG rechtswirksam zu vertreten. Diese Vollmacht wurde befristet bis 31. Dezember 2007 erteilt. Sie wurde für die ARGE von Organen der A GmbH und der B AG unterfertigt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die Vorstellungsbehörde den Bescheid der Bauberufungskommission auf und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Klagenfurt zurück. Der Antrag sei von der Bauführerin, vertreten durch E. R., im Namen der ARGE, vertreten durch ihre Gesellschafterinnen, gestellt worden. Aus den miteingereichten Plänen gehe eindeutig hervor, dass Bauherr die ARGE, vertreten durch ihre Gesellschafterinnen, sei. Durch die Anführung "vertreten durch ihre Gesellschafter" sei dem Erfordernis nach einer vorhandenen Rechtspersönlichkeit bzw. Parteifähigkeit Genüge getan worden. In der Baubewilligung sei der Adressat der Bewilligung durch die Zustellverfügung mit hinreichender Deutlichkeit bestimmt worden. Durch die dortige Anführung der ARGE als Antragstellerin, vertreten durch die beiden Gesellschafterinnen, bestehe kein Grund zur Annahme, dass es zu einem Verstoß gegen die Bestimmung des § 59 AVG gekommen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass in der Beschwerde (Seite 1) der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt als Beschwerdeführer angeführt ist, auch auf Seite 2 heißt es, dass der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt gegen den genannten Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhebe.
Gemäß § 101 Abs. 1 Klagenfurter Stadtrecht 1998 hat im aufsichtsbehördlichen Verfahren, einschließlich des auf Grund einer Vorstellung eingeleiteten Verfahrens, die Stadt Parteistellung. Sie ist berechtigt, gegen die Landesregierung vor dem Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 und 132 des B-VG) Beschwerde zu führen.
Eine Beschwerdeermächtigung des Bürgermeisters - der hier ja auch den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hat - ist weder dem § 101 Abs. 1 Klagenfurter Stadtrecht noch dem Art. 119a Abs. 9 B-VG zu entnehmen. Allerdings ist die vorliegende Beschwerde "für die Landeshauptstadt Klagenfurt" vom Bürgermeister unterfertigt, sodass im Gegensatz zur irrtümlichen Bezeichnung im Kopf der Beschwerde die Landeshauptstadt Klagenfurt als Beschwerdeführerin angesehen werden kann.
Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen und an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Gemäß § 9 AVG ist, insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
Nach § 9 Abs. 1 Kärntner Bauordnung 1996 (zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 77/2005; BO) ist die Erteilung der Baubewilligung schriftlich bei der Behörde zu beantragen. Der Abs. 3 dieser Bestimmung spricht vom "Bewilligungswerber"; an anderer Stelle (§ 14 Abs. 2, § 20, § 24, § 27) ist - eindeutig gleichbedeutend - vom "Bauwerber" die Rede.
Da im hier gegenständlichen Bauansuchen vom 18. August 2006 "im Namen" der ARGE, "vertreten durch" ihre namentlich genannten Gesellschafter, eingeschritten wurde, spricht der erste Anschein dafür, dass als Bauwerberin und somit Partei im Sinne des § 8 AVG die ARGE, die sich selbst als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht bezeichnet, eingeschritten ist.
Wie dem Verwaltungsgerichtshof auch aus einer Reihe früherer Beschwerdefälle bekannt ist (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2009, Zl. 2008/05/0007, betreffend eine Mobilfunkanlage in der Marktgemeinde Paternion), haben sich die beiden Telekommunikationsunternehmen A-GmbH und B-AG zu einer Gesellschaft zwecks Errichtung von Telekommunikationsanlagen zusammengeschlossen; ein solcher gemeinsamer Zweck ist Wesensmerkmal der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Grillberger in Rummel3, § 1175 ABGB, Rz 17). Die GesbR ist Außengesellschaft, wenn die Beteiligten im Rechtsverkehr mit Dritten als Gesellschaft auftreten, das heißt Rechtsgeschäfte im Namen der Gesellschaft abgeschlossen werden (Grillberger, aaO, Rz 25).
