VwGH 2007/04/0010

VwGH2007/04/001023.5.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde der A GmbH in W, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 15. Dezember 2006, Zlen. N/0095-BVA/05/2006- 46 und N/0099-BVA/05/2006-23, betreffend Nachprüfung nach dem Bundesvergabegesetz 2006 (mitbeteiligte Parteien: 1. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19; 2. H Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 2; 3. I Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Am Hof 13), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG §320 Abs1 Z2;
BVergG §322 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BVergG §320 Abs1 Z2;
BVergG §322 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten II., III., V. und VI. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit im vorliegenden Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant - wie folgt abgesprochen:

Mit Spruchpunkt II. wurden die Anträge der Beschwerdeführerin vom 24. November 2006, "in eventu 2. die unter

2.4 bezeichnete(n) und angefochtene(n) Entscheidung(en) der Antraggegnerin, welche der Antragstellerin per E-Mail vom 16.11.2006 mitgeteilt wurden, für nichtig erklären, 3. den übrigen Mitbewerbern im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren keine Parteistellung einzuräumen und auch keine Akteneinsicht zu gewähren," zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt III. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 24. November 2006, die belangte Behörde wolle die erstmitbeteiligte Partei zum Ersatz der von der Beschwerdeführerin entrichteten Pauschalgebühr verpflichten, abgewiesen.

Mit Spruchpunkt V. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. November 2006, "in eventu 2. die unter

2.4 bezeichnete(n) und angefochtene(n) Entscheidung(en) der Antragsgegnerin, welche der Antragstellerin per E-Mail vom 16.11.2006 mitgeteilt wurden, für nichtig erklären," zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt VI. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde wolle die erstmitbeteiligte Partei zum Ersatz der von der Beschwerdeführerin entrichteten Pauschalgebühr verpflichten, abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zunächst zum Gang des Vergabeverfahrens aus, im verfahrensgegenständlichen Beschaffungsvorgang "E-Finanz (Finanz-Redesign)", das von der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeber als zweistufiges Verhandlungsverfahren nach vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich durchgeführt werde, hätten insgesamt fünf Bewerber Teilnahmeanträge gestellt. Drei Bewerber, nämlich die Beschwerdeführerin sowie die zweit- und die drittmitbeteiligte Partei, seien zur Angebotslegung eingeladen worden. Nach Durchführung einer ersten Verhandlungsrunde seien alle Bieter mit Schreiben vom 25. August 2006 zur Legung eines - vom Auftraggeber als "last and final offer" bezeichneten - Angebotes bis 18. September 2006 eingeladen worden. Alle drei Bieter hätten hierauf Angebote gelegt. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 habe der Auftraggeber der Beschwerdeführerin Aufklärungsfragen zu ihrem "last and final offer" übermittelt, die diese fristgerecht beantwortet habe. Auch weiteren Aufklärungsfragen sei fristgerecht nachgekommen worden.

Mit E-Mail vom 16. November 2006 habe die Beschwerdeführerin die Einladung des Auftraggebers zu einer weiteren Verhandlungsrunde erhalten. Der Auftraggeber habe - so der Text dieses E-Mails - die aus der Beilage ersichtlichen "Feststellungen" (offenkundig gemeint: Festlegungen) getroffen und zu einem Verhandlungsgespräch am 27. November 2006 eingeladen. Hinsichtlich der Verhandlungspunkte sei auf die Beilage verwiesen worden. Angeschlossen seien die auf Grund der Ergebnisse der Verhandlungsgespräche geänderten Ausschreibungsunterlagen sowie ein mit "Verhandlungspunkte der zweiten Verhandlungsgrunde sowie Festlegungen des Auftraggebers" mit Stand 15. November 2006 bezeichnetes Dokument gewesen. Dessen Punkt 1 habe unter 1. 1 bis

1. 13 die "Verhandlungspunkte mit den Bietern" dargelegt, unter Punkt 2 "Abschließende Festlegungen" getroffen, wobei - jeweils mit kurzer Erläuterung - unter 2 A) die Einladung der Bieter zur nächsten Verhandlungsrunde ausgesprochen und unter 2 B) deren Verhandlungsgegenstand (Punkt 1. 1 bis 1. 13) festgelegt worden sei. Unter Punkt 3 sei eine "Abschließende Klarstellung" erfolgt, dass durch die Aufnahme der vorstehenden Verhandlungspunkte die festgelegten Zuschlagskriterien nicht verändert würden.

