VwGH 2007/03/0034

VwGH2007/03/003426.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Hutchison 3G Austria GmbH in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Bertram Burtscher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 18. Dezember 2006, Zl M 13e/06-40, betreffend Feststellung beträchtlicher Marktmacht und Auferlegung spezifischer Verpflichtungen gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
TKG 2003 §37 Abs2;
TKG 2003 §48;
TKG 2003 §50;
VVG §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §59 Abs1;
TKG 2003 §37 Abs2;
TKG 2003 §48;
TKG 2003 §50;
VVG §1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei auf dem Vorleistungsmarkt "Terminierung in das öffentliche Mobiltelefonnetz der Hutchison 3G Austria GmbH" (§ 1 Z 15 Telekommunikationsmärkteverordnung 2003) über beträchtliche Marktmacht verfügt (Spruchpunkt 1). Weiters wurden der beschwerdeführenden Partei gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 folgende spezifische Verpflichtungen auferlegt:

"2.1. Hutchison 3G Austria GmbH hat gemäß § 38 TKG 2003 in Bezug auf die Qualität der Leistung 'Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz' dieselben Bedingungen anderen Betreibern anzubieten, die sie sich selber, verbundenen oder anderen Unternehmen bereitstellt.

2.2. Hutchison 3G Austria GmbH hat gemäß § 38 TKG 2003 in Bezug auf den Preis der Leistung 'Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz' allen anderen Betreibern, einschließlich der mit ihr verbundenen, dieselben Bedingungen anzubieten, die sie verbundenen oder anderen Unternehmen bereitstellt.

2.3. Hutchison 3G Austria GmbH hat gemäß § 38 TKG 2003 in Bezug auf den Preis der Leistung 'Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz' dieselben Bedingungen anderen Betreibern anzubieten, die Hutchison 3G Austria GmbH ihrem eigenen Festnetzbereich bereitstellt. Diese Verpflichtung gilt für jene Leistungen der Hutchison 3G Austria GmbH, die mit Hilfe eines über die Luftschnittstelle angebundenen physischen ortsfesten Netzabschlusspunktes im öffentlichen Kommunikationsnetz der Hutchison 3G Austria GmbH erbracht werden.

2.4. Hutchison 3G Austria GmbH hat gemäß § 38 Abs. 3 TKG 2003 bis 31.01.2007 ein Standardangebot betreffend 'Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz' auf ihrer Unternehmenshomepage zu veröffentlichen und laufend auf aktuellem Stand zu halten. Dieses Standardangebot hat folgende näher zu bestimmende Mindestinhalte aufzuweisen:

2.5. Hutchison 3G Austria GmbH hat ihren Zusammenschaltungspartnern die Möglichkeit einzuräumen, Bedingungen von Verträgen betreffend die Leistung der Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz zwischen dem Zusammenschaltungspartner und Hutchison 3G Austria GmbH mit einer Frist von maximal 2 Monaten an jedem Tag schriftlich zu kündigen.

2.6. Hutchison 3G Austria GmbH hat gemäß § 41 Abs. 2 Z 9 TKG 2003 die (direkte und indirekte) Zusammenschaltung mit ihrem öffentlichen Mobiltelefonnetz betreffend die Leistung 'Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz' mit anderen Betreibern öffentlicher Kommunikationsnetze auf Nachfrage zu gewährleisten.

2.7. Hutchison 3G Austria GmbH hat gemäß § 42 TKG 2003 für die Zusammenschaltungsleistung 'Terminierung in ihr öffentliches Mobiltelefonnetz' ein Entgelt zu verrechnen, das sich an langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten eines effizienten Betreibers iSv 'LRAIC' ('Long Run Average Incremental Cost') orientiert."

Mit Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheides wurden die der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2004, Zl M 15e/03-30, auferlegten Verpflichtungen aufgehoben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erklärte, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit Erkenntnis vom 28. Februar 2007, Zl 2006/03/0006, hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2004, Zl M 15e/03-30, mit dem der beschwerdeführenden Partei unter anderem gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 spezifische Verpflichtungen auferlegt worden waren, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Diesem Erkenntnis lag insbesondere zu Grunde, dass der dort zu beurteilenden Verpflichtung zur Kostenorientierung - welche wörtlich mit der im hier angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt 2.7. enthaltenen Verpflichtung übereinstimmte - die ausreichende Bestimmtheit fehlte.

2. Auch im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin (unter anderem) geltend, dass die Anordnung in Spruchpunkt 2.7. unbestimmt sei; der beschwerdeführenden Partei sei es objektiv unmöglich, den in Spruchpunkt 2.7. angeordneten Richtwert zu ermitteln.

