VwGH 2007/04/0164

VwGH2007/04/016422.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der G in F, vertreten durch Dr. Erik Eckert, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1B, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 18. Juni 2007, Zl. 611.960/0004- BKS/2007, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3), zu Recht erkannt:

Normen

ORF-G 2001 §1 Abs3;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §10 Abs7;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ORF-G 2001 §1 Abs3;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §10 Abs7;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Zurückweisung im Grunde des § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G wendet, als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2007 erhob die beschwerdeführende Partei gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G Beschwerde an den Bundeskommunikationssenat mit dem Antrag, dieser möge feststellen, dass der mitbeteiligte Österreichische Rundfunk (im Folgenden kurz: ORF) durch die Berichterstattung in den Nachrichtensendungen "Zeit im Bild 1", "Zeit im Bild 2" und "Zeit im Bild 3" am 16. Februar 2007 jeweils in den Beiträgen zum Thema "Waffen/Irak" die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung verletzt habe (Hinweis auf § 1 Abs. 3, § 4 Abs. 5 Z. 1 bis 3 und § 10 Abs. 5 bis 7 ORF-G). Zur Begründung brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, Gegenstand der Beiträge seien die vom zuständigen Bundesminister genehmigten Lieferungen von Pistolen der Marke "G" an irakische Sicherheitsbehörden gewesen. Die Berichterstattung hierüber in den genannten Fernsehsendungen des ORF sei "tendenziös" und unseriös recherchiert bzw. falsch gewesen. Der Bericht unterschlage, dass Pistolen kein Kriegsmaterial seien und vermittle den Eindruck, dass die für die erteilte Ausfuhrgenehmigung erforderlichen Endverbraucherzertifikate nichts wert und bedeutungslos seien und nur der Tarnung dienten. Beim durchschnittlichen Hörer und Seher entstehe der "Gesamteindruck", dass es sich bei diesen Lieferungen um ein unerlaubtes oder anrüchiges Waffengeschäft handle und dass die beschwerdeführende Partei in "rechtswidrige Machenschaften verwickelt" sei. So werde die beschwerdeführende Partei "in einem Atemzug" mit historischen Vorfällen etwa rund um den Noricum-Skandal, das "illegale Waffengeschäft Lütgendorfs", die Erpressung des österreichischen Botschafters A. und das "Panzergeschäft mit der Militärdiktatur in Chile" genannt. Außerdem habe sich der ORF "völlig ungefiltert und parteiisch in den Dienst" einer politischen Partei, dessen Vertreter im Rahmen der Berichterstattung zu Wort gekommen sei, gestellt und habe daher insgesamt gegen die genannten Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung verstoßen.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2004 stützte die beschwerdeführende Partei u.a. ihre Beschwerdelegitimation auf "jeden erdenklichen Rechtsgrund".

Hierüber entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G stützt, zurückgewiesen. Soweit die Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G zulässig ist, wird sie gemäß § 36 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 5 und § 10 Abs. 5 bis 7 ORF-G als unbegründet abgewiesen, im darüber hinausgehenden Umfang zurückgewiesen."

In der Begründung stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens den Inhalt der in Rede stehenden Beiträge der drei genannten Nachrichtensendungen wie folgt fest:

"* Zeit im Bild 1 vom 16.2.2007, 19.30 Uhr:

30.000 Pistolen der Firma G in den Irak verkauft.

Groß Gerald (ORF)

Schon wieder Aufregung um Waffenexporte aus Österreich. Diesmal geht es um G-Pistolen für den Irak. Das Wirtschaftsministerium hat Ende Jänner dieses Jahres den Export von rund 30.000 Pistolen aus österreichischer Produktion genehmigt.

Langpaul Thomas (ORF)

Die G 19. Mit ihrem charakteristischen Kunststoffgriff ist die Pistole aus Österreich weltweit ein Verkaufsschlager, auch im Irak. Für Kritiker wird die Sicherheit dort dadurch aber nicht erhöht.

Pilz Peter (Grüne)

Weil wir wissen, heute eine Waffenlieferung an die amerikanischen Truppen oder an die irakische Polizei ist quasi ein direkter Nachschub für den Schwarzmarkt. Sie können heute in ein Gemüsegeschäft in Kirkuk oder zu einem Bäcker in Bagdad gehen und sagen 'ich hätte gerne einen Laib Brot und drei G Pistolen' und sie kriegen das in derselben Minute.

