Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §4 idF 1998/I/124;
AVG §69 Abs1 Z2;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §4 idF 1998/I/124;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610, 60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde am 7. Jänner 1973 im damaligen Jugoslawien geboren. Er hat seit 2. Dezember 2002 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 11. Dezember 2002 die österreichische Staatsbürgerin K.S. (geboren am 1. Jänner 1949). Am 19. Mai 2005 beantragte er bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. März 2006 wurde dem Beschwerdeführer (mit Wirkung vom 7. März 2006) nach § 11a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (in der damals geltenden Fassung BGBl. Nr. 124/1998) die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.
Im Zuge der Verleihung wurde der Beschwerdeführer am 7. März 2006 von der belangten Behörde niederschriftlich unter anderem über seine persönlichen Verhältnisse (insbesondere den Familienstand) befragt, wobei er angab, diese Verhältnisse hätten sich nicht geändert, er sei noch immer mit Frau K.S. verheiratet; diese Angaben bestätigte er mit seiner Unterschrift.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 16. September 2005 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit K.S. gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden (Rechtskraft: 16. September 2005).
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 2007 wurde
- das mit rechtskräftigem Bescheid vom 7. März 2006 abgeschlossene Staatsbürgerschaftsverfahren, in welchem dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde, gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 69 Abs. 3 AVG wieder aufgenommen und in den Stand vor Verleihung der Staatsbürgerschaft zurückversetzt (Spruchpunkt I.).
- das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 19. Mai 2005 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 ff StbG 1985, BGBl. Nr. 311/1985 idF BGBl. I Nr. 37/2006, abgewiesen (Spruchpunkt II.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, am 18. Mai 2007 sei (ihr) bekannt geworden, dass die Ehe des Beschwerdeführers bereits am 16. September 2005 rechtskräftig geschieden wurde. Während des gesamten Verleihungsverfahrens habe der Beschwerdeführer nicht mitgeteilt, dass sein Familienstand sich geändert habe und er bereits geschieden sei. Am 29. Juni 2007 sei er davon in Kenntnis gesetzt worden, dass auf Grund der im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft bereits rechtskräftigen Scheidung der Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin die Wiederaufnahme des Verfahrens und Abweisung seines Verleihungsantrages erfolgen werde.
In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe mit der geschiedenen Ehegattin dennoch (eine Zeit lang) im gemeinsamen Haushalt gelebt, der Scheidung habe er keine wesentliche Bedeutung beigemessen und es daher verabsäumt, die Scheidung der Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin der Behörde zu melden.
Die amtswegige Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 7. März 2006 abgeschlossenen Verleihungsverfahrens sei zulässig.
Die am 16. September 2005 rechtskräftige Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers von seiner österreichischen Ehegattin habe vor der Erlassung des Verleihungsbescheides bestanden, sie sei aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden. Ein Verschulden der Behörde an der Nichterörterung dieser Tatsache liege nicht vor, da der Beschwerdeführer in Kenntnis der rechtskräftigen Ehescheidung diese Tatsache verschwiegen und in der Abschlussniederschrift vom 7. März 2006 die aufrechte Ehe bestätigt habe. Vor dem Hintergrund, dass die Heiratsurkunde bereits (früher) eingesehen worden war, der Beschwerdeführer und Frau K.S. laut Einsichtnahme am 22. Februar 2006 in das Zentrale Melderegister an der gemeinsamen Adresse gemeldet waren, habe kein Grund bestanden, die Angaben des Beschwerdeführers anzuzweifeln und über den Bestand der Ehe (weitere) Erhebungen anzustellen. Trotz des internen organisatorischen Aufbaues der "MA 35" handle es sich bei der Vollziehung von Staatsbürgerschaftsangelegenheiten und Personenstandsangelegenheiten um getrennte Verfahren zweier Behörden; allein aus der Möglichkeit, im Eheregister der Standesämter Einsicht zu nehmen, könne ein Verschulden der Staatsbürgerschaftsbehörde (im Sinne des § 1294 ABGB) nicht abgeleitet werden. In Kenntnis der Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers von seiner österreichischen Ehegattin hätte die belangte Behörde die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verliehen, weil der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 StbG nicht (mehr) erfülle und ein anderer Einbürgerungstatbestand nicht vorgelegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) in der Fassung vor der (am 23. März 2006 in Kraft getretenen) Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998, lauten:
"§ 4. ... Fremde, die einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eingebracht haben, sind jedoch verpflichtet in diesem Verfahren ihre familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte ihrer Lebensinteressen sowie ihre persönlichen Lebensumstände darzulegen.
