VwGH 2007/05/0013

VwGH2007/05/001316.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde 1. der F N, 2. der Mag. H N, beide in Wien, beide vertreten durch Prunbauer, Themmer, Toth & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Dezember 2006, Zl. RU1-G-9/002-2006, betreffend Bewilligung des Baus einer Gemeindestraße nach dem NÖ Straßengesetz 1999 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Rosenburg-Mold in 3573 Rosenburg, Rosenburg 25), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
LStG NÖ 1999 §11;
LStG NÖ 1999 §12 Abs2;
LStG NÖ 1999 §12;
LStG NÖ 1999 §13 Abs1 Z2;
LStG NÖ 1999 §13 Abs1;
LStG NÖ 1999 §13 Abs2;
LStG NÖ 1999 §6 idF 8500-1;
LStG NÖ 1999 §6;
LStG NÖ 1999 §9 Abs1;
LStG NÖ 1999 §9 Abs2;
LStG OÖ 1991 §36 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführerinnen insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte am 2. Mai 2005 gemäß § 12 NÖ Straßengesetz "die Bewilligung der Erschließungsstraße für die Häuser Stallegg 2, 9, 15 und 16". Grundlage dieses Antrages war der Bestandsplan im Maßstab 1 : 100 des Baumeisters K.G. vom 17. September 2004 mit dem Plan Nr. 11 und der Baubeschreibung des Planverfassers mit folgendem Inhalt:

"Baubeschreibung

über die Errichtung eines asphaltierten Weges auf den Grundstücken 89 und 49/2, 91 und 29/1 der KG Stallegg für die Gemeinde Rosenburg-Mold, 3573 Rosenburg 25.

Dieser Baubeschreibung liegt der Bestandsplan vom 17.09.2004 im Maßstab 1 : 100 zu Grunde.

Der asphaltierte Weg wurde entlang der Grundstücke 51, 54/3, 54/2, 55/3 und 56/2 errichtet. Die asphaltierte Fläche weist verschiedene Breiten und zwar von 2,70 m bis 6,60 m auf und soll im Wesentlichen durchgehend auf 6 m verbreitert werden. Entlang der anschließenden Grundstücksgrenzen wurden abwechselnd angelegte Grünstreifen mit einer Breite von 0,80 m bis 1,30 m angelegt. Die Fahrbahn hat ein mittleres Quergefälle von ca. 3 % und ein allgemeines Längsgefälle von ca. 0,8 %. Die Entwässerung der asphaltierten Fläche erfolgt in die Grünfläche, welche parallel zum Kampfluss verläuft. Der Aufbau des Straßenbelages besteht aus:

3 cm Verschleißschicht, 12 cm Asphaltbelag, 15 cm Tragschicht und 40 cm Frostschutzschicht.

Eine Kanalleitung wurde teilweise im asphaltierten Bereich und teilweise im Grünflächenbereich zur Abwasserentsorgung der vier anliegenden Wohnhäuser verlegt. Verschiedene Versorgungskästen wurden im Bereich der Einfriedungen errichtet. Zur Löschwasserversorgung wurde ein Löschwasserhydrant installiert. Zur Beleuchtung der Fahrbahn wurden vier Lichtpunkte eingerichtet.

Alle übrigen Angaben sind aus den erliegenden Einreichunterlagen ersichtlich."

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat in seiner Sitzung vom 23. September 2004 folgende Verordnung (Erklärung zur Gemeindestraße) beschlossen:

"Gemäß § 6 NÖ Straßengesetz 1999, LGBl. 8500 i.d.g.F., wird die in beiliegenden, von Baumeister K.G. erstellten Einreichunterlagen (Plan Nr. 11 und Baubeschreibung jeweils vom 17.9.2004) dargestellte Straße auf den Parzellen 89, 49/2, 29/1 und 91, KG Stallegg, zur Gemeindestraße erklärt."