Die von § 59 Abs 1 AVG geforderte Deutlichkeit bedeutet für Leistungsbefehle Bestimmtheit - nicht bloß Bestimmbarkeit - in dem Sinne, dass auf Grund des Bescheides, ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und neuerlicher Entscheidung, eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem ebenfalls die Feststellung beträchtlicher Marktmacht und Auferlegung spezifischer Verpflichtungen gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 auf einem individuellen Mobilterminierungsmarkt betreffenden Erkenntnis vom 28. Februar 2007, Zl 2004/03/0210, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, wird diesem Erfordernis in einem Fall, in dem den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der konkrete Bedeutungsinhalt der auferlegten Verpflichtung nicht klar ist, mit einer Spruchfassung, wie sie auch im nunmehr angefochtenen Bescheid (in Spruchpunkt 2.7) wörtlich gleichlautend verwendet wird, nicht Rechnung getragen.

3. Zwischen der Erlassung des mit dem oben zitierten Erkenntnis aufgehobenen Bescheides und der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde in mehreren Verfahren gemäß § 48 in Verbindung mit § 50 TKG 2003 Festlegungen über die konkret zu verrechnenden Terminierungsentgelte zwischen Netzbetreibern getroffen. In den Feststellungen des angefochtenen Bescheides hält die belangte Behörde dazu fest:

"In den Entscheidungen der Telekom-Control-Kommission vom 19.12.2005 zu Z 2, 10/05, Z 7/05, Z 8/05, Z 9/05, Z 11/05, Z 13/05, Z 14/05 wurde die auferlegte Verpflichtung zur Kostenorientierung über einen 'Gleitpfad' operationalisiert; dieser sieht vor, dass bis spätestens Ende des Jahres 2008 alle Mobilfunkbetreiber den einheitlichen Zielwert, der in der Höhe der 'LRAIC eines effizienten Betreibers' liegt, erreichen. Aus ökonomischer Sicht gibt es keinen Grund von diesem 'Gleitpfadmodell' abzuweichen. Die wesentlichsten Argumente, auf denen dieses Modell, das die festgestellten wettbewerblichen Defizite beseitigen soll, basiert - Vermeidung disruptiver Eingriffe, Planungssicherheit für Marktteilnehmer, temporärer Investitionsschutz, Sicherstellung wettbewerblicher Marktstrukturen, First-Mover- und Größenvorteile - sind aus ökonomischer Sicht nach wie vor valide."

Weiters stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die mit den oben genannten Bescheiden vom 19. Dezember 2005 (die mit Ausnahme des zur Zahl Z 13/05 ergangenen Bescheides zwischenzeitlich vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurden) festgelegten Mobilterminierungsentgelte fest; demnach sollte für die beschwerdeführende Partei im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 ein Entgelt von 19,62 Cent, für den Zeitraum vom 1. Jänner 2006 bis zum 30. Juni 2006 ein Entgelt von 17,79 Cent, und für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006 ein Entgelt von 15,95 Cent zur Anwendung kommen.

4. Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände, die im Zeitpunkt der Erlassung des vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Februar 2007, Zl 2006/03/0006, aufgehobenen Bescheides noch nicht vorlagen, kann die in Spruchpunkt 2.7 des angefochtenen Bescheides enthaltene Anordnung nicht als ausreichend bestimmt angesehen werden. Vielmehr bringt die belangte Behörde durch diese Feststellungen selbst zum Ausdruck, dass die Verpflichtung zur Verrechnung eines Entgelts, das sich "an langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten eines effizienten Betreibers" orientiert, ihrer Ansicht nach der "Operationalisierung" durch einen "Gleitpfad" zugänglich wäre. Die belangte Behörde geht dabei davon aus, dass dieser Gleitpfad - entgegen dem Wortlaut der in Spruchpunkt 2.7 des angefochtenen Bescheides unbedingt und ohne zeitliche Einschränkung, Abstufung oder Übergangsregelung formulierten Verpflichtung - zur Erreichung eines "einheitlichen Zielwerts" (gemeint offenbar im Sinne eines einheitlichen Entgelts für alle individuellen Mobilterminierungsmärkte) in der Höhe eben jener "LRAIC eines effizienten Betreibers", an denen sich das durch die beschwerdeführende Partei zu verrechnende Terminierungsentgelt orientieren sollte, bis Ende des Jahres 2008 führen sollte. Schon dieses von der belangten Behörde dem Spruchpunkt 2.7 unterlegte Verständnis zeigt, dass diese Anordnung jedenfalls nicht ausreichend bestimmt ist, um der beschwerdeführenden Partei ein bescheidkonformes Verhalten zu ermöglichen.

5. Da der angefochtene Bescheid sich daher schon mangels Bestimmtheit der der beschwerdeführenden Partei auferlegten spezifischen Verpflichtung im Spruchpunkt 2.7. als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er zur Gänze - zur mangelnden Trennbarkeit der einzelnen Absprüche vgl das bereits zitierte hg Erkenntnis vom 28. Februar 2007, Zl 2004/03/0210 - gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 26. April 2007

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