Langpaul Thomas (ORF)

Diese Ansicht bestätigen auch interne Aussagen der US Armee, rund jede zwanzigste Waffe die an die Irakischen Sicherheitsbehörden gehen sollte ist demnach bisher 'verloren gegangen'. 14.000 Waffen der US Army sind so in die Hände von Terroristen gefallen. Besonders hoch ist der Schwund bei der irakischen Polizei. Österreich hat die Lieferung dennoch genehmigt, obwohl es im Außenhandelsgesetz heißt, eine Bewilligung ist nur dann zu erteilen, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass die Güter im Bestimmungsland zu einem anderen als dem angegebenen Zweck umgelenkt werden. Ausschlaggebend für die österreichische Genehmigung: es gäbe ein Endverbraucherzertifikat. Aus Bagdad.

Mayer Josef (Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit)

Es muss eine wirklich hieb- und stichfeste Erklärung sein, wir versuchen soweit wie möglich noch nähere Informationen zu bekommen, natürlich bleibt immer bei solchen Geschäften dann ein Restrisiko, das heißt eine 100prozentige Sicherheit kann Ihnen niemand dann geben.

Langpaul (ORF)

Die Grünen wollen die Waffenlieferung im Parlament behandelt wissen, sie stellen eine parlamentarische Anfrage an Wirtschaftsminister Bartenstein.

* Zeit im Bild 2 vom 16.2.2007, 22.00 Uhr:

Waffenexporte aus Österreich sind immer wieder umstritten

Thurnherr Ingrid (ORF)

Zuerst waren es Präzisionsgewehre von S für den Iran, von denen jetzt offenbar Nachbauten in den Händen von Aufständischen im Irak aufgetaucht sind. Jetzt ist bekannt geworden, dass die Irakische Polizei mit G-Pistolen beliefert wurde, Waffenexporte aus Österreich sind immer wieder umstritten, auch wenn es für die erwähnten Deals Bewilligungen gab. Kriegsmaterialien dürfen ja nicht in kriegführende Länder exportiert werden, aber die G zum Beispiel ist nicht als 'Kriegsmaterial' definiert und der Irak ist völkerrechtlich nicht mehr im Krieg, auch wenn der Alltag etwas ganz anders suggeriert. Und so bleiben Waffenexporte aus Österreich, wie in den letzten 30 Jahren, immer eine Gratwanderung.

Pfisterer Eva (ORF)

Die jüngste Aufregung um österreichische Waffenexporte:

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat am 20. Jänner die Lieferung von 30000 Pistolen an das Irakische Innenministerium genehmigt. Unter dem Namen 'G' ist diese Pistole aus Österreich weltweit ein Verkaufsschlager. Für den Abgeordneten Peter Pilz ein neuer Skandal um österreichische Waffen in den Irak. Nach dem Außenhandelsgesetz darf eine Bewilligung für einen Waffenexport nur dann erteilt werden, wenn ausreichend dokumentiert wird, dass die Waffen nicht in andere Hände gelangen. Da viele Pistolen am Schwarzmarkt landen, könne man nach Ansicht von Experten kaum Garantien abgeben. Ausschlaggebend für die österreichische Genehmigung: Ein Endverbraucherzertifikat aus Bagdad. Endverbraucherzertifikate hatten auch die in Liezen produzierten Noricum-Kanonen. Weil 1984 ein großes Indiengeschäft platzte, saß die damalige Voest-Tochter Noricum auf Kanonen in Höhe von 2 Milliarden Schilling. Ein Jahr später brauchte der Iran dringend Waffen und Munition für den Golfkrieg. Weil der Export in kriegführende Staaten nach dem österreichischen Kriegsmaterialgesetz verboten ist, musste ein unverdächtiger Käufer gefunden werden. Libysche Endverbraucherzertifikate dienten als Tarnung. Und 800 Millionen Schilling an Provisionen verschwanden. Seit 1975 konnten die großen heimischen Waffenproduzenten am Rüstungsboom der Entwicklungsländer kräftig mitnaschen. 1978 fand sich das neutrale Österreich sogar an

