Normen
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Allg Krnt 1998 §95 Abs4;
GdO Allg Krnt 1998 §95 Abs5;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Allg Krnt 1998 §95 Abs4;
GdO Allg Krnt 1998 §95 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 15. März 2004 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 35 Wohneinheiten inklusive Tiefgarage auf ihrem im Bauland-Wohngebiet liegenden Grundstück Nr. X, KG S.
Die Beschwerdeführer sind (Mit-)Eigentümer von im gemischten Baugebiet liegenden Grundstücken. Auf dem östlich des Baugrundstückes liegenden Grundstück Nr. Y betreiben die Beschwerdeführer ein seit 1650 bestehendes Sägewerk. Sie wendeten ein, dieses Sägewerk verursache erhebliche Lärmemissionen, weshalb bei Bewilligung und Errichtung des geplanten Bauvorhabens mit zusätzlichen Auflagen gemäß § 79 GewO zu rechnen sei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 1. Februar 2005 wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.
Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Spittal an der Drau vom 15. Juli 2005 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer und anderer Nachbarn als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer und anderer Anrainer wurde dieser Bescheid mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 21. Oktober 2005 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde zurückverwiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit der Widmungskategorie Bauland-Wohngebiet ein Immissionsschutz verbunden sei. Bei einer massierten Anordnung der Stellplätze bzw. einer bestimmten Situierung der Zufahrt zur Tiefgarage direkt an der Grundstücksgrenze könne der Nachbar in seinem Recht auf Immissionsschutz auch dann verletzt sein, wenn die Errichtung der Stellplätze in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolge. Beim gegenständlichen Bauvorhaben sei vom Vorliegen derartiger besonderer Umstände, die eine Auseinandersetzung mit der Art und dem Ausmaß der zu erwartenden Immissionen erforderlich mache, auszugehen. Dies nicht allein deshalb, weil das Bauvorhaben die Zahl der nach dem textlichen Bebauungsplan der Stadtgemeinde Spittal an der Drau vorgesehenen Pflichtstellplätze um vier geringfügig überschreite, sondern auch weil die Zufahrt zur Tiefgarage unmittelbar entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. Y über eine Länge von über 40 m erfolgen solle. Auf Grund dieser langen Zufahrt lasse sich eine über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Belästigung durch den Pkw-Verkehr auf dem Baugrundstück jedenfalls nicht von vornherein ausschließen. Die Berufungsbehörde hätte daher die Art und das Ausmaß der von dem Bauvorhaben ausgehenden Immissionen nach Beiziehung eines technischen Sachverständigen feststellen müssen. Daran anschließend wären die Auswirkungen dieser Immissionen auf den menschlichen Organismus durch einen medizinischen Gutachter zu beurteilen gewesen. Da die Berufungsbehörde jedoch keinerlei Feststellungen über die vom Bauvorhaben ausgehenden Immissionen getroffen habe, sei das Ermittlungsverfahren diesbezüglich ergänzungsbedürftig geblieben. Dadurch habe die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge eines wesentlichen Verfahrensmangels belastet. Im Zuge des auf Gemeindeebene fortzusetzenden Verfahrens werden sich die Baubehörden daher mit der Frage der zu erwartenden Immissionsbelastung auseinander zu setzen haben und zwar in der Weise, dass ein lärm- bzw. umwelttechnischer Sachverständiger Art und Ausmaß der Immissionen, ein umweltmedizinischer Sachverständiger aber deren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus festzustellen haben werde. Weiters werde das von der Bauwerberin beigebrachte Privatgutachten durch einen Amtssachverständigen zu prüfen sein.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2007, B 3548/05- 14, abgelehnt und über Antrag der Beschwerdeführer diese Beschwerde mit Beschluss vom 14. Mai 2007, B 3548/05-16, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer ihrem gesamten Vorbringen zufolge im Recht auf Nichterteilung einer Baubewilligung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und führen aus, die mitbeteiligte Stadtgemeinde habe im Jahre 1972 einen Flächenwidmungs- und Teilbebauungsplan für den Bereich der "H-Gründe" erlassen, wobei dieser Bereich auch das Baugrundstück umfasst habe. In diesem Teilbebauungsplan sei festgelegt worden, dass auf den "H-Gründen" nur Einfamilienhäuser in Kniestockbauweise errichtet werden dürften. Da die belangte Behörde bei Prüfung der Vorstellung diesem Umstand keine Beachtung geschenkt habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Das Bauvorhaben reiche bis auf 7 m an ihr Sägewerk heran. Damit sei aber die Wohnqualität des zu schaffenden Vorhabens höchst fragwürdig. Die belangte Behörde hätte pflichtgemäß den Bescheid der Berufungsbehörde mit bindender Wirkung beheben und das Bauansuchen abweisen müssen. Der Teilbebauungsplan aus dem Jahre 1972 sei nach wie vor in Geltung. Die Baubewilligung sei verordnungswidrig erteilt worden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde in Stattgebung der Vorstellung der Beschwerdeführer der die erstinstanzliche Baubewilligung bestätigende Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Spittal an der Drau vom 15. Juli 2005 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die erstmitbeteiligte Stadtgemeinde zurückverwiesen.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihren Rechten verletzt.
