Normen
AVG §62 Abs4;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs4;
AVG §62 Abs4;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit (Ersatz)Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das über ihn mit Bescheid vom 18. April 2005 gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) verhängte Waffenverbot abgewiesen. Dieser Bescheid stützte sich in den Sachverhaltsfeststellungen u. a. auf Aussagen des Vaters und der Schwester des Beschwerdeführers und folgte dabei u.a. der Aussage des Vaters des Beschwerdeführers, wonach der Beschwerdeführer ihm im Jänner 2005 eine Rissquetschwunde an der Stirn zugefügt habe, indem er ihm plötzlich und unerwartet einen Topf auf den Kopf geschlagen habe.
2. Mit Schreiben vom 4. August 2006 beantragte der Beschwerdeführer, gestützt auf die Wiederaufnahmegründe des § 69 Abs 1 Z 1 und Z 2 AVG, die Wiederaufnahme dieses Verfahrens. Er führte darin aus, dass er am 4. August 2006 beim Bezirksanwalt des Bezirksgerichtes Zwettl Recherchen hinsichtlich einer von seinem Vater gegen ihn wegen einer Körperverletzung erstatteten Strafanzeige gemacht habe. Thema dieser Recherchen sei die angebliche Verletzung mit einem Kochgeschirr gewesen. Er habe dabei eine Strafanzeige des Gendarmeriepostens Groß Gerungs vom 11. Oktober 2003 ausgefolgt bekommen, wobei in dieser Strafanzeige vom Gemeindearzt ausdrücklich ausgeführt sei, dass der Vater des Beschwerdeführers, der einen Schlag durch seinen Sohn zur Anzeige gebracht habe, keine sichtbare Verletzung aufgewiesen habe. In dieser Strafanzeige sei ausdrücklich davon die Rede, dass der Vater des Beschwerdeführers am 9. Oktober 2003, "somit 4 Tage nach dem angeblichen Vorfall", den Gemeindearzt aufgesucht habe, welcher jedoch keine sichtbare Verletzung habe feststellen können. Dies stehe in krassem Widerspruch zu den Behauptungen des Vaters des Beschwerdeführers in seiner Niederschrift vor der Sicherheitsdirektion am 18. Mai 2006. Dort habe dieser nämlich behauptet, der Beschwerdeführer habe ihm eine Rissquetschwunde an der Stirn zugefügt. Wenn allerdings eine Rissquetschwunde entstanden sein sollte, so sei es undenkbar, dass diese Verletzung vom Gemeindearzt nicht festgestellt worden wäre. Ausgehend davon müsse der Vater des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde unrichtig ausgesagt haben.
Zum Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 2 AVG führte der Beschwerdeführer aus, dass er mit der ihm nun vorliegenden Strafanzeige beweisen könne, dass die diesbezüglichen Angaben seines Vaters vor der Sicherheitsdirektion nicht richtig seien. Auch die Schwester des Beschwerdeführers habe in ihrer Vernehmung vor der Sicherheitsdirektion behauptet, dass sie die Verletzung, welche der Beschwerdeführer seinem Vater mit dem Topf am Kopf zugefügt haben solle, selbst gesehen habe. Der Antragsteller sei erst mit der Ausfolgung der Strafanzeige auf Grund seiner Recherchen beim Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Zwettl in die Lage versetzt worden, diesen Beweis zu verwenden. Als weiterer Wiederaufnahmegrund werde darüber die zeugenschaftliche Vernehmung des Gemeindearztes von L beantragt. Auch durch dieses Beweismittel könnten die Behauptungen der Schwester und des Vaters des Beschwerdeführers widerlegt werden.
