Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Der Wiederaufnahmeantrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Da die gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG erhobenen Beschwerden der damals nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin gegen die oben genannten Bescheide der Burgenländischen Landesregierung verschiedene Mängel aufgewiesen hatten, trug der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 31. Oktober 2006 die Behebung dieser Mängel binnen 4 Wochen auf, wobei der ergänzende Schriftsatz in vierfacher Ausfertigung vorzulegen war. Fristgerecht langte beim Verwaltungsgerichtshof zwar die am 24. November 2006 zur Post gegebene Mängelbehebung in vierfacher Ausfertigung ein, wies jedoch in allen Ausfertigungen keine Unterschrift auf, sodass es mit hg. Beschluss vom 18. Dezember 2006 zur Einstellung des Verfahrens kam. Dieser Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 12. Jänner 2007 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2007 beantragte die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiederaufnahme des Verfahrens. Unter einem wurde die versäumte Prozesshandlung nachgeholt, in dem die vier Ausfertigungen des Verbesserungsschriftsatzes, vom Magistratsdirektor ("i.A." des Bürgermeisters) unterfertigt, vorgelegt wurden.
Mit weiterem Schriftsatz vom 25. Jänner 2007 ergänzte die nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach Fertigstellung des Verbesserungsschriftsatzes sei dieser vom Magistratsdirektor kontrolliert und korrigiert und zum Zeichen der Freigabe das im Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin verbleibende Erstexemplar unterfertigt worden. Im Zuge der Abfertigung der täglichen Post sei der ergänzende Schriftsatz zwar vierfach ausgedruckt und mit den notwendigen Beilagen versehen worden, es sei jedoch verabsäumt worden, die vier Ausfertigungen vor der Abfertigung noch unterfertigen zu lassen. Nach der Postabfertigung sei der Akt dem Magistratsdirektor retourniert und abgelegt worden. Erst durch Zustellung des Einstellungsbeschlusses habe die Beschwerdeführerin davon Kenntnis erlangt, dass der Schriftsatz nicht unterfertigt war. Die seit 37 Jahren beim Magistrat Eisenstadt tätige Mitarbeiterin V.M. sei äußerst versiert und seit vielen Jahren mit der Ausfertigung von Schriftstücken, der Kontrolle der Unterschriften und dem Abfertigen von Schriftstücken befasst. Sie habe diese Tätigkeit bisher fehlerlos erledigt. Im Zuge der Postabfertigung des Schriftsatzes sei es verabsäumt worden, den Schriftsatz unterfertigen zu lassen. Die Beschwerdeführerin habe sohin durch ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis die gesetzte Frist zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel versäumt, dies sei jedoch auf einen minderen Grad des Versehens zurück zu führen, da V.M. bisher fehlerfrei gearbeitet und stets ausdrückliche Weisungen des Magistratsdirektors befolgt hätte. Bei der fraglichen Tätigkeit handle es sich um eine Routinetätigkeit und der Magistratsdirektor habe sich auf die fehlerfreie und weisungsgemäße Ausführung, insbesondere die Einholung der notwendigen Unterschriften verlassen können. Es würde die Kontrollpflicht des Vorgesetzten, also des Magistratsdirektors, überspannen, würde man von ihm verlangen, auch in einem derartigen Fall noch persönlich zu überprüfen, ob die verlässliche Mitarbeiterin die erforderlichen Unterschriften vollständig und weisungsgemäß eingeholt hätte.
Die Angaben in der Ergänzung des Wiedereinsetzungsantrages wurden durch eine eidesstättige Erklärung der V.M. bestätigt. Es seien vier Exemplare des Schriftsatzes ausgedruckt worden, aber verabsäumt worden, diese Exemplare unterfertigen zu lassen; durch ein der V.M. nicht erklärliches Versehen sei der Schriftsatz vor Einholung der Unterschriften einkuvertiert und abgefertigt worden.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein solcher "minderer Grad des Versehens" (§ 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an beruflich rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige Personen (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 29. November 1994, Zl. 94/05/0318).
In Fällen der berufsmäßigen Parteienvertretung hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die Leistung der Unterschrift auf allen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Anbringen den einschreitenden Rechtsanwalt höchstpersönlich trifft und die Unterlassung der Beisetzung der Unterschrift durch den Rechtsanwalt sich somit als ein Ereignis darstellt, das überhaupt nicht im Bereich der Erfüllungsgehilfen, sondern in jenem des Rechtsanwaltes selbst geschehen ist (hg. Beschluss vom 23. März 1994, Zl. 94/13/0006). Im hg. Beschluss vom 27. Juni 1994, Zl. 94/16/0111, wurde betont, dass der Umstand, dass der Rechtsanwalt nicht auch die weiteren Ausfertigungen der Beschwerde unterfertigt hat, nicht der Sekretärin, sondern dem Rechtsanwalt selbst zuzuordnen sei. Im Beschluss vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0113, wurde ausgeführt, es sei nicht ausreichend, wenn der Parteienvertreter seiner Angestellten den Auftrag erteilt, eine Ausfertigung der Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen, obwohl er weiß, dass die im Handakt befindliche Abschrift schon im Hinblick auf das Fehlen der Unterschrift keine Ausfertigung darstellt und seine Angestellte daher gar nicht in der Lage ist, durch Abschreiben oder Kopieren eine Ausfertigung der Beschwerde herzustellen. Nach dem Erkenntnis vom 29. August 1996, Zl. 96/09/0247, kann der Rechtsanwalt aus der Verantwortung für die Richtigkeit und die Vollständigkeit eines von ihm zu unterfertigenden Schriftsatzes bis zur Setzung seiner Unterschrift nicht entlassen werden, und zwar auch dann nicht, wenn er sich bei der Vorbereitung des Schriftstückes technischer Hilfsmittel sowie besonders verlässlicher Kanzleikräfte bedient.
Stellt man, wie eingangs ausgeführt, auf die nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt ab, so muss derselbe Maßstab auch für den rechtskundigen Organwalter einer Gebietskörperschaft gelten. Im vorliegenden Fall musste der Organwalter anlässlich der Korrektur des verfassten Schriftsatzes wissen, dass er selbst (der nicht unterfertigte Verbesserungsschriftsatz endet mit den Worten: "Der Bürgermeister i. A. Magistratsdirektor") die Ausfertigungen noch unterschreiben muss. Die Verantwortung dafür konnte er nicht der Kanzleikraft übertragen. Ein minderer Grad des Versehens wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn er - zwar schon außerhalb der Frist, aber jedenfalls kurze Zeit nach Korrektur der Urschrift - die Vorlage urgiert hätte; der Umstand, dass er erst mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses, also rund 6 Wochen nach Verfassung des mit 23. November datierten Verbesserungsschriftsatzes, vom Fehlen der Unterschrift erfahren hat, bringt eine Sorglosigkeit zum Ausdruck, sodass jedenfalls von einem entschuldigenden minderen Grad des Versehens keine Rede sein kann.
Da das Verschulden des Vertreters der Partei einem Verschulden der Partei gleichzusetzen ist (siehe die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1558) und dieses Verschulden einem minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG übersteigt, konnte dem Antrag nicht stattgegeben werden.
Der Wiederaufnahmeantrag, der mangels jeglicher Begründung keiner Sacherledigung zugeführt werden kann, war zurückzuweisen.
Wien, am 20. Februar 2007
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)