Die Beschwerdeführerinnen sind Eigentümerinnen des Grundstückes Nr. 49/2, KG Stallegg, auf welche sich auch das Straßenbauvorhaben bezieht, sowie des an das Straßenbauvorhaben anrainenden Grundstückes Nr. 51, KG Stallegg. Sie sprachen sich gegen das Vorhaben aus, weil die durch die Gemeindestraße zu erschließenden Grundstücke und Gebäude ohnehin über das öffentliche Gut hinreichend erschlossen seien und keine Notwendigkeit bestehe, ihr Grundstück Nr. 49/2 in das Bauvorhaben mit einzubeziehen; die Bedarfsdeckung sei auch über einen Alternativweg möglich. Die geplante Verbreiterung der Straße auf 6 m sei nicht notwendig, zumal kein Verkehrsbedürfnis bestehe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. Juni 2005 wurde auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2005 die beantragte Straßenbaubewilligung erteilt.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerinnen wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Juli 2005 als unbegründet abgewiesen.

Der Berufungsbescheid wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 4. Jänner 2006 infolge Vorstellung der Beschwerdeführerinnen aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde zurückverwiesen, weil das der Entscheidung der Straßenbaubehörden zu Grunde gelegte Gutachten des straßenbautechnischen Sachverständigen nicht schlüssig sei. Die Notwendigkeit der Errichtung der Straße sowie die gewählte Trassenführung sei nicht geklärt.

Die Berufungsbehörde ergänzte an Ort und Stelle das Ermittlungsverfahren und holte ein Gutachten des straßenbautechnischen und straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen ein. Dieser erstattete in der Verhandlung vom 16. Juni 2006 folgendes Gutachten:

"Im Gegenstand handelt es sich um einen Wegausläufer, welcher vom öffentlichen Weg Grundstück 91, KG Stallegg, rechtsufrig des Kampflusses verläuft und eine Länge entlang des Baulandes von ca. 120 m aufweist. In der Natur ist dieser Weg bereits staubfrei befestigt, wobei im südlichen Abschnitt eine befestigte Breite von knapp 2,5 m und im nördlichen Teil entsprechende Überbreiten bis über 6 m vorhanden sind. Seinerzeit diente dieser Weg der Zufahrt zu Grünland-Grundstücken. In weiterer Folge der Erschließung von Grünland-Bauten. Seit der Neuerlassung des örtlichen Raumordnungsprogrammes im Jahre 2002 ist entlang dieses Weges Bauland-Wohngebiet gewidmet und dieser Weg als Verkehrsfläche ausgewiesen. Der Weg ist damit als Erschließungsstraße im Bauland-Wohngebiet mit einseitiger Bauland-Widmung vorhanden. Ein Wendeplatz ist im Flächenwidmungsplan erst im anschließenden Grünland-Bereich eingetragen und in der Natur nicht vorhanden.

Der Weg wurde entlang des nunmehrigen Baulandes nach dem Hochwasser 1996 asphaltiert, ohne das entsprechende Einvernehmen mit den Grundeigentümern des Grundstückes 49/2 und 89 (Kampfluss) hergestellt zu haben. Nunmehr soll das entsprechende Bauverfahren nach dem NÖ Straßengesetz nachgeholt werden.

Diesbezüglich liegt der Einreichplan des Baumeisters K.G. ... vor. In diesem Plan ist einerseits der Bestand der vorhandenen Asphaltflächen und andererseits eine geplante Verbreiterung auf 6 m dargestellt. Nähere Details sind in der Baubeschreibung vom

17.9.2004 enthalten. ... Über ausdrückliche Befragung erklärt die

Konsenswerberin, dass die im Projekt dargestellten schraffiert eingezeichneten Verbreiterungsbereiche für Fahrbahn und Nebenanlagen feingeschottert straßenbaumäßig mit sogenannten KRC-Material befestigt werden sollen. Sämtliche Hauseinfahrten sind bis zur Grundstücksgrenze asphaltiert. Im Zuge der Verhandlung wurden auch diesbezüglich keine negativen Angaben gemacht.

Im Übrigen wird auf die vorliegende Baubeschreibung und den Bestandsplan sowie die der Verhandlungsschrift beiliegende Fotodokumentation (Beilage A), welche am heutigen Tage angefertigt wurde, verwiesen.

Gutachten:

Im Gegenstand soll eine gewidmete Gemeindestraße mit der Funktion der Erschließung von vier Baulandgrundstücken und anschließendem Grünland, welche bereits in der Natur vorhanden ist, in einen straßenbaurechtlichen Konsens kommen. Diese Straße verläuft teilweise über Privatgrund, weshalb eine rechtskräftige Straßenbaubewilligung auch die Voraussetzung für allfällige behördliche Verfahren zur Grundinanspruchnahme darstellt.