7. Stelle der westlichen Rüstungsexporteure. Der damalige Verteidigungsminister Lütgendorf musste wegen eines illegalen Waffengeschäftes mit Syrien zurücktreten. Im Oktober 1981 wird er auf diesem Forstweg in Schwarzau tot aufgefunden. Der österreichische Botschafter in Griechenland, Herbert Amry, wird im Sommer 1985 von einem iranischen Waffenhändler erpresst. Als er die Details des illegalen Waffenhandels mit dem Iran erfährt, erstattet er Bericht an das Außenamt in Wien. Zwei Tage später stirbt der Diplomat an Herzversagen. Anfang der 80iger Jahre sollte der Kauf der Munitionsfabrik Hirtenberger und einer kanadischen Kanonenlizenz die Stahlproduktion wieder ankurbeln.

Heribert Apfalter (VOEST-Generaldirektor)

Eines können wir feststellen, dass in der Waffentechnik letzten Endes doch Beschäftigungs- und Gewinnerwartungen drinnen sind, wie wir sie bei anderen Produkten nicht haben.

Pfisterer Eva (ORF)

1987 starb auch er an Herzversagen. Erstmals stehen 1980 die heimischen Waffenproduzenten vor Problemen. Politiker verbieten ein Panzergeschäft mit Chile. Rüstungsgegner demonstrieren gegen Lieferungen an die argentinischen Militärjunta.

Waffengeschäfte kommen immer wieder in die Schlagzeilen. Für die einen bedeuten sie Arbeitsplätze für die anderen die Gefährdung der Neutralität. Und einige überleben sie nicht. Attraktiv werden sie durch die vielen Millionen, die dabei fast zwangsläufig fließen.

* Zeit im Bild 3 vom 17.2.2007, 00.00 Uhr: Irak Lorenz Lou (ORF)

Wieder gibt es Aufregung um österreichische Waffen im Irak. Das Wirtschaftsministerium hat Ende Jänner dieses Jahres den Export von rund 30000 Pistolen aus österreichischer Produktion genehmigt. Dabei handelt es sich um Pistolen der Marke G. Jede zwanzigste Waffe, die an die Irakischen Sicherheitsbehörden hätte gehen sollen, ist bisher, wie es heißt, 'verloren gegangen'. 14000 Waffen der US-Armee sind so in die Hände von Terroristen gefallen. Die Grünen wollen die österreichische G-Lieferung nun im Parlament behandeln lassen."

In der rechtlichen Beurteilung behandelte die belangte Behörde zunächst die Frage der Beschwerdelegitimation gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 ORF-G und vertrat die Rechtsansicht, dass sich die Beschwerde nicht auf die lit. d der zuletzt genannten Bestimmung stützen lasse. Die Beschwerdemöglichkeit gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G sei nämlich, wie sowohl die Erläuterungen zu dieser Norm als auch (im angefochtenen Bescheid näher ausgeführte) systematische und gleichheitsrechtliche Erwägungen zeigten, für "Konkurrenten" des ORF geschaffen worden und setze somit eine spezifische Wettbewerbssituation voraus, die im gegenständlichen Fall nicht vorliege. Weder bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem beschwerdeführenden Unternehmen und dem ORF oder einem seiner Tochterunternehmen, noch seien Unternehmen, mit denen das beschwerdeführende Unternehmen in einer Wettbewerbssituation stehe, in einer Weise Gegenstand der in Beschwerde gezogenen Beiträge des ORF, die einen Zusammenhang zwischen der beschwerdeführenden Partei und dem Gegenstand der Sendung herstellten.

Ungeachtet dessen komme aber für die beschwerdeführende Partei die Beschwerdelegitimation gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G in Betracht, weil sie nicht nur eine Rechtsverletzung durch die Sendungsbeiträge, sondern auch eine aus diesen Beiträgen resultierende Schädigung ihres wirtschaftlichen Fortkommens bzw. eine Kreditschädigung behauptet habe. In diesem Umfang sei die Beschwerde daher zulässig.