3. Die belangte Behörde hat in der Folge das Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt und den Sachverhalt dem Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Zwettl mitgeteilt. Mit Benachrichtigung vom 4. Dezember 2006 teilte der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Zwettl mit, dass die erstatteten Anzeigen zurückgelegt bzw die eingeleiteten Verfahren betreffend den Vater und die Schwester des Beschwerdeführers zurückgelegt wurden. Aus einem auf diese Benachrichtigung angefertigten Aktenvermerk ergibt sich, dass nach einer Rückfrage beim Bezirksanwalt der Grund für die Einstellung darin liegt, dass dieser Vorfall (gemeint aus dem Jahr 2005) nicht angezeigt worden sei.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers abgewiesen.
Begründend führte sie dazu im Wesentlichen aus, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Wiederaufnahme auf einen Vorfall vom 5. Oktober 2003 beziehe, der von der Polizeiinspektion Groß Gerungs dem Bezirksanwalt beim BG Zwettl angezeigt worden sei. Die Aussagen des Vaters und der Schwester des Beschwerdeführers hätten sich jedoch auf einen Vorfall bezogen, der im Jänner 2005 stattgefunden habe. Dies sei so auch übereinstimmend vom Vater und von der Schwester des Beschwerdeführers angegeben worden. Es handle sich daher um zwei verschiedene Vorfälle, sodass eine falsche Zeugenaussage nicht vorliegen könne. Da keine falsche Zeugenaussage vor der Verwaltungsbehörde vorliege, sei auch der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs 1 Z 1 AVG nicht gegeben.
Die Strafanzeige der Polizeiinspektion Groß Gerungs sei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich bereits bei Erlassung des Bescheides vom 21. Juni 2006 zur Verfügung gestanden und im Zuge der rechtlichen Würdigung miteinbezogen worden. Der Beschwerdeführer sei zudem am 9. Oktober 2003 zur Anzeige seines Vaters auf der Polizeiinspektion Groß Gerungs niederschriftlich einvernommen worden, sodass ihm diese Strafanzeige spätestens seit 9. Oktober 2003 bekannt gewesen sei. Die Strafanzeige stelle somit keinesfalls eine neue Tatsache oder ein neues Beweismittel dar.
5. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2006/03/0172, hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 2006, der das Verfahren, dessen Wiederaufnahme der Beschwerdeführer begehrte, abgeschlossen hatte, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Damit ist die Beschwerde gegen den hier angefochtenen Bescheid, mit dem die Wiederaufnahme abgelehnt wurde, gegenstandslos und das Verfahren einzustellen (vgl den hg Beschluss vom 14. Dezember 1988, Zl 87/03/0140).
6. Die Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 58 Abs 2 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Nach § 58 Abs 2 VwGG ist, wenn das Rechtsschutzinteresse bei einer Beschwerde nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.
Für die Entscheidung über den Aufwandersatz waren folgende Erwägungen maßgebend:
Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist (Z 1) oder neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten (Z 2).
Der Beschwerdeführer gibt in seiner Beschwerde (zweimal) den vollständigen Wortlaut seines Wiederaufnahmeantrags sowie einer ergänzenden Stellungnahme vor der belangten Behörde wieder, setzt sich in seinem Beschwerdevorbringen jedoch nicht mit der tragenden Begründung des angefochtenen Bescheides auseinander, wonach sich die Aussage seines Vaters (und seiner Schwester) vor der belangten Behörde im Verfahren, dessen Wiederaufnahme der Beschwerdeführer beantragt, auf einen Vorfall im Jänner 2005 bezog, während die vom Beschwerdeführer vorgelegte Anzeige der Polizeiinspektion Groß Gerungs sich auf einen im Oktober 2003 zur Anzeige gebrachten Vorfall bezieht. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Unrichtigkeit einer vor der belangten Behörde erfolgten Zeugenaussage betreffend einen Vorfall im Jänner 2005 daraus ergeben soll, dass ein vergleichbarer Vorfall im Oktober 2003 angezeigt wurde und dabei der Gemeindearzt keine Verletzung festgestellt hat.