Zu den vorliegenden Projektsunterlagen wird angemerkt, dass darin zwar nicht der Maßstab des Lageplanes dem Vorschlag gemäß § 12 Abs. 2 (NÖ Straßengesetz) entspricht, dass jedoch im Schlusssatz ausdrücklich auch andere Maßstäbe angeführt sind, sodass ein Maßstab 1 : 100 für diesen Lageplan jedenfalls zulässig ist (wenn auch der diesbezügliche Plan etwas unhandlich ist).

Im bisherigen Verfahren wurde insbesondere durch die Vorstellungsbehörde bemängelt, dass keine ausreichenden Aussagen zur Notwendigkeit und zu allfälligen Alternativen erfolgt sind. Aus straßenverkehrstechnischer Sicht stellt das örtliche Raumordnungsprogramm die wesentliche Grundlage eines örtlichen Verkehrskonzeptes dar. Damit ist der Flächenwidmungsplan das in Planform gegossene Verkehrskonzept der Gemeinde, welches auch durch die Aufsichtsbehörde genehmigt wurde. Darüber hinaus wurde der Straßenzug auch bereits mit Verordnung der Gemeinde als Gemeindestraße erklärt. Da dieser Straßenzug, wenn auch teilweise über Privatgrund verlaufend, überdies bereits derzeit Wohnbauland und Dauerwohnsitze erschließt, ist damit die Notwendigkeit aus technischer Sicht ohne jeden Zweifel gegeben. Es ist damit auf jeden Fall ein Verkehrsbedürfnis im Sinne des § 4 Ziff. 8 NÖ Straßengesetz als gegeben anzunehmen.

Wegalternativen im gegenständlichen Verfahren anzusprechen und zu beurteilen ist nicht möglich, da derartige Alternativen nicht planlich vorliegen und auch nicht dem gültigen Flächenwidmungsplan für diese Bauland-Erschließung entsprechen, da eben die gegenständliche Straße zwischen dem Bauland und dem Kampfluss als sinnvolle Erschließung festgelegt ist.

Weiters ist aus verkehrstechnischer Sicht darauf hinzuweisen, dass gegenständliche Straße in der Natur ohne Einschränkungen von jedermann benützt werden kann, da keinerlei Privatweg-Tafeln oder Hinweise auf ein privates Grundeigentum aufgestellt sind.

Ein Bebauungsplan ist im konkreten Fall nicht in Rechtskraft, sodass keine näheren Angaben über die im konkreten Fall erforderlichen Straßenbreiten daraus abzuleiten sind. Es trifft zu, dass wie bereits in den Einwendungen festgehalten, Mindeststraßenbreiten bei einseitiger Baulandführung aus der Bauordnung nicht abzuleiten sind. Im Zuge des heutigen Ortsaugenscheines wurde auch diesbezüglich ein Einigungsversuch unternommen und vorgeschlagen, den Straßenausbau allenfalls im fraglichen Bereich auf einen schmäleren Streifen einzuschränken. Ein derartiger Vorschlag wurde jedoch von der Konsenswerberin und der Liegenschaftseigentümerin des Grundstückes 49/2 nicht angenommen. Weitere Gespräche diesbezüglich wurden jedoch in Aussicht gestellt.

Aus technischer Sicht ist eine Gesamtstraßenbreite von 6 m angesichts der Tatsache, dass beidseitige Grünbankette im öffentlichen Gut verbleiben werden und sollen, durchaus zweckmäßig, weil damit eine auch für den hier vorhandenen eingeschränkten Begegnungsverkehr ausreichende Fahrfläche in der Breite von ca. 4,5 m gestaltet werden kann. Projektsvarianten mit örtlichen Einengungen der Fahrbahnbreite wären zwar vorstellbar, leisten im gegenständlichen Fall aber keinen Beitrag zu einem Konsens, weil seitens der Gemeinde die wesentliche Absicht des Projekts ist, die bestehende asphaltierte Fahrbahn in einen Konsens zu bringen, andererseits aber die Absicht der Eigentümer der Parzelle 49/2 nach dem Verständnis des Unterfertigten diejenige ist, genau diesen Streifen in ihr Eigentum zu erhalten bzw. einen Abtausch vorzunehmen. Die projektierte Gesamtbreite von 6 m entspricht daher grundsätzlich den bestehenden und für das Bauland-Wohngebiet sowie anschließende Grünland anzunehmende Verkehrsbedürfnis bzw. zu erwartenden Verkehr. Durch die Straßenverbreiterung und Sicherung des Konsenses dieser Erschließungsstraße tritt aus straßenverkehrstechnischer Sicht für alle Liegenschaftseigentümer im angrenzenden Bauland grundsätzlich ein Vorteil hinsichtlich Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs sowie der Möglichkeit von Abstelltätigkeiten oder Ladetätigkeiten im Straßenraum ein. Straßenrechtlich relevante Einwendungen (als solche zählen insbesondere Aspekte der Zufahrt, des Wasserabflusses, der Standsicherheit von Gebäuden etc., keinesfalls aber Fragen der Grundinanspruchnahme) wurden im Zuge der heutigen Verhandlung nicht erhoben.