Für die Beurteilung der Beschwerdesache ist von § 95 Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung (K-AGO) auszugehen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):
"§ 95
Vorstellung
(1) Wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben.
...
(4) Die Landesregierung hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuweisen. Die Landesregierung hat in diesen Bescheiden ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Gemeinde bei ihrer neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Landesregierung gebunden ist (Abs. 5). Die Landesregierung hat ihre Entscheidung über eine Vorstellung neben den Parteien des Vorstellungsverfahrens auch allen Parteien des gemeindebehördlichen Verfahrens zuzustellen.
(5) Die Gemeinde ist verpflichtet, bei der neuerlichen Entscheidung (Abs. 4 erster Satz) der Rechtsansicht der Landesregierung Rechnung zu tragen. Die Gemeinde hat in dieser neuerlichen Entscheidung auch ausdrücklich anzuführen, dass ihre Entscheidung in Bindung an die Rechtsansicht der Landesregierung ergeht. Trägt die Gemeinde entgegen der Verpflichtung des ersten Satzes bei einer neuerlichen Entscheidung der Rechtsansicht der Landesregierung nicht Rechnung, so ist dieser Bescheid mit Nichtigkeit bedroht.
..."
Die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde hatte daher nicht in der Sache selbst - reformatorisch - zu entscheiden, vielmehr war sie gemäß § 95 Abs. 4 K-AGO nur befugt, den von den Beschwerdeführern bekämpften Berufungsbescheid gegebenenfalls aufzuheben, also eine kassatorische Entscheidung zu treffen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0241). Die aufsichtsbehördliche Kontrolle ist eine bloß nachprüfende Rechtmäßigkeitskontrolle, weshalb die belangte Behörde das Bauansuchen - wie von den Beschwerdeführern in den Beschwerdegründen - begehrt, nicht abweisen durfte, vielmehr den bekämpften Bescheid nur aufheben konnte.
Rechte einer Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde (Art. 119a Abs. 5 B-VG), können durch die Begründung dieses aufhebenden Bescheides nur insofern verletzt werden, als dadurch Rechtsansichten auf die Gemeindebehörde überbunden wurden (§ 95 Abs. 4 und 5 K-AGO). Eine Bindung an die Begründung eines kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheides besteht jedoch nur insoweit, als diese Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2006, Zl. 2005/05/0225).
Keine Bindung besteht an Rechtsansichten, die für die Aufhebung nicht maßgeblich waren. Parteien des aufsichtsbehördlichen Verfahrens können daher einen kassatorischen Vorstellungsbescheid ausschließlich deshalb vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfen, weil die die Aufhebung tragenden Gründe ihrer Ansicht nach unzutreffend seien (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2005, Zl. 2005/05/0277, mwN).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der in Vorstellung gezogene Berufungsbescheid der mitbeteiligten Stadtgemeinde wegen Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes aufgehoben. Der Baubehörde zweiter Instanz wurde bindend aufgetragen, in dem aufgezeigten Sinn die Sachverhaltsbasis durch Ergänzung der Sachverständigengutachten zu verbreitern und auf dieser Grundlage neuerlich eine Beurteilung der Frage zu treffen, ob auf Grund der zu erwartenden Immissionsbelastung das eingereichte Bauvorhaben bewilligungsfähig ist. Der angefochtene Bescheid enthält keine weiteren tragenden Aufhebungsgründe, weshalb die in der Beschwerde behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen.
Aus den dargestellten Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 24. Juni 2009
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