Auch wenn der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 1 AVG nicht voraussetzt, dass das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung durch ein gerichtliches Urteil erwiesen ist, so muss der Umstand der gerichtlich strafbaren Handlung doch objektiv feststellbar sein (vgl dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. Auflage, E 105 zu § 69 AVG angeführte hg Rechtsprechung).
Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie nach Überprüfung des Sachverhaltes durch die zuständige Strafverfolgungsbehörde und der durch diese erfolgten Einstellung des Verfahrens, die darauf beruht, dass sich die Zeugenaussagen nicht auf den Vorfall aus dem Jahr 2003 bezogen, zum Ergebnis gekommen ist, dass der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs 1 Z 1 AVG im vorliegenden Fall nicht gegeben war.
Zum geltend gemachten Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG ist festzuhalten, dass sich der Vorfall vom Oktober 2003 - auf den sich das vom Beschwerdeführer nach seinen Angaben erstmals am 4. August 2006 zur Verfügung stehende Beweismittel bezieht - im Bescheid, mit dem das Verfahren, dessen Wiederaufnahme der Beschwerdeführer begehrt, abgeschlossen wurde, nicht berücksichtigt wurde. Insbesondere wurde das über den Beschwerdeführer verhängte Waffenverbot nicht darauf gestützt, dass er im Oktober 2003 gegenüber seinem Vater in der in der Anzeige dargestellten Form tätig gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht zu erkennen, dass - selbst wenn dem Beschwerdeführer dieses Beweismittel erst zu dem von ihm angegebenen Zeitpunkt zur Verfügung gestanden sein sollte - dies zu einem anderen Bescheid führen hätte können.
Auch soweit der Beschwerdeführer die unterbliebene Einvernahme des Gemeindearztes über den Vorfall aus dem Oktober 2003 rügt und die Aussage seiner Schwester im wiederaufzunehmenden Verfahren unter Bezugnahme auf den Vorfall aus dem Oktober 2003 in Zweifel zieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser Vorfall nicht Gegenstand im wiederaufzunehmenden Verfahren war.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich geltend macht, die belangte Behörde habe ihm vor Erlassung des Bescheides keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Verfahrensergebnissen gegeben, führt dies die Beschwerde nicht zum Erfolg. Im Verfahren über die Wiederaufnahme hat die belangte Behörde - schon auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers, der sich auf einen Vorfall im Jahr 2003 bezog, während sich die Zeugenaussagen auf einen Vorfall im Jahr 2005 bezogen, abgesehen von der Benachrichtigung des Bezirksanwalts beim BG Zwettl über die Zurücklegung der Anzeigen bzw die Einstellung des Verfahrens - keine weiteren Erhebungen durchgeführt. Der Beschwerdeführer bringt auch nicht vor, was er im Falle der Einräumung des Parteiengehörs gegen die Benachrichtigung von der Einstellung des Strafverfahrens vorgebracht hätte, sodass dem behaupteten Verfahrensmangel auch keine Relevanz zukommt.
Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe dadurch, dass sie nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides seiner Berufung keine Folge gegeben habe, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Dazu ist auszuführen, dass sowohl aus dem - oben wiedergegeben - Spruch als auch der Begründung hervorgeht, dass der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt hat und der Wiederaufnahmeantrag abgewiesen wurde. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ist deutlich, dass die belangte Behörde gemäß § 69 Abs 4 AVG - somit als jene Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat - entschieden hat. Die offensichtlich auf einem Versehen beruhende (zusätzliche) Angabe im Spruch, dass einer Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben wird, stellt daher einen berichtigungsfähigen Fehler im Sinne des § 62 Abs 4 AVG dar, der nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt.
Da die Beschwerde daher, wäre das Rechtsschutzinteresse nicht weggefallen, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen gewesen wäre, war dem Bund gemäß § 58 Abs 2 VwGG der beantragte Aufwandersatz zuzusprechen.
Wien, am 23. April 2008
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