Die Zulässigkeit der Beschwerde nach der zuletzt genannten Bestimmung sei jedoch nur in jenem Umfang gegeben, als durch die geltend gemachte Rechtsverletzung eine unmittelbare Schädigung im dargelegten Sinne behauptet werden könne. Dies sei nur so weit der Fall, wie sich die als rechtswidrig in Beschwerde gezogene Berichterstattung auf die beschwerdeführende Partei beziehe. Soweit sich die Beschwerde daher auf Sendungsinhalte beziehe, die aus dem Blickwinkel der Zuseher keinen Zusammenhang mit der beschwerdeführenden Partei erkennen ließen - dazu zählten nach Ansicht der belangten Behörde jene Beitragsteile, die ausschließlich Kritik an Waffenlieferungen in den Irak im Allgemeinen, an der Erteilung von Bewilligungen durch österreichische Behörden oder an vergangenen, mit der beschwerdeführenden Partei nicht in Zusammenhang stehenden Waffentransaktionen und deren Umfeld übten - könne die beschwerdeführende Partei eine Schädigung ihres Unternehmens nicht behaupten. Eine Rechtsverletzung könne hier nicht zu einer Schädigung der beschwerdeführenden Partei führen, weshalb die Beschwerde "insoweit" gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G als unzulässig zurückzuweisen sei. Nach Auffassung der belangte Behörde habe "im vorliegenden Zusammenhang daher dahinzustehen", ob die in den Sendungen geübte Kritik an den Waffenexporten im Allgemeinen den Anforderungen des Objektivitätsgebotes und des Gebotes der Unparteilichkeit der Berichterstattung entsprächen.

Soweit die Beschwerde aber nach dem Gesagten zulässig sei, komme ihr keine Berechtigung zu, da sich aus dem wiedergegebenen "Sendungsinhalt ergibt, (dass) der Beschwerdeführerin selbst kein illegales oder auch nur besonders kritikwürdiges oder unmoralisches Verhalten vorgeworfen" worden sei. Die Kritik und Vorwürfe möglicher Rechtsverstöße bezögen sich ausschließlich auf Waffenexporte in den Irak im Allgemeinen und auf die Handhabung von Bewilligungen für Waffenlieferungen durch die zuständigen österreichischen Behörden im Besonderen. Die Tatsache, dass die beschwerdeführende Partei ihre Produkte mit entsprechender behördlicher Bewilligung unter anderem auch in den Irak exportiere, sei unbestritten. Über diese Tatsache hinausgehend seien - so die belangte Behörde weiter - "die Beschwerdeführerin selbst, ihre Aktivitäten und Produkte aber nicht Gegenstand der in Beschwerde gezogenen Berichterstattung". Insbesondere werde an keiner Stelle der Beiträge behauptet, dass sich die beschwerdeführende Partei in den durchgeführten Bewilligungsverfahren nicht korrekt verhalten hätte. Entsprechende Vorwürfe würden allenfalls gegen jene die Bewilligung erteilenden Behörden erhoben. In Bezug auf jene "die Beschwerdeführerin betreffenden Teile" der Berichterstattung sei eine Verletzung des Objektivitäts- und Unparteilichkeitsgebotes nicht zu erkennen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift erstattetet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei bekämpft zunächst die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass ihre an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde vom 23. Februar 2007, soweit sie auf § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G gestützt war, unzulässig sei. Sie vertritt dazu zusammengefasst die Auffassung, dass nach dieser Bestimmung nicht bloß "Konkurrenten" des ORF beschwerdelegitimiert seien.

Im vorliegenden Fall kann die Beantwortung dieser Frage dahingestellt bleiben, weil die belangte Behörde die Beschwerdelegitimation (abgesehen von einer Begrenzung dem Umfange nach, worauf im Folgenden noch einzugehen sein wird) im Grunde des § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G ohnedies bejaht hat. Da die beschwerdeführende Partei somit nicht besser gestellt wäre, wenn sich ihr Beschwerderecht - zusätzlich - auch auf die lit. d dieser Bestimmung stützen ließe, war die Beschwerde insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen (vgl. im Übrigen zur Rechtsnatur der Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. d ORF-G als "Konkurrentenbeschwerde" auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 2008, B 1461/07-7, der ebenfalls zum angefochtenen Bescheid erging).