Aus verkehrstechnischer Sicht bestehen somit gegen die straßenrechtliche Baugenehmigung gemäß § 12 NÖ Straßengesetz nach Maßgabe des vorliegenden Projektes bei Einhaltung nachstehender Auflagen keine Bedenken:

..."

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. August 2006 wurde die Berufung der Beschwerdeführerinnen neuerlich abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerinnen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Straßenbaubehörden ausdrücklich festgestellt hätten, dass die Straße zur Erschließung der im Bauland-Wohngebiet gelegenen Häuser Stallegg 2, 9, 15 und 16 diene und sohin klargestellt sei, warum diese Straße notwendig sei; sie diene nämlich der Schaffung einer Zufahrtsmöglichkeit zu den aufgezählten Häusern. Eine andere Zufahrt zu diesen Häusern sei nicht möglich. Die projektierte Breite der Straße entspreche dem anzunehmenden Verkehrsbedürfnis und dem zu erwartenden Verkehr und bringe Vorteile hinsichtlich Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs. Dabei sei von den Straßenbaubehörden auf Grund des eingeholten Gutachtens berücksichtigt worden, dass es sich bei dieser Straße um eine Sackgasse handle, bei welcher mit Gegenverkehr zu rechnen sei und deren Fahrbahnbreite nur 4,5 m aufweise. Eine andere Trassenführung sei nicht zu prüfen gewesen, da es sich um ein konkretes Straßenbauvorhaben handle. Die mitbeteiligte Gemeinde habe in ihrem Flächenwidmungsplan die gegenständliche Straße als Verkehrsfläche ausgewiesen; der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde habe diese Straße zur Gemeindestraße erklärt. Es bestehe auch keine Möglichkeit, die vier Häuser und die dahinter liegenden Grundstücke mittels einer anderen Straße zu erreichen. Eine Straßenführung über den Bahndamm, wie dies von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagen worden sei, sei nicht möglich, da in diesem Bereich kein öffentlicher Bahnübergang bestehe. Es stehe nur jener Bahnübergang zur Verfügung, der auch jetzt für die öffentliche Straße benützt werde und an den die gegenständliche Straße angebunden sei. Die Straße sei somit unbedingt für die Aufschließung der Grundstücke zwingend erforderlich (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl. 2004/05/0164). Für diese Straße liege sohin ein allgemeines dringendes Verkehrsbedürfnis vor (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/05/0229). Die Straße sei auch von jedermann benützbar. Dem Einwand der Beschwerdeführerinnen, dass sich die Straße im Hochwasserabflussbereich des Kamp in einer "roten Zone" befinde, sei entgegen zu halten, dass dieser Umstand im Bewilligungsverfahren nach dem NÖ Straßengesetz 1999 nicht zu berücksichtigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Nichtbewilligung der Straße verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sind folgende Bestimmungen des NÖ Straßengesetzes 1999 von Bedeutung:

"§ 1

Geltungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Bau, die Erhaltung und die Verwaltung aller öffentlichen Straßen mit Ausnahme der Bundesstraßen (Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen) im Land Niederösterreich.

§ 2

Zuständigkeit

Sofern in diesem Gesetz nicht anderes geregelt, ist in Angelegenheiten, die

1. Gemeindestraßen betreffen,

der Bürgermeister (der Magistrat bei Städten mit eigenem Statut) Behörde erster Instanz,

der Gemeinderat (der Stadtsenat bei Städten mit eigenem Statut) Behörde zweiter Instanz.