Die Beschwerdeführerin habe hierauf den Auftraggeber mit E-Mail vom 20. November 2006 zur Richtigstellung bzw. Ergänzung der Verhandlungspunkte der zweiten Verhandlungsrunde sowie der Festlegungen in näher dargestelltem Umfang aufgefordert. Der Auftraggeber habe auf dieses Schreiben trotz mehrere Urgenzen nicht reagiert.

Zum Gang des Nachprüfungsverfahrens führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrem Nachprüfungsantrag vom 24. November 2006 "nur aus anwaltlicher Vorsicht" einen Eventualantrag auf Nichtigerklärung der - als gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit. a) sublit dd) BVergG 2006 als sonstige Festlegung während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist anzusehenden - Festlegungen des Auftraggebers unter Punkt 2 B) des E-Mails vom 16. November gestellt.

Sie habe vorgebracht, ihr sei durch diese Entscheidung insofern ein Schaden entstanden, als bereits ein Nachprüfungsantrag eingebracht worden sei, der sich gegen das Führen von Verhandlungen mit ihr richte. Sie erachte sich in ihrem Recht auf Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren, insbesondere in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen und diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs, in ihrem Recht auf vergaberechtskonforme Angebotsprüfung und -bewertung und in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung auf der Grundlage eines vergaberechtskonformen und diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbes verletzt. Die in der Einladung zur weiteren Verhandlungsrunde hinsichtlich ihres Angebotes getroffenen Festlegungen des Auftraggebers widersprächen ihren Angaben, was gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes verstoße. Die angefochtenen Entscheidungen seien auch deshalb rechtswidrig, weil damit Informationen über ihr Angebot bekannt gegeben werden und gleichzeitig zu einer weiteren Verhandlungsrunde eingeladen werde.

Der Auftraggeber habe in seiner Stellungnahme die Zurück-, in eventu die Abweisung des Nachprüfungsantrages beantragt und im Wesentlichen vorgebracht, im Zuge der Prüfung der von den Bietern auf Grund der Einladung zur Legung eines "last and final offers" abgegebenen Angebote und dazu eingelangten Aufklärungen habe sich herausgestellt, dass das offensichtlich unterschiedliche Verständnis der Bieter in wesentlichen Teilen zur Nichtvergleichbarkeit der Angebote führe und teilweise infolge der Angebote auch Präzisierungen erforderlich seien. Deshalb habe der Auftraggeber wieder in die Verhandlungen einsteigen müssen und die Bieter zu einer zweiten Verhandlungsrunde geladen.

Die zweit- und die drittmitbeteiligte Partei hätten begründete Einwendungen gegen den Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin eingebracht.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2006 habe die Beschwerdeführerin einen weiteren Nachprüfungsantrag eingebracht, in dessen Eventualantrag sie "aus anwaltlicher Vorsicht nunmehr auch" die Nichtigerklärung der - als gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit. a) sublit dd) BVergG 2006 als sonstige Festlegung während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist anzusehenden - Festlegungen des Auftraggebers unter Punkt 1, 2 A) sowie 2 B) (soweit bisher nicht angefochten) des E-Mails vom 16. November 2006 beantragt habe.

Die Beschwerdeführerin habe diesen Nachprüfungsantrag damit begründet, der Auftraggeber habe - mangels Bekämpfung bestandsfest - festgelegt, nach Vorliegen des "last and final offers" in die Evaluierungsphase eintreten zu wollen, wobei keine neuerlichen Verhandlungen vorgesehen gewesen seien. Mit der vorgesehenen Durchführung weiterer Verhandlungen und der beabsichtigten neuerlichen Aufforderung zur Legung von Angeboten weiche der Auftraggeber von seinen eigenen zuvor festgelegten Bedingungen und von der von ihm festgelegten Bewertungsgrundlage ab. Diese Abweichung des Auftraggebers verstoße gegen den Grundsatz eines fairen und nicht diskriminierenden Vergabeverfahrens sowie gegen den Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz. Ebenso verstoße die Festlegung der Verhandlungspunkte für die weitere Verhandlungsrunde gegen diese Grundsätze, weil damit jener Bieter, der bereits das wirtschaftlich günstigste Angebot gelegt habe, diskriminiert werde und umgekehrt jene Bieter, die bis zum 18. September 2006 nicht das günstigste Angebot gelegt hätten bevorzugt würden. Überdies bemängle der Auftraggeber in seinen "Festlegungen" ausschließlich den Angebotsinhalt der Beschwerdeführerin und schaffe damit für die übrigen Bieter einen gleichbehandlungswidrigen Wettbewerbsvorteil. Durch die angefochtenen Entscheidungen sei der Beschwerdeführerin auch insofern ein Schaden entstanden, als ein Nachprüfungsantrag eingebracht worden sei, der sich ausschließlich gegen das Führen von Verhandlungen mit der Beschwerdeführerin richte.

