VwGH 2007/02/0325

VwGH2007/02/032528.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Beck, Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des O S in Z, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 23. Jänner 2007, Zl. 20504- 24/597/2-2007, betreffend Akteneinsicht in einer Angelegenheit nach der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17;
AVG §8;
StVO 1960 §43;
StVO 1960 §44 Abs1;
VwRallg;
AVG §17;
AVG §8;
StVO 1960 §43;
StVO 1960 §44 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 25. Juli 2006 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau Einsicht in den Verordnungsakt betreffend die Beschränkung der Fahrgeschwindigkeit auf 80 km/h auf der B 311 (Umfahrung Bischofshofen), weil gegen ihn in diesem Zusammenhang ein Verwaltungsstrafverfahren bei einer anderen Bezirkshauptmannschaft anhängig sei.

In der Begründung dieses Antrages wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer mache ein rechtliches Interesse an der Einsicht in den dieser Verordnung zugrunde liegenden Verordnungsakt geltend. Aus der Verordnung lasse sich nicht erkennen, was nun der Grund für die von 100 auf 80 km/h erfolgte Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sei.

Mit Bescheid vom 22. November 2006 wies die BH den Antrag des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht in den Verordnungsakt betreffend die Verordnung der BH vom 17. November 2005 nach § 17 AVG i.V.m. § 44 StVO als unbegründet ab.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein rechtliches Interesse nicht konkretisiert habe und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Recht auf Akteneinsicht sich auf die Verordnung an sich und darüber hinaus noch auf den Aktenvermerk über den Zeitpunkt der Anbringung von Straßenverkehrszeichen beziehe. Der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren habe kein Recht, in den Verordnungsakt (und in das Zustandekommen der Verordnung) Einsicht zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Jänner 2007 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, es ergebe sich nach der Aktenlage und sei seitens des Beschwerdeführers unbestritten geblieben, dass ihm die zugrundeliegende Verordnung jedenfalls zur Kenntnis gekommen bzw. übermittelt worden sei. Wie sich zudem aus der Mitteilung der BH vom 30. November 2006 ergebe, treffe die Berufungsbehauptung nicht zu, dass in den Aktenvermerk über den Zeitpunkt der Anbringung der Straßenverkehrszeichen keine Einsicht gewährt worden sei, sondern es sei dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 25. Juli 2006 bei der BH neben der Verordnung auch Einsicht in den Aktenvermerk gewährt worden. Der schriftliche Antrag vom 25. Juli 2006 beziehe sich eindeutig auf den der Verordnung zugrunde liegenden Erzeugungsakt; es könne daher im Ergebnis der Behörde erster Instanz nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem Antrag nicht stattgegeben habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluss vom 8. Oktober 2007, B 113/07-10 u.a., ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht aufgrund des dem gegenständlichen Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden "Antrags auf Einsicht in den Verordnungsakt" vom 25. Juli 2006, den der Beschwerdeführer bei einer anderen Bezirkshauptmannschaft als jener, die das ihn betreffende Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt hat, davon aus, dass der Beschwerdeführer einen vom Verwaltungsstrafverfahren unabhängigen Antrag an die für die Erlassung der bezughabenden Verordnung zuständige Behörde stellen wollte und von dieser eine Entscheidung über diesen Antrag begehrte. Auch die belangte Behörde gibt im angefochtenen Bescheid zu erkennen, dass sie nicht als (nach der aktuellen Rechtslage unzuständige) Verwaltungsstrafbehörde, sondern als die im Administrativverfahren nach der StVO zuständige Berufungsbehörde entschieden hat. Dieser Auffassung tritt auch der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegen. Es sind daher für den Verwaltungsgerichtshof keine Anhaltspunkte für eine Unzuständigkeit der belangten Behörde zu erkennen.

In der Beschwerde wird zunächst in Abrede gestellt, dass dem Beschwerdevertreter anlässlich einer Vorsprache Einsicht in den bezughabenden Aktenvermerk über den Zeitpunkt der Anbringung der Straßenverkehrszeichen gewährt worden sei. Überdies macht die Beschwerde in diesem Zusammenhang das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Sache des Verwaltungsverfahrens lediglich die Akteneinsicht in den in Rede stehenden Verordnungsakt der BH (siehe Spruch des erstinstanzlichen Bescheides) war, nicht jedoch die Frage, ob dem Beschwerdevertreter allenfalls auch Einsicht in den Aktenvermerk über den Zeitpunkt der Anbringung von Straßenverkehrszeichen gewährt wurde. Es gehen daher die diesbezüglichen Verfahrensrügen ins Leere.

In der Beschwerde wird ferner gerügt, dass jedenfalls durch die (teilweise) Verweigerung gemäß § 8 AVG das Parteienrecht des Beschwerdeführers und das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG missachtet und verletzt worden seien. Diesbezüglich sei grundsätzlich auszuführen, dass das Recht auf Akteneinsicht ein wesentliches prozessuales Recht der Partei des Verwaltungsverfahrens darstelle. Es erstrecke sich grundsätzlich auf alle Unterlagen, die für die Erledigung der Angelegenheit maßgeblich seien.

Nach § 8 AVG gelten nur solche Personen als Parteien, die an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind.

§ 17 Abs. 1 erster Satz AVG lautet:

"Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen."

§ 17 AVG räumt das Recht zur Akteneinsicht nur den Parteien ein, die an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligt sind; ohne ein solches Verfahren kann daher niemandem ein solches Recht zustehen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, S. 387, unter E 4 zu § 17 AVG angeführte hg. Judikatur).

§ 44 Abs. 1 StVO lautet auszugsweise:

"(1) Die im § 43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des § 8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. ..."

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, bezieht sich § 44 Abs. 1 dritter Satz StVO infolge seines eindeutigen Wortlautes ausschließlich auf Verwaltungsverfahren (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1984, VfSlg. 10.211). Weder dieser Bestimmung noch einer anderen Norm der StVO kann jedoch entnommen werden, dass ein Rechtsanspruch Einzelner auf Einsicht in den jeweiligen Verordnungsakt betreffend eine der im § 43 StVO genannten Verordnungen besteht. Das Verfahren zur Erlassung einer im § 43 StVO genannten Verordnung stellt kein Verwaltungsverfahren im Sinne der vorzitierten hg. Judikatur zu § 17 AVG dar, an dem der Beschwerdeführer als Partei beteiligt ist. Es kommt somit dem Beschwerdeführer kein Recht auf Akteneinsicht in den Verordnungsakt betreffend die in Rede stehende Verkehrsbeschränkung zu. Der Beschwerdeführer wurde daher durch die erfolgte "Abweisung" seines Antrages auf Einsicht in diesen Verordnungsakt in keinen Rechten verletzt.

Insoweit schließlich der Beschwerdeführer eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren geltend macht, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zur Prüfung der Verletzung dieser Rechte berufen (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Mai 2003, Zl. 2003/02/0101, m.w.N.). Es wird in diesem Zusammenhang auch auf den vorzitierten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2007 verwiesen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. März 2008

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