§ 4

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1. Straßen:

(1) Der Gemeinderat hat durch Verordnung die von der Gemeinde zu bauenden oder zu erhaltenden Straßen

zu Gemeindestraßen zu erklären, überdies

deren Verlauf zu beschreiben und

bei deren Ausführung als Naturstraßen sie als solche zu

bezeichnen.

...

§ 9

Planung von Straßen

(1) Die Straßen nach den §§ 5 und 6 sind so zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie

dem zu erwartenden Verkehr entsprechen,

bestehende Natur- und Kulturdenkmale, Nationalparks, sowie Schutzgebiete nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. 5500, schonen,

dem Landschafts- und Ortsbild angepasst werden, keine Wasserschon- und -schutzgebiete beeinträchtigen, für die Umwelt verträglich sind und

die bestehende Aufschließung von Grundstücken erhalten.

...

§ 11

Enteignung

(1) Die Enteignung an Grundstücken und Bauwerken darf vom Straßenerhalter durch Enteignung in Anspruch genommen werden.

Für den Bau, die Umlegung, Umgestaltung und Erhaltung einer Straße oder

zur Umwandlung einer für den allgemeinen Verkehr notwendigen Privatstraße nach § 7 in eine öffentliche Straße nach den §§ 5 und 6.

...

(3) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang einer Enteignung nach Abs. 1 und 2 hat die Landesregierung zu entscheiden. Die Wirtschaftlichkeit des Straßenbauvorhabens ist zu berücksichtigen. In dem Bescheid ist auch die Höhe der Entschädigung festzusetzen.

(4) Der Enteignete ist für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile schadlos zu halten. ...

...

§ 12

Bewilligungsverfahren

(1) Für den Bau und die Umgestaltung einer Straße nach den §§ 5 und 6 ist eine Bewilligung der Behörde erforderlich.

...

(2) Dem Antrag um Bewilligung sind Planunterlagen anzuschließen, die alle Angaben zu enthalten haben, die für die Beurteilung des Vorhabens notwendig sind.

Dazu gehören insbesonders

1. ein Lageplan im Maßstab 1 : 500 mit Angabe der Grundstücksnummern, der Einlagezahlen, der Katastralgemeinden, der Namen und Anschriften der Eigentümer der für das Straßenbauvorhaben beanspruchten Flächen und der daran angrenzenden Grundstücke,

...

5. eine Baubeschreibung.

In begründeten Fällen (z.B. Größe der Grundstücke oder des Vorhabens) dürfen andere Maßstäbe verwendet werden.

(3) Die Behörde hat vor Erteilung der Bewilligung eine mündliche Verhandlung abzuhalten, in deren Verlauf ein Augenschein an Ort und Stelle (Trassenbegehung) vorzunehmen ist.

Zur Verhandlung sind zu laden:

1. die Parteien nach § 13 Abs. 1

...

(4) Weiters sind zur Verhandlung die für die Beurteilung des Straßenbauvorhabens und seiner Auswirkungen notwendigen Sachverständigen beizuziehen. Von der Aufnahme des Beweises durch Sachverständige darf nicht abgesehen werden.

...

(6) Die Behörde hat über einen Antrag auf Bewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.

Der Bewilligungsbescheid hat zu enthalten:

(1) Im Bewilligungsverfahren nach § 12 haben Parteistellung:

  1. 1. der Antragsteller (Straßenerhalter),
  2. 2. die Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte der Grundstücke, auf denen die Baumaßnahmen durchgeführt werden sollen,

    3. die Eigentümer der Grundstücke, die an die für den geplanten Straßenbau beanspruchten Flächen angrenzen (Nachbarn),

    ...

    Nachbarn (Z. 3) dürfen nur die in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen.

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte sind:

1. die Standsicherheit und Trockenheit der Bauwerke der Nachbarn,

2. die ausreichende Belichtung der Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn,

3. die Gewährleistung eines bestehenden Zuganges oder einer bestehenden Zufahrt zum Grundstück, wenn das Grundstück über keinen anderen Zugang oder keine andere Zufahrt auf der Straße erreicht werden kann.

..."

Aus der wiedergegebenen Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 15. Juni 2004, Zl. 2004/05/0085, und vom 29. Jänner 2008, Zl. 2005/05/0193) geschlossen, dass im Anwendungsbereich des NÖ Landesstraßengesetzes 1999 als Grundsatz zu gelten hat, dass die strittige Frage der Notwendigkeit der Errichtung einer Straße (mangels Einschränkung des Gesetzes) bereits im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren zu prüfen ist und diese Frage im nachfolgenden Enteignungsverfahren nicht neuerlich hinterfragt werden kann; dies entspricht auch der Verwaltungsökonomie.

