VwGH 2007/01/1367

VwGH2007/01/136721.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des RC in W, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/2, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. November 2007, Zl. MA 35/IV- C 120/07 , betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z2;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §4 idF 1998/I/124;
AVG §69 Abs1 Z2;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §4 idF 1998/I/124;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610, 60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde am 7. Jänner 1973 im damaligen Jugoslawien geboren. Er hat seit 2. Dezember 2002 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 11. Dezember 2002 die österreichische Staatsbürgerin K.S. (geboren am 1. Jänner 1949). Am 19. Mai 2005 beantragte er bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. März 2006 wurde dem Beschwerdeführer (mit Wirkung vom 7. März 2006) nach § 11a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (in der damals geltenden Fassung BGBl. Nr. 124/1998) die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

Im Zuge der Verleihung wurde der Beschwerdeführer am 7. März 2006 von der belangten Behörde niederschriftlich unter anderem über seine persönlichen Verhältnisse (insbesondere den Familienstand) befragt, wobei er angab, diese Verhältnisse hätten sich nicht geändert, er sei noch immer mit Frau K.S. verheiratet; diese Angaben bestätigte er mit seiner Unterschrift.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 16. September 2005 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit K.S. gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden (Rechtskraft: 16. September 2005).

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 2007 wurde

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) in der Fassung vor der (am 23. März 2006 in Kraft getretenen) Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998, lauten:

"§ 4. ... Fremde, die einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eingebracht haben, sind jedoch verpflichtet in diesem Verfahren ihre familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte ihrer Lebensinteressen sowie ihre persönlichen Lebensumstände darzulegen.

...

§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,

..."

Der Beschwerdeführer wendet sich allein gegen die verfügte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens. Er macht im Wesentlichen geltend, er habe die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht "erschlichen". Daher seien die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme "gemäß § 69 AVG" bzw. im Sinne des "§ 69 Abs. 1 Z. 1 AVG" nicht gegeben. Davon, dass er die Ehescheidung verschwiegen habe, könne nicht gesprochen werden. Er habe lediglich ein von der Behörde vorgefasstes Schriftstück, welches nicht erörtert worden sei, als seine "Erklärung" unterfertigt. Die "MA 35" sei auch als Standesamt tätig. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, Erhebungen darüber anzustellen, ob die Ehe (des Beschwerdeführers) noch aufrecht sei.

Dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit der verfügten Wiederaufnahme nicht auf.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Tatsache der Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers von seiner österreichischen Ehegattin nach rechtskräftigem Abschluss des Verleihungsverfahrens neu hervorgekommen ist und daher das Verleihungsverfahren nach dem Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG wieder aufzunehmen ist. Der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG wurde nicht herangezogen. Das dennoch zu diesem Wiederaufnahmegrund erstattete Vorbringen bzw. die Ausführungen der Beschwerde zum "Erschleichen" der Verleihung richten sich nicht gegen die von der belangten Behörde tatsächlich getroffene Entscheidung und müssen daher ins Leere gehen.

Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass die Tatsache der Ehescheidung von seiner österreichischen Ehegattin neu hervorkam, er wirft der Behörde aber Verschulden daran vor, dass diese Tatsache nicht im Verleihungsverfahren Berücksichtigung fand.

Ausschließliche Grundlage für den Verleihungsantrag des Beschwerdeführers war die Tatsache, dass seine Ehegattin (österreichische) Staatsbürgerin ist und mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebt (§ 11a Abs. 1 Z. 1 StbG). Die vom Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde gebrauchte Argumentation, er habe die Ehescheidung und damit den Wegfall der Verleihungsvoraussetzung der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin anlässlich der Verleihung nicht (mehr) für wesentlich erachtet bzw. die Bedeutung dieser Tatsache verkannt und deshalb verabsäumt, der Behörde diese Tatsache mitzuteilen, ist nicht nachvollziehbar und daher unschlüssig.

Insoweit der Beschwerdeführer die (am 7. März 2006) mit ihm aufgenommene Abschlussniederschrift als bloßes "Formular" bzw. "Vordruck" der belangten Behörde kritisiert und ein Fehlen "jeglicher Kommunikation und Erörterung" behauptet, ist dem zu erwidern, dass nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten die belangte Behörde den Beschwerdeführer über seine persönlichen Verhältnisse (am 7. März 2006) befragte und er darüber niederschriftlich festgehaltene Angaben machte. Dass dieser Befragung etwa ein Dolmetscher beigezogen werden musste, die Kommunikation mit ihm nicht möglich gewesen ist, oder er den Gegenstand der Befragung nicht verstanden hätte, ist der Niederschrift nicht zu entnehmen.

Als Antragsteller war der Beschwerdeführer verpflichtet, der Behörde seine familiären Verhältnisse im Verleihungsverfahren darzulegen (§ 4 StbG). Dass er anlässlich der Verleihung der Staatsbürgerschaft (am 7. März 2006) seine auf Grund der Ehescheidung (mit 16. September 2005) geänderten Familienverhältnisse darlegte, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Ein Verschulden an einer Nichterörterung der Tatsache der Ehescheidung ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, hat sie den Beschwerdeführer doch ausdrücklich über seine Familienverhältnisse befragt. Ein konkreter Anhaltspunkt, über diese Befragung hinaus Ermittlungen anzustellen und nach einem den Angaben des Beschwerdeführers widersprechenden Sachverhalt zu forschen, bestand für die belangte Behörde nicht (vgl. insoweit auch die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2004, Zl. 2002/01/0458, und vom 13. Dezember 2005, Zl. 2003/01/0184).

Die auf § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens begegnet somit keinen Bedenken.

Zur Abweisung des Verleihungsantrages wird in der Beschwerde nichts ausgeführt.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. Jänner 2010

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