In der Sache wendet die Beschwerde auf das Wesentliche zusammengefasst ein, die Berichterstattung des ORF sei für die beschwerdeführende Partei geschäftsschädigend, weil diese mehrfach mit illegalen und kriminellen Waffengeschäften in Zusammenhang gebracht worden sei. So seien Skandale und Kriminalfälle der letzten Jahrzehnte im Zusammenhang mit Kriegsmateriallieferungen herausgegriffen und mit der Lieferung von Pistolen, die im Übrigen kein Kriegsmaterial darstellten, gleichgesetzt worden. Damit werde die beschwerdeführende Partei, obwohl sie den Boden des Gesetzes niemals verlassen habe, in eine Reihe mit Kriminellen gestellt. Insgesamt werde durch die Berichte beim Zuseher sehr wohl der Eindruck erweckt, dass der gegenständliche Export von Pistolen an das irakische Innenministerium ein unerlaubtes und anrüchiges Geschäft mit Kriegsmaterial sei. Die in der Beschwerde beanstandete Berichterstattung sei daher tendenziös und parteilich gewesen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bemisst sich die Sachlichkeit (Objektivität) einer Sendung grundsätzlich nach dem vorgegebenen Thema der Sendung - dieses legt fest, was "Sache" ist. Bei dieser Beurteilung muss im Sinne der gebotenen Gesamtbetrachtung stets der Gesamtzusammenhang in Betracht gezogen werden, der das Thema der Sendung bestimmt. Dieser Gesamtkontext und der für den Durchschnittsbetrachter daraus zu gewinnende Eindruck gibt der Beurteilung, ob die Gestaltung einer Sendung dem Objektivitätsgebot entsprochen hat, die Grundlage. Einzelne Formulierungen können daher aus dem Gesamtzusammenhang gerechtfertigt werden, es sei denn, es handelte sich um polemische oder unangemessene Formulierungen, die als solche mit dem Objektivitätsgebot niemals vereinbar sind. Mit dem Objektivitätsgebot unvereinbar wären aber auch einzelne Aussagen oder Formulierungen eines Beitrages, die eine hervorstechende oder den Gesamtzusammenhang in den Hintergrund drängende Wirkung derart entfalten, dass beim Durchschnittsbetrachter unweigerlich ein verzerrter Eindruck entsteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2006, Zl. 2004/04/0074, und die dort zitierte Vorjudikatur).

In Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde die gebotene Gesamtbetrachtung der beanstandeten Berichte, betreffend aktuelle und historische Waffenlieferungen, unterlassen. Vielmehr hat sie die in Rede stehenden Berichte gedanklich in Einzelteile zerlegt (einerseits in Berichtsteile über die der beschwerdeführenden Partei erteilte Genehmigung über Pistolenlieferungen in den Irak und andererseits in Berichtsteile über problematische Waffenlieferungen in der Vergangenheit) und danach diese Berichtsteile - jeweils isoliert betrachtet - einer rechtlichen Überprüfung auf die Einhaltung des Objektivitätsgebotes unterzogen, obwohl diese Teile nach ihrem Inhalt ein zusammenhängendes Ganzes, also jeweils einen in sich geschlossenen Bericht, bildeten: So waren gerade die der beschwerdeführenden Partei bewilligten Pistolenlieferungen in den Irak offensichtlich erst der Anlass dafür, über historische Waffenlieferungen österreichischer Unternehmen zu berichten, wobei die Vorfälle im Zusammenhang mit den verschiedenen Waffenlieferungen, wie die Feststellungen im angefochtenen Bescheid zeigen, auch redaktionell in einem einheitlichen Bericht zum genannten Thema aufbereitet waren. Schon in der Beschwerde an die belangte Behörde vom 23. Februar 2007 wurde die Rechtsverletzung gerade damit begründet, dass beim Zuseher durch die Erwähnung der Pistolenlieferungen "in einem Atemzug" mit illegalen historischen Vorfällen der Eindruck der Parteilichkeit entstehe.

Aber auch bei der Beurteilung der Beschwerdelegitimation hat die belangte Behörde im Rahmen einer isolierten Betrachtungsweise unzutreffend auf herausgelöste Berichtsteile fokussiert und ist dadurch zu dem Ergebnis gelangt, die Beschwerde sei im Grunde des § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-G hinsichtlich einzelner Berichtsteile zulässig, "im darüber hinausgehenden Umfang" aber zurückzuweisen (wobei diesbezüglich im Spruch des angefochtenen Bescheides keine klare Abgrenzung erfolgt, sodass er im Übrigen auch nicht hinreichend bestimmt ist).

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. April 2009

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