Die Beschwerdeführerinnen konnten daher im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren als Eigentümerinnen von Grundstücken, auf denen die Baumaßnahmen durchgeführt werden sollen, jedenfalls geltend machen, dass das Ausmaß der für den (projektierten) Bau der Gemeindestraße in Anspruch genommenen, ihnen gehörigen Grundfläche nicht benötigt wird.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes tragen die Beschwerdeführerinnen, die - wie bereits erwähnt - Eigentümerinnen eines vom Straßenbauvorhaben betroffenen Grundstückes sind, vor, dass sich das gegenständliche Straßenbauvorhaben auf keine Privat- oder Gemeindestraße im Sinne des § 7 NÖ Straßengesetz 1999 beziehe. Der asphaltierte Weg werde nicht von einem unbestimmten Personenkreis genutzt und nur von Anrainern begangen. Dass auch Spaziergänger zur Erholung diesen Weg benützen würden, sei unrichtig, da es sich um eine Sackgasse handle. Die von den Beschwerdeführerinnen im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden angeführten alternativen Wegführungen seien möglich und zumutbar. Die gewählte Trassenführung sei nicht notwendig.

Mit diesem Vorbringen verkennen die Beschwerdeführerinnen, dass Gegenstand des der Beschwerde zu Grunde liegenden Verfahrens vor den Verwaltungsbehörden nicht die Prüfung des Vorliegens oder Nichtvorliegens des Öffentlichkeitscharakters einer Privatstraße nach § 7 NÖ Straßengesetz 1999 war, sondern ein Bewilligungsverfahren gemäß § 12 leg. cit. Der Öffentlichkeitscharakter der dem Bewilligungsverfahren zu Grunde liegenden Gemeindestraße ergibt sich aus der gemäß § 6 NÖ Straßengesetz 1999 vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde erlassenen Verordnung (Erklärung zur Gemeindestraße) vom 23. September 2004. Auf Grund der Novelle LGBl. 8500-1 zum NÖ Straßengesetz 1999 sieht § 6 NÖ Straßengesetz 1999 nunmehr auch die Widmung erst in Planung befindlicher Straßen zu Gemeindestraßen vor, die auch die Widmung für den Gemeingebrauch und die Übernahme der Erhaltung und Verwaltung durch die Gemeinde miteinschließt (vgl. hiezu Hauer/Zaussinger, NÖ Baurecht, 7. Aufl., Anm. 2 und 3 zu § 6 NÖ Straßengesetz 1999, S. 1439). Für die vom Straßenbaubewilligungsverfahren erfasste Grundfläche liegt auch die Widmung als öffentliche Verkehrsfläche nach § 18 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 vor. Gegen die Gesetzmäßigkeit der genannten Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde bestehen keine Bedenken und wurden auch von den Beschwerdeführern keine solchen vorgetragen. Auch der Verfassungsgerichtshof hat diesbezüglich die Gesetzmäßigkeit der Verordnung nicht in Zweifel gezogen.

Mit der Behauptung, es fehle für die Errichtung der Straße am Verkehrsbedürfnis im Sinne des § 4 Z. 8 NÖ Straßengesetz 1999, entfernen sich die Beschwerdeführerinnen von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der Straßenbaubehörden. Es steht zweifelsfrei fest, dass die Straße für Einwohner der mitbeteiligten Partei insbesondere auch für die Beschwerdeführerinnen selbst zur Aufschließung ihrer Grundstücke notwendig ist. Die belangte Behörde hat die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 NÖ Straßengesetz 1999 in Übereinstimmung mit den Straßenbaubehörden geprüft und ist in einem mängelfreien Verfahren zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass das Straßenbauvorhaben neben der geforderten Notwendigkeit auch den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit entspricht.

Der Eigentümer eines vom Straßenbaubewilligungsverfahrens betroffenen Grundstückes kann zwar, wie bereits oben dargelegt, Einwendungen hinsichtlich der Notwendigkeit, des Gegenstandes und Umfanges des in der Folge von der Enteignung betroffenen Grundstückes relevieren, die von der Straßenbaubewilligungsbehörde im Übrigen zu prüfenden Voraussetzungen für die Bewilligung, insbesondere die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999 - abgesehen von der Frage des zu erwartenden Verkehrs - betreffen jedoch keine subjektiv-öffentlichen Rechte gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. des Parteistellung genießenden Eigentümers.