Der Auftraggeber habe in seiner Stellungnahme die Abweisung dieses Nachprüfungsantrages beantragt und dies inhaltsgleich mit seinem Vorbringen zum ersten Nachprüfungsantrag vom 24. November 2006 begründet. Auch die zweit- und die drittmitbeteiligte Partei hätten begründete Einwendungen gegen den Nachprüfungsantrag vorgebracht.

Nach Wiedergabe des § 320 BVergG 2006 führte die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung zu den Eventualanträgen aus, dass der Eintritt eines bereits entstandenen Schadens oder der drohende Schadenseintritt Prozessvoraussetzung eines Nachprüfungsantrages sei, bei deren Fehlen der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen sei. Im Beschwerdefall sei nicht ersichtlich, in wie fern der Beschwerdeführerin durch die angefochtene Entscheidung bereits insofern ein Schaden entstanden sein oder ein solcher auch nur zu entstehen drohen solle, als ein anderer Bieter einen Nachprüfungsantrag eingebracht habe, der sich nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin gegen das Führen von Verhandlungen mit ihr richte. Zunächst sei festzuhalten, dass der Antragsteller in diesem von der Beschwerdeführerin bezogenen Nachprüfungsverfahren entgegen ihren Darlegungen keinen gegen das Führen von Verhandlungen mit der Beschwerdeführerin gerichteten Nachprüfungsantrag eingebracht habe. Er habe vielmehr die Nichtigerklärung der Festlegung des Auftraggebers vom 15. November 2006, mit allen Bietern eine weitere Verhandlungsrunde durchzuführen, begehrt. Die Beschwerdeführerin dürfte einen Schaden zum einen offensichtlich darin erblicken oder befürchten, dass dem Auftraggeber auf Grund des vom Antragsteller im bezogenen Nachprüfungsverfahren eingebrachten Nachprüfungsantrages das Führen von Verhandlungen mit der Beschwerdeführerin untersagt werden könnte. Zum anderen dürfte die Beschwerdeführerin befürchten, dass ihr Angebot in weiterer Folge ausgeschieden werden könnte. Dabei handle es sich jedoch um bloße Vermutungen der Beschwerdeführerin. Die Befürchtung, dass es zur Untersagung der Führung von Verhandlungen mit der Beschwerdeführerin kommen könnte, sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil kein hierauf lautender Antrag gestellt worden sei. Sofern die Beschwerdeführerin ein Ausscheiden ihres Angebotes befürchten sollte, sei dies verwunderlich, weil sie ohnehin von der Ausschreibungskonformität ihres Angebotes überzeugt sei. Dies bringe sie auch dadurch zum Ausdruck, dass sie den Auftraggeber zur Berichtigung bzw. Rücknahme jener Passagen in seiner Festlegung Punkt 2 B) seines Dokumentes aufgefordert habe, von denen sie sich mit ihrem Angebot betroffen erachte. In diesem Zusammenhang bringe sie weiters vor, sie habe ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass ihr Angebot den Ausschreibungsbedingungen entspreche, weil sie vom Auftraggeber zu einer weiteren Verhandlungsrunde eingeladen worden sei.

§ 320 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 lege ausdrücklich fest, dass dem Antragsteller durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe. Im gegenständlichen Fall habe die Antragstellerin zwar einen Schaden bekannt gegeben, der ihren Ausführungen zufolge jedoch nicht aus der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheidung resultiere, sondern allein aus dem von einem anderen Bieter dieses Vergabeverfahrens eingebrachten Nachprüfungsantrag, der sich gegen das Führen von Verhandlungen mit der Beschwerdeführerin richten solle. Ein weiteres Vorbringen bezüglich des die Beschwerdeführerin treffenden oder ihr drohenden Schadens sei nicht erstattet worden. Die belangte Behörde könne den vom Gesetz gebotenen Kausalzusammenhang zwischen der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzung und dem geltend gemachten Schaden nicht zu erkennen. Die Prozessvoraussetzung des § 320 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 sei demnach nicht gegeben.