Im Zivilprozess zwischen GesbR und Dritten kann die GesbR selbst (unter einer Gesamtbezeichnung) nicht auftreten, da sie keine juristische Person ist; sie ist nicht parteifähig, als Kläger und Beklagter müssen also die Gesellschafter selber auftreten. Tritt die GesbR (unter Gesamtnamen) dennoch als Kläger oder Beklagter auf, wurde aber die Prozessvollmacht des Anwalts von allen Mitgliedern ausgestellt, liegt bloß fehlerhafte Parteibezeichnung vor, die im Verbesserungsverfahren berichtigt werden kann. Im fortgeschrittenen Verfahren kommt eine Zurückstellung der Klage zu diesem Zweck nicht mehr in Betracht, das Gericht muss von sich aus auf die Klarstellung der Parteienbezeichnung hinwirken. Auch nachträgliche Bevollmächtigung durch die Gesellschafter ist möglich. Die Berichtigung der Parteienbezeichnung ist gemäß § 235 Abs. 5 ZPO in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen (Grillberger, aaO, Rz 27, mwN).
Diese Erwägungen sind auf Grund des Verweises in § 9 AVG auf das Verwaltungsverfahren zu übertragen. Wohl führt die mangelnde Parteifähigkeit der GesbR dazu, dass diese (allein) nicht Antragstellerin im baubehördlichen Bewilligungsverfahren sein kann (vgl. zu einer Nachbar-GesbR das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 92/05/0112). Hier wurden aber die Gesellschafter der GesbR ausdrücklich genannt; insbesondere wurde die Bevollmächtigung einer Person zur Einbringung von Anträgen im Bauverfahren von den Gesellschaftern unterfertigt. Die Wortwahl "ARGE, vertreten durch" stellt lediglich eine verfehlte Parteienbezeichnung dar, die in Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG vom Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz hätte berichtigt werden müssen.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass auf Grund der umfassenden Sachentscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde das im § 13 Abs. 3 AVG normierte Verbot der sofortigen Zurückweisung eines derart fehlerhaften Anbringens auch von der Berufungsbehörde wahrzunehmen ist (vgl. Hengstschläger-Leeb, AVG § 13, Rz 28).
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27. November 2006, VfSlg. Nr. 17.988, eine Zurückweisung ohne Verbesserungsverfahren wegen unrichtiger Parteienbezeichnung als Verweigerung der Sachentscheidung qualifiziert, womit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden war (ebenso Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2008, B 1629/07).
Inwieweit eine Verletzung des Parteiengehörs durch die Vorstellungsbehörde erfolgt sein soll, ist schon deshalb nicht erkennbar, weil die Vorstellungsbehörde kein Beweisverfahren durchgeführt hat und ihr dieselben Unterlagen zur Verfügung standen wie der Berufungsbehörde. Soweit die Beschwerdeführerin die Bezeichnung des Bescheidadressaten im erstinstanzlichen Bescheid als dem § 59 AVG widersprechend rügt, ist nicht erkennbar, inwiefern eine solche Fehlbezeichnung im erstinstanzlichen Bescheid zur Zurückweisung des Bauansuchens führen konnte.
Dem Vorstellungsschriftsatz vom 21. März 2007 lag eine Vollmacht vom 28. August 2006, befristet bis 31. Dezember 2007, bei. Darin haben ausdrücklich die beiden Gesellschafter Frau E. R. bevollmächtigt, die beiden Gesellschafter "als ARGE" zu vertreten, sodass nicht einmal ein Anlass zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens bestand.
Der Versuch der Berufungsbehörde, einer in der Sache aussichtslosen Berufung (zur Gesundheitsbeeinträchtigung von Handymasten siehe zuletzt Jahnel, Handymasten im Baurecht - neueste Entwicklungen, Baurechtliche Blätter 2009, 89 ff., insbes. 95) durch eine grundrechtsverletzende Formalentscheidung zum Erfolg zu verhelfen, hält auch der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 16. September 2009
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