Hinzuweisen ist im gegebenen Sachzusammenhang jedoch darauf, dass die von den Beschwerdeführerinnen aufgestellten Behauptungen, Baubewilligungen auf den an die Straße anrainenden Grundstücken seien rechtswidrigerweise ergangen, weder durch die vorliegenden Verwaltungsakten gedeckt sind noch von den Beschwerdeführerinnen unter Beweis gestellt wurden. Im Baubewilligungsverfahren nach dem NÖ Straßengesetz 1999 hat die Behörde zu prüfen, ob das Vorhaben im Widerspruch zu den Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 und § 13 Abs. 2 leg. cit. steht. Die hier zu beurteilende Straße ist als Verkehrsfläche gewidmet. Die Straßenbaubewilligungsbehörden haben die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Z. 1 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (nach dieser Bestimmung dürfen Flächen nicht als Bauland gewidmet werden, die bei 100-jährlichen Hochwässern überflutet werden) nicht zu prüfen. Dass durch die Ausführung des Straßenbauvorhabens Wasserschon- und -schutzgebiete beeinträchtigt würden (siehe § 9 Abs. 1 NÖ Straßengesetz 1999), ist im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nicht hervorgekommen.

Im Sachverständigengutachten wird ausdrücklich und insoweit nachvollziehbar begründet dargelegt, warum die von den Beschwerdeführerinnen als denkbare Variante der Straßenführung aufgezeigte Möglichkeit nicht zielführend ist, insbesondere dass diese Variante nur mit einem unverhältnismäßig großen Kosten- oder Zeitaufwand möglich wäre.

Dennoch erweisen sich die Ausführungen des Sachverständigen als nicht ausreichend für die behördliche Entscheidung.

In diesem von der Straßenbaubewilligungsbehörde im zweiten Rechtsgang eingeholten straßenbautechnischen Gutachten wird ausgeführt, dass die projektierte Gesamtbreite der Straße von 6 m dem "zu erwartenden Verkehrsbedürfnis" bzw. dem "zu erwartenden Verkehr" entspricht. Damit wurde jedoch noch nicht die hier entscheidungswesentliche Frage beantwortet, ob die Errichtung der Straße in der dem Projekt zu Grunde gelegten Art und Weise und im projektierten Umfang (mit der Folge des zwangsweisen Eingriffs in das Eigentum der Beschwerdeführerinnen) notwendig ist. (Der Sachverständige argumentiert in diesem Zusammenhang, dass die Gesamtstraßenbreite von 6 m "zweckmäßig" ist.) Offen blieb insbesondere die Erörterung, warum das Grundstück Nr. 49/2, KG Stallegg, der Beschwerdeführerinnen als Ganzes für den Straßenbau notwendig sein soll, zumal der Sachverständige in seinem Gutachten die Fahrbahnbreite mit 4,5 m (bei einer Gesamtbreite der Straße von 6 m) als ausreichend angenommen hat. Der einen integrierenden Bestandteil der Straßenbaubewilligung bildende Plan weist hingegen die projektierte Breite der Straße auf dem Grundstück der Beschwerdeführerinnen mit bis zu 9 m aus.

Die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. September 2004 (Erklärung zur Gemeindestraße) ersetzt nicht die Prüfung der Notwendigkeit des Umfanges (hier des Ausmaßes der Breite) der projektierten Straße im Straßenbaubewilligungsverfahren, da nach der hier anzuwendenden Rechtslage - im Unterschied zur Regelung des Oö. Straßengesetzes 1991 (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2007/05/0113) - im Verfahren für die Erlassung der Verordnung nach § 6 NÖ Straßengesetz 1999 die für die Bewilligung des Baus normierten Grundsätze (vgl. § 9 Abs. 1 und 2 sowie § 12 Abs. 2 NÖ Straßengesetz 1999) nicht berücksichtigt werden.

Da die belangte Behörde die fehlende Prüfung der Notwendigkeit des Umfanges der von der mitbeteiligten Partei zur Bewilligung eingereichten Gemeindestraße durch die Gemeindebehörden nicht erkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG Abstand zu nehmen.

Wien, am 16. September 2009

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