...
§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,
..."
Der Beschwerdeführer wendet sich allein gegen die verfügte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht "erschlichen". Daher seien die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme "gemäß § 69 AVG" bzw. im Sinne des "§ 69 Abs. 1 Z. 1 AVG" nicht gegeben. Davon, dass er die Ehescheidung verschwiegen habe, könne nicht gesprochen werden. Er habe lediglich ein von der Behörde vorgefasstes Schriftstück, welches nicht erörtert worden sei, als seine "Erklärung" unterfertigt. Die "MA 35" sei auch als Standesamt tätig. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, Erhebungen darüber anzustellen, ob die Ehe (des Beschwerdeführers) noch aufrecht sei.
Dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit der verfügten Wiederaufnahme nicht auf.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Tatsache der Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers von seiner österreichischen Ehegattin nach rechtskräftigem Abschluss des Verleihungsverfahrens neu hervorgekommen ist und daher das Verleihungsverfahren nach dem Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG wieder aufzunehmen ist. Der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG wurde nicht herangezogen. Das dennoch zu diesem Wiederaufnahmegrund erstattete Vorbringen bzw. die Ausführungen der Beschwerde zum "Erschleichen" der Verleihung richten sich nicht gegen die von der belangten Behörde tatsächlich getroffene Entscheidung und müssen daher ins Leere gehen.
Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass die Tatsache der Ehescheidung von seiner österreichischen Ehegattin neu hervorkam, er wirft der Behörde aber Verschulden daran vor, dass diese Tatsache nicht im Verleihungsverfahren Berücksichtigung fand.
Ausschließliche Grundlage für den Verleihungsantrag des Beschwerdeführers war die Tatsache, dass seine Ehegattin (österreichische) Staatsbürgerin ist und mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebt (§ 11a Abs. 1 Z. 1 StbG). Die vom Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde gebrauchte Argumentation, er habe die Ehescheidung und damit den Wegfall der Verleihungsvoraussetzung der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin anlässlich der Verleihung nicht (mehr) für wesentlich erachtet bzw. die Bedeutung dieser Tatsache verkannt und deshalb verabsäumt, der Behörde diese Tatsache mitzuteilen, ist nicht nachvollziehbar und daher unschlüssig.
Insoweit der Beschwerdeführer die (am 7. März 2006) mit ihm aufgenommene Abschlussniederschrift als bloßes "Formular" bzw. "Vordruck" der belangten Behörde kritisiert und ein Fehlen "jeglicher Kommunikation und Erörterung" behauptet, ist dem zu erwidern, dass nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten die belangte Behörde den Beschwerdeführer über seine persönlichen Verhältnisse (am 7. März 2006) befragte und er darüber niederschriftlich festgehaltene Angaben machte. Dass dieser Befragung etwa ein Dolmetscher beigezogen werden musste, die Kommunikation mit ihm nicht möglich gewesen ist, oder er den Gegenstand der Befragung nicht verstanden hätte, ist der Niederschrift nicht zu entnehmen.
Als Antragsteller war der Beschwerdeführer verpflichtet, der Behörde seine familiären Verhältnisse im Verleihungsverfahren darzulegen (§ 4 StbG). Dass er anlässlich der Verleihung der Staatsbürgerschaft (am 7. März 2006) seine auf Grund der Ehescheidung (mit 16. September 2005) geänderten Familienverhältnisse darlegte, behauptet der Beschwerdeführer nicht.
Ein Verschulden an einer Nichterörterung der Tatsache der Ehescheidung ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, hat sie den Beschwerdeführer doch ausdrücklich über seine Familienverhältnisse befragt. Ein konkreter Anhaltspunkt, über diese Befragung hinaus Ermittlungen anzustellen und nach einem den Angaben des Beschwerdeführers widersprechenden Sachverhalt zu forschen, bestand für die belangte Behörde nicht (vgl. insoweit auch die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2004, Zl. 2002/01/0458, und vom 13. Dezember 2005, Zl. 2003/01/0184).
Die auf § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens begegnet somit keinen Bedenken.
Zur Abweisung des Verleihungsantrages wird in der Beschwerde nichts ausgeführt.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 21. Jänner 2010
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