Die Abweisung der mit den Eventualanträgen verbundenen Gebührenersatzanträge begründete die belangte Behörde unter Hinweis auf § 319 Abs. 1 erster Satz BVergG 2006 damit, dass die Beschwerdeführerin auch nicht teilweise obsiegt habe, weshalb diese Anträge abzuweisen gewesen seien.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Überprüfung einer rechtswidrigen selbständig anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. auf Nichtigerklärung einer rechtswidrigen selbständig anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers sowie auf Zuerkennung von Kostenersatz verletzt und bringt dazu - nach Wiedergabe der maßgeblichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid und des wesentlichen Inhaltes ihrer Nachprüfungsanträge - vor, dass die belangte Behörde die Ausführungen der Beschwerdeführerin in den gegenständlichen Nachprüfungsanträgen in wesentlichen Punkten "schlichtweg ignoriert" habe. Da nicht auszuschließen sei, dass die belangte Behörde bei aktenkonformer Beurteilung des von der Beschwerdeführerin in ihren Nachprüfungsanträgen vom 24. November 2006 und vom 29. November 2006 dargelegten eingetretenen bzw. drohenden Schadens zu einer anderen Beurteilung hinsichtlich der Zulässigkeit der Nachprüfungsanträge gekommen wäre und damit in die materielle Prüfung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten des Vergabeverfahrens eintreten hätte müssen, leide der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 - BVergG 2006, BGBl. I 2006/17, lauten (auszugsweise):

"§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

16. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.

a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidung:

...

dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung

bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb: ... sonstige

Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; ...

§ 320. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

...

§ 322. (1) Ein Antrag gemäß § 320 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:

...

4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,

..."

Die belangte Behörde hat die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages der Beschwerdeführerin darauf gestützt, der von dieser angegebene Schaden resultiere allein daraus, dass ein anderer Bieter dieses Vergabeverfahrens einen Nachprüfungsantrag (mit näher bezeichnetem Inhalt) eingebracht habe. Ein weiteres Vorbringen - so die belangte Behörde weiters - sei nicht erstattet worden.

Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass sie in diesem Zusammenhang ein wesentlich umfangreicheres Vorbringen erstattet habe, über das die belangte Behörde hinweggehe.

Wie sich aus den in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Nachprüfungsanträgen ergibt, hat die Beschwerdeführerin darin jeweils unter Punkt 2.6 "Angaben über den Schaden" - abgesehen von dem Schaden, der ihr durch den bezeichneten Nachprüfungsantrag erwachse - insbesondere auch vorgebracht, dass die Teilnahme am Verfahren bisher bereits signifikante Investitionskosten in Höhe von 2 Mio. Euro verursacht habe. Durch die Teilnahme an weiteren Verhandlungen müsste sie ein zehnköpfiges Team nach wie vor einsatzbereit halten. Außer den dadurch entstehenden Rechtsberatungskosten sowie weiteren damit zusammenhängenden internen Aufwendungen und Bereitstellungskosten durch die weitere Verzögerung im Rahmen des Vergabeverfahrens drohe der Beschwerdeführerin ein Schaden in Form des Gewinnentganges, dessen Umfang zum jetzigen Zeitpunkt aus Gründen des fairen und lauteren Wettbewerbes nicht detailliert bekannt gegeben werden könne. Auf Grund des Gesamtvolumens des Projekts würde ein Gewinn von 10 Mio. Euro entstehen, der als Schaden anzuführen sei. Dazu komme noch der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes.

Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird in einem Nachprüfungsantrag bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist; ins Einzeln gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten (vgl. dazu das zum BVergG 2002 ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2006, Zl. 2004/04/0127).

Vor dem Hintergrund des Vorbringens, durch die Teilnahme an weiteren Verhandlungen müsste ein zehnköpfiges Team einsatzbereit gehalten werden, verkannte die belangte Behörde die Rechtslage und erweist sich die Zurückweisung der Nachprüfungsanträge (Spruchpunkt II und V) als rechtswidrig. Da die Abweisung der Anträge auf Ersatz der Pauschalgebühren (Spruchpunkte III und VI) damit in untrennbarem Zusammenhang steht, war der Bescheid im gesamten